Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 182

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 182 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 182); Dem Verfassungsausschuß ist die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen übertragen worden sowie die Prüfung von Verfassungsstreitigkeiten zwischen der Republik und den Ländern und der Vereinbarkeit von Landesgesetzen mit dem Recht der Republik. Uber das Gutachten des Verfassungsausschusses entscheidet die Volkskammer. Von dem in dem Verfassungsentwurf der Sozialistischen Einheitspartei vorgesehenen Einkammersystem weichen die Richtlinien insofern ab, als sie zur Vertretung der Länder eine Länderkammer vorsehen. Insofern schließen sie sich an die Weimarer Verfassung an, jedoch mit der Maßgabe, daß die Abgeordneten der Länderkammