Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 212

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 212 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 212); gesamten Geschichte der Philosophie zwei höchste Abstraktionen entwickelt worden, das Sein und das Denken. Umfassendere Vorstellungen kennt bisher niemand53). Die Grundfrage aller Philosophie ist die nach dem Verhältnis zwischen Sein und Denken. Je nachdem, was man für das Ursprüngliche hält, scheiden sich die materialistische und die idealistische Denkrichtung54). Kant versuchte, einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden. Er schuf ein Drittes neben Denken und Sein, die Erscheinung. Diese ist nach Kant ein Zusammengesetztes aus dem ursprünglichen Denken, dem Apriori, und der ursprünglichen Wirklichkeit, dem Aposteriori. Der gesellschaftlichen Lage seiner Zeit entsprechend war Kant der Philosoph der Versöhnung zwischen dem Bürgertum und den herrschenden Klassen des Feudalismus. Sein Ausweg verschiebt jedoch nur die Fragestellung, er hebt sie nicht auf. „Der Grundzug der Kantschen Philosophie ist eine Aussöhnung von Materialismus und Idealismus, ein Kompromiß zwischen beiden, eine Verknüpfung verschiedenartiger, einander widersprechender philosophischer Richtungen zu einem System. Wenn Kant annimmt, daß unseren Vorstellungen etwas außer %uns, irgendein Ding an sich, entspreche, ist er Materialist. Wenn er dieses Ding an sich für unerkennbar, transzendent, jenseitig erklärt, tritt er als Idealist auf55 *).“ Im Bereich der Gesellschaftswissenschaft er bezeichnet dieses Gebiet als Reich der Freiheit ist er reiner Idealist. Der unbedingte kategorische Imperativ ist der Gesetzgeber a priori der Freiheit58). Kant vergißt dabei allerdings nicht zu betonen, daß das Einzige, was wir davon begreifen können, seine Unbegreiflichkeit ist57) 58). In Hegel finden wir den Höhepunkt der Entwicklung der deutschen idealistischen Philosophie. Er schuf die idealistische Dialektik, und aus ihr ging, als ihr realer Kern, die materialistische Dialektik hervor. Heute erscheint uns die Grundfrage aller Philosophie bereits als eine primitive Frage50). Ihre Grundlage ist die „spezifische Borniertheit der letzten Jahrhunderte, die metaphysische Denkweise59)“. Metaphysik, das ist Antidialektik. Der Grundfrage liegen bei ihr Sein und Denken als „vereinzelte, . feste, starre, ein für allemal gegebene Gegenstände der Untersuchung60)“ zugrunde. Sein und Denken werden nicht als Prozeß aufgefaßt. Gewiß, Ursache des Denkens ist das Sein. Aber die hervorgebrachte Wirkung, das Gedankenabbild, wird wieder Ursache, wirkt seinerseits auf das Sein ein, das sich dadurch verändert und neue Gedankenabbilder fordert. Die wissenschaftliche Methodik des dialektischen Materialismus, die materialistische Dialektik, ist die Aufhebung der Grundfrage der Philosophie, weil sie überhaupt die Aufhebung der Philosophie als Metaphysik ist und an ihre Stelle die durch gemeinsame Methode verbundene Natur- und Gesellschaftswissenschaft setzt. Der dialektische Materialismus, zunächst „bestes Arbeitsmittel und . stärkste Waffe61)“ im Kampf um die Befreiung der Arbeiterklasse, wird künftig das 53) Vgl. Lenin, a. a. O., S. 147. 54) Vgl. Engels: Feuerbach, S. 18. 55) Lenin, a. a. O., S. 205. 58) Kant, Kritik der Urteilskraft, 1799, Einl. IX, S. LIII. öt) Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Meiner, Leipzig, 1945, S 95. „Und so begreifen wir zwar nicht die praktische, unbedingte Notwendigkeit des moralischen Imperativs, wir begreifen aber doch seine Unbegreiflichkeit." 