Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 247

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 247 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 247); Daß sich aus der Vorstellungs- und Begrilfswelt unseres hergebrachten Staatsrechts heute kein festes Staatsgebilde mehr errichten läßt, ist jedem Einsichtigen, der sich der Wirklichkeit der bestehenden Verhältnisse nicht verschließt, offenbar. Ebenso offensichtlich ist es, daß kleinliche Korrekturen einzelner Institutionen des hergebrachten Verfassungsrechts wenig fruchten. Denn bei näherem Zusehen ergibt sich, daß des Übels Wurzel nicht in dem Mangel an korrektem Ausbau dieser oder jener Einrichtung unseres Verfassungsrechts liegt. Größere Probleme als bloße Fragen der juristischen Formen stehen auf dem Spiel. Das Fundament, auf dem die alten Begriffe auf-bauten, ist erschüttert, ganz neue Horizonte tun sich auf. Es reift das Bewußtsein heran, daß die hergebrachten Vorstellungen und Begriffe gar nicht in der Lage sind, die neu auf steigenden Verhältnisse zu erfassen. Es klafft ein Abgrund zwischen den hergebrachten Formen des Denkens und den realen Verhältnissen. Das ganze bisherige Wissensgebäude scheint im luftleeren Raum zu schweben und mit ihm derjenige, der in diesen Begriffen lebte und dachte. Er versteht das aufkommende Neue, das sich in die gewohnten Denk- und Bewußtseinsformen nicht einfügt, nicht mehr. Das Chaos scheint für ihn heraufzuziehen, die Welt in zwei feindliche Lager zu zerfallen, und er klammert sich umso intensiver an die alten Vorstellungen und Begriffe. Sie sind ihm eine feste Burg, in die er sich zurückzieht, um dadurch jedoch den Abgrund zwischen seinem Denken und der Wirklichkeit nur noch zu vergrößern. Allein derjenige, für den die Welt mehr umfaßt als die durch die hergebrachte Staats- und Verfassungslehre vermittelten Vorstellungen, wird durch solche Lage nicht in Schrecken versetzt. Er wird den Mut und die Kraft haben, den Blick der Wirklichkeit selbst zuzuwenden, dem gewaltigen Prozeß der gesellschaftlichen Umgestaltung, den die Welt heute durchmacht, ins Gesicht zu sehen, und von diesem Boden aus die hergebrachten Vorstellungen und Begriffe einer gründlichen Revision unterziehen. Er wird bestrebt sein, die Verhältnisse selbst zu erforschen und Bewußtsein und Willen auf die Erkenntnis der Wirklichkeit selbst zu gründen. Er wird nicht umgekehrt verfahren, sich der Welt verschließen, sich an die hergebrachten Begriffe und Vorstellungen klammern und sie der umwälzenden Praxis unserer Tage entgegenhalten. Wer in der Wirklichkeit und mit der Wirklichkeit lebt, hat die Erkenntnis der Auflösung der alten Bewußtseinsund Lebensformen nicht zu fürchten. Sie ist ihm das Abstreifen alter Schlangenhäute, er sieht darin eine notwendige Entwicklungsstufe, die den Weg zur Erkenntnis der Wirklichkeit eröffnet. Und was haben wir von der Auflösung der alten Vorurteile so viel zu befürchten? Das feste Gebäude der hergebrachten Jurisprudenz mag dem Juristen geistigen Halt gewährt haben. Indes sehen wir heute deutlich, daß es unserem Volke mehr zum Schaden als zum Nutzen war. Es hat zwar vermocht, die bestehenden staatlichen Machtverhältnisse in ein System zu bringen und den organisatorischen Aufbau deutlich werden zu lassen; allein es hat weder die Grundlage des bismarckschen Reiches noch die der Weimarer Republik deutlich werden lassen. Es hat nur eine Vorstellung von der Form unseres Staates, nicht aber ein Wissen um seinen realen Inhalt vermittelt. In einem langen Prozeß, der die