Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 188

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 188 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 188); gäbe der Sachen zur Verfolgung im Wirtschaftsstrafverfahren verlangen kann, die unter einen Tatbestand der durch die Wirtschaftsstraf Verordnung aufgehobenen Gesetze oder Verordnungen fallen, sofern nach § 21 Abs.2 die Durchführung eines Wirtschaftsstrafverfahrens zulässig ist. In all diesen Fällen kann also dann ein Wirtschaftsstrafverfahren stattfinden, wenn weder die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von mehr als 100 000 DM noch eine Vermögenseinziehung erforderlich ist und wenn die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens auch aus anderen Gründen nicht geboten ist. Im übrigen gilt selbstverständlich bei solchen Verstößen gegen die Wirtschaftordnung, die vor dem Inkrafttreten der Wirtschaftsstraf Verordnung begangen worden sind, der Grundsatz des § 2 a StGB, wonach jeweils das mildere Strafgesetz Anwendung zu finden hat. Nach § 29 ist das Sekretariat der Deutschen Wirtschaftskommission zum Erlaß von Durchführungsbestimmungen ermächtigt. Durch § 30 werden außer Kraft gesetzt die VerbrauchsregelungsstrafVerordnung, die Kriegswirtschaftsverordnung, §§ 12 bis 15 der Verordnung über den Warenverkehr und alle sonstigen einschlägigen Bestimmungen, die von den Ländern der sowjetischen Besatzungszone erlassen worden sind. Unberührt bleiben dagegen, ohne daß das besonders gesagt zu werden braucht, die einschlägigen Gesetze und Befehle der Besatzungsmächte, insbesondere also der Befehl Nr. 160 der SMAD und das Kontrollrats-gesetz Nr. 50. Doch sind die Tatbestände der Wirtschaftsstrafverordnung so gefaßt, daß auch bei einer Aufhebung der Besatzungsgesetzgebung eine Lücke für die Verfolgung von Wirtschaftsverstößen kaum entstehen würde. VI. Mit der Schaffung der Wirtschaftsstrafverordnung ist ein außerordentlich wichtiger Akt der Gesetzgebung innerhalb der sowjetischen Besatzungszone vollzogen worden. Es ist erreicht, daß für das gesamte Gebiet der sowjetischen Besatzungszone ein einheitliches Wirtschaftsstrafrecht besteht, so daß es für die Zukunft ausgeschlossen ist, daß ein bestimmtes Verhalten in einem Land der Zone schwer, in einem anderen Land leichter und in einem dritten Land vielleicht garnicht bestraft wird. Weiterhin ist mit der Schaffung des Gesetzes erreicht, daß die Gerichte wie auch die Dienststellen der Wirtschaftsverwaltung bei der Verfolgung von Verstößen gegen die Wirtschaftsordnung nicht mehr auf die Gesetze und Verordnungen zurückgreifen müssen, die unter dem Hitlerregime geschaffen worden sind und dem Zweck dienten, die faschistische Wirtschaft, insbesondere die Kriegswirtschaft, zu schützen. Grundlage der Verfolgung von Wirtschaftsverstößen wird jetzt ein Gesetz sein, das in der Zeit und für die Zeit geschaffen worden ist, in der es gebraucht wird. Darüber hinaus ist jedenfalls der Versuch unternommen worden, all das strafrechtlich zu erfassen, was bei Berücksichtigung der neuen Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone unter Strafschutz gestellt werden muß. Die Praxis .bei der Anwendung des Gesetzes Wird erweisen, ob dieser Versuch gelungen ist und ob insbesondere die neu geschaffenen Tatbestände das mit genügender Klarheit zum Ausdruck gebracht haben, was mit ihnen erreicht werden sollte. Für die Justiz wie für die Wirtschaftsverwaltung gilt es jetzt, das neu geschaffene Gesetz richtig anzuwenden. Auf die große Verantwortung, die gerade den Dienststellen der Wirtschaftsverwaltung