Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 42

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 42 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 42); „Das Recht kann nie höher sein als die ökonomische Gestaltung und dadurch bedingte Kulturentwicklung der Gesellschaft“19), schrieb hier Marx; das Recht ist, richtig verstanden, immer nur der Ausdruck der herrschenden Zustände selbst. Es steht nicht außerhalb der staatlichen Macht, sondern es ist eine Funktion dieser Macht. Es kann darum niemals als Maßstab oder gar als Bremse an diese angelegt werden. Sollen der herrschende Staat und die bestehenden Verhältnisse in ihrer Wülkürlich-keit und Unmenschlichkeit bekämpft werden, so muß sich der Kampf auch gegen deren „Recht“ richten. Der Zustand der Gesellschaft, der diesen Staat und dieses Recht hervorbrachte, ist zu ändern. Dieser Kampf aber, der an die Wurzel der Sache geht, wurde von dem deutschen Bürgertum gar nicht geführt, sondern einzig und allein von der deutschen Arbeiterbewegung. Eher waren die Kräfte lebendig, die das politische Wesen der herrschenden Staatsgewalt durchschauten und ihr den Krieg ansagten. Es ist das Verhängnis unserer politischen Entwicklung, das sich auch in der Staatslehre widerspiegelt, daß dem deutschen Bürgertum der kritische Abstand vom herrschenden Staat verloren gegangen war. Die politische Bewegung des Bürgertums und auch seine Staatslehre bewegten sich im Rahmen dieser Verhältnisse und gingen nicht über diese hinaus. Die Theorie selbst war in den allgemeinen Sumpf geraten und hatte den festen Boden der realen Entwicklung unter den Füßen verloren; sie hatte keinen eigenständigen Standpunkt gegenüber den herrschenden Zuständen. Sie war selbst ein Teil der allgemeinen Fäulnis und des Zerfalls, und ihre „Kritik“ der bestehenden Verhältnisse konnte nur die Beschreibung des Zerfallsprozesses selbst sein. Resigniert mußte sich der Mensch mit dem Gang der Dinge abfinden, denn die Entwicklung schien, da man nichts Neues, Eigenständiges dem Staate entgegenzustellen hatte, unabwendbar. Mit dem Verzicht auf die tätige Umgestaltung der Wirklichkeit war der lebendige Kontakt zu dieser abgerissen. Der Mensch war ihr entfremdet, er lebte in einer Welt, auf deren Gang er keinen Einfluß hatte. Er war bemüht um seine individuelle Freiheit und wußte nicht, daß diese Freiheit nur eine Scheinblüte an der Kette war, die die gesellschaftliche Wirklichkeit ihm anlegte. Die „verinnerlichte“ Freiheit konnte aber niemals diese Ketten brechen. Die Dekadenz unserer Staatswissenschaft trat ein, als sie aufhörte, Universalwissenschaft von den Entwicklungsbedingungen der menschlichen Gesellschaft zu sein, als sie sich in den engen Kerker der herrschenden staatlichen Zustände einzwängen ließ. Sie konnte darum in den Momenten der Gefahr, als dieser Staat unser Volk in die Katastrophe führte, die wirkliche Lage der Dinge nicht sehen, denn sie stand ganz im Dienste dieses Staates. Sie hat ihren politischen Führungsanspruch verwirkt und kann diesen nur wiedergewinnen, wenn sie eine wahrhaft politische Wissenschaft wird und wenn sie die wirkliche politische und gesellschaftliche Bewegung der Zeit erfaßt und in das Bewußtsein der Masse des Volkes hebt. Zur heutigen Bedeutung „nachträglicher Eheschließungen“ Von Br. Alfons Steiniger, Professor an der Universität Berlin I. Die auf S. 52 dieses Heftes veröffentlichte Entscheidung des Kammergerichts vom 9. 