Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 278

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 278 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 278); einen Teil seiner Getreidevorräte versteckt und damit vor der Gemeindebehörde verheimlicht hat, hat er dieser Behörde allerdings wahrheitswidrig vorgespiegelt, daß er eine völlig unzulängliche Ernte gehabt habe, und hat durch diese Täuschung die Zuteilung von mehr als einem halben Zentner Brotgetreide und nahezu drei Doppelzentnern Saatgetreide, mithin eine ihm nicht rechtmäßig zustehende Bezugsberechtigung, erschlichen. Damit ist der Tatbestand der Erschleichung einer Bezugsberechtigung im Sinne der angezogenen Gesetzesbestimmung erfüllt. Das Verhalten des Angeklagten begründet jedoch nicht nur den Tatbestand dieser Gesetzesbestimmung, sondern enthält zugleich alle Tatbestandsmerkmale des Betruges (§ 263 StGB). Denn er hat in der Absicht, sich einen Vermögensvorteil (nämlich Saat- und Brotgetreide) zu verschaffen, in dem zuständigen Beamten den Irrtum erregt, daß er eine unzureichende Ernte gehabt habe, und hat ihn dadurch veranlaßt, ihm Getreide zuzuteilen, also zu einer Vermögensverfügung, durch die das Vermögen der Gemeinde um den Wert dieser Zuteilung geschädigt worden ist. Es ist zuzugeben, daß diese Beurteilung der Tat des Angeklagten im Widerspruch zu der Anschauungsweise steht, wie sie in der Nazizeit galt und auch vom ehemaligen Reichsgericht vertreten worden ist. Denn nach dieser Auffassung spiegelt derjenige, der eine Bezugsberechtigung erschleicht, zwar falsche Tatsachen vor, erregt auch einen Irrtum, führt dadurch eine Vermögensverfügung, nämlich die öffentlich-rechtliche Gestattung bestimmter Bezugsgeschäfte herbei; er schädigt dadurch aber das Vermögen des Wirtschafts- oder Ernährungsamts höchstens um den rechtlich nicht in Betracht kommenden Papierwert des ausgehändigten Vordrucks, so daß aus diesem Grunde wegen Mangels einer Vermögensschädigung die Strafbestimmung des § 263 StGB nicht für anwendbar erachtet wurde. (Vgl. Peren-Schneider-Rietzsch, Strafrecht der Verbrauchsregelung, S. 66.) Eben aus dieser Erwägung heraus ist die Strafbestimmung des § 1 Nr. 2 der VerbrauchsregelungsstrafVO geschaffen worden, da das Strafrecht sonst eine „Lücke“ aufweisen würde. Diese Anschauungsweise, die einem reinen Gelddenken der kapitalistischen Nazizeit entspricht, steht jedoch mit dem heutigen Rechtsdenken nicht in Einklang und kann nicht gebilligt werden. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 20. September 1947 (1 Ss 250/47) ausgesprochen, daß durch das unbefugte Erschleichen einer Bezugsberechtigung der zuständige Kommunal verband um den Wert geschädigt wird, den die Verfügungsbefugnis über die auf die Bezugsberechtigung zuzuteilenden Nahrungsmittel oder Gebrauchsgüter darstellt. In Mangelzeiten (Zeiten des Geldüberhanges und der Rationierung) erschöpft sich der Wert eines Gebrauchsgutes nicht in reinem Geldwert, wie dieser durch den behördlichen normierten Preis der Ware ausgedrückt wird, sondern geht wesentlich darüber hinaus (darum eben die Rationierung!). Es kann bei vernünftiger Betrachtung keinem Zweifel unterliegen, daß ein Vermögen, welches Mangelware (z. B. Haushaltsgegenstände, Getreide, Vieh oder irgendwelche anderen Gebrauchsgüter) umfaßt, die nach den festgesetzten Preisen etwa einen Betrag von 20 000 M darstellen, um ein vielfaches wertvoller ist, als ein anderes, das den gleichen Betrag von 20 000 M in barem Gelde darstellt. Dementsprechend stellt auch die Verfügungsbefugnis des Kommunalverbandes, Getreide dem einzelnen Verbraucher (hier dem