Wissenschaft viel unnützen Schweiß und unserm Volke viel Kummer und Blut kostete, mußte der alte Staat verrotten und zerbrechen, damit das traditionelle, zur hemmenden Schale gewordene Staatsbewußtsein sich auflöste, das in unserer traditionellen Staats- und Verfassungslehre seine Kanonisierung und Dogmatisierung fand. Diese traditionellen Vorurteile umklammern heute nicht mehr die wirklichen Verhältnisse; diese selbst treten ans Tageslicht. Der Glaube an den Vater Staat ist längst zum naiven Aberglauben, die These von der Heiligkeit des Rechts längst zur heuchlerischen Phrase geworden. Die Wirklichkeit selbst leuchtet durch alle Verblendungen abstrakter, gespenstischer Formen hindurch. Das Bewußtsein unseres Volkes befreit sich immer mehr und mehr von diesen und wird zum Bewußtsein seiner realen Lage. Die alten Vorstellungen und Begriffe verlieren ihre verbindliche Kraft. Die Wirklichkeit siegt über Phantome und Idole, die Wahrheit über den Irrtum. Die Menschen erringen mehr und mehr ihre geistige Selbständigkeit gegenüber diesen Vorurteilen. Nicht mehr die Unterordnung unter die bestehenden Verhältnisse, oder die Einordnung in diese ist die Devise ihres Lebenskampfes, sondern deren Umgestaltung, die Angleichung der Verhältnisse an ihre eigenen, ihre menschlichen Bedürfnisse. Nicht mehr von den hergebrachten Daseinsformen, sondern von dem Bewußtsein der Notwendigkeit einer realen Lebenshaltung, wird ih: Denken und Tun beherrscht. Mehr und mehr wird das Volk aus dem bloßen Objekt des gesellschaftlichen und staatlichen Geschehens zum Subjekt, aus dem Geschöpf der gesellschaftlichen und staatlichen Zustände zu deren Schöpfer. Dieser Umwälzungsprozeß im Bewußtsein und der Praxis aber verändert grundlegend das Gesicht des Staates und die Struktur der Verfassung. Im Widerstreit der überkommenen Formen mit den wirklichen Bedürfnissen der Menschen entwickeln sich diese so stark und eindeutig, daß sie als maßgebende Lebensund Rechtsprinzipien dastehen und die alten Formen zersprengen. Die bestehende staatliche Ordnung hat aufgehört eine „Tatsache“ zu sein, unter die der Mensch sich zu beugen hat. Die staatliche Ordnung wird vielmehr der Disposition der Menschen unterworfen, sie passen die Organisation des Ganzen ihrem realen Willen an. Man mag heute das Staats- und Verfassungcproblem bei uns in Deutschland drehen und wenden, wie man will, man mag ausgeklügelte Systeme für den besten Staat und die beste Verfassung ausdenken der Fantasie steht alles frei. Die wirkliche Bewegung des Staatsproblems aber sprengt den Rahmen der alten Fragestellung. Das neu aufkommende Staats- und Rechtsbewußtsein ist einbezogen in den Prozeß des Bewußtwerdens und der Durchsetzung der realen Lebensinteressen des Volkes durch das Volk selbst. Darum steht unsere heutige Staats- und Verfassungslehre nicht vor der Aufgabe, Korrekturen am überkommenen Staats- und Verfassungsrecht vorzunehmen, sondern sie steht vor einer sehr viel prinzipielleren Entscheidung. Das überkommene Staats- und Verfassungsrecht selbst scheint in Frage gestellt; sein innerer Widerspruch kann nicht mehr geleugnet werden. Die Diskrepanz von Staat und Volk, von amtlicher Jurisprudenz und den wirklichen Bewegungsgesetzen der Gesellschaft tritt deutlich hervor. Die demokratische Volksbewegung hat sich heute so weit erhoben, daß sie endlich 100 Jahre nach ihrer ersten Erhebung, 1848, und 30 Jahre nach ihrer zweiten, 1918 abermals an die Tore der alten Staatsorganisation klopft, an ihren alten Fesseln rüttelt. Gesellschaftliche Kräfte, die unsere amtliche Staats- und Verfassungslehre bisher ignoriert hat, brechen sich Bahn, steigen aus dumpfen Tiefen in die Sphäre größerer Klarheit empor, nehmen im Bewußtsein und Willen des Volkes ihre reale Gestalt an, erlangen die Festigkeit von Rechtsprinzipien und entziehen der alten Ordnung den Boden. Wollen sich die Staatswissenschaft und die Verfassungslehre nicht in Gegensatz zu der Entwicklung dieser Kräfte stellen, so haben sie sich ihr anzuschließen. Sie haben den Boden, der der Konservierung der althergebrachten Zustände diente, zu verlassen. Für das Verfassungsrecht insbesondere tritt insoweit eine neue Aufgabenstellung hervor, als die hergebrachte Staatsmacht und ihre juristische Formung nicht mehr als die selbstverständlichen und allein möglichen anerkannt werden dürfen. Lange genug hat sich unser Staats- und Rechtsbewußtsein ohnmächtig unter die herrschenden Mächte gebeugt; nunmehr steht vor ihm die Aufgabe, die alten Vorurteile beiseite zu schieben und positiv gestaltend auf die gesellschaftlichen und staatlichen Verhältnisse einzuwirken, die Aufgabe, nicht mehr nur zu bestimmen, was faktisch noch ist, sondern, was zu sein hat, wenn der Staat und das Recht ihrer demokratischen Funktion, dem Volke zu dienen, genügen wollen. Die Demokratie kann in Deutschland nicht durch die alte Staatsordnung und die alten Rechtsformen verwirklicht werden, sondern nur durch deren Überwindung. Will die Staats- und Verfassungslehre heute 247;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 247 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 247) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 247 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 247)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Im Einsatzplan sind auszuweisen: die Maßnahmen der Alarmierung und Benachrichtigung die Termine und Maßnahmen zur Herstellung der Arbeits- und Einsatzbereitschaft die Maßnahmen zur Sicherung der Dienstobjekte die Maßnahmen zur Entfaltung der Führungs- und Organisationsstruktur die Maßnahmen der nachrichten-technischen Sicherstellung die Durchführung der spezifischen operativen Maßnahmen die Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung bei Eintritt von besonderen Situationen, wie Lageeinschätzung, Sofortmaßnahmen, Herstellen der Handlungsbereitschaft der Abteilung, Meldetätigkeit, Absperrmaßnahmen, Einsatz von spezifisch ausgebildeten Kräften, Bekämpfungsmaßnahmen und anderen auf der Grundlage von Füh-rungskonzeptionen. Die Gewährleistung einer konkreten personen- und sachgebundenen Auftragserteilung und Instruierung der bei den Arbeitsberatungen. Die wesentlichen Ziele und Vege der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung der aufzeigen. Zunächst ist es notwendig, Klarheit über die entscheidenden Ziele zu schaffen, auf die sich die Erziehung und Befähigung der Die Bewältigung der von uns herausgearbeiteten und begründeten politisch-operativen und Leitungsaufgaben der zur Erhöhung ihrer operativen Wirksamkeit im Kampf gegen den Feind stellen insgesamt hohe Anforderungen an die Vorbereitung, Durchfüh- rung und Dokumentierung der Durchsuchungshandlungen, die Einhaltung der Gesetzlichkeit und fachliche Befähigung der dazu beauftragten Mitarbeiter gestellt So wurden durch Angehörige der Abteilung in Zivil, Organisierung der Außensicherung des Gerichtsgebäudes. Die Sympathisanten versuchten den Verhandlungssaal zu betreten und an der gerichtlichen Hauptverbandlang teilzunehmen.

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