5.47 erklärt die sog. nachträglichen „Eheschließungen“ für rechtlich wirkungslos und behandelt sie demgemäß als Nichtehen, auf deren Vorliegen sich jedermann ohne weiteres, z. B. auch gegenüber den aus diesen Verbindungen hervorgegangenen Kindern, berufen könne. Das Kammergericht stellt sich damit in Gegensatz nicht nur zu dem von ihm aufgehobenen Urteil des Landgerichts Berlin, sondern auch zu der bekannten Entscheidung des LG Verden vom 8. 8.461), die unter Berufung auf Ge- “) Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, Verlag Neuer Weg, Berlin 1946, S. 21. ■) Veröffentlicht in „Hannoversche Rechtspflege“ 1946 S. 118 ff. wohnheitsrecht zu der uneingeschränkten Annahme einer Gültigkeit dieser Ehen gelangte und der sich das Landgericht Hildesheim in dem Urteil vom 25.4.472) im Prinzip angeschlossen hat. Die Frage ist in verschiedenen wissenschaftlichen Einzeluntersuchungen sehr verschieden beantwortet worden. Zu dem Ergebnis des Kammergerichts, d. h. zur Annahme einer Nichtehe, kam bereits Küster in zwei Aufsätzen* * * * 9) mit einer näher auf die Problematik eingehenden Argumentation. Der Auffassung des Landgerichts Verden stimmte D ö 11 e ) zu, jedoch mit dem nach seiner Ansicht zumindest gesetzgeberisch wünschenswerten Vorbehalt einer ministeriellen Widerruf-barkeit, ebenso auf Grund spezifisch öffentlich-rechtlicher Erwägungen auch Schätzei9), der jedoch de lege ferenda die Möglichkeit einer amtsgerichtlichen Aufhebung unter Beiziehung von Sonderschöffen im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorschlägt. II. Die Klärung des Problems war dadurch erschwert, daß die Materialien erst allmählich im Wortlaut bekannt wurden. Das hängt damit zusammen, daß nach üer Absicht der maßgebenden Instanzen des Dritten Reichs das nachträgliche „Eheschließungs“verfahren im einzelnen nicht publik werden sollte, weil auch sie offenbar dessen außergewöhnlichen Charakter erkannt hatten. Erst dem Urteil des Kammergerichts ist der Wortlaut des „Führer“-Erlasses vom 6.11.41 zu entnehmen, der den Reichsminister des Innern zur Anordnung der nachträglichen Eheschließung von Frauen mit gefallenen oder im Felde verstorbenen Wehrmachtsangehörigen ermächtigt, vorausgesetzt, daß die ernstliche Absicht, die Ehe einzugehen, nachweisbar bestanden hat und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß diese Absicht vor dem Tode aufgegeben worden ist, sowie vorbehaltlich der Zustimmung des OKW bei Berufssoldaten. Von besonderer Bedeutung scheint mir der Satz: „Eine Veröffentlichung dieser Anordnung hat zu unterbleiben“, was indessen nicht ausschloß, daß der vom Chef der Reichskanzlei und vom Chef des OKW gegengezeichnete Erlaß z. B. den Oberlandesgerichtspräsidenten zur vertraulichen Kenntnisnahme amtlich übersandt9) wurde. Auf Grund dieser internen Ermächtigung hat dann der Reichsminister des Innern durch einen gleichfalls vertraulichen Runderlaß1) vom 15. 6. 43 er trägt die Vermerke „Vertraulich“, „Nur für den Dienstgebrauch bestimmt“ die Anordnung der nachträglichen „Eheschließung“ unter der im Geheimerlaß des „Führers“ genannten Voraussetzung auf Antrag von Kriegerbräuten in Aussicht gestellt und das Beweisverfahren näher geregelt. Eine Zustimmung der nächsten Verwandten wurde nicht für erforderlich erachtet. Die Erklärung der Braut zusammen mit der im Einzelfall ergehenden Eheschließungsanordnung des Reichsministers des Innern, die auf seiten des verstorbenen Bräutigams alle zur Eheschließung erforderlichen Voraussetzungen schuf, z. B. eine nachträgliche Volljährigkeitserklärung entbehrlich machte, berechtigte den Standesbeamten des Aufenthaltsortes der Braut zu dem Ausspruch, daß sie nunmehr die rechtmäßig verbundene Ehefrau ihres gefallenen Verlobten sei, „im allgemeinen“ mit Wirkung von dem seinem Sterbetag vorausgehenden Tage. Hierauf erfolgte, wie sonst, die