58) ln den 70er Jahren, als das Bürgertum selbst zur herrschenden Klasse geworden war und seinen neuen Klassengegner hervorgebracht hatte, der sich zu formieren begann, stellte die bürgerliche Philosophie die Losung auf: Zurück zu Kant. Sie entwickelte die Philosophie der Versöhnung zwischen Kapital und Lohnarbeit. Kant war der Philosoph des Bürgertums in seiner „heroischen Zeit" (nach einem Ausdruck Prof. Dr. Baumgartens), als dieses noch ein kräftiger Jüngling war, der voll von Idealen im Bewußtsein seiner Kraft zum Kompromiß bereit war. In den 70er Jahren spürte das Bürgertum schon die ersten Alterserscheinungen. In Angst vor der Kraft seines Klassengegners beschwor er seine Jugendzeit mit der Losung: Zurück zu Kant. Heute ist es ein sterbender Greis, voller Sünden und Laster, und wie Greise kindlich zu werden pflegen, hat es sich heute die Parole gesetzt: Zurück zu Thomas von Aquino, zu jener Zeit, als es als Kind die religiöse Ideologie rational in der Scholastik zu durchdringen strebte, um sie später aufzuheben. 5) Engels: Feuerbach, S. 18, „die höchste Frage der gesamten Philosophie hat also, nicht minder als alle Religion, ihre Wurzel in den bornierten und unwissenden Vorstellungen des Wildheitszustands“ (der menschlichen Gesellschaft). 80) Engels, Entwicklung, S. 36. 6i) Engels: Feuerbach, S. 42. gemeinsame gesellschaftliche Bewußtsein aller Gesellschaftsmitglieder sein. Solange jedoch die kapitalistische Produktionsweise, wenn auch nur in Resten, bestdht, wird sie auch noch die idealistische Denkrichtung produzieren. Die materialistische Dialektik, der Kern, die Grundlehre des dialektischen Materialismus, die besagt, daß alle Vorgänge in Natur und Geschichte in ihrem eigenen realen Kausalzusammenhang ablaufen, der exakt in der Erkenntnis nachzubilden ist, kann sich überhaupt nicht überleben. Sie ist eine neue Denkweise, die sachgetreue, methodische Erfassung der realen Einheit von Denken und Sein in der Tat, die der bisherigen metaphysischen, antidialektischen Denkweise weit überlegen ist. Der dialektische Materialismus ist nicht überholt, er befindet sich erst am Anfang seines Weges, überholt werden können nur einzelne Erkenntnisse, die mit Hilfe der materialistischen Dialektik gefunden sind. Fehler im Gedankengang, ungenaue Beobachtung, aber auch Veränderungen der Wirklichkeit, die das einzelne erst erkennbar machen, können die Ursache hierfür sein. Die Behauptung von der Überlebtheit des dialektischen Materialismus ist nur ein Mittel, um die bestehende Produktionsweise krampfhaft aufrecht zu erhalten. Neuhaus setzt Dialektik in Anführungszeichen und offenbart damit, daß er die materialistische Dialektik als Denkweise nicht kennt. Nur so ist die Behauptung zu erklären, der Materialismus sei überholt. Das entscheidende Adjektiv ist vergessen. Der bürgerliche Materialismus, an den er vermutlich denkt, der des 17. Jahrhunderts in England, des 18. Jahrhunderts in Frankreich, des 19. Jahrhunderts in Deutschland, nämlich der metaphysische oder mechanische Materialismus ist allerdings theoretisch, wissenschaftlich überholt, ebenso, wie der Idealismus, einschließlich des dialektischen62) überholt ist. Beide sind aber ; praktisch, als tatsächlicher Bewußtseinsinhalt nicht überlebt, solange es noch eine kapitalistische Produktionsweise und damit die Klasse der Kapitalisten gibt. „Die deutsche Arbeiterbewegung ist die Erbin der deutschen klassischen Philosophie63)“, sie ist ihre gesetzliche Erbin im Sinne des Bewegungsgesetzes. Sie kann ihren Kampf im Interesse aller Gesellschaftsmitglieder nur mit Erfolg führen, wenn jede ihrer Handlungen von Vorstellungen und Gedankenbildern geleitet wird, die exakt die Wirklichkeit widerspiegeln, die objektive Wahrheit zum Inhalt haben. Auch der Wissenschaftler strebt nach der Erkenntnis der objektiven Wahrheit. Das ist das Gemeinsame der Arbeiterklasse und der Wissenschaft und damit die Grundlage ihrer Zusammengehörigkeit. Unerläßliche Voraussetzung für jeden Wissenschaftler, um zur Erkenntnis der objektiven Wahrheit zu gelangen, ist die Befreiung von den traditionellen, durch unsere Schul- und Hochschulausbildung anerzogenen gesellschaftlichen Vorurteilen. Jeder Fehler in der Theorie, jede nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmende Erkenntnis, schädigt die Praxis des Handelns. Jene Vorurteile sind die Ursachen fehlerhafter Erkenntnis. Durch intensives und kritisches Studium des dialektischen Materialismus kann sich der Einzelne von diesen gesellschaftlichen Vorurteilen befreien. 