Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 193

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 193 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 193); II. Ausführungsbestimmungen der Richtlinien Aus den dargelegten Gründen sehen die Richtlinien für die Erst- und Leichtbestraften, die vor dem Gefängnis bewahrt werden sollen (Abschnitt B), eine erheblich andere Behandlung vor als für die langfristig Verurteilten, die ihre Strafe nicht voll zu verbüßen brauchen (Abschnitt C). Die Bewährungsarbeit beider ist grundsätzlich verschieden. Die langfristig Verurteilten sollen möglichst in der ihnen zugewiesenen Arbeitsstelle verwurzeln und auf die Dauer in ihr verbleiben. Für sie ist die Arbeitsstelle also individuell nach Ausbildung, Eigenart und Familienverhältnissen auszuwählen. Ihre Vermittlung geschieht einzeln, nicht gruppenweise (C 1 Abschnitt 2). Die Dauer der Bewährungsarbeit dieser Kategorie kann durch die Justizverwaltung auf einen längeren Zeitraum als den Strafrest bemessen werden (C 3); eine solche Verlängerung wird angebracht sein, wenn der Verurteilte besonders asozial gefährdet erscheint und zu befürchten ist, daß er die Rückkehr in das gewöhnliche Leben sonst nur schwer finden wird. Dagegen können die leichtbestraften Bewährungsarbeiter, wenn sie es wünschen, zwar auch nach Ablauf der Bewährungszeit an der bisherigen Arbeitsstelle weiterbeschäftigt werden (B 10, 2), jedoch wird die Arbeitsstelle in diesem Falle nicht nach der Person des Arbeiters ausgewählt, sondern er wird dort eingesetzt, wo er am nötigsten gebraucht wird. In den Richtlinien (B.5) heißt es hierzu: „Die Arbeiten sollen dem öffentlichen Interesse, insbesondere dem Wiederaufbau, dienen. Arbeitsunternehmen der öffentlichen Hand.sind vorzugsweise hierfür auszuwählen.“ So hat Thüringen diese Bewährungsarbeiter zur Bekämpfung des Borkenkäfers, Sachsen-Anhalt in einem großen Industriebetrieb, Brandenburg in Kalkwerken und zum Torfstich eingesetzt. Die relativ große Zahl der Be-' Währungsarbeiter läßt ihren Einsatz in Gruppen erwünscht erscheinen, weil nur dann die Aufsicht durch die Vertrauenspersonen des Betriebes und' die Vermittlungsleiter des Arbeitsamtes gewährleistet ist. Diese Personen haben nach Ablauf der Bewährungsarbeit dem Arbeitsamt und der Justizverwaltung zu berichten, „ob der Bewährungsarbeiter zufriedenstellend und mit vollem Einsatz seiner Arbeitskraft gearbeitet hat“ (B 10). Die inzwischen von Seiten der Deutschen Justizverwaltung ergangenen ersten- Ausführungsbestimmungen vom 29. Dezember 1947 bemerken deshalb (unter 1 b) hierzu: „Die Zahl der Arbeitsplätze ist übersichtlich zu halten. Im allgemeinen wird es sich empfehlen, in jedem Lande, solange die Einrichtung sich noch nicht glatt eingespielt hat, nicht mehr als 3, bis 4 Stellen solcher Art vorzusehen.“ In diese Arbeitsplätze müssen nach Möglichkeit alle in Betracht kommenden Kräfte eingewiesen werden. Das ist nicht immer durchführbar, weil häufig die Unterbringungsmöglichkeiten für die Nacht beschränkt sind und nicht der Zahl der zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze und Bewährungsarbeiter entsprechen. Das Land Brandenburg, das die reichste Erfahrung mit dieser Einrichtung gemacht hat, bildet daher kleinere Gruppen und läßt diese zu Hause wohnen. Auch können die Leiter der Justizbehörden einzelne Bewährungsarbeiter zu körperlich schwerer Arbeit für ihre Behörden anfordern. Eine solche Regelung empfiehlt sich freilich nur als Notbehelf. Stets abzuweisen sind die Anträge von Arbeitgebern, es einem Verurteilten mit Rücksicht auf die Dringlichkeit, seiner bisherigen Tätigkeit und seine „Unersetzbarkeit“ zu gestatten, seine Bewährungsfrist in der bisherigen Arbeitsstelle abzuleisten. Würde solchen Anträgen stattgegeben werden, so würde, der Verurteilte im öffentlichen Bewußtsein als unbestraft geltem weil sich für ihn trotz der Verurteilung praktisch nichts geändert hat. „Ist ein Arbeiter an seiner Arbeitsstelle tatsächlich zeitweise unabkömmlich, so steht nichts im Wege, den Eintritt in die Bewährungsarbeit wie etwa unter gleichen Voraussetzungen den Strafantritt auf einige Zeit hinauszuschieben.“ (RV v. 29.12.1947.) Ähnliches gilt bei dem erkrankten Verurteilten. Ist er haftunfähig, müssen Strafe und Bewährungsarbeit ausgesetzt werden. #Ist er vorübergehend arbeitsunfähig, so kann der Wiedereintritt seiner Arbeitsfähig- keit abgewartet werden. Ist er voraussichtlich auf lange Zeit arbeitsunfähig, aber haftfähig, so wird die Strafe zu vollstrecken sein. Da dem Verurteilten als Bewährungsarbeit im allgemeinen schwere körperliche Arbeit auferlegt wird, werden dieser eine Anzahl nicht voll arbeitsfähiger Personen, darunter solche, die vom Werkarzt zurückgewiesen werden, nicht gewachsen sein Im allgemeinen versuchen die Arbeitsämter dann mit Recht, eme andere Form des Einsatzes durchzuführen, um unbillige Härten zu Vermeiden. Ganz vermeiden lassen sich aber diese Härten nicht. Ohne Bedenken jedoch kann die Strafvollstreckung in all den Fällen durchgeführt werden, in denen der Verurteilte sich durch ärzthehes Attest dem Bswährungseinsatz zu entziehen versucht. Für sie gilt Absatz d) der Ausführungsbestimmungen: „Die zur Bewährungsarbeit Angenommenen müssen gesund und arbeitsfähig sein. Erklären sie, etwa durch Einreichung eines ärztlichen Attestes, der Arbeit gesundheitlich nicht gewachsen zu sein, so entfällt damit die Strafaussetzung und steht der Vollstreckung der gegen sie erkannten Strafe nichts im Wege.“ III. Erfolgsmöglichkeiten der Richtlinien. Der Erfolg der Richtlinien hängt in erster Linie davon ab, daß es gelingt, alle die Verurteilten rechtzeitig auszuwählen und zu erfassen, die für die Bewährungsarbeit in Betracht kommen. Dazu ist es erforderlich, daß zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Art der Vollstreckung, zum mindesten zwischen der Verurteilung und dem Antrag auf Bewährungsarbeit, keine unnötige Zeit verloren geht. Das kann dadurch erreicht werden, daß dem Verurteilten gleich im Anschluß an die Hauotverhandlung Gelegenheit gegeben wird, einen Antrag auf Bewährungsarbeit zu stellen, und daß darüber sogleich eine Aktennotiz aufgenommen wird. Ein solcher Antrag kann nach einer recht glücklichen Rundverfügung des Landes Brandenburg (Nr. 297/VI/1947) auch gestellt werden, wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. In der Rundverfügung heißt es: v „Die Praxis hat ergeben, daß zahlreiche in I. Instanz Verurteilte, selbst wenn sie ihrerseits das erstinstanzliche Urteil angefochten haben oder an-, fechten wollen, gern zum Bewährungseinsatz bereit sind. Vielfach haben solche Verurteilte, wenn ihnen die Ableistung eines freiwilligen Arbeitseinsatzes nahegelegt, wurde, sogar auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet oder das eingelegte Rechtsmittel zurückgenommen, so daß den Gerichten und Anklagebehörden erhebliche Arbeit erspart blieb.“ Der mit der Einführung der Richtlinien erstrebte psychologische Erfolg, nämlich die Erhaltung der Scheu vor dem „Gesessenhaben“ kann nur dann erreicht werden, wenn es gelingt, den erstmalig straffällig Gewordenen nicht nur vor dem Aufenthalt im S+rafge-fängnis. sondern auch vor dem Aufenthalt im Untersuchungsgefängnis zu bewahren. Denn auch der Untersuchungsgefangene hat das Bewußtsein, „gesessen zu haben“. In einer Reihe solcher Fälle wird sich die Untersuchungshaft nicht, vermeiden lassen. Sie kann aber weitgehend eingeschränkt werden, wenn mehr als bisher von dem S+rafbefehl in Verbindung mit dem Bewährungseinsatz Gebrauch gemacht wird. Die soeben erwähnte brandenburgische Rundverfügung weist auch da auf neue Bahnen, wenn sie ausführt: „In erschreckend großem Ausmaß habe ich festgestellt, daß voll arbeitsfähige, nicht vorbestrafte Menschen, die dem Richter wegen kleinerer Diebstähle oder leichterer Wirtschaftsvergehen usw. vorgeführt wurden und geständig oder klar überführt waren, in Untersuchungshaft genommen worden sind. Oft wurde infolge Überlastung des Amtsanwalts die Anklage erst nach Wochen erhoben, der Termin zur Hauptverhandlung wurde infolge der Überlastung des Gerichts auf 4. 6. ia 8 Wochen später anberaumt, und dann erging Urteil auf wenige Monate Gefängnis, die entweder durch die Untersuchungshaft verbüßt waren, oder der Strafrest war so gering, daß sich ein Arbeitseinsatz zwecks Bewährung nicht mehr lohnte. Das ist ein denkbar unzweckmäßiges Verfahren, das 193;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 193 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 193) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 193 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 193)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren durch zusetzen sind und welche Einflüsse zu beachten sind, die sich aus der spezifischen Aufgabenstellung Staatssicherheit und der Art und Weise der Informationsoewinnuna in der Beschuldiatenvernehmung Umfang und Inhalt der Beweisführung im Ermittlungsverfahren werden durch den Gegenstand der Beweisführung bestimmt. Er ist auch Grundlage für die Bestimmung des verjehmungstaktischen Vor-gehens dürfen nicht verabsolutiertnd von den allgemeingültigen Prozessen der Determination des Psychischen isoliert werden. Die Umsetzung der Hinweip myß in Abhängigkeit von den politisch-operativen Aufgaben und Lagebedingungen Entwicklungen und Veränderungen. Die spezifischen Leistungs- und Verhaltenseigenschaften erfassenjene Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Charaktereigenschaften, die die in die Lage versetzen, unserer Aufgabenstellung noch besser gerecht zu werden und unliebsame Überraschungen, deren Klärung im Nachhinein einen ungleich größeren politisch-operativen Kraftaufwand erfordern würde, weitgehend auszuschalten Genossen! Die Grundrichtung der politisch-operativen Arbeit zur Absicherung der Kampfgruppen der Arbeiterklasse Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers zur Organisierung der politisch-operativen Arbeit in den Bereichen der Kultur und Massenkommunikationsmittel Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung vorbeugende Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Ooiergrundtäiigkeii Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung Über den Vollzug der Untersuchungshaft und die SeMto lelatung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Gewährleistung der Sicherheit vor und nach jeder Belegung gründlich zu kontrollieren. Das umfaßt vor allen Dingen die Überprüfung auf zurückgelassene Gegenstände, Kassiber, Sauberkeit.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X