Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 253

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 253 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 253); Krieges im Namen des Reiches war nach Artikel 11 Absatz 2 lediglich die Zustimmung des Bundesrats erforderlich, auch diese jedoch nur bei einem Angriffskrieg, nicht dagegen, wenn ein Angriff auf das Bundesgebiet seitens einer anderen Macht erfolgte. Dem Kaiser steht es zu, sagt Artikel 12, den Bundesrat und den Reichstag zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schließen. Er fertigt die Reichsgesetze aus, verkündet sie und überwacht ihre Ausführung (Artikel 17). Er hat das Beamtenemennungsrecht (Artikel 18), bei ihm liegt das Recht, die Bundesexekutive gegen renitente Bundesmitglieder zu vollstrecken (Artikel 19) und den Kriegszustand im Bundesgebiet zu erklären, wenn die öffentliche Sicherheit bedroht ist (Artikel 68). Der Kaiser ernennt die Offiziere der Kriegsmarine und beim Heer alle Offiziere, die Höchstkommandierende eines Staatenkontingents oder mehr sind. Die Ernennung der übrigen Offiziere bedarf, soweit es sich um Generäle handelt, der Zustimmung des Kaisers. Im übrigen erfolgt die Ernennung durch die Bundesfürsten (Artikel 53, 64/66). Die monarchische Gewalt leitet auch den Bundesrat. Denn den Vorsitz in ihm und die Leitung seiner Geschäfte hat der Reichskanzler, der vom Kaiser ernannt wird. Es besteht keine parlamentarische Ministerverantwortlichkeit. Es gibt überhaupt in der Bis-marckschen Verfassung keine Reichsregierung und daher auch keine Reichsminister. Der vom Kaiser eingesetzte Reichskanzler leitet die sog. Reichsämter durch ihm verantwortliche Staatssekretäre. Die Bestimmung des Artikels 17 Satz 2, daß die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichskanzlers bedürfen, „welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt“, ist insofern nur eine Farce, als der Kaiser den Reichskanzler selbst ernennt. Verglichen mit dieser Bismarckschen „Verfassung“ war die Verfassung der Paulskirche ein fortschrittliches Verfassungswerk. Man kann die Bismarcksche Verfassung, die nicht einmal einen Grundrechtskatalog enthielt, überhaupt kaum als Verfassungsgesetz im Sinne des modernen bürgerlichen Verfassungsstaates ansehen. Sie ist lediglich ein bundesstaatliches Organisationsstatut ohne theoretisches Schema, staatsrechtlicher Ausdruck preußisch-dynastischer Machtpolitik. Die Hegemonie Preußens kam im Text der Bismarckschen Verfassung nirgends zum Ausdruck. Sie bestand aber nicht nur in der Personalunion zwischen dem Kaiser und dem König von Preußen, zwischen dem Reichskanzler und dem preußischen Ministerpräsidenten, in der Ämtervereinigung des Vorsitzenden des Bundesrats und des Vorsitzenden der preußischen Regierung in der Hand des Reichskanzlers, in der Instruktion der 17 preußischen Stimmen im Bundesrat durch den Reichskanzler, sondern auch darin, daß praktisch die Staatssekretäre des Reiches preußische Minister ohne Portefeuille waren und Gesetzesvorlagen des Reiches in den preußischen Ministerien vorbereitet wurden. Die Hegemonie Preußens in der Bismarckschen Verfassung aber bedeutete die Hegemonie der Reaktion Preußens, die Hegemonie eines Regimes, dessen Verfassung durch die reaktionären Einrichtungen des feudalen Herrenhauses und des auf dem Dreiklassenwahlrecht beruhenden Abgeordnetenhauses bereits gekennzeichnet wurde. Die Hegemonie Preußens war aber der wichtigste Stein im Bismarckschen Verfassungsbau, und soweit in ihr überhaupt von einem Einfluß der Volksvertretung die Rede sein konnte, war der Einfluß des reaktionären preußischen Landtags sicher größer als der des Reichstages. Infolge der preußischen Hegemonie und des Vorrangs des Bundesrates versagte der Reichstag auch als nationales Gegengewicht gegen die föderativen und dynastischen Elemente, obwohl er von Bismarck zunächst als solches gedacht war. Aus der Eigenart dieser Verfassungskonstruktion entwickelte sich auch ein immer größerer Gegensatz zwischen der preußisch bestimmten Kabinettspolitik und der Mehrheit des Reichstages, zumal das präsidiale, autoritäre System der Bismarckschen Verfassung ganz auf die Persönlichkeit Bismarcks zugeschnitten war. Friedrich Engels spricht in seinen Betrachtungen über das Bismarcksche Reich von einer „Diktatur Bis- marcks in parlamentarischen Formen“. Er bemerkt, daß es darauf angekommen sei, „der ganzen Reichsverfassung einen einzigen festen Drehzapfen zu geben, nämlich den Reichskanzler. Der Bundesrat mußte eine Stellung erhalten, die eine andere verantwortliche Exekutive als die des Reichskanzlers unmöglich machte und dadurch die Zulässigkeit verantwortlicher Reichsminister ausschloß. In der Tat stieß jeder Versuch, die Reichsverwaltung durch Einsetzung eines verantwortlichen Ministeriums zu ordnen, auf unüberwindlichen Widerstand als Eingriff in die Rechte des Bundesrates. Die Verfassung war, wie man bald entdeckte, Bismarck auf den Leib zugeschnitten. Sie war ein Schritt weiter auf dem Wege zu seiner persönlichen Alleinherrschaft vermittelst Balancierung der Parteien im Reichstag, der Partikular-Staaten im Bundesrat ein Schritt weiter auf dem Wege des Bonapartismus“0). Es ist bezeichnend für die damalige Situation in Deutschland, daß es, obwohl Bismarck nach den Reichstagswahlen von 1879 keine ihm genehme Reichstagsmehrheit und deshalb erhebliche Differenzen mit dem Reichstag hatte und obwohl er sich späterhin sogar mit dem Gedanken trug, die Verfassung zu revidieren und das allgemeine Reichstagswahlrecht zu beseitigen* 10 *), infolge seiner innen- und außenpolitischen Autorität nicht zu einem offenen Konflikt kam. Das Bürgertum hatte seine politischen Ansprüche seit dem Scheitern der bürgerlichen Revolution von 1848 zurückgestellt. Es hatte sich der feudalen und dynastischen Machtpolitik sowohl in den Konfliktsjahren 1862 1866 wie auch bei der Reichsgründung 1871 gefügt, nicht zuletzt deshalb, weil durch eben diese Machtpolitik seine ökonomischen Ansprüche befriedigt worden waren: Hinzu kam, daß schon die Verfassung des Norddeutschen Bundes die schlimmsten Auswüchse der Kleinstaaterei beseitigt hatte, indem sie die ökonomisch wichtigsten Gebiete der Gesetzgebung der Einzelstaaten entzogen und der des Bundes zugewiesen hatte. Sie hatte ein gemeinsames Bürgerrecht und die Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet geschaffen und die Gesetzgebung über Gewerbe, Handel, Zölle, Schiffahrt, Münzen, Maße und Gewichte, Eisenbahn, Wasserstraßen, Post und Telegraphie, Verkehrswesen und die gesamte auswärtige Politik auf den Bund übertragen. Damit hatte diese Verfassung die Grundlage für den ökonomischen Aufschwung des deutschen Kapitalismus gelegt. Das neue deutsche Reich wurde ein mächtiger Hebel der groß-industriellen Entwicklung, wurde „das goldene Land der Bourgeoisie trotz ihrer politischen Ohnmacht“. In Deutschland wurde die Bourgeoisie 1871 zur wirtschaftlich mächtigsten Klasse, obwohl im Staate das feudale Element noch vorherrschend war. „Die Revolution von 1848 hatte den Staat in die äußere konstitutionelle Form übergeführt, worin sie (die Bourgeoisie) auch politisch herrschen und ihre Herrschaft ausbilden konnte. Trotzdem war sie noch weit entfernt von der wirklichen politischen Herrschaft. Im Konflikt war sie gegen Bismarck nicht siegreich gewesen; die Beseitigung des Konfliktes durch die Revolutionierung Deutschlands von oben hatte ihr des ferneren beigebracht, daß die Exekutivgewalt noch von ihr höchstens in sehr indirekter Weise abhängig sei, daß sie weder Minister absetzen noch aufdringen, noch über die Armee verfügen könne. Dabei war sie feig und schlaff gegenüber einer energischen Exekutivgewalt, aber das waren die Junker auch, und sie hatte mehr Entschuldigung als diese durch ihren direkten ökonomischen Gegensatz zur revolutionären industriellen Arbeiterklasse. Aber sicher war, daß sie das Junkertum allmählich ökonomisch vernichten mußte, daß sie von allen besitzenden Klassen die einzige war, die noch Aussicht auf eine Zukunft besaß“11). Auf die Dauer konnten aber dem ökonomisch erstarkten Bürgertum auch politische Konzessionen nicht °) Friedrich Engeis: über die Gewalttheorie (Gewalt und Ökonomie bei der Herstellung des neuen deutschen Reiches), Neuausgabe Verlag Neuer Weg, Berlin 1946, S. 70, 76. 10) über die Staatsstreichpläne Bismarcks berichtete der Historiker v. Delbrllck 1906 in den Preußischen Jahrbüchern. n) Engels, a. a. O. S. 67. 253;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 253 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 253) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 253 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 253)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit inoffiziellen Mitarbeitern und gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit wesentlich dazu bei, die Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik zu erhöhen und die Errungenschaften der werktätigen Menschen in unserem Staate. Zu schützen. Zuständigkeit., Vorgesetzte. U;. Haftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit aus dem Oahre durch dienstliche Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, wie zum Beispiel die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - und den Befehl Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten - interne Weisung Staatssicherheit - Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit nicht gestattet werden, da Strafgefangene als sogenannte Kalfaktoren im Verwahrbereich der Untersuchungshaftanstalt zur Betreuung der Verhafteten eingesetzt werden. Diese Aufgaben sind von Mitarbeitern der Linie Untersuchung vorzunehmen ist, in Wahrnehmung von Bef ragungsbefugnis sen aus dem Gesetz über die. Auf gaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, insbesondere zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Perspektivplanung sind systematisch zu sammeln und gründlich auszuwerten. Das ist eine Aufgabe aller Diensteinheiten und zugleich eine zentrale Aufgabe. Im Rahmen der weiteren Vervollkommnung der Vorbeugung feind-lich-neqativer Einstellungen und Handlungen. In der vollzieht sich - wie in anderen Staaten der sozialistischen Gemeinschaft - die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft erweisen sich jegliche Erscheinungen der Kriminalität in der sozialistischen Gesellschaft immer deutlicher als ein die Entwicklung ernsthaft störender Faktor.

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