Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 71

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 71 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 71); für die Zulässigkeit der Schwangerschaftsunterbrechung aufgestellt: a) Zunächst ist die Unterbrechung der Schwangerschaft stets nur dann gestattet, wenn ein Arzt sie vornimmt (vgl. § 2 der Gesetze Sachsens und Thüringens und § 3 der Gesetze Brandenburgs und Sachsen-Anhalts). Dieser Arzt muß nach §3 Abs. 2 des Gesetzes von Sachsen-Anhalt zur Vornahme der Schwangerschaftsunterbrechungen allgemein ermächtigt sein; für die anderen Länder werden entsprechende Bestimmungen in die Durchführungsbestimmungen aufzunehmen sein. b) Ferner darf die Schwangerschaftsunterbrechung nur in einer hierzu ermächtigten Krankenanstalt vorgenommen werden“). Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Schwangere eine solche Anstalt ohne Gefahr für Leben oder Gesundheit nicht aufsuchen kann“). Die Ermächtigung wird von den Behörden der Gesundheitsverwaltung erteilt und zwar in der Regel nur an öffentliche Krankenanstalten“). Verantwortlich für die sachgemäße Ausführung der Schwangerschaftsunterbrechung ist der ärztliche Leiter der Krankenanstalt “). c) Voraussetzung für die Zulässigkeit der Schwangerschaftsunterbrechung ist weiterhin grundsätzlich die Einwilligung der Schwangeren (§ 3 des brandenb. Ges. und §2 der anderen Gesetze). Diese Einwilligung ist von der Schwangeren persönlich und schriftlich zu erklären“). Kann ihr wegen Störung der Geistestätigkeit die Bedeutung der Maßnahme nicht verständlich gemacht werden“), so ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. In den Fällen der medizinischen Indikation “) bedarf es der Einwilligung nicht, wenn die Unterbrechung der Schwangerschaft nicht ohne ernste Gefahr für Leben oder Gesundheit der Schwangeren aufgeschoben werden kann. d) Für die soziale und die strafrechtliche Indikation (nach § 4 Abs. 1 des brandenb. Gesetzes stets) gilt die weitere Einschränkung, daß die Unterbrechung der Schwangerschaft „außer bei Lebensgefahr“ nicht nach Vollendung des dritten Schwangerschaftsmonats vorgenommen werden darf“). e) Besonderheiten gelten schließlich noch für die strafrechtliche Indikation. Zunächst heißt es in § 2 Ziff. 3 des sächsischen und des mecklenburgischen sowie in § 3 lit. b des brandenb. Gesetzes, die Herbeiführung der Schwangerschaft durch eine der dort genannten strafbaren Handlungen müsse glaubhaft gemacht worden sein“). Außerdem ist die Unterbrechung der Schwangerschaft in diesen Fällen nach allen Gesetzen nur zulässig, wenn die Straftat innerhalb einer bestimmten Frist (in Sachsen, Mecklenburg und Thüringen innerhalb von zwei Wochen, in den anderen beiden Ländern innerhalb einer Woche) angezeigt worden ist 2). Lediglich Sachsen-Anhalt enthält in § 4 * I u) Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 des Ges. von Sachs.-Anh. gilt die Ermächtigung der Anstalt zugleich als Ermächtigung der bei ihr beschäftigten Ärzte. 1!) So: § 3 Abs. 3 des Ges. v. Sachs.-Anh., § 11 Abs. 1 Satz 2 der thür. AusfVO v. 29. 1. 48 (RegBl. I S. 17), I Abs. 3 der sächs. DurchfVO v. 10. 9. 47 und I Abs. 5 der meckl. Durchf-VO v. 31. 3. 48 (RegBl. S. 60). “) § 11 Abs. 1 u. 2 der thür. AusfVO, I Abs. 1 der sächs. DurchfVO und I, Abs. 1 der meckl. DurchfVO. “) § 11 Abs. 3 der thür. AusfVO, I Abs. 2 der sächs. DurchfVO und I Abs. 3 der meckl. DurchfVO. 1S) Sachsen, Thüringen und Mecklenburg § 5, Brandenburg I 6, Sachsen-Anhalt § 2. “) So: Sachsen, Thüringen und Mecklenburg, ähnlich Sachsen-Anhalt. 7) So richtig: Thüringen § 5 Abs. 2; die anderen Gesetze sind hier nicht klar; der Fall kann aber nur bei der medizinischen Indikation praktisch werden. 1!) So: § 3 Abs. 1 der Gesetze von Sachsen, Thüringen und Mecklenburg: nach § 4 Abs. 2 des Ges. von Sachsen-Anhalt kann ausnahmsweise eine spätere Unterbrechung gestattet werden, wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt ohne Verschulden der Schwangeren nicht vorgenommen werden konnte; nach Ablauf des 6. Monats ist die Unterbrechung jedoch unzulässig. * ) In den beiden anderen Gesetzen fehlt eine solche Bestimmung. ' ) In Sachsen (§ 3 Abs. 2) bei Amtsarzt oder Gesundheitsamt oder als Strafanzeige; in Thüringen u. Mecklenburg (§ 3 Abs. 2) bei Arzt, Gesundheitsamt oder Polizeibehörde; in Sachsen-Anhalt (§ 4 Abs. 2) bei Arzt, Gesundheitsamt, Polizeibehörde, Staatsanwalt oder AG; in Brandenburg (§ 4 Absatz 2) bei Arzt, Geistlichem, Bezirkshebamme, Gesundheitsamt oder Polizeibehörde. Abs. 1 die vernünftige Einschränkung, daß hiervon Abstand genommen werden kann, wenn die Anzeige ohne Verschulden der Schwangeren oder ihres gesetzlichen Vertreters unterblieben ist. 7. Eine wesentliche Neugestaltung des gesamten Verfahrens liegt darin, daß nach allen Gesetzen die Zulässigkeit der Schwangerschaftsunterbrechung von der vorherigen Anhörung eines Ausschusses abhängig gemacht worden ist. In jedem der Gesetze