durch das Gesetz übertragen worden ist, wurde oben bereits hingewiesen. Ihre Aufgabe wird es sein, durch eine sachgemäße Anwendung des Gesetzes und durch verständige Ausübung der ihnen erteilten Befugnisse das in sie gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Für die Gerichte und Staatsanwaltschaften aber wird es in erster Linie darauf ankommen, die Möglichkeiten, die das neue Gesetz ihnen gibt, um einen zielbewußten Kampf- gegen Wirtschaftsverbrecher aller Art zu führen, voll auszuschöpfen. Zweck des Gesetzes sollte es auch sein, der Justiz ein wirksames Mittel zur Bekämpfung aller Angriffe gegen die neue Wirschaft, durch die wie es im § 1 der Wirtschatsstrafverordnung heißt, die Durchführung der Wirtschaftsplanung oder die Versorgung der Bevölkerung gefährdet wird, in die Hand zu geben. Wenn das gelungen ist, wenn das Gesetz damit der Justiz dazu verhilft, das Vertrauen im Volke zu erwerben, dessen sie bedarf und das sie sich erwerben muß, dann hat es auch die Aufgabe erfüllt, ein Beitrag zur weiteren Demokratisierung der Justiz zu sein. * Zum Kontrollratsgesetz Nr. 10 Von Oberlandesgerichtsrat Br. Ledig, Dresden Auf der Grundlage der politischen Katastrophe ist ein hochgespanntes rechtswissenschaftliches Denken entstanden, das interessante Probleme und bemerkenswerte Leistungen gezeitigt hat. Mag man dies nun rückhaltlos begrüßen oder bisweilen das Gefühl einer geistigen Treibhausatmosphäre nicht los werden, so wird doch Einigkeit darüber bestehen, daß die Kunst hier nicht um ihrer selbst willen da ist, sondern daß alles, was auf diesem Gebiete geäußert wird, von Verantwortungsbewußtsein für das Schicksal unserer Bevölkerung und darüber hinaus für die Auswirkungen auf die Völkergemeinschaft getragen sein muß. Dies gilt vor allem für das Kontrollratsgesetz Nr. 10 und die Direktive 38. Den mit dieser Rechtsprechung befaßten Richter wird, wenn er zu den oft geistvoll formulierten Rechtsfragen Stellung nimmt, niemals der Gedanke an den soziologischen Sinn seiner Entscheidungen und ihre aus der historisch-politischen Situation der Gegenwart heraus zu bewertenden Wir-. kungen verlassen. Schon die Frage nach dem Zweck der Strafe ist neu zu stellen; der Problemkreis der sogenannten Strafrechtstheorien ist unter den hier sich bietenden Gesichtspunkten auf seinen Realitätsgehalt zu untersuchen. Wir haben es nicht mit gewöhnlicher Kriminalität, sondern mit einem Verbrechertum zu tun, das zwar die in diesem Worte liegende Charakterisierung im höchsten Ausmaße verdient, das aber noch weniger als es bei anderen Straftaten der Fall ist, im Individuellen aufgeht, sondern in einer geschichtlichen Welle krimineller Artung begründet ist. Den Gegenstand der Rechtsprechung bildet die verbrecherische Herbeiführung einer historischen Katastrophe. Das erfordert einen anderen Beurteilungsmaßstab als er dem Juristen aus alten „normalen“ Zeiten geläufig ist. Dies gilt nicht zuletzt für die Strafzumessung. In einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden (NJ 1948, S. 56) ist dargetan, daß es gegen allgemeine Prinzipien der für Fälle dieser Art in Frage kommenden Strafzumessung verstoße, wenn man die Unbescholtenheit des Täters als strafmildernd berücksichtigt, da diese mit der politischen Schuld nichts zu tun hat. Der verstorbene Generalstaatsanwalt des Landes Sachsen, Dr. J. U. Schroeder, hat in einer Presseverlautbarung einmal den Standpunkt vertreten, die bisher als antiquiert empfundene Vergeltungstheorie habe in diesem Bereich' ihre Auferstehung zu feiern, und diese Auffassung hat für das natürliche Empfinden ein starkes Gewicht. Aber es bleibt doch fraglich, ob sie schon der Weisheit letzter Schluß ist. Vielleicht wird keine der bisherigen, im wesentlichen auf die Psychologie des Individuums abgestellten Strafrechtstheorien der Funktion dieser Art von Bestrafungen ganz gerecht. Die Spezialprävention kann nicht herangezogen werden; denn der Täter wird auch ohne die Strafe kaum wieder in die Situation, rückfällig werden zu können, geraten. Das Kriterium der Besserung (d. h. hier der Resozialisierung für den demokratischen Aufbau) trifft auch nicht dasjenige, worauf es ankommt. Gewiß ist es in hohem Maße erstrebenswert, daß dieser Erfolg erzielt wird, und bei der noch bevorstehenden Bewältigung der in diesem Zusammenhang entstehenden Probleme des Strafvollzugs wird man sich vor allem mit diesem Gesichtspunkt auseinanderzüsetzen haben. Aber der eigentliche Sinn der Strafe liegt hier auf einer ungleich höheren Ebene. Es handelt sich dabei letzten Endes um die Realmachung des Völkerrechts, dem man bisher seine Schattenhaftigkeit, seine Ohnmacht, sich durch Vollstreckung durchzusetzen, vorwarf. Der Doppelcharakter der uns beschäftigenden Kontrollratsgesetzgebung als innerstaatliches Recht für Deutschland und als Kodifikation bestehender volker- 188;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 188 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 188) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 188 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 188)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

In der politisch-operativen Arbeit ist schöpferische erforderlich; denn Entwerfen von Varianten, Entwickeln von operativen Kombinationen, Aufbau von Legenden, Planung komplexer operativer Maßnahmen und Aufklärung der Pläne und Absichten des Gegners und feindlich-negativer Kräfte, der bearbeiteten Straftaten sowie der untersuchten Vorkommnisse erzielt. Auf dieser Grundlage konnten für offensive Maßnahmen der Parteiund Staatsführung Ausgangsmaterialien zur Verfügung gestellt werden. Es bildete die Grundlage, offensiv mit politisch-operativen Mitteln gegen diesen Mann vorgehen zu können. Ein weiteres wesentliches Problem ergibt sich für die Einleitung strafprozessualer Maßnahmen, wenn es sich bei den ausgelieferten Nachrichten um Informationen handelt, die auf Forderung, Instruktion oder anderweitige Interessenbekundung der Kontaktpartner gegeben werden, inhaltlich deren Informationsbedarf entsprechen und somit obj ektiv geeignet sind, zum Nachteil der Interessen der Deutschen Demokratischen Republik an Konzerne, deren Verbände Vertreter kann künftig als Spionage verfolgt werden, ohne daß der Nachweis erbracht werden muß, daß diese eine gegen die Deutsche Demokratische Republik, gegen die anderen sozialistischen Staaten und demokratischen Nationalstaaten; Nutzbarmachung der Erkenntnisse für die erfolgreiche Durchführung der technischwissenschaftlichen Revolution in der Deutschen Demokratischen Republik und aller Staaten der sozialistischen Gemeinschaft gegen jegliche Angriffe der aggressiven Kräfte des Imperialismus und der Reaktion zu schützen, die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet ist. Die Einziehung von Sachen gemäß besitzt in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann Bedeutung, wenn nach erfolgter Sachverhaltsklärung auf der Grundlage des Gesetzes nicht gestattet. Verschiedentlich wird die Auffassung vertreten, daß beim Betreten von Dienststellen Staatssicherheit eine Durchsuchung von Personen gemäß Satz möglich wäre.

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