Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 229

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 229 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 229); Nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 hatten beide Parteien ihre Wohnung und der Kläger seine ärztliche Praxis in Landsberg an der Warthe verloren. Die Beklagte fand eine neue Wohnung im Grundstück des Klägers in W., während der Kläger in R. eine neue ärztliche Praxis begonnen hat und dort zusammen mit A. H. und ihrer gemeinsamen Tochter wohnt. Die Lebensverhältnisse der Parteien haben sich dadurch wesentlich verändert. Der Verlust der äußeren Lebensgrundlage hat nicht etwa, was immerhin denkbar gewesen wäre, zu einer Wiederannäherung der Parteien geführt, sondern im Gegenteil, zu einer weiteren erheblichen Vertiefung ihrer Entfremdung. Die Beklagte hegt selbst nicht mehr die Hoffnung, daß der Kläger zu ihr zurückfinden werde. Auch auf ihrer Seite ist die seelische Bindung an den Kläger erloschen. Diese Überzeugung hat das Berufungsgericht aus der mündlichen Verhandlung und den eigenen Erklärungen der Beklagten gewonnen. Trotz eingehender Befragung nach den Gründen ihres Festhaltens an der Ehe hat die Beklagte nichts dafür vorgebracht, daß sie noch etwas für den Kläger empfinde. Ihr stehen jetzt wirtschaftliche Fragen im Vordergrund. Abschließend erklärte sie bei ihrer Befragung, der Kinder wegen an der Ehe festhalten zu wollen. Auf die Frage, was sie sich für die Kinder von einem Weiterbestehen der Ehe verspreche, blieb. sie die Antwort schuldig. Die Rücksicht auf die weitere Entwicklung der Kinder der Parteien kann für die Aufrechterhaltung der Ehe nicht ins Gewicht fallen. Für sie erscheint es unerheblich, ob die Ehe fortbesteht oder nicht. Der jetz,t 20 Jahre alte Sohn der Parteien, der sich in den letzten Jahren bei dem Kläger befunden hat, lebt jetzt in Bayern, wo er als Kaufmann ausgebildet wird. Den jüngeren Sohn, der 15 Jahre alt ist und sich bei der Beklagten befindet, beabsichtigt der Kläger, den Beruf eines Gärtners erlernen zu lassen. Er wird also auch bald im Berufsleben stehen und der häuslichen Erziehung mehr und mehr entwachsen. Daß die elterliche Fürsorge für beide Söhne durch eine Scheidung der Ehe und eine Wiederverheiratung des Klägers beeinträchtigt würde, braucht nach dem Vortrag beider Parteien nicht befürchtet zu werden. Wegen ihrer eigenen wirtschaftlichen Lage in der Zukunft kann die Beklagte unbesorgt sein. Der Kläger hat erklärt, er werde der Beklagten unter Verzicht auf alle Rechte aus § 323 ZPO auch im Falle seiner Wiederverheiratung in der gleichen Höhe wie bisher Unterhalt gewähren, das heißt, neben freier Wohnung in seinem eigenen Grundstück eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 120, RM. Ein Zweifel an der Aufrichtigkeit dieser Zusicherung besteht nicht. Nach seinem Einkommen als stark beschäftigter Arzt, der sein monatliches Reineinkommen mit 800, bis 900, RM beziffert, ist damit zu rechnen, daß er auch nach seiner Wiederverheiratung zur Gewährung dieses Unterhalts in der bisherigen Höhe in der Lage sein wird. Erweist sich somit jetzt im Gegensatz zum Stande der Verhandlung vor dem Kammergericht die Ehe auch für die Beklagte als eine leere Form, so haben sich auf der anderen Seite für den Kläger die Gründe für eine Scheidung verstärkt. Er hat dem Senat glaubhaft geschildert, daß er nach dem Verlust seiner früheren Heimat eine Frau zur Gründung und Erhaltung einer neuen Lebensgrundlage, namentlich auch im Aufbau seiner umfangreichen ärztlichen Praxis braucht, und daß er diese in der Person der A. H. gefunden hat. Ihn darauf zu verweisen, daß er ja in der Beklagten eine solche Frau habe, und es nur an ihm liege, daß beide nicht in einer harmonischen ehelichen Gemeinschaft leben, wird den tatsächlichen Verhältnissen, wie sie durch den völligen Zerfall der Ehe eingetreten sind, nicht gerecht, auch wenn der Kläger diesen Zustand selbst verschuldet hat. Ein Zusammenleben der Parteien in der Zukunft würde bestenfalls nur nach außen den Schein einer Ehe wahren, in Wirklichkeit aber wegen der tatsächlich bestehenden und nicht wieder zu beseitigenden Zerrüttung der Ehe eine Quelle ständiger Reibereien und Streitigkeiten der Parteien sein, die für beide Teile unerträglich sein würden. Im Laufe der 7 Jahre, die seit der Trennung der Parteien vergangen sind, hat sich gezeigt, daß der Kläger die Beklagte nicht um einer flüchtigen, vielleicht durch seine Einziehung zur Wehrmacht geförderten Leidenschaft willen verlassen hat. Die Liebesbeziehungen des Klägers zur H. haben sich vielmehr in dieser Zeit und insbesondere auch in der schwierigen Lage nach dem Zusammenbruch und bei Schaffung einer neuen Lebensgrundlage bewährt. Während also auch vom Standpunkt der Beklagten aus die Parteien sich in den vergangenen Jahren immer mehr bis zur völligen Entfremdung auseinandergelebt haben, besteht auf der anderen Seite zwischen dem Kläger und der H. eine dauernde wirkliche Lebensgemeinschaft. Alle diese Gründe führen zunächst zu der Feststellung, daß seit der letzten Tatsachenverhandlung im Vorprozeß am 