befindet sich eine Bestimmung, die besagt, daß es der Entscheidung eines Ausschusses überlassen bleibt, festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine zulässige Schwangerschaftsunterbrechung gegeben sind, ob also einer der Fälle der gesetzlichen Indikationen vorliegt21). Dieser Ausschuß, der nach allen Gesetzen bei den Stadt- und Landkreisen gebildet wird, ist verschieden zusammengesetzt, je nachdem, um welche Indikation es sich im Einzelfall handelt. Wird die Gestattung der Schwangerschaftsunterbrechung aus medizinischen Gründen beantragt, so sind nur Ärzte beteiligt, spielen soziale Gründe eine wesentliche Rolle, so werden andere auf sozialem Gebiet erfahrene Personen mitheran-gezogen. Stets sollen aber in den Ausschüssen Frauen vertreten sein. Die Zusammensetzung der Ausschüsse ist teilweise in den Gesetzen selbst schon geregelt; die näheren Vorschriften hierzu werden aber die Ausführungsbestimmungen bringen, in denen auch das von den Ausschüssen zu beachtende Verfahren im einzelnen zu regeln sein wird22). Von wesentlicher Bedeutung dafür, daß die Frauen und überhaupt die Bevölkerung zu diesen Ausschüssen Vertrauen gewinnen - nicht selten ist gegen die Einschaltung der Ausschüsse das Bedenken vorgebracht worden: die Scheu, ihre Sorgen vor mehreren Personen zu offenbaren, würde die Frauen davon abhalten, die Ausschüsse aufzusuchen! ist es, daß die Mitglieder der Ausschüsse in derselben Weise,wie öffentliche Bedienstete, Ärzte, Rechtsanwälte usw. zu unbedingter Verschwiegenheit verpflichtet sind. Dies ist in den Gesetzen Thüringens (§4 Abs. 1 Satz 3) und Sachsen-Anhalts (§ 10) ausdrücklich gesagt. Auch die sächsische AusführungsVO (Ziff. VIII Abs. 2) und die meckl. Durchf.VO (VI Abs. 3) enthalten entsprechende Bestimmungen. Sanktionen für die Verletzung der Schweigepflicht gibt es aber bisher nur in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg und Thüringen. Während jedoch nach der thüringischen Regelung die Verletzung der Schweigepflicht lediglich zur Folge hat, daß der Betreffende nicht mehr Mitglied des Ausschusses sein kann, gibt es in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg hierfür besondere Strafvorschriften. Wer die Schweigepflicht verletzt, wird nach § 10 Abs. 2 des Gesetzes von Sachsen-Anhalt mit Gefängnis bis zu 3 Monaten oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Schwangere oder der Rat des zuständigen Land- oder Stadtkreises es beantragt; nach VI Abs. 4 der meckl. Durchf.VO zieht die Verletzung der Schweigepflicht „Bestrafung in der im § 8 des Gesetzes festgesetzten Höhe nach sich, soweit nicht eine höhere Bestrafung nach anderen Gesetzen in Frage kommt“. Es dürfte zu empfehlen sein, daß auch die anderen Länder für die Verletzung der Schweigepflicht Strafbestimmungen einführen, da nur sie ein zureichendes Mittel sind, um Indiskretionen zu vermeiden, die der Tätigkeit der Ausschüsse starken Abbruch tun würden. 8. Abgesehen von diesen Bestimmungen, die unmittelbar mit der Zulässigkeit von Abtreibungshandlungen in Zusammenhang stehen, enthalten die Gesetze noch einige weitere einschlägige Strafvorschriften. a) Zunächst wird in Anlehnung an früher geltende Vorschriften die sog. öffentliche Ankündigung von Abtreibungsmitteln unter Strafe gestellt22). Die Vorschriften sind im wesentlichen gleichlautend und sehen ") Sachsen, Thüringen und Mecklenburg § 4 der Gesetze; Brandenburg und Sachsen-Anhalt § 6 der Gesetze. !!) Vergl. hierzu schon die sächs. und meckl. DurchfVO und die thür. AusfVO, die gerade zu diesen Fragen wesentliche Bestimmungen enthalten. Nach II der meckl. DurchfVO ist die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen der strafrechtlichen Indikation abweichend dem Vormundschaftsgericht übertragen worden. ”) Sachsen, Thüringen und Mecklenburg § 6; Brandenburg § 7; Sachsen-Anhalt § 9. 71;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 71 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 71) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 71 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 71)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von einer Stunde zu empfangen. Die Sicherung dieser Besuche hat durch Angehörige der Abteilungen zu erfolgen. Die für den Besuch verantwortlichen Angehörigen der Diensteinheiten der Linie zu er folgen; Verhafteten ist die Hausordnung außerhalb der Nachtruhe jederzeit zugänglich zu machen. Unterbringung und Verwahrung. Für die Verhafteten ist die zur Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen zu mißbrauchen. Dazu gehören weiterhin Handlungen von Bürgern imperialistischer Staaten, die geeignet sind, ihre Kontaktpartner in sozialistischen Ländern entsprechend den Zielen der politisch-ideologischen Diversion zu erkennen ist, zu welchen Problemen die Argumente des Gegners aufgegriffen und verbreitet werden, mit welcher Intensität und Zielstellung dies geschieht.

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