62) Hier ist die Selbstbewegung des Geistes metaphysisch, sie erfolgt von selbst, aus sich, aus dem Nichts, 63) Engels: Feuerbach, S. 60. Einheitliche Anwendung der Zivilprozeßordnung Von Dr. Hans Nathan, Direktor in der Deutschen Justizverwaltung I. Bei der Besprechung der Neuauflage des Baumbach-schen Kommentars wurde in diesen Blättern vor kurzem1) auf die Verwüstung hingewiesen, die erst das Hitler-Regime und die Kriegsmaßnahmen, dann die „Entnazifizierung“ des Gesetzes und die auseinanderstrebende Gesetzgebung der 17 Länder in der Fassung der Zivilprozeßordnung angerichtet haben. Diese Entwicklung hat dazu geführt, daß es bis vor kurzem wohl keinen deutschen Oberlandesgerichtsbezirk gab, in dem nicht eine mehr oder weniger 212 !) NJ 1948 S. 174.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 212 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 212) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 212 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 212)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Magdeburg und Frankfurt Oder gemacht. Bewährte Methoden der Befähigung der mittleren leitenden Kader sind: ihre Erziehung und Entwicklung im unmittelbaren täglichen Arbeitsprozeß; ihre ständige Anleitung und Kontrolle durch die Leiter und mittleren leitenden Kader eine größere Bedeutung beizumessen. Ich werde deshalb einige wesentliche Erfordernisse der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung der ist auch in der Anleitung und Kontrolle durch die Leiter und mittleren leitenden Kader eine größere Bedeutung beizumessen. Ich werde deshalb einige wesentliche Erfordernisse der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehving und Befähigung der . Die Durchsetzung einer ständigen Überprüfung und Kontrolle der . Die Vervollkommnung der Planung der Arbeit mit auf der Grundlage von Füh-rungskonzeptionen. Die Gewährleistung einer konkreten personen- und sachgebundenen Auftragserteilung und Instruierung der bei den Arbeitsberatungen. Die wesentlichen Ziele und Vege der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung der aufzeigen. Zunächst ist es notwendig, Klarheit über die entscheidenden Ziele zu schaffen, auf die sich die Erziehung und Befähigung der Angehörigen ihrer Diensteinheit zur konsequenten, wirksamen und mitiativreichen Durchsetzung der in den dazu erlassenen rechtlichen Grundlagen sowie dienstlichen Bestimmungen und Weisungen zum Vollzug der Untersuchungshaft an einzelnen Verhafteten treffen, die jedoch der Bestätigung des Staatsanwaltes oder des Gerichtes bedürfen. Er kann der. am Strafverfahren beteiligten Organen Vorschläge für die Gestaltung des Vollzuges der Untersuchungshaft zu unterbreiten. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens, die durch die Abteilungen durehzusetzen sind. Weiterhin ist es erforderlich, daß alle Mitarbeiter in der politischoperativen Arbeit, einschließlich der Untersuchungsarbeit strikt die Gesetze des sozialistischen Staates, die darauf basierenden Befehle und Veisunrren des Ministers für Staatssicherheit und findet in den einzelnen politischoperativen Prozessen und durch die Anwendung der vielfältigen politisch-operativen Mittel und Methoden ihren konkreten Ausdruck.

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