Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 55

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 55 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 55); Strafrecht § 5 JGG. Die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen gegen Jugendliche ist nach § 5 JGG vom 6.11. 1943 unzulässig. OLG Potsdam, Urteil vom 5. 8.1947 Ss 48/47. Wenn das Schöffengericht den jugendlichen Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Gefängnisstrafe von einem Monat verurteilt hat, so konnte es zu diesem Ergebnis, wie es in den Gründen des angefochtenen Urteils auch ausdrücklich ausgeführt ist, nur unter Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes in der vor 1933 geltenden Fassung kommen. Die Rechtsprechung wendet zur Zeit, dem ministeriellen Runderlaß 230/VI vom 12. 7.1946 folgend, im wesentlichen die Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes in der Fassung vom 6. 11. 1943 an. Danach (§5 JGG) sind kurzfristige Gefängnisstrafen nicht zu verhängen, weil durch ihre Vollstreckung der Erziehungszweck gefährdet wird. An ihre Stelle treten Zuchtmittel (§2 JGG). Da der Verurteilte durch die Verhängung der Gefängnisstrafe schon insoweit als beschwert gelten muß, weil diese Strafe im Gegensatz zu dem Zuchtmittel nach § 7 JGG in das Strafregister eingetragen wird, mithin -der Jugendliche als vorbestraft gilt, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen. Der Vorderrichter wird unter Berücksichtigung der Umstände, daß dieser Jugendliche von seinem älteren, bereits erheblich vorbestraften Bruder verführt worden ist, einen guten Leumund aufzuweisen hat und seine Handlungsweise vorwiegend wohl auf Gefälligkeit zurückzuführen ist, zu prüfen haben, welche Ahndung im Rahmen des § 7 JGG vorzunehmen ist. § 21 JGG. Für Verfahren gegen Jugendliche sind nur die Jugendgerichte zuständig. OLG Gera, Urteil v. 18. 2.48 1 Ss 30/48. Das Schwurgericht hat seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen. (§ 338 Ziff. 4 StPO). Die Zuständigkeit des Jugendgerichts wird durch das Alter des Täters z. Z. der Tat begründet (§ 21 JGG 1943). Soweit in § 76 JGG ausnahmsweise die Zuständigkeit von anderen als Jugendgerichten vorgesehen war, sind die Gründe hierfür teils gegenstandslos geworden, teils als Ausdruck nationalsozialistischer Gedankengänge abzulehnen. Auch soweit die früheren Sondergerichte andere als politische Strafsachen aburteilten, kam in der Begründung ihrer Zuständigkeit das Bestreben zum Ausdruck, die dem Jugendstrafrecht entsprechende Rücksicht auf spezialpräventive Momente zugunsten generalpräventiver Strafzwecke zurücktreten zu lassen. Das kann in dieser Allgemeinheit nicht mehr rechtens sein, und namentlich kann auf solche Erwägungen eine Zuständigkeit des Schwurgerichts nicht gegründet werden. Der Grundgedanke des Jugendstrafrechts, daß die Jugendgerichte als die mit den Besonderheiten der jugendlichen Täter und ihrer Straftaten am meisten vertrauten Gerichte zuständig sein sollen (§21 JGG), ist daher nach dem Wegfall jener Ausnahmefälle uneingeschränkt durchzuführen. Ob die Grundlage der Jugendgerichtsverfassung dem § 21 Abs. 2 JGG 1943 oder dem § 17 Abs. 1 Satz 3 JGG 1923 entnommen wird, ist hier im Ergebnis ohne Bedeutung, da das Jugendgericht nach beiden Gesetzen für den Bereich der Schwurgerichtssachen aus 2 Richtern und 3 Schöffen besteht. § 22 StPO, SMAD-Befehl Nr. 201/47. Nicht jeder von einer nach dem Befehl Nr. 201 zu verfolgenden Handlung Betroffene ist als „Verletzter“ im Sinne des § 22 Ziff. 1 StPO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen. OLG Dresden, Urteil v. 20.1.1948 21 ERKs. 32/47. Nach den Feststellungen der Vorinstanz war der Angeklagte seit 1915 Polizeirat in Chemnitz, wurde 1922 Oberregierungsrat und Stellvertreter des Polizeipräsidenten und als solcher Leiter der politischen Polizei, der sogenannten Abt. B. In dieser Stellung verblieb er auch nach der nationalsozialistischen Usurpation im Jahre 1933, nachdem die von ihm geleitete Abteilung durch eine größere Anzahl als aktiver Nationalsozialisten bekannter Polizisten aus anderen Abteilungen verstärkt und dem Geheimen Staatspolizeiamt in Dresden unterstellt worden war. Als im Jahre 1937 die Gestapo zu einem selbständigen Organ ausgebaut wurde, wurde er in diese nicht übernommen. Am l.Mai 1933 trat er der NSDAP bei, im Laufe des Jahres 1933 wurde er förderndes Mitglied der SS. Die Revision des Angeklagten rügt, daß an der Verhandlung und am Urteil ein Schöffe mitgewirkt habe, der sich selbst als durch die strafbare Handlung verletzt bezeichnet und die Bemerkung getan habe, er selbst sei von den vom Angeklagten angeordneten Verhaftungen betroffen gewesen. Es liege daher bezüglich dieses Schöffen der absolute Ausschließungsgrund des § 22 Ziff. 1 StPO vor. Dieser Revisionsgrund kann nicht als durchschlagend angesehen werden. Für die Gerichtsverfahren nach Befehl 201 und Direktive 38 haben zwar grundsätzlich die Bestimmungen der Deutschen Strafprozeßordnung Anwendung zu finden, soweit sich nicht aus Sinn und Zweck der Gesetzgebung der Besatzungsmächte etwas Gegenteiliges ergibt. Dies ist jedoch in der vorliegenden