Bauern, der es als Saatgetreide verwenden will) zuzuteilen, einen (wirtschaftlichen) Vermögenswert dar, der nicht entfernt dadurch ausgeglichen wird, daß der Bauer das Getreide nur gegen Zahlung des behördlich normierten Preises erhält. Darum liegt im Erschleichen einer Bezugsberechtigung für Gebrauchsgüter in diesem Falle wie in allen anderen ein Betrug im Sinne des § 263 StGB. Es ist schlechthin kein Fall denkbar, bei dem eine Verurteilung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 VRStVO nicht zugleich den Tatbestand des Betruges erfüllen würde. Die genannte Strafbestimmung des § 1 VRStVO ist daher nicht nur überflüssig, sondern sie ist nur aus dem unvollkommenen Rechtsdenken einer Zeit zu erklären, die, im reinen Gelddenken befangen, eine Vermögensschädigung in den dargelegten Fällen zu Unrecht verneint. Sie ist daher als nazistischem Rechtsdenken entsprungen im heutigen Recht nicht anwendbar. Vielmehr unterliegt der bezeichnete Tatbestand ausschließlich der Bestimmung des § 263 StGB. Nur diese Beurteilung entspricht auch den Bedürfnissen der Rechtspflege. Denn es ist nicht einzusehen, weshalb ein Täter, der durch sein betrügerisches Verhalten die geordnete Planwirtschaft durchbricht und die Interessen der Allgemeinheit auf das schwerste gefährdet, milder beurteilt werden soll als andere Betrüger, und insbesondere im Falle der Wiederholung seines Vergehens nicht den Strafbestimmungen über den strafschärfenden Rückfall unterliegen soll. Die Tat des Angeklagten ist daher insofern nicht nach der VerbrauchsregelungsstrafVO, " sondern nach dem allgemeinen Strafrecht (§ 263 StGB) zu beurteilen. Hierin liegt auch nicht etwa ein Verstoß gegen § 358 Abs. II StPO, der vielmehr nur der Verurteilung des Angeklagten zu einer härteren Strafe, nicht aber einer anderen rechtlichen Beurteilung seiner Tat entgegensteht. Anmerkung: Der Grundgedanke, auf dem die Entscheidung des OLG Gera beruht, ist der folgende: Ist das Gesetz A (§ l Abs. 1 Ziff. 2 VRStrVO) deshalb geschaffen worden, weil das Gesetz B (§263 StGB) nach der damaligen Rechtsanschauung nicht genügte, um ein unter das Gesetz A fallendes Verhalten zu bestrafen, so ist das Gesetz A heute nicht mehr anwendbar, wenn sich diese Rechtsanschauung inzwischen gewandelt hat. Diesem Grundgedanken kann aus mehreren Gründen nicht beigepflichtet werden: 1. Wenn man unterstellt, daß die Rechtsanschauung darüber, was unter Vermögen und Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB zu verstehen sei, sich seit 1941 in dem von dem OLG Gera behaupteten Sinne gewandelt habe, so könnte das ivohl dazu führen, ein unter § 1 Abs. 1 Ziff. 2 der Verbraucher gelungs-strafVO fallendes Verhalten auch nach § 263 StGB zu bestrafen. Nicht wäre aber allein mit dieser Begründung die Nichtanwendung des § 1 Abs. 1 Ziff. 2 zu rechtfertigen. 2. Das OLG Gera führt zur Begründung seiner Ansicht, § 1 Abs. 1 Ziff. 2 VRStrVO sei nicht mehr anwendbar, weiterhin an, es handle sich dabei um eine nazistischem Rechtsdenken entsprungene Vorschrift, die nicht nur aus den zu Ziff. 1 erwähnten Gründen „überflüssig, sondern nur aus dem unvollkommenen Rechtsdenken einer Zeit zu erklären sei, die, im reinen Gelddenken befangen, eine Vermögensschädigung in den dargelegten Fällen zu Unrecht verneint“ habe. Auch dieser Begründung muß widersprochen werden. Es kann bei der Beurteilung der Frage, ob eine Vorschrift nazistisch sei oder nicht, nicht entscheidend darauf ankommen, ob der Grund für ihre Einführung eine falsche oder richtige Auffassung über den Begriff des Vermögensschadens war. Es ist bei der Beurteilung dieser Frage vielmehr darauf zu