Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 254

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 254 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 254); vorenthalten werden. Zwar sahen Teile des besitzenden Bürgertums in der starken militärischen Kaisergewalt selbst den besten Schutz gegen die Forderungen der im Schatten des Aufschwunges der kapitalistischen Großindustrie immer stärker werdenden sozialistischen Arbeiterbewegung. Nahm doch die Sozialdemokratische Partei, die nach dem Sozialistengesetz (1878 1890) im Reichstag nur 35 Sitze hatte, 1912 bereits 110 Sitze ein. Trotzdem kam es im Reichstag bei dem Kampf des Bürgertums mit der feudal-dynastischen, preußisch-monarchischen Staatsgewalt zu immer schärferen Konflikten, besonders als Wilhelm II nach dem Abgang Bismarcks die Verfassung zum „Instrumente seiner persönlichen Politik machte“. Die autokratische Struktur der Verfassung wirkte sich nun besonders verhängnisvoll aus. Da die Verfassung ke;ne Regierung im staatsrechtlichen Sinne kannte, sondern der Kaiser selbst Inhaber der Exekutivgewalt war, die er durch seinen Vertrauensmann, den Reichskanzler, ausübte, war es ihm mit einem schwachen Reichskanzler möglich, die gesamte Reichspolitik in den äußeren wie in den inneren Angelegenheiten nachdrücklichste zu beeinflussen. Bis 1890 hatte Bismarcks Autorität das Reichsgefüge zusammengehalten. Jetzt, unter einem Kaiser, der seiner Aufgabe in keiner Weise gewachsen war. zeigte sich die ganze Gefahr, die in der von Bismarck geschaffenen Verfassungskonstruktion mit ihrer Konzentration der gesamten Macht in der Hand des Monarchen lag. Beim Kaiser konzentrierte sich die gesamte politische und militärische Führung; auf die Handhabung des militärischen Oberbefehls hatten weder der Reichskanzler noch die Staatssekretäre oder dr Bundesrat Einfluß. Dadurch war es möglich, daß Wilhelm II im Verlauf des 1. Weltkrieges völlig in das Schlepntau der obersten Heeresführung geriet, und zwar besonders nachdem er am 29. August 1916 den Generalstabschef v. Falkenhayn entlassen und die Kommandogewalt an Ludendorff abgegeben hatte. Die Verfassung, die alle Macht in der monarchischen Spitze und bei der exekutiven Gewalt konzentrierte und die bewußt das Volk von der Verantwortung an der Staatsführung fernhielt, lieferte damit selbst die Voraussetzungen für die militärische und imperialistische Politik Wilhelms II, für die Kriegspolitik und den Übergang zur Militärdiktatur. Im März 1917 forderte die Unabhängige Sozialdemokratische Partei in einer Reichstagsresolution die Einführung des parlamentarischen Regierungssystems; die Sozialdemokratische Partei forderte die Bildung eines Reichstagsausschusses, der die politische Neuordnung des deutschen Reiches vorbereiten sollte; die freisinnige Partei forderte die Einführung des Wahlrechts in allen Bundesstaaten und meinte damit in erster Linie die Reform des preußischen Dreiklassenwahlrechts. Die Osterbotschaft Wilhelms II vom 7. April 1917 verkündete eine Reform des preußischen Herrenhauses und die Einführung der direkten und geheimen, jedoch nicht gleichen, Wahl für das Abgeordnetenhaus. Der Reichstag beschloß mit erdrückender Mehrheit die Einsetzung eines Verfassungsausschusses. Dieser trat am 2. Mai 1917 zusammen. Seine Forderungen auf Einführung eines parlamentarischen Reichsministeriums und auf Beseitigung der kaiserlichen Kommandogewalt scheiterten am Widerstand der obersten Heeresleitung und des Kaisers. Arthur Rosenberg bemerkt in seinem bedeutsamen Werk „Die Entstehung der Deutschen Republik“: „Im Sommer 1917 bestand in Deutschland verfassungsrechtlich das reine Chaos. Auf der einen Seite die Macht der obersten Heeresleitung, die mit der Reichsverfassung nicht vereinbar war, auf der anderen Seite die Ansprüche der Reichstagsmehrheit, die ebensowenig zu der geltenden Verfassung paßten“ 12). Es ist bezeichnend genug, daß noch am 2. Mai 1918 das preußische Abgeordnetenhaus das gleiche Wahlrecht mit 235 gegen 138 Stimmen ablehnte. Im September 1918 war die Entwicklung jedoch bereits so weit gediehen, daß die oberste Heeresleitung selbst eine Erweiterung oder Umbildung der Regierung unter Heranziehung von weiteren Vertrauensmännern des 12) Dr. Arthur Rosenberg (vor 1933 Privatdozent an der Universität Berlin): „Die Entstehung der Deutschen Republik“, Ro.wohlt-Verlag, Berlin 1928, S. 161. Reichstages verlangte. Die Entscheidung fiel im großen Hauptquartier in S p a a durch den kaiserlichen Erlaß vom 30. September 1918, in dem es heißt: „Ich wünsche, daß das deutsche Volk, wirksamer als bisher, . an der Bestimmung der Geschichte des Vaterlandes mitarbeitet. Es ist daher mein Wille, daß Männer, die vom Vertrauen des Volkes getragen sind, im weiten Umfang teilnehmen an den Rechten und Pflichten der Regierung.