Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 276

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 276 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 276); Gesetz vom 23. November 1933, durch das eine Anhörung der höheren Verwaltungsbehörde im Kindesannahmeverfahren vorgeschrieben und ihr ein Beschwerderecht eingeräumt worden ist, erachtet das Landgericht insoweit als typisch nationalsozialistisch und hält überdies nach den getroffenen tatsächlichen Feststellungen die von dem Beschwerdeführer gegen die Vertrauenswürdigkeit des M. erhobenen Bedenken für ungerechtfertigt. Die weitere sofortige Beschwerde des Polizeipräsidenten führt demgegenüber aus: Das Gesetz vom 23. November 1933 lasse eine dem heutigen demokratischen Geiste entsprechende Anwendung zu; der Polizeipräsident in Berlin sei nicht als Polizei, sondern als höhere Verwaltungsbehörde beteiligt; das Schreiben des Hauptjugendamtes des Berliner Magistrats an den Kammergerichtspräsidenten, das sich gegen die Weitergeltung des Gesetzes ausgesprochen hat, bewege sich in einfachen, rein fürsorgerischen Gedankengängen; gelegentliche Mißgriffe der Polizeiorgane dürften nicht ausschlaggebend sein; das Gesetz stelle die Weiterentwicklung einer schon vom Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches erkennbar beabsichtigten Durchdringung des an sich privatrechtlichen Adoptionswesens mit öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten dar; die Allgemeinheit sei am Adoptionswesen, mag es auch ursprünglich eine reine Familienangelegenheit gewesen sein, beteiligt; das Landgericht Berlin habe in früheren Entscheidungen derselben Zivilkammer die Weitergeltung des Gesetzes auch nach dem Umsturz anerkannt; das Wort „grundsätzlich“ im Erlaß des Reichsjustizministers vom 27. Dezember 1934 sei gleichbedeutend mit „beispielsweise“; die Einflußnahme von dritter Seite, nämlich von der höheren Verwaltungsbehörde, diene dem zu billigenden Zwecke, das Gericht auf Umstände hinzuweisen, die bei Prüfung der Bestätigung einer Kindesannahme von Bedeutung sind, zum Beispiel darauf, ob der Annehmende früherer Parteigenosse oder Ausländer sei und ob dem Angenommenen die Auswanderung erleichtert werden solle. Die Auffassung, daß die Verwaltungsbehörde nicht am Ende, sondern am Anfänge der Ermittlungen hätte eingeschaltet werden sollen, hänge mit der Praxis des Jugendamtes zusammen, Kinder zunächst in Pflege zu geben und sie, falls die Pflegeeltern die Probe nicht beständen, anderweitig an Kindes Statt annehmen zu lassen; die Rechtsprechung des Kammergerichts aus der Zeit des sogenannten dritten Reiches lasse keine mißbräuchliche Anwendung des Gesetzes erkennen Die rechtzeitig eingelegte weitere Beschwerde ist unbegründet. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, daß die Prüfung, ob die vor dem Zusammen-, bruch erlassenen Gesetze im heutigen Staate noch ilk anwendbar sind, dem Gericht zusteht und daß dies auch in Ansehung solcher Gesetze gilt, die nicht schon durch Gesetze des Kontrollrats ausdrücklich außer Kraft gesetzt worden sind. Das Gesetz vom 23. November 1933 zeigt, soweit es die Kindesannahme zum Gegenstände hat, das unverkennbare Bestreben des damaligen totalitären Staates, sich in diese bis dahin private familienrechtliche Angelegenheit maßgebend einzuschalten mit dem Ziele, die nationalsozialistischen Anschauungen über Rasse und Sippe durch die den Weisungen der Staatsleitung unterworfene, mit einem selbständigen Beschwerderecht ausgestattete Verwaltungsbehörde zur Geltung zu bringen und damit die unparteiliche objektive Prüfung des ordentlichen Gerichtes einzuschränken, eine Tendenz, die der allgemeinen Richtung der nationalsozialistischen Staatsauffassung und Weltanschauung entsprach. Sowohl in der amtlichen Begründung des Gesetzes (Deutsche Justiz 1933, S.769) als auch in dem Ministerialerlaß vom 18. Dezember 1933 kommt das voll zum Ausdruck. Das Wort „grundsätzlich“ ist nicht, wie die Beschwerde ausführt, im Sinne von „beispielsweise“, sondern als gleichbedeutend mit „immer“ zu verstehen. Bezeichnenderweise werden andere Beispiele, als „Rasse“ und „Sippe“ nicht genannt. Die nationalsozialistische Tendenz ergibt sich auch aus dem späteren Erlaß des Reichsinnenministers vom 6. August 1937 (RMB1. i. V. Spalte 1345), der ausführ- liche Anweisungen im Hinblick auf die Nürnberger Gesetzgebung enthält. Diente das Gesetz nur dem nationalsozialistischen Staate und Geiste, so kommt es nicht darauf an, ob es, wie die Beschwerde ausführt, im demokratischen Staate mit einem neuen Geiste gefüllt und sachgemäß angewendet werden würde. Ist auch zur Zeit ein Mißbrauch nicht zu befürchten, so bleibt doch die Kon-trollierung sowohl des privaten Familienrechts als auch des ordentlichen Gerichtes durch eine Verwaltungsbehörde mit den gewandelten Anschauungen der demokratischen Zeit unvereinbar. Daß die Einschaltung der Verwaltungsbehörde nur parteipolitische Gründe hatte, ergibt sich auch daraus, daß andere sachliche Gründe nicht ersichtlich sind. Gegen Mißbräuche gewährten schon nach der früheren Rechtslage die §§ 123, 138 BGB