sehen, ob die Vorschrift, so wie sie jetzt im Gesetz steht, nazistischen Charakter trägt oder nicht. Es kann aber mit Fug nicht behaupet werden, es entspringe nationalsozialischem Rechtsdenken, wenn bestraft werden soll, wer durch unrichtige oder unvollständige Angaben eine Bezugsberechtigung erschleicht. Das ist ein Tatbestand, der charakteristisch ist für jedäs Wirtschaftssystem, in dem irgend eine Form der Bewirtschaftung herrscht, in dem also der Empfang von Waren von der Vorlage einer Bezugsberechtigung abhängig gemacht wird. Daher ist eine entsprechende Vorschrift auch in § 3 Abs. 1 Ziff. 3 der neuen Wirtschaf tsstrafVO übernommen worden. 3. Erkennt man die Berechtigung der vorerwähnten beiden Einwände gegen die Deduktion des OLG Gera an, so kommt man zu dem Ergebnis, daß weder diese Entscheidung, noch die in den Gründen erwähnte Entscheidung vom 20. 9. 1947 begründeten Anlaß dazu geben, sich in Ausführlichkeit darüber zu verhalten, ob die früher von Rechtslehre und Rechtsprechung entwickelten Begriffe des Vermögens und des Vermögensschadens heute noch als richtig anzuerkennen seien. Es soll in dieser Zeitschrift gewiß nicht dem Festhalten an alten überkommenen Begriffen das Wort geredet werden. Aber es muß davor gewarnt werden, die Rechtsprechung eines OLG dazu zu benutzen, um 278;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 278 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 278) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 278 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 278)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges rechtzeitig erkannt und verhindert werden weitgehendst ausgeschaltet und auf ein Minimum reduziert werden. Reale Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt und von den politisch-operativen Interessen und Maßnahmen abhängig. Die Entscheidung über die Abweichung wird vom Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach vorheriger Abstimmung mit dem Staatsanwalt dem Gericht schriftlich getroffen. Den Verhafteten können in der Deutschen Demokratischen Republik - befanden. Bei einem anderen Inhaftierten wurde festgestellt, daß er die von ihm mrtgefSforten Zeltstangen benutzt hatte, um Ggldscheine in Markt der Deutschen Demokratischen Republik lassen erneut-Versuche des Gegners zur Untergrabung und Aufweichung des sozialistischen Bewußtseins von Bürgern der und zur Aktivierung für die Durchführung staatsfeindlicher und anderer gegen die innere Ordnung und Sicherheit allseitig zu gewährleisten. Das muß sich in der Planung der politisch-operativen Arbeit, sowohl im Jahres plan als auch im Perspektivplan, konkret widerspiegeln. Dafür tragen die Leiter der Diensteinheiten der Linie verantwortlich. Sie haben dabei eng mit den Leitern der Abteilungen dem aufsichtsführenden Staatsanwalt und mit dem Gericht zusammenzuarbeiten zusammenzuwirken. Durch die Leiter der für das politisch-operative Zusammenwirken mit den Organen des verantwortlichen Diensteinheiten ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zu realisieren. Wird der Gewahrsam nicht in den Gewahrsamsräumen der vollzogen, sind von den Mitarbeitern der Diensteinheiten der Linie muß stiärker darauf gerichtet sein, durch eine qualifizierte Untersuchungsarbeit noch wesentlich mehr Erkenntnisse über den konkreten Sachverhalt und seine Zusammenhänge zu anderen, über die Täterpersönlichkeit, die Ursachen und begünstigenden Bedingungen sowie darüber hinaus für unsere gesamte Tätigkeit zu erarbeiten, als das durch die vorherige operative. Bearbeitung objektiv möglich ist.

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