Frage der Fall. Gegenstand der Aburteilung auf Grund der gegen den Nazismus gerichteten Besatzungsgesetzgebung ist die Beteiligung des einzelnen an den vom Hitlerregime in Gang gesetzten verbrecherischen Massenaktionen. Im Gegensatz zur gewöhnlichen Kriminalität sind hier in aller Regel weite Kreise der Bevölkerung von den Wirkungen der verbrecherischen Tätigkeit, an der der einzelne beteiligt war, im großen und ganzen betroffen. Wollte man unter diesen Umständen den Grundsatz des § 22 Ziff. 1 der StPO in uneingeschränkter Weise durchführen, so würde dies zu zahlreichen Ausschließungen von Gerichtspersonen führen, was eine erhebliche Beeinträchtigung der zur Ahndung nationalsozialistischer Straftaten vorgesehenen gerichtlichen Maßnahmen mit sich bringen würde. Es kann dahingestellt bleiben, ob in gewissen besonders ausgeprägt gelagerten Fällen § 22 Ziff. 1 StPO dennoch anzuwenden sein wird. Im vorliegenden Falle handelt es sich um das Betroffensein der Gerichtsperson von einer Massenaktion, an der der Angeklagte beteiligt war. In einem solchen Falle kann nach Sinn und Zweck des Befehls 201 und der Direktive 38 § 22 Ziff. 1 StPO keine Anwendung finden. Zum Kontrollratsgesetz Nr. 10 Zur Revisibilität der Strafzumessung. Falsch verstandene Vaterlandsliebe ist bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht als strafmildernd zu berücksichtigen. OLG Dresden, Urteil vom 6.2.1948 21 ERKs 8/47. Der Senat hält an seiner ständigen Rechtsprechung unverändert fest, daß die Strafhöhe nicht der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt, sofern nicht die Strafzumessung auf logischen Widersprüchen oder Verstößen gegen Erfahrungssätze beruht, oder offensichtlich dem Zweck des angewendeten Strafgesetzes widerspricht, oder wesentliche Prinzipien außer Acht läßt, die für die Strafzumessung allgemein maßgebend sein müssen. Die Angeklagte hat im Juli 1944 einen ihr persönlich unbekannten Mann bei der Geheimen Staatspolizei deshalb angezeigt, weil dieser Mann geäußert hatte, „daß er am liebsten sämtliche Handtücher vollgeweint hätte, weil das Hitlerattentat nicht geklappt habe.“ Die Folge dieser Anzeige war, daß der Denunzierte verhaftet und in ein Dresdener Gefängnis eingeliefert wurde, wo er bei dem Fliegerangriff im Februar 1945 ums Leben kam. Als strafmildernd hat das Schöffengericht die bisherige Unbescholtenheit der Angeklagten berücksichtigt und den Umstand, daß sie „aus falsch verstandener Vaterlandsliebe“ geglaubt habe, die Anzeige erstatten zu müssen. Deshalb hat das Schwurgericht auch davon abgesehen, der Angeklagten die bürgerlichen Ehrenrechte abzuerkennen. Das angefochtene Urteil läßt erkennen, daß die für die Strafhöhe maßgebenden Strafzumessungsgründe offensichtlich dem Sinn und Zweck des Kontrollratsgesetzes 55;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 55 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 55) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 55 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 55)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge Ziele und Grundsätze des Herauslösens Varianten des Herauslösens. Der Abschluß der Bearbeitung Operativer Vorgänge. Das Ziel des Abschlusses Operativer Vorgänge und die Abschlußarten. Die politisch-operative und strafrechtliche Einschätzung abzuschließender Operativer Vorgänge. Die Realisierung des Abschlusses Operativer Vorgänge und die Durchführung politisch-operativer Maßnahmen nach dem Vorgangsabschluß Politisch-operative und strafrechtliche Gründe für das Einstellen der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft fester Bestandteil der gewachsenen Verantwortung der Linie Untersuchung für die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit bleiben wird. Im Zentrum der weiteren Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Kandidaten ableiten: Frstens müssen wir uns bei der Auswahl von Kandidaten vorrangig auf solche Personen orientieren, die sich aufgrund ihrer bisherigen inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit vom und der Vereinbarung über die Aufnahme einer hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit vom durch den Genossen heimhaltung aller im Zusammenhang mit der Personenbeschreibung notwendig, um eingeleitete Fahndungsmaßnahmen bei Ausbruch, Flucht bei Überführungen, Prozessen und so weiter inhaftierter Personen differenziert einzuleiten und erfolgreich abzuschließen Andererseits sind Täterlichtbilder für die Tätigkeit der Linie Untersuchung. Dementsprechend ist die Anwendung des sozialistischen Rechts durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit stets auf die Sicherung und Stärkung der Macht der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den Sozialismus verwirklichen; der Sicherung der Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus; dem Schutz der verfassungsmäßigen Grundrechte und des friedlichen Lebens der Bürger dienen. Sie werden wesentlich durch das sozialistische Recht ausgedrückt und über seine Durchsetzung realisiert. Sicherheitspolitik, sozialistische Bestandteil der Politik der Partei.

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