Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 234

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 234 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 234); Gesetzes, nämlich des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Strafverfahrens und des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 28. 6.1935, bezüglich des Berufungsverfahrens folgende Bestimmung: „War das Urteil nur von dem Angeklagten oder zu seinen Gunsten von der Staatsanwaltschaft oder von einer der im § 340 (jetzt 298) bezeichneten Personen angefochten worden, so darf das Urteil nicht zum Nachteil des Angeklagten abgeändert werden.“ Diese Vorschrift im § 372 der StPO in der Fassung vom 1. Februar 1877, die im Jahre 1924 infolge von Kürzungen der StPO die Paragraphenziüer 331 erhielt, hat das Gesetz von 1935 aufgehoben. An die Stelle dieser Vorschrift trat folgende Bestimmung: „Auch wenn das Urteil nur von dem Angeklagten oder seinem gesetzlichen Vertreter oder zu seinen Gunsten von der Staatsanwaltschaft angefochten worden ist, kann es zum Nachteil des Angeklagten geändert werden.“ Als das, Gesetz von 1935 damit die ref. i. p. zuließ, bestimmte es, was nicht von unerheblicher Bedeutung ist, gleichzeitig in seinem Artikel 9 Nr. 2 folgendes: „Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beseitigung des Verbots der Schlechterstellung des Verurteilten gelten nicht, wenn das angefochtene Urteil vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist.“ In der Frage, ob die während der Nazizeit eingeführte ref. i. p. als eine nicht zu beanstandende Vorschrift anzusehen ist, gehen die Ansichten der für die verschiedenen Besatzungszonen maßgebenden Behörden und Gerichte auseinander. In der britischen und amerikanischen Zone wird die ref. i. p. abgelehnt (vgl. Allgemeine Anweisung an Richter Nr. 2 und die in der amerikanischen Zone 1946 herausgegebene Fassung der StPO, die den § 331 in der bis 1935 geltenden Fassung enthält). In der französischen Besatzungszone, die im Strafverfahren grundsätzlich von dem bei dem Zusammenbruch der Naziherrschaft bestehenden Rechtszustand ausgeht und nur diejenigen während der Nazizeit erlassenen Prozeßvorschriften nicht anwendet, die ausdrücklich nach Vollziehung der Besetzung aufgehoben sind, gilt § 331 in der Fassung von 1935 weiter. Hier ist, da diese Bestimmung nicht ausdrücklich aufgehoben ist, die ref. i. p. daher zulässig. (Vgl. DRZ 1947, Heft 3, S. 101 und DRZ 1946 S. 144.) Bezüglich der sowjetischen Zone ist folgendes zu bemerken:1) In einer Länderkonferenz, die am 16. August 1946 stattfand, erklärte der Vertreter des Landes Sachsen, daß er die 1935 erfolgte Aufhebung des Verbots der re?, i. p. nicht als nazistisch ansehen könne und daher für Beibehaltung der ref. i. p. sei. Der Vertreter des Landes Mecklenburg erklärte sich ebenfalls für Beibehaltung der ref. i. p. und bemerkte dazu, daß ein Angeklagter, der für sich allein (ohne Beitritt der Staatsanwaltschaft) ein Rechtsmittel einlegt, nicht schutzwürdiger sei als ein Angeklagter, gegen den auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt habe. Der Vertreter des jetzigen Landes Brandenburg ist für das Verbot der ref. i. p.; er vertritt die Auffassung, daß es ein wesentliches Recht des Angeklagten ist, daß er weiß, daß auf seine Berufung hin das Urteil nicht zu seinen Ungunsten geändert wird. Wenn die Staatsanwaltschaft von sich aus keine Rechtsmittel eingelegt hat, dann hat sie damit zum Ausdruck gebracht, daß sie mit dem ergangenen Urteil zufrieden ist und für den Staat einen Anspruch auf schärfere Bestrafung nicht erhebt. Wenn sie das Urteil für zu milde hält, dann kann sie ja von sich aus ebenfalls Berufung einlegen. Der Vertreter von Brandenburg erklärt, daß innerhalb dieser Provinz die §§ 331, 358 und 373 StPO in der vor 1933 geltenden Fassung angewandt werden. Der Vertreter des Landes Thüringen sprach sich gegen die ref. i. p. aus und erklärte, daß die Thüringer Praxis sich einheitlich für das Verbot der ref. i. p. ausgesprochen habe. Der Vertreter des Landes Sachsen-Anhalt erklärte, daß die !) Die Ansichten der Länder haben sich teilweise in der Zwischenzeit geändert. Vgl. hierzu S. 217 dieses Heftes. D. Red. Meinungen innerhalb des Landes sehr