Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 26

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 26 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 26); rische Situation gebotenen Gesetzgebungsakt, der gewisse Abweichungen von allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen mit sich bringt, wie sich unter anderem schon aus Art. IU Ziffer 4 a und b, wonach amtliche Stellung und Befehl nicht befreien, ergibt. Es muß übrigens dahingestellt bleiben, ob bei einem erwachsenen und geistig gesunden Menschen ein Irrtum über grundlegende Prinzipien der Menschlichkeit, die gewissermaßen das moralische Existenzmmimum der für den Stand der menschlichen Gesittung repräsentativen Kulturgemeinschaft darstellen, und damit ein Irrtum über die naturrechtliche- (nicht aus dem positiven Rechtszustand sich ergebende) Rechtswidrigkeit der Handlungsweise des Denunzianten überhaupt möglich ist. Im vorliegenden Falle liegen, abgesehen von den sich auf den Aufsatz von Güde berufenden rechtswissenschaftlichen Ausführungen der Revisionsbegründung, keine. Anhaltspunkte für die Annahme eines solchen Irrtums vor. § 337 StPO. Zur Revisibilität der Strafzumessung. Die Feststellung, jemand habe als langjähriges Mitglied der NSDAP und als Funktionär einer NS-Organisation bei einer im November 1941 erstatteten Anzeige gegen eine Jüdin nicht damit gerechnet, daß diese nicht nur bestraft, sondern anschließend in ein Konzentrationslager gebracht werde, widerspricht den allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen über die Zustände in der Nazizeit. OLG Dresden, Urteil vom 28.11.1947 20. 229/47. Die Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Höhe der vom Schwurgericht als gerecht angesehenen Strafe und damit die Gründe, die für das Schwurgericht bei der Strafzumessung maßgebend gewesen sind. Das Schwurgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt, während der Staatsanwalt 5 Jahre Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren beantragt hatte. Grundsätzlich unterliegen die Strafzumessungsgründe nicht der Nachprüfung durch das Revisionsgericht, weil das Schwurgericht diese nach freiem Ermessen zu würdigen und als Ergebnis dieser Würdigung die Strafe festzusetzen hat, die nach der Überzeugung des Schwurgerichts als gerecht anzusehen ist. Wenn das Urteil bei der Strafzumessung offenbar der Gerechtigkeit gröblich widerspricht, dann kann das Urteil nur im Wege der Kassation zu Fall gebracht werden (§ 3 b des Gesetzes über die Kassation rechtskräftiger Urteile in Strafsachen vom 3.10.1947). Trotzdem kann ein Verstoß gegen die Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungsregeln, auf dem das Urteil möglicherweise beruht, zur Aufhebung des Urteils führen. Ein solcher 'Verstoß gegen Erfahrungsregein ist aus der Begründung des angegriffenen Urteils ersichtlich, und deshalb ist die Revision begründet. Die Angeklagte war Mitglied der NSDAP seit 1.5. 1937 und Angehörige der ehemaligen NS-Frauenschaft seit 1936; sie bekleidete in dieser Organisation das Amt eines Kassierers. Auch in A., dem Wohnsitz der Angeklagten, wurden in der Progromnacht zum 9. November 1938 Terrorakte gegen die jüdische Bevölkerung durchgeführt. Willkürmaßnahmen gegen Juden waren tägliche Vorgänge, die von den faschistischen Machthabern weder getarnt, noch geheimgehalten wurden. Grundlose Verhaftungen, Mißhandlungen, Raub und Plünderung jüdischen Vermögens, Verschleppungen und andere Unmenschlichkeiten gegen Juden waren Tatsachen, deren sich nicht wenige Faschisten offen rühmten. Hinzu kam eine wüste Hetze gegen die jüdische Bevölkerung in Presse, Literatur, Film und Rundfunk, in Versammlungen, Schulen und. Kirchen. „Der Stürmer“, der überall an verkehrsreichen Straßen und Plätzen in besonderen Aushängekästen zum Volke sprach, forderte offen zu Gewalttaten gegen die jüdischen Staatsbürger. Ganz besonders systematisch wurde in den Mitgliederversammlungen der ehemaligen NSDAP und deren Gliederungen der Haß gegen die jüdische Bevölkerung geschürt, die dem faschistischen Terror schutzlos preisgegeben war. Auch die Tatsache, daß Juden in Konzentrationslager verschleppt und in Güterzügen nach dem Osten „evakuiert“ wurden, war kein Geheimnis. Das wußte das Volk, und die Mitglieder und Funktionäre der ehemaligen NSDAP und deren Gliederungen haben dies nicht nur wissen müssen, sondern sie haben dies gewußt, gebilligt und gefördert. Als die Angeklagte die Jüdin K. am 12.11.1941 wegen Nichttragens des Judensternes anzeigte, lief der faschistische Terror gegen die Juden auf hohen Touren. Die jüdischen Geschäfte waren „arisiert“, zertrümmert und deren Inhaber enteignet, verhaftet und verschleppt. Die Wohnungseinrichtungen der Juden waren zum großen Teil zerschlagen und verbrannt, die Synagogen in Brand gesteckt und tausende Juden waren bereits erschlagen, erschossen, gehängt, geköpft und vergast. Die jüdische Bevölkerung der von den faschistischen Armeen besetzten Länder leisteten unter unmenschlichen Bedingungen Sklavendienste in Deutschland. Es widerspricht allgemeinen Erfahrungssätzen über die Zustände in der Nazizeit, wenn das schwurgerichtliche Urteil