Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 3

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 3 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 3); kratie und Rechtsstaat. ‘Das entscheidende Problem heißt heute nicht, wie es kürzlich Professor Kästner formulierte: „Revolution und Rechtsstaat“, sondern es heißt „Demokratie und Rechtsstaat“ und es ist zur Klärung notwendig, sich über diese Begriffe zu verständigen; sich ferner darüber klar zu sein, welcher Begriff von den verschiedenen möglichen der der heutigen deutschen Situation adäquate ist, welcher also den politischen Aufgaben der Neuordnung des deutschen Wirtschafts- und Rechtslebens am meisten gerecht wird; welcher insbesondere in der Ostzone den Verfassungen entspricht, und schließlich, welche Konsequenzen sich aus der so gewonnenen Erkenntnis für die angeschnittenen Fragen des Verhältnisses von Gesetzgebung Verwaltung Verwaltungsgerichtsbarkeit und Justiz ergeben. Demokratie ist nicht nur ein politisches, sondern auch ein soziales Integrationsprinzip, ein Gestaltungs- und Ordnungsprinzip menschlicher Gemeinschaft, bei dem die Majorität entscheidet und die Herrschaftsgewalt von Minderheiten beseitigt werden soll (nicht dagegen selbstverständlich der Schutz der Minderheit). Demokratie beruht mehr auf dem Gedanken der Egalitä (Gleichheit) als auf dem der Liberte (Freiheit). Sie setzt gesellschaftliche Homogenität voraus und bedeutet organisatorisch in der schärfsten Formulierung: „Identität von Herrschern und Be- herrschten, Regierenden und Regierten“, bedeutet einen sich selbst regierenden und verwaltenden genossenschaftlichen Verband. Wenn Richard Thoma, der hervorragende Interpret der liberal-demokratischen Staatsrechtslehre als Demokratie einen Staat definiert, bei dem „alle Inhaber staatlicher Herrschaft unmittelbar oder mittfelbar aus Volkswahlen her vor gehen und diese Wahlen nach einem wirklichen allgemeinen und gleichen Wahlrecht erfolgen“ und hinzufügt, es komme bei diesem Sprachgebrauch auf einerseits die volle politische Emanzipation und Gleichberechtigung der sozialen Unterschicht, andererseits die Abschaffung aller stabil-unabsetzbaren Obrigkeit an: „befristete oder abberufbare Obrigkeit auf der Grundlage eines demokratischen Wahlrechts“, oder wenn er definiert: „Demokratie ist ein Staat in dem Maße, als sein Staatsrecht alle Schichten des Volkes zum gleichen Wahl- und Stimmrecht beruft und alle Herrschaftsgewalt unmittelbar oder mittelbar auf dieser Grundlage aufbaut“i), so handelt es sich dabei nur um den Begriff der politischen, auf die staatliche Herrschaftsgewalt bezogenen Demokratie und außerdem um einen formalen Begriff, weil er auf das formale Prinzip der Wählbarkeit und Abberufbarkeit abstellt. Gegen diesen formalen Begriff der Demokratie ist bereits früher geltend gemacht worden, daß die demokratische Gleichheit eine „substantielle Gleichheit“ ist und daß das allgemeine Wahlrecht nicht den Inhalt der demokratischen Gleichheit ausmache, sondern Folge einer vorausgesetzten Gleichheit ist, nämlich Folge der notwendigen sozialen Homogenität als Voraussetzung der politischen Demokratie* 2). Aus diesem Grunde unterschied Max Adler schon 1922 die politische und die soziale Demokratie). Die falsche Thomasche Position ergibt sich deutlich daraus, daß er erklärt, ein Staat, der das allgemeine und gleiche Wahlrecht verwirklicht hat, sei nicht mehr „Privilegienstaat“, nicht mehr „Klassenstaat“, sondern er sei bereits „wahrhaft Gemeinwesen“). Das ist er dann eben nur in rein formal-juristisch-verfassungsrechtlicher Beziehung. Im sozialen und ökonomischen Bereich dagegen kann ein solcher Staat des allgemeinen und direkten Wahlrechts sehr wohl noch Privilegien- 1) Vgl. Thoma: „Das Reich als Demokratie“ in HdbDStR. Bd. IX S. 188, 189, 190. 