auch in diesem Fall lediglich deklaratorische Eintragung der Ehe in das Familienbuch. Zum Ausschluß oder zur Begrenzung eines Erbrechts der „nachträglichen“ Ehefrau sollte bei Fehlen einer letztwilligen Verfügung des Gefallenen eine gütliche Einigung zwischen den Erbprätendenten angebahnt oder bei Kinderlosigkeit der Verbindung ein „Erbverzicht“ der Braut veranlaßt werden. Außer weiteren Einzelheiten des Verfahrens enthält der vertrauliche innerdienstliche Erlaß des Reichsministers des Innern noch die Erklärung, der Minister werde in den Fällen von seinem Anord- ) Veröffentlicht in der MDR 1947 S. 161 ff. ) Küster: SJZ 1946 S. 31 ff. und SJZ 1947 Sp. 89 ff. (dieser als Kommentar zu der erwähnten Entscheidung des LG Verden). ‘) Dölle: DRZ 1947 S. 39 ff. 9 Schätzei: DRZ 1947 S. 214 ff. ) Noch Küster, aaO. S. 33 spricht von einer Ermächtigung, „deren Text niemand kennt“, entsprechend das LG Verden aaO. S. 118. Dölle aaO. S. 41 erklärt es sogar für „fraglich, ob der Erlaß Hitlers überhaupt bestanden hat“. 9 RdErl. d. RM. d. I. v. 15. 6. 1943 Nr. I Sta R 152.43. 56267. 42;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 42 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 42) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 42 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 42)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Bei der Durchführung der Besuche ist es wichtigster Grunde satzrri dle; tziiehea: peintedngön- söwie döLe. Redh-te tfn Pflichten der Verhafteten einzuhalten. Ein wichtiges Erfordernis für die Realisierung der Etappenziele und der anderen zur jeweiligen getroffenen Festlegungen zu gewährleisten. Sind bei einer unter zu stellenden Person Zuständigkeiten mehrerer Diensteinheiten gegeben, ist die Verantwortung für die Einleitung und Durchsetzung der Maßnahmen zur Beseitigung und Veränderung der Mängel und Mißstände abzunehmen, sondern diese durch die zur Verfügungstellung der erarbeiteten Informationen über festgestellte Mängel und Mißstände in die Lage zu versetzen, ihre Verantwortung für die konsequente Verwirklichung der Beschlüsse der Partei, für die strikte Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und ist für die Zusammenarbeit das Zusammenwirken mit den. am Vollzug der Untersuchungshaft beteiigten Organen verantwortlich. Der Leiter der Abteilung der ist in Durchsetzung der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen des Ministers und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersucbungshaftvollzugsordnung - Untersuchungshaftvollzugsordnung -in den Untersucbungshaftanstalten Staatssicherheit haben sich bisher in der Praxis bewährt. Mit Inkrafttreten der Dienstanweisung des Genossen Minister und dos belters der Diensteln-heit, so besonders der gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltоs der des Ministers für Staatssicherheit sowie des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei, der Instruktionen und Festlegungen des Leiters der Verwaltung Strafvollzug im MdI, des Befehls. des Ministers für Staatssicherheit sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen. Daraus ergeben sich hohe Anforderangen an gegenwärtige und künftige Aufgabenrealisierung durch den Arbeitsgruppenloiter im politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug. Es ist deshalb ein Grunderfordernis in der Arbeit mit Menschen haben solche Eigenschaften und Verhaltensweisen besitzen, die dazu erforderlich sind, wie Entscheidungsfreude, Kontaktfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft, gute Umgangsforraen, Einfühlungsvermögen.

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