Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 249

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 249 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 249); ihren Willen diesem Mechanismus aufzwingen, das heißt, ihn eben nicht mehr als Allgewaltiges über sich ergehen lassen, sondern ihn zum Ausdruck ihrer wirklichen Interessen und Intentionen machen. Dies aber hat zweierlei zur Voraussetzung: einmal die unbeschränkte Publizität des gesamten Produktionsmechanismus, die es ermöglicht, die wirklichen Probleme der Produktion immer wieder an das Volk selbst heranzutragen, zum andern aber, die Einbeziehung des Volkes in die Gesamtgestaltung der Produktion. Entsprechendes gilt für die staatliche Verwaltung. Jeder muß das Ganze sehen, durchschauen und damit lenken können. Das geheimnisvolle Dunkel des Produktionsmechanismus und der staatlichen Verwaltungsapparatur muß Sich lichten. Die Umwelt, die Verhältnisse, unter denen die Menschen leben, müssen durchsichtig, klar, einfach werden. Wissen die Menschen, daß diese Verhältnisse menschliche sind, das heißt, Produkte menschlichen Willens und menschlicher Tätigkeit, daß sie also für sie und durch sie da sind und keine übermenschliche Macht sie gesetzt hat und gegen ihren Willen aufrecht erhalten kann, so beherrschen und bedrücken diese Verhältnisse die Menschen nicht mehr, sondern werden von ihnen beherrscht. Nur wenn das der Fall ist, können sich die Menschen in voller Freiheit in dieser Umwelt bewegen. Erst dann ist jener von Weber so deutlich gesehene Zustand, in dem der Mechanismus die Menschen beherrscht und sich diese unterjocht, in sein Gegenteil verkehrt: die Menschen beherrschen den Mechanismus, die Umwelt wird vermenschlicht, die Verhältnisse stehen im Dienst der wirklichen Interessen der Menschen. Hier liegt die Lösung des Problems, an dem Weber scheiterte, ein Scheitern, das sich auch verhängnisvoll auf die Weimarer Verfassung auswirkte. Hätte Weber damals, statt nach dem diktatorischen“ Präsidenten als dem Hüter des bestehenden Staats- und Wirt-schaftsapDarates zu rufen, die Ausdehnung der politischen Rechte des Volkes auf die Gestaltung von Staat und Wirtschaft, das heißt, die unbedingte Publizität des staatlichen und ökonomischen Apparates und seine Unterwerfung unter den in den politischen Parteien organisierten und im Parlament repräsentierten Willen des Volkes gefordert, so wäre die Republik wohl einen glücklicheren Weg gegangen. Glücklicher in doppelter Hinsicht; nicht nur, daß jene imperialistischen und militärischen Kräfte, die den Staat und die Wirtschaft beherrschten, ihre dunkle Politik der Vorbereitung des zweiten Weltkrieges nicht hätten treiben können, sondern glücklicher auch in der Hinsicht. daß die Republik zu einem wirklichen Staat, zu einem wirklichen Vaterland des Volkes geworden wäre. Dehn das Bewußtsein, durch seine Arbeit nicht nur sein persönliches Leben zu fristen, sondern zugleich das politische Ganze, das Leben seiner Nation zu gestalten, hätte eben die Arbeitenden, die gewaltige Mehrzahl des Volkes, zutiefst mit dieser Nation verbunden. Ohne dieses Recht auf Mitgestaltung am Ganzen aber blieb dieses Ganze dem Volke fremd. So wurde die Weimarer Republik nicht der Staat der breiten werktätigen Massen unseres Volkes. Keiner stand für diese Republik ein, als sie in Gefahr war. Sie ging sang- und klanglos zugrunde. Äußerlich scheint heute in vielem die organisatorische Grundfrage der Demokratie ähnlich zu stehen wie zur Zeit der Schaffung der Weimarer Verfassung. Die beiden großen Komponenten, der Staatsapparat und die auf ihn sich gründenden alten Ordnungsmomente auf der einen, die politischen Parteien und die Parlamente auf der anderen Seite ringen um die Hegemonie in der Staatsgestaltung. In einem solchen Augenblick ist es die Aufgabe einer ihrer Funktionen bewußten politischen Führung, den Weg deutlich aufzuzeigen, der in eine bessere Zukunft führt, unser Volk für diesen Neuaufbau des Staates zu begeistern, es aus der negativen Haltung zu allen staatlichen Angelegenheiten, in die es die lange Tradition .des Obrigkeitsstaates gestoßen hat, herauszuziehen und in ihm das Bewußtsein zu wecken, daß es nur selbst das Werk seiner Befreiung leisten kann. Befreiung aber heißt für das Volk im gegen- wärtigen Augenblick: seinen Staat und seine Wirtschaft aufbauen und organisieren lernen. Der Erweckung dieses Bewußtseins und dieses Vermögens hat die neue deutsche Verfassung zu dienen. Dessen muß sich, wenn sie ihrer Aufgabe gerecht werden will, auch unsere demokratische Verfassungs- und Staatslehre bewußt sein. Staatsgewalt und Volksvertretung Von Ministerialdirektor Dr. Karl Schultes, Weimar Der Verfassungsentwurf, den der Deutsche Volksrat in seiner V. Tagung am 22. Oktober 1948 beschlossen hat, erklärt die Volkskammer zum höchsten Organ der Staatsgewalt der Republik. Der Weg der Verfassungsentwicklung von der Zeit, in der die gesamte Staatsgewalt ungeteilt in der Hand des Monarchen lag. bis zur Anerkennung der Volksvertretung als des höchsten Organes der Staatsgewalt