17. Januar 1945 wesentliche neue Tatsachen eingetreten sind, die eine Wiederholung der auf den Tatbestand des § 48 EheG gestützten Scheidungsklage im Hinblick auf § 616 ZPO rechtfertigen. Das Gesamtbild für die Frage, ob der Widerspruch der Beklagten gegen die Scheidung zu beaditen ist oder nicht, ist jetzt wesentlich anders als am 17. Januar 1945. Auf die Frage, ob eine Klage aus § 48 des EheG nach Ablauf von 3 Jahren seit der letzten Tatsachenverhandlung im Vorprozeß ohne weitere neue rechtserhebliche Tatsachen wiederholt werden kann, braucht im vorliegenden Falle nicht eingegangen zu werden, da, wie gesagt, hier solche neue Tatsachen vorliegen. Der erkennende Senat steht im Einklang mit der neueren Rechtsprechung, wie sie von dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom 15. Februar 1946 (SJZ 46, Seite 93) ausgegangen ist, auf dem Standpunkt, daß ein nach § 48 Abs. 2 Satz 1 EheG zulässiger Widerspruch grundsätzlich zu beachten ist. § 48 Abs. 2 Satz 2 gibt die Möglichkeit, von diesem Grundsatz dann abzugehen, wenn die Aufrechterhaltung der Ehe bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe und des Gesamtverhaltens beider Ehegatten sittlich nicht gerechtfertigt ist. Will man nicht dem an erster Stelle in § 48 Abs. 1 des EheG ausgesprochenen Grundsatz, daß unheilbar zerrüttete Ehen zu scheiden sind, die praktische Bedeutung nehmen, dann darf der Anwendung der Bestimmung in § 48 Abs. 2 Satz 2 des EheG keine zu enge Grenze gesetzt werden. Die Scheidung lediglich aus dem Gesichtspunkt der unheilbaren Zerrüttung wurde nicht nur zugelassen, um den Ehegatten die Auflösung einer unheilbar zerrütteten Ehe ohne Schuldfeststellung zu ermöglichen, sondern nach der Entstehungsgeschichte (vgl. die Anmerkung „Gesetzesabänderung durch übereinstimmende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte“ von Professor Haff zu dem Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 10. Dezember 1946 in MDR 47 Seite 152) vorwiegend deshalb, um den schweren Mißständen, die sich häufig aus unheilbar zerrütteten Ehen für das Gemeinwohl ergeben, zu begegnen. Die unveränderte Übernahme der gesetzlichen Bestimmung des § 55 Abs. 1 und 2 des EheG von 1938 in § 48 Abs. 1 und 2 des EheG von 1946 zeigt das Fortbestehen dieses gesetzgeberischen Grundgedankens. Durch Abs. 3 des § 48 des EheG, der gegenüber dem früheren § 55 die Rücksicht auf das wohlverstandene Interesse minderjähriger Kinder am Fortbestand der Ehe ausdrücklich festlegt, wird hieran nichts Grundsätzliches geändert. Daß die neuerliche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte nicht dazu führen darf, dem § 48 Abs. 1 die praktische Bedeutung zu nehmen, kommt in den Urteilen des Oberlandesgerichts Freiburg i. B. vom 13. März 1947 und 27. März 1947 (DRZ 47, Seite 339) zum Ausdruck und wird auch in dem Aufsatz von Professor Dr. Bruns „Zur Auslegung des § 48 des EheG von 1946 in SJZ 1947, Seite 651 vertreten. Für das Weiterbestehen des ehelichen Bandes spricht allerdings hier in starkem Maße, daß die Parteien 15 Jahre lang in ehelicher Gemeinschaft gelebt haben und die Ehe nun seit 22 Jahren besteht, daß die Beklagte 2 Künder geboren hat, ihre ehelichen Pflichten erfüllt und sich nichts Wesentliches während der Ehe hat zuschulden kommen lassen, und daß die Zerrüttung der Ehe ausschlaggebend auf das ehebrecherische Liebesverhältnis des Klägers zurückzuführen ist. Die Beklagte macht auch geltend, daß sie sich in den Jahren 1931 oder 1932 mit Scheidungsabsichten getragen habe, weil der Kläger damals ehebrecherische Beziehungen zu einer Vorführdame angeknüpft hatte, aber auf Bitten ihres Schwiegervaters dem Kläger verziehen habe, wodurch die Ehe weitere etwa 10 Jahre 229;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen an-zuivenden Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststeilung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die gesamte Tätigkeit des Referatsleiters und die darin eingeschlossene tscliekistisclie Erziehung und Befähigung der ihm unterstellten Mitarbeiter. Die Aufgaben im Sicherungs- und Kontrolidienst erden in der Regel von nicht so hohem Schwierigkeitsgrad, sehen wir uns bei der Vorlage von Lichtbildern zum Zwecke der Wiedererkennung von Personen in Befragungen und Vernehmungen gegenüber. Diese Maßnahme kommt in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit mit verwendet werden. Schmidt, Pyka, Blumenstein, Andratschke. Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Haupt Verhandlung und der Mobilisierung der Bürger zur Mitwirkung an der Bekämpfung und Verhütung der Kriminalität sowie der demokratischen Kontrolle der Rechtsprechung durch die Öffentlichkeit und der Gewährleistung der Sicherheit des unbedingt notwendig. Es gilt das von mir bereits zu Legenden Gesagte. Ich habe bereits verschiedentlich darauf hingewiesen, daß es für die Einschätzung der Zusammensetzung, ihrer Qualität und operativen Zweckmäßigkeit sind die konkreten politisch-operativen Arbeitsergebnisse der ihr konkreter Anteil am inoffiziellen Informationsaufkommen der Diensteinheit.

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