feststellt, die Angeklagte habe als langjähriges Mitglied der NSDAP und als Funktionärin der NS-Frauenschaft bei ihrer Anzeige im November 1941 nicht damit gerechnet, sie habe in den Kreis ihrer Erwägungen nicht einbezogen und weder gewollt noch gebilligt, daß die Jüdin nicht nur bestraft, sondern anschließend in ein Konzentrationslager gebracht werde. Dies war nicht nur jedem erwachsenen Menschen klar, das wußten und wollten die Mitglieder der NSDAP und vor allen Dingen die Funktionäre der NSDAP und deren Gliederungen, denn dies entsprach ihrer sogenannten Weltanschauung, dies wurde ihnen täglich demonstriert und eingeimpft. Auf diesem Verstoß gegen allgemein bekannte Erfahrungsregeln beruht das Urteil des Schwurgerichts. Nicht nur mit einer Freiheitsstrafe für die Jüdin hat die Angeklagte bei ihrer Anzeige gerechnet, sondern mit deren physischer Vernichtung, zumindest mit dem Verbringen der Jüdin in ein Konzentrationslager. Der Senat ist der Meinung, daß das Schwurgericht die vorgenannten Erfahrungsregeln verkannt hat, und daß auf diesem Verkennen das unverständlich milde Urteil beruht. Das angegriffene Urteil war deshalb mit den tatsächlichen Feststellungen aufzuheben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Öffentliches Recht Kontrollratsgesetz Nr. 19. Die von einem Elektrizitätswerk auf Grund des Kon-trollratsgesetzes Nr. 19 verhängten Strafmaßnahmen stehen den Verwaltungsakten öffentlicher Behörden gleich und sind im Wege des Verwaltungsgerichtsverfahrens nachprüfbar. Eine Einstellung der Stromlieferung wegen Nichtzahlung der auferlegten Zuschlagsgebühr ist unzulässig. Bezirksverwaltungsgericht Brit. Sektor von Berlin , Urteil v. 17.12. 47 1 441/47. Der KI. hatte sein Stromkontingent um mehr als 10°/o überschritten und war von der Bekl. (einem Berliner Elektrizitätswerk) gemäß Art. III 2.,fc des Kon-trollratsgesetzes Nr. 19 mit einer Zuschlagsgebühr in lOOfacher Höhe der Normalgebühr bestraft worden. Da der Kläger diese Summe nicht zahlte, stellte das Werk die Stromversorgung ein und weigerte sich, die Sperre auch nach Ablauf der im Kontrollratsgesetz Nr. 19 vorgesehenen Frist von 30 Tagen aufzuheben. Die von dem Kl. hiergegen vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die Bekl. ist eine Aktiengesellschaft und nicht ein Eigenbetrieb des Magistrats der Stadt Berlin, wenn auch die Angelegenheiten der Stromkontingentierung, für deren Durchführung der Magistrat der Alliierten Kommandantur gegenüber verantwortlich ist, in der Abteilung „Städtische Energie- und Versorgungsbetriebe“ ressortmäßig bearbeitet werden. Die Berechtigung der Bekl. zur Festsetzung einer Zuschlagsgebühr und Einstellung der Stromversorgung findet ihre gesetzliche Stütze in Ziffer 5 des Art. III des Kontrollrats-gesetzes Nr. 19 vom 20. März 1946 (Amtsbl. des Kon-trollrats in Deutschland Nr. 5 S. 122). Hier werden die für die Stromversorgung verantwortlichen Betriebe für 26;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Das Zusammenwirken mit den Staatsanwalt hat gute Tradition und hat sich bewährt. Kontrollen des Staatsanwaltes beinhalten Durchsetzung der Rechte und Pflichten der verhafteten., Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und die weitere Festigung des Vertrauensverhältnisses der Bürger zur sozialistischen Staatsmacht, besonders zum Staatssicherheit , die objektive allseitige und umfassende Aufklärung jeder begangenen Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen sowie der Täterpersönlichkeit als Voraussetzung dafür, daß jeder Schuldige konsequent und differenziert strafrechtlich zur Voran twortvmg gezogen werden kann, aber kein Unschuldiger verfolgt wird, die weitere Vervollkommnung der Zusammenarbeit der tschekistischen Bruderorgane im Kampf gegen den Feind und bei der Aufklärung und Bekämpfung der Kriminalität insgesaunt, die zielstrebige Unterstützung der politisch-operativen Arbeit anderer Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit führten zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Personen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr, wo auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, eine Steigerung um, Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Gesamtzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegenüber dem Jahre gestiegen ist ergibt sich bezüglich des Anteils von Verfahren, die auf der Basis von Arbeitsergebnissen des ElfS eingeleitet wurden, an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die gemeinsame Vereinbarung bewährt, daß der Untersuchungsführer Briefe des Verhafteten und Briefe, die an den Verhafteten gerichtet sind, in Bezug auf ihre Inhalt kontrolliert, bevor sie in den Diensteinheiten der Linie zu unterstützen, zürn Beispiel in Form konsequenter Kontrolle der Einnahme von Medizin, der Gewährung längeren Aufenthaltes im Freien und anderen. Bei verhafteten Ehepaaren ist zu berücksichtigen, daß die Durchsetzung dieser Maßnahmen auf bestimmte objektive Schwierigkeiten hinsichtlich bestimmter Baumaßnahmen, Kräfteprobleme stoßen und nur schrittweise zu realisieren sein wird.

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