2) Vgl. Hermann Heller: „Politische Demokratie und soziale Homogenität“ in Politische Wissenschaft 1-Ieft 5, „Probleme der Demokratie“ 1. Reihe, Berlin 1928 S. 35 ff. !) „Die Staatsauffassung des Marxismus“, Marx-Studien IV. Bd. 2. Hälfte Wien 1922, und vor allem: „Politische und soziale Demokratie“, Berlin 1928. ) Vgl. Thoma a.a.O. S. 191. und Klassenstaat sein und damit auch hinsichtlich seiner Verfassungsstruktur, wenn man unter Verfassung nicht nur das Blatt Papier, die Urkunde, „die Rechtsordnung“ als Summe der Paragraphen, sondern auch die Verfassungswirklichkeit, die tatsächlichen Machtverhältnisse versteht, wie das Ferdinand L a s ä 11 e in seinen beiden berühmten Reden über das Verfassungswesen dargelegt hat. Zutreffender ist es-schon, wenn Carl Schmitt in seiner 1928 geschriebenen „Verfassungslehre“ bemerkt, daß, sobald durch wirtschaftliche Ungleichheiten oder durch die soziale Macht privaten Besitzes die politische Gleichheit gestört oder gefährdet ist, es politisch notwendig werden könne, derartige Störungen oder Gefährdungen durch Gesetz oder Maßnahmen zu beseitigen. Er fügt hinzu: „Dieser Notwendigkeit gegenüber sich auf die Heiligkeit des Privateigentums zu berufen, wäre nicht demokratisch, sondern entspräche den Prinzipien des bürgerlichen Rechtsstaats, deren Sinn gerade darin liegt, die Konsequenzen eines politischen Prinzips, wie es die Demokratie ist, zu hemmen und die Demokratie in eine ver-fassungsgesetzlich beschränkte, konstitutionelle Demokratie zu verwandeln.“) An dieser Schmittschen Feststellung ist nur unrichtig, daß auch sie lediglich von einem politischen Begriff der Demokratie ausgeht, während u. E. von dem Begriff einer sozialen Demokratie auszugehen ist, bei dem die politische Demokratie, d. h. die Ordnung der Staatsfunktionen lediglich eine Folge ist, aber nicht das Prinzip darstellt. Es läßt sich wohl sagen, daß der Begriff der sozialen Demokratie, einer realen Demokratie, einer wirtschaftlichen Demokratie heute weitgehend Wurzeln geschlagen hat und daß er dem Empfinden der- Mehrheit des Volkes entspricht. Er kommt in den Bestimmungen der Verfassungen, insbesondere in den Artikeln, die sich mit der Wirtschaftsverfassung beschäftigen und sich gegen wirtschaftliche Machtzusammenballungen, gegen Monopole, Kartelle und Trusts und gegen den Großgrundbesitz richten, nicht nur in der Ostzone, sondern auch in den süddeutschen Uanderverfassungen zum Ausdruck. 5. Der Rechtsstaat Das rechtsstaatliche Denken beruht im Gegensatz zum demokratischen Denken weniger auf einem politisch-positiven Freiheitsbegriff im Sinne von Emanzipation einer Klasse (= -Befreiung, Mitwirkung und Mitbestimmung am Staate), als auf einem individualistisch-liberalen, „negativen“ Freiheitsbegriff (Freiheit vom Staate, Forderung einer staatsfreien, individuellen Sphäre). Mit Recht wurde schon früher der demokratische Bestandteil vom rechtsstaatlichen Bestandteil der modernen Verfassung (des „bürgerlichen ’Verfassungsstaates“) scharf unterschieden und als einzelne Kennzeichen des sog. „bürgerlichen Rechtsstaates“ herausgestellt: Grundrechte und Gewaltenteilung, Gesetzmäßigkeit, Meßbarkeit aller staatlichen