“ Am 3. Oktober 1918 wurde der erste Schritt zur Anerkennung des parlamentarischen Prinzips dadurch getan, daß mit der Ernennung des Prinzen von Baden zum Reichskanzler dessen Amt vom Amt des preußischen Ministerpräsidenten getrennt wurde und die Führer der großen Parteien zu Staatssekretären ernannt wurden. Durch das Gesetz vom 28. Oktober 1918 wurde das parlamentarische Prinzip offiziell eingeführt. Artikel 15 der Verfassung erhielt den Zusatz, daß der Reichskanzler zu seiner Amtsführung des Vertrauens des Reichstages bedürfe und für alle politischen Handlungen des Kaisers verantwortlich sei. Zugleich wurden die Machtbefugnisse des Kaisers auf militärischem Gebiete eingeschränkt: Kriegserklärung und Friedensschluß sowie der Abschluß von Verträgen, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung beziehen, wurden von der Zustimmung des Bundesrates und des Reichstages abhängig gemacht, die militärische Personalpolitik im Rahmen der Kommandogewalt wurde der Mitbestimmung des Reichskanzlers und des für das betreffende Landeskontingent zuständigen Kriegsministers unterworfen. Deutschland war in letzter Minute in eine parlamentarische Monarchie verwandelt worden. Die Macht ging auf das Reichsparlament über, und der Bundesrat wurde zum Oberhaus. Ohne den Weltkrieg und dessen Entwicklung wäre es sicherlich noch nicht zu dieser Verfassungsänderung gekommen. Blitzartig leuchtete in diesen letzten Tagen- des ersten Weltkrieges nochmals die ganze Tragödie der deutschen Verfassungsentwicklung auf, bevor am 9. November 1918 die Revolution ausbrach und mit der Abdankung des Kaisers am 28. November 1918 den Zusammenbruch der Monarchie in Deutschland und in allen seinen Bundesstaaten brachte. Die Situation des Jahres 1918 ist dadurch gekennzeichnet, daß das Bürgertum seine bis dahin versäumte politische Emanzipation nachzuholen bestrebt war, während bereits, besonders unterstrichen durch die siegreiche russische Revolution, die Emanzipation der Arbeiterklasse auf der Tagesordnung stand. Es gehört zu den tragischen Kapiteln der deutschen Verfassungsgeschichte, daß die deutsche Arbeiterklasse, die sich plötzlich im Besitz der Macht sah, nicht in der Lage war, diese Macht festzuhalten. Die deutsche Arbeiterklasse hat ihre Aufgabe, die Staatsmacht zu erobern und sie zu einer Änderung der Wirtschaftsverfassung einzusetzen, nicht gelöst. Dies lag wesentlich an dem starken Einfluß des Reformismus auf die Leitung der Sozialdemokratischen Partei, der sich dahingehend auswirkte, daß die Sozialdemokraten sich gemeinsam mit den Kräften des Bürgertums gegen die konsequenten Revolutionäre in der Arbeiterbewegung wandten und für die Errichtung einer bürgerlichen parlamentarischen Republik und für die formale Demokratie eintraten. Mit dem 9. November 1918 war die Staatsmacht in die Hände des Rates der Volksbeauftragten übergegangen, der verkündete, daß die Zeit gekommen sei, „das sozialistische Programm zu verwirklichen“. Der Reichskongreß der Arbeiter- und Soldatenräte, der vom 16. bis 21. Dezember 1918 in Berlin tagte, entschied sich aber mit 344 gegen 98 Stimmen gegen die Einführung des Pätesystems und für Wahlen zu einer verfassungsgebenden Nationalversammlung. Diese fanden am 19. Januar 1919 statt und ergaben eine bürgerliche Mehrheit, nämlich 236 bürgerliche Mandate gegen 187 Mandate der Sozialdemokratischen Partei und der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei. Die Kommunisten hatten Wahlenthaltung geübt. Die dann von der Nationalversammlung verabschiedete Weimarer Verfassung wurde ein typisches Kompromißwerk der bürgerlichen Parteien und der reformistischen Sozialdemokratie. Diese Entwicklung bewies, daß die deutsche Arbeiterklasse durch den Beschluß des Reichskongresses der Arbeiter- und 254;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

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