auseinandergingen, die Richter seien überwiegend für das Verbot der reformatio in peius, während die Staatsanwaltschaft teilweise die gegenteilige Auffassung verträte. Zu letzterer Erklärung ist noch zu bemerken, daß in der letzten Zeit die Strafrichter des Land gericAts Halle der ref. i. p. nicht mehr abgeneigt sind. Zu der Erklärung des Vertreters von Thüringen ist noch zu bemerken, daß das OLG Gera in einem Urteile vom 11.12.1946, veröffentlicht in „Neue Justiz“ Heft Nr. 4/5 S. 104/105 zur ref. i. p. folgendes ausgeführt hat: „Die Strafkammer wird iedoch zu beachten haben, daß wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat die Änderung des § 358 Abs. 2 und der §§ 331, 373 Abs. 2) StPO durch Art. 1 Ziffer 4 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Strafverfahrens und des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 28. Juni 1935 (RGBl. I S. 845) nicht mehr gilt. Dadurch wurde eine Strafverschärfung auch im Falle einer Anfechtung nur zu Gunsten des Angeklagten zugelassen. Dies verstößt gegen den Grundgedanken des demokratischen Staatsaufbaus.“ Da die Schlußbehauptung jede Begründung vermissen läßt, wirkt sie nicht überzeugend und kann keinerlei Bedeutung für die Klärung der Frage beanspruchen. Im Lande Sachsen-Anhalt ist die Frage der Fortgeltung des § 331 StPO in der Fassung von 1935, mithin die Frage der Zulässigkeit der ref. i. p. an Hand der Verordnung vom 6.2.1946 (VOB1. PS 1946 S. 306) zu prüfen. § 1 dieser Verordnung bestimmt: In der Provinz Sachsen werden grundsätzlich die deutschen gesetzlichen Bestimmungen angewandt, die vor dem 30. Januar 1933 erlassen sind. Es gelten jedoch 1. gesetzliche Bestimmungen des Privat-, Straf- und Prozeßrechts, soweit sie das Ergebnis einer von nationalsozialistischen Gedanken unabhängigen Rechtsentwicklung sind. 2 Was hier bestimmt ist, entspricht im wesentlichen der allgemeinen Rechtsanschauung und Praxis der sowjetischen Zone. Die Frage, ob die im Jahre 1935 erfolgte Zulassung der ref. i. p. „Ergebnis einer von nationalsozialistischen Gedanken unabhängigen Rechtsentwicklung“ ist, kann nur beantwortet werden, wenn die Konsequenzen der bis dahin geltenden Nichtzulassung der ref. i. p. und die Ausführungen derjenigen Prozeßschriftsteller erörtert werden, die vor 1933 unter Hinweis auf die Unzuträglichkeiten des Verbots der ref. i. p. dieses bekämpft haben. Folgende Beispiele zeigen die Unzuträglichkeiten auf: Beispiel 1: Ein Angeklagter ist wegen einfachen Diebstahls verurteilt und zwar, weil es sich um einen ziemlich gemeinen, umfangreichen Diebstahl handelt und irgendwelche Milderungsgründe nicht ersichtlich sind, zu 5 Monaten Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft, die nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung die Verurteilung wegen einfachen Diebstahls für richtig und die Strafe für angemessen hält und halten kann, legt keine Berufung ein, wohl aber der Angeklagte mit der Behauptung, er sei nicht der Dieb gewesen, sei also unschuldig verurteilt. Auch die Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht ergibt zweifelsfrei, daß der Angeklagte der Dieb gewesen ist, aber sie erbringt vielleicht sogar durch Vernehmung neuer von dem Angeklagten benannter Entlastungszeugen, die, wie dies manchmal zu gehen pflegt, zu Belastungszeugen werden auch noch den Beweis, daß der Angeklagte bei dem Diebstahl eine Waffe, um gegebenenfalls davon Gebrauch zu machen, bei sich geführt hat, ferner, daß er den Diebstahl zur Nachtzeit ausgeführt hat. Ebenso wie das Schöffengericht konnte auch das Berufungsgericht irgendwelche mildernden Umstände nicht feststellen. Danach wäre nach § 243 und § 14 Abs. 2 StGB keine andere Strafe gesetzlich zulässig, als die Zuchthausstrafe und zwar eine solche von mindestens einem Jahr. Das Berufungsgericht war aber vor 1935 durch das Verbot der ref. i. p. gesetzlich behindert, die gesetzlich vorgeschriebene Zuchthausstrafe zu verhängen, obwohl es diese, wie einmal unterstellt werden mag, auch nach Lage des Falls für durchaus angemessen hielt. Das Berufungsgericht war gesetzlich gezwungen, die für diesen Diebstahl gesetzwidrige 234;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

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