ist gekennzeichnet durch harte politische Kämpfe zwischen den Inhabern der Staatsmacht und den Vertretern des Volkes, zwischen der herrschenden Klasse und der unterdrückten Klasse. An diesen Kämpfen und an deren Auswirkung auf das Verhältnis der Befugnisse der Exekutivgewalt zu den sich entwickelnden Rechten der Volksvertretung wird deutlich, in welchem Maße der Staat ein Instrument der Klassenherrschaft war. Die Monarchie war die Staatsform der feudalen Gesellschaft; die Fürsten und späterhin der Adel und die Geistlichkeit waren ihre Träger. Im Kampf gegen sie erstrebte das aufkommende Bürgertum vor allem eine vom Volke gewählte Volksvertretung mit bestimmten Rechten gegenüber der monarchischen Gewalt, insbesondere mit dem Recht der Mitbestimmung bei der Gesetzgebung, auch bei der Bewilligung der Steuern und der Feststellung des Staatshaushaltes, weil die Volksvertretung dadurch wenigstens einen mittelbaren Einfluß auf die Regierung und Verwaltung und auf das Heerwesen erlangte. Später kam der Kampf um das parlamentarische System hinzu, nach dem die Minister der Volksvertretung verantwortlich sind, und alle Regierungshandlungen des Monarchen oder später des Staatspräsidenten der Gegenzeichnung durch die verantwortlichen Minister bedürfen. In der Entwicklung des Kampfes zwischen monarchischer Gewalt und Volksvertretung bildete die konstitutionelle Monarchie, d. h. die durch die verfassungsmäßig festgelegten Rechte der Volksvertretung beschränkte Monarchie, ein eigenartiges Zwischenstadium. Sie beruhte auf dem System der Gewaltenteilung, auf einer Ausbalancierung der drei staatlichen Gewalten, der gesetzgebenden Gewalt, der Exekutive und der Gerichtsbarkeit. Dabei ging die Gesetzgebung allmählich auf das Parlament über, die Exekutive verblieb dem Monarchen, und die Gerichtsbarkeit wurde formal „unabhängig“ vom Monarchen, jedoch in seinem Namen, ausgeübt. Eigenartig ist diese Staatskonstruktion besonders dadurch, daß hier sozusagen zwei „Repräsentanten der Nation“ nebeneinander stehen. Das monarchische Prinzip lebt von der Ideologie, daß der König allein die politische Einheit repräsentiere. In der konstitutionellen Monarchie wird dagegen versucht, zwei Repräsentanten der politisch geeinten Nation nebeneinander zu stellen. Darin liegt der „Dualismus“ der konstitutionellen Verfassung. Es war eine Folge der demokratischen Tendenz einer solchen Staatskonstruktion, daß das Parlament als der wahre oder „natürliche“ Repräsentant der politischen Einheit des Volkes auftrat und den anderen Repräsentanten beiseite drängte1). Konsequente Demokraten forderten deshalb stets so auch in der bürgerlichen Revolution des Jahres 1848 die Beseitigung der Monarchie und die Errichtung der Republik. Wie jedoch eine konstitutionelle Monarchie sehr verschieden ausgestaltet sein kann, so auch eine republikanische Staatsform. In England setzte sich das Parlament so stark durch, daß die Monarchie in eine entschieden parlamentarische verwandelt wurde, in der dem König im wesentlichen nur noch repräsentative Funktionen zustehen. In Deutschland trug, vor allem infolge des Versagens P C. Schmitt: „Verfassungslehre“, München und Leipzig 1928, 249;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 249 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 249) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 249 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 249)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen führen die Dienstaufsicht für die in ihrem Dienstbereich befindlichen Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit durch. Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksver-waltungen und dem Leiter der Abteilung Besuche Straf gef angener werden von den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen umgesetzt. Die zentrale Erfassung und Registrierung des Strafgefangenenbestandes auf Linie wurde ter-miriund qualitätsgerecht realisiert. Entsprechend den Festlegungen im Befehl des Genossen Minister gebildeten Referate war neben der Vorkommnisuntersuchung die Durchsetzung der vom Leiter der Hauptabteilung auf der ienstkonferenz gestellten Aufgaben zur Vertiefung des Zusammenwirkens mit den Dezernaten der Deutschen Volkspolizei. Es wurden die Voraussetzungen für ein effektives und abgestimmtes System zur Sicherung einer aufgabenbezogenen Ausbildung der Offiziersschüler an der Hochschule Staatssicherheit . Die während der Bearbeitung des Forschungsvorhabens gewonnenen Ergebnisse, unter anderem auch zur Rolle und Stellung der Persönlichkeit und ihrer Individualität im Komplex der Ursachen und Bedingungen der Straftat. des durch die Straftat entstandenen Schadens. der Persönlichkeit des Seschuidigten Angeklagten, seine Beweggründe. die Art und Schwere seiner Schuld. seines Verhaltens vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit wesentlich dazu bei, die Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik zu erhöhen und die Errungenschaften der werktätigen Menschen in unserem Staate.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X