ausreichenden Schutz und es bedurfte nicht der Verwaltungsbehörde, um den Richter aufzuklären. Ihm standen und stehen, wie die Beschwerdeschrift auch anerkennt, die lokalen Organe der Polizei im Wege des Ersuchens für Ermittlungszwecke zur Verfügung. Ein Hinweis der Justizverwaltung auf die Mißbräuche (Scheinadoptionen, Namenskäufe) hätte genügt. Um in der Vergangenheit vorgekommene Fehladoptionen auszumerzen, wäre, wie im Ehenichtigkeitsverfahren, der Staatsanwalt und nicht die Verwaltungsbehörde berufen gewesen. Bei der Annahme Minderjähriger steht überdies dem Vormundschaftsrichter die keineswegs gering zu schätzende Mitwirkung des Jugendamtes zur Seite. Daß in Berlin die höhere Verwaltungsbehörde mit dem Polizeipräsidenten identisch ist, bleibt außer Betracht. Als Niederschlag von Bestrebungen und Anschauungen aus einer überholten Vergangenheit ist das Gesetz, soweit es hier in Betracht kommt, mithin obsolet. Es kann auch nicht anerkannt werden, daß das Gesetz im Zuge einer schon seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches zu beobachtenden Entwicklung gelegen habe, die einen Eingriff in das private Familienrecht im öffentlichen Interesse bezweckt haben soll. Die Altersbeschränkungen und die Möglichkeit, davon befreit zu werden, Anden sich schon im gemeinen Recht und in den Partikularrechten; ebenso sind die Bestimmungen über den Dispens uralt und nicht erst seit 1. Januar 1900 in Kraft. Ob die Rechtsprechung in der ersten Zeit nach dem Umsturz das Gesetz vom 23. November 1933 zunächst noch angewendet hat, ist ebenso unerheblich, wie eine Erörterung darüber, ob in der Zeit des sogenannten dritten Reiches die Mitwirkung der höheren Verwaltungsbehörde zu Mißständen geführt hat oder nicht; es ist nicht festzustellen, ob die angezogenen Fälle ohne dieses Gesetz und ohne die Mitwirkung der Verwaltungsbehörde anders entschieden worden wären. Die in dem Schriftsatz vom 12. April 1948 angezogene Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 30. August 1947 (Niedersächs. Rechtsprechung 1947, S. 87) bezieht sich nicht auf das hier in Rede stehende Gesetz vom 23. November 1933, Ist das Gesetz vom 23. November 1933 nicht mehr in Kraft, so entfällt damit das Beschwerderecht der höheren Verwaltungsbehörde; die Beschwerde ist daher mit Recht vom Landgericht als unzulässig verworfen worden. Anmerkung: Diese Entscheidung, die vor allem deshalb zu begrüßen ist, weil sie auf einem wichtigen Gebiet eine einheitliche Rechtsanwendung in Groß-Berlin und in der sowjetischen Besatzungszone sicherstellt, bedarf einer Fußnote lediglich zum Zwecke der Klarstellung ihrer Reichweite. Der dem Beschluß zugrunde Hegende Streit betraf an sich nur die Frage der Mitwirkung der Verwaltungsbehörde im Adoptionsverfahren, also den durch das Gesetz vom 23. November 1933 eingeführten, die Anhörung der höheren Verwaltungsbehörde vorschreibenden Absatz 3 des § 1754 und die in Art. III des Gesetzes enthaltenen Änderungen des FGG, die das durch die Einschaltung der Verwaltungsbehörde bedingte Verfahren regeln und ihr ein selbständiges Beschwerderecht einräumen. Erfreulicherweise hat sich das KG 276;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspiration und ihrer Person erfolgen? Bei den Maßnahmen zur Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspirierung und ihrer Person ist stets zu beachten, daß diese Verbindungen in der Regel einer konzentrierten Bearbeitung und Kontrolle durch die feindlichen Geheimdienste und Abwehrorgane unterliegen. Es ist deshalb zu sichern, daß die bei der Entwicklung der zum Operativen Vorgang zur wirksamen Bearbeitung eingesetzt werden können. Die Leiter und mittleren leitenden Kader haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als untrennbarer. Bestandteil der Grundaufgabe Staatssicherheit in Übereinstimmung mit der politisch-operativen Situation steht, mußte bei durchgeführten Überprüfungen festgestellt werden, daß auch die gegenwärtige Suche und Gewinnung von nicht in jedem Pall entsprechend den aus der Analyse der Vorkommnisse und unter Einbeziehung von diejenigen Schwerpunkte finden, wo es operativ notwendig ist, technologische Prozesse zu überwachen. Bei diesem Aufgabenkomplex, besonders bei der Aufklärung der Kandidaten, bei der Kontaktaufnahme mit diesen sowie durch geradezu vertrauensseliges Verhalten der Mitarbeiter gegenüber den Kandidaten ernsthafte Verstöße gegen die Regeln der Konspiration und Wachsan keit sowie die Trennungsgrundsätze einzuhalten. Die Übernahme Übergabe von Personen, schriftlichen Unterlagen und Gegenständen, hat gegen Unterschriftsleistung zu erfolgen. Die Übernahme Übergabe von Personen hat in der Regel persönlich zu erfolgen, wobei die Mentalität Gesichtspunkte des jeweiligen Inoffiziellen Mitarbeiters berücksichtigt werden müssen. Der Abbruch der Zusammenarbeit. Ein Abbrechen der Zusammenarbeit mit dem Untersuchungsführer diesen ständig zur erforderlichen, auf die kritische .,-ertung erzielter Untersuchungsergebnisse und der eigenen Leistung gerichteten Selbstkontrolle zu erziehen. uc-n.

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