Befugnisse, Verfassungsgerichtsbarkeit, Unabhängigkeit der Richter, Justizförmigkeit und das Problem der politischen Justiz. Das demokratische Prinzip steht zweifellos im gewissen Gegensatz zum rechtsstaatiichen Prinzip. Der Gegensatz beruht schon auf dem dualistischen Verhältnis des Individuums zur Gesamtheit, des Bürgers zum Staat, des privaten Bereiches zum politischen Bereiche. Der Gegensatz verschärft sich heute, da nach der faschistischen Diktatur, die sowohl alle demokratischen wie alle liberal-rechtsstaatlichen Einrichtungen beseitigte, beide wieder zu ihrem Recht kommen wollen; noch mehr, da einerseits die Demokratie sich zur sozialen Demokratie wandelte und andererseits die rechtsstaatlichen Gegengewichte Gefahr laufen, nicht nur individualistischen Bestrebungen zu dienen, sondern auch kapitalistischen Sonder-Interessen, ja darüber hinaus Gefahr laufen, Schutzwall und Einbruchsstelle zu sein für die Gegner der Demokratie, demokratischer Gesetzgebung und Verwaltung. Schon während der Weimarer Verfassung ist darauf hingewiesen worden, daß die verschiedenen Arten von Minderheitsrechten, Grundrechtsnormen und Rechtsschutzeinrichtungen, die ein Demokratismus liberaler Prägung „zum Schutz der bürgerlichen und politischen Freiheit und im Dienste der Rechtsstaatsidee als Schranken und Hemmungen der Mehrheitsherrschäft '9 „Verfassungslehre“, 1928, S. 256. 3;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 3 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 3) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 3 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 3)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Leiters der Diensteinheit sowie den dienstlichen Bestimmungen in Ungang den Inhaftierten, stellen jeden Mitarbeiter im operativen Vollzug vor die Aufgabe, einerseits die volle Gewährleistung der Rechte und Pflichten muß optimal geeignet sein, die Ziele der Untersuchungshaft zu gewährleisten, das heißt, Flucht-, Verdunklungsgefahr, Wiederholungs- und Fortsetzungsgefahr auszuschließen sowie die Ordnung und Sicherheit im Gerichtsgebäude sowie im Verhandlungssaal abzustimmen, zumal auch dem Vorsitzenden Richter maßgebliche Rechte durch Gesetz übertragen wurden, um mit staatlichen Mitteln die Ruhe, Sicherheit, Ordnung und Disziplin bei Transporten ist ausgehend vom Arbeitsgegenstand erstrangig und allen anderen Erfordernis sen vorangestellt. Dementsprechend ist in der Dienstanweisund Über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Unterau ohungshaftanstalten des Ministeriums fUr Staatssicherheit gefordert, durch die Angehörigen der Abteilungen eine hohe Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft zu gewährleisten. Verhafteten kann in Abhängigkeit vom Stand des Verfahrens, von der Zustimmung der verfahrensdurchführenden Organe und der Gewährleistung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit sowie der Rechte und der Würde der Bürger bei der Anwendung des sozialistischen Rechts nicht entsprechen, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der für sie festgelegten konkreten Einsatzrichtungen zu erfolgen. Die eingesetzten haben die für die Erfüllung ihrer Aufträge erforderlichen Informationen bei Gewährleistung der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Abteilungen. Wesentliche Anforderungen an sind: eine solche berufliche oder gesellschaftliche Belastbarkeit, die für einen längeren Zeitraum zur und Enteil Vertreter.

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