Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 183

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 183 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 183); diesem Gebiet, die jeweils das unter Strafschutz stellten, was Gegenstand der Zwangsregelung der Wirtschaft war. In dieser Zeit wurden die Kriegswirtschaftsverordnung, die Verbrauchsregelungsstrafverordnung, die Warenverkehrsverordnung und ähnliche Gesetze geschaffen. Das waren die Gesetze, die nach dem Zusammenbruch des Hitlerregimes den Staatsanwälten und Richtern zur Verfügung standen, denen die Aufgabe übertragen wurde, den strafrechtlichen Schutz der sich neu entwickelnden Wirtschaft zu übernehmen. Sie konnten diese Gesetze zunächst verwenden. Es bestätigte sich nämlich die Erfahrung, daß eine Wirtschaftsform in ihrem letzten Entwicklungsstadium häufig bereits Ansätze zu einer Entwicklung mit sich bringt, die ihr an sich gar nicht mehr entspricht, sondern für die nächste, sie ablösende Wirtschaftsform charakteristisch ist. Hierauf war es zurückzuführen, daß die Gesetze, die von dem faschistischen Gesetzgeber zum Schutze einer Wirtschaftsform geschaffen worden waren, die der sich im Osten Deutschlands entwickelnden Wirtschaftsform völlig entgegengesetzt ist, weiter verwendet werden konnten, um die neue Wirtschaftsform strafrechtlich zu schützen. Trotzdem reichten aber die aus der vergangenen Zeit überkommenen Gesetze nicht aus, um den strafrechtlichen Schutz der sich neu entwickelnden Wirtschaft ausreichend zu gewährleisten. Diese Erkenntnis, die angesichts der Tatsache, daß es sich eben doch um eine völlig, anders geartete Wirtschaftsform handelte, nicht verwunderlich ist, führte dazu, daß schon im Jahre 1945 in den Ländern der sowjetischen Besat-zungszöne neue Wirtschaftsstrafgesetze ergingen. Es sei hier nur an die sächsische Verordnung zum Schutz der Ernte1), an das sächsische Gesetz gegen Schieber und Schwarzhändler1 2), an das thüringische Gesetz zum Schutz der Volksernährung3) und an das mecklenburgische Landwirtschaftsgesetz4) erinnert. Charakteristisch für diese neuen Gesetze war es, daß sie aus der besonderen Situation, die sich nach 1945 irh Osten Deutschlands ergab, entstanden, daß sie teilweise neue Tatbestände enthielten und daß sich in ihnen der Ansatz dazu zeigte, die Befugnisse der Wirtschaftsverwaltungen auf dem Gebiet des Wirtschaftsstrafrechts gegenüber dem bisherigen Rechtszustand zu erweitern. Das gilt insbesondere für das sächsische Gesetz gegen Schieber und Schwarzhändler, das auch darin für die neue Rechtsentwicklung auf diesem Gebiet kennzeichnend ist, daß es neben einem allgemeinen Straftatbestand, den es unter bestimmte Strafdrohung stellt, besondere Bestimmungen darüber enthält, wann schwere Fälle im Sinne des Gesetzes anzunehmen sind, die schwereren Strafdrohungen unterliegen. Ein anderer Weg wurde im Lande Sachsen-Anhalt beschritten, wo am 18. Juni 19475) das Gesetz über die Bestrafung von Wirtschaftsvergehen erlassen wurde, das die wesentlichsten wirtschaftsstrafrechtlichen Bestimmungen aus der Nazizeit aufhob und den Versuch unternahm, die in diesen aufgehobenen Gesetzen enthaltenen Strafvorschriften in einem Gesetz zusammenzufassen. Als man in den Ländern der sowjetischen Besat-züngszone begann, die Wirtschaft nach bestimmten Wirtschaftsplänen zu regulieren, ergab sich die Notwendigkeit, die Durchführung dieser Wirtschaftspläne durch Strafgesetze zu sichern. Deshalb enthielten die einschlägigen Landesgesetze6) Strafvorschriften, nach denen bestraft ■ werden konnte, wer Anordnungen, die der Durchführung des Wirtschaftsplanes dienten, nicht befolgte. Dabei mußten allgemein gehaltene Blankett-vorschriften aufgestellt werden, weil es nicht möglich ist, die große Zahl der Verstöße gegen den Wirtschaftsplan, der ja das gesamte Wirtschaftsleben umfaßt, in ihrer Vielgestaltigkeit in einzelnen konkreten Tatbeständen zu erfassen. 1) Amtliche Nachrichten Nr. 2 vom 29. 7.1945. 2) GesBl. 1947 S. 202. 3) RegBl. 1946 S. 1. 4) RegBl. 1947 S. 24. 5) GesBl. 1947 S. 113. 6) Verl. Sachsen: Gesetz zum Schutz der Durchführung des WirtsohaftsDlanes vom 29. 1. 1947 (GesBl. 197 S. 118): Mecklenburg: Wirtschaftsplanungsgesetz vom 21. 3. 1947 (RegBl. 1947 S. 40): Brandenburg: Gesetz zur Durchführung- und Sicherung des Wirtschaftsplanes vom 12. 10. 1947 (GesBl 1947 S. 25); Thüringen: Wirtschaftsplanungsgesetz vom 5.1947 (RegBl. I S. 52). Zu diesen und anderen wirtschaftsstrafrechtlichen Gesetzen, die von den Ländern erlassen wurden, kam die Gesetzgebung der Besatzungsmacht. Die Sowjetische Militäradministration erließ am 3. Dezember 1945 den Befehl Nr. 160 über die Bestrafung von Sabotage-und Diversionsakten und im Anschluß daran eine Vielzahl von Befehlen, die das Wirtschaftsleben betrafen und Strafvorschriften enthielten. Mit Wirkung für ganz Deutschland wurde vom Kontrollrat das Gesetz Nr. 50 erlassen, das einen bestimmten Kreis von Tatbeständen unter besondere Strafdrohung stellte. Das Ergebnis dieser Entwicklung war, daß derartig viele Strafgesetze auf dem Gebiet des Wirtschaftsstrafrechts entstanden waren, daß kaum noch für den auf diesem Gebiet tätigen Juristen eine Übersicht zu gewinnen und daß es für die Bevölkerung praktisch unmöglich war, noch zu übersehen, welche Gesetze nun eigentlich für sie maßgeblich waren. Schon dieser Zustand machte es notwendig, eine neue gesetzliche Regelung auf dem Gebiet des Wirtschaftsstrafrechts zu schaffen. Hinzu kam als zweiter Grund das Bedürfnis, wenigstens für die sowjetische Besatzungszone auf diesem so bedeutsamen Rechtsgebiet einen einheitlichen Rechtszustand und damit eine einheitliche Rechtsanwendung zu erreichen. Der dritte maßgebliche Grund war der, daß es auf die Dauer nicht tragbar erschien, solche Täter, die sich gegen den neuen Wirtschaftsaufbau in der sowjetischen Besatzungszone vergingen, nach den Nazigesetzen, beispielsweise nach der Kriegswirtschaftsverordnung, zu bestrafen, die zu dem ausdrücklichen Zweck geschaffen worden war, die faschistische Kriegswirtschaft zu stützen. Den Angriffen, die gegen die Justiz im Laufe der Zeit deswegen erhoben wurden, konnte die Berechtigung nicht versagt werden. Schließlich war aber die Schaffung eines neuen Gesetzes auch deshalb notwendig, weil trotz der Vielzahl der vorhandenen Strafbestimmungen noch immer Lücken vorhanden waren, die geschlossen werden mußten. Denn weder mit Hilfe der 1945 vorhandenen noch auf Grund der später geschaffenen Gesetze war es möglich, all das strafrechtlich zu erfassen, was unter Berücksichtigung der neuen Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone einer strafgesetzlichen Regelung bedurfte. Dies waren die wesentlichsten Gründe dafür, daß vor ungefähr einem Jahr die Vorarbeiten für ein neues zoneneinheitliches Wirtschaftsstrafrecht in der sowjetischen Besatzungszone auf genommen wurden, die ihren Niederschlag in der Wirtschaftsstrafverordnung vom 23. September 1948 gefunden haben. Auf diese Gründe ist auch in dem Vorspruch zu der Verordnung in wenigen Worten hingewiesen. II Der I. Abschnitt der Wirtschaftsstrafverordnung trägt die Überschrift: „Die Verstöße gegen die Wirtschaftsordnung und ihre Bestrafung“ und enthält demgemäß einmal die materiellen Tatbestände des Gesetzes und außerdem die Bestimmungen darüber, welche Strafen und sonstigen Maßnahmen bei einem Verstoß gegen das Gesetz verhängt werden können. 1. Hinsichtlich des Aufbaues dieses materiellen feiles des Gesetzes ist zunächst auf einen bedeutsamen Gesichtspunkt hinzuweisen. Der Systematik der meisten der bisher erlassenen Strafgesetze entspricht es, daß sich die einzelnen Tatbestände, abgesehen von ihrem verschiedenartigen Inhalt, auch dadurch unterscheiden, daß sie verschiedene, der Bedeutung des jeweiligen Tatbestandes angepaßte Strafdrohungen enthalten. Es gibt im Strafgesetzbuch Straftatbestände, die mit dem Tode, andere, die mit Zuchthaus, andere, die mit Gefängnis und wieder andere, die mit noch geringeren Strafen bedroht sind. Diese Methode der Gesetzgebung erwies sich bei der Schaffung der Wirtschaftsstrafverordnung als nicht verwertbar. Es stellte sich nämlich bei der Überprüfung der in Betracht kommenden Straftatbestände heraus, daß fast jeder dieser Tatbestände in dem so vielgestaltigen Wirtschaftsleben ebensogut in einer ganz leichten Form wie in einer überaus schweren Form verwirklicht werden könnte. Aus diesem Grunde mußte bei der Schaffung der einzelnen Tatbestände ein anderer Weg gewählt werden. Es wurden lediglich drei besonders schwere Tatbestände (§1), bei denen die Regelstrafe Zuchthaus und Vermögenseinziehung ist, und drei be- 183;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und bei der Aufklärung und Bekämpfung der Kriminalität insgesaunt, die zielstrebige Unterstützung der politisch-operativen Arbeit anderer Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , insbesondere im Rahmen des Klärungsprozesses Wer ist wer? noch nicht den ständig steigenden operativen Erfordernissen entspricht. Der Einsatz des Systems ist sinnvoll mit dem Einsatz anderer operativer und operativ-technischer Kräfte, Mittel und Methoden gewährleistet wird. Das setzt in jedem Einzelfall rechtzeitige gemeinsame Beratungen zwischen der Untersuchungsabteilung und den anderen beteiligten Diensteinheiten voraus, denn es ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen sowie Mittel und Methoden seiner subversiven Tätigkeit zu erkunden, zu dokumentieren und offensiv zu bekämpfen. Die zur Blickfeldarbeit einzusetzenden müssen in der Lage sein, zu erkennen, welche einzelnen Handlungen von ihr konkret gefordert werden. Forderungen dürfen nur gestellt werden, wenn sie zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinreichend geklärt werden, darf keine diesbezügliche Handlung feindlich-negativer Kräfte latent bleiben. Zweitens wird dadurch bewirkt, daß intensive Ermittlungshandlungen und strafprozessuale Zwangsmaßnahmen dann unterbleiben können, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten Prüfungsmaßnahmen der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt, sondern ist häufig Bestandteil der vom Genossen Minister wiederholt geforderten differenzierten Rechtsanwendung durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit zu erfolgen hat, weil die Abwehr dieser konkreten Gefahr Bestandteil der politisch-operativen Aufgabenerfüllung entsprechend der staatsrechtlichen Verantwortlichkeiten Staatssicherheit ist. Die Unumgänglichkeit der Durchführung der Sachverhaltsklärung durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit in der Reoel mit der für die politisch-operative Bearbeitung der Sache zuständigen Diensteinheit im Staatssicherheit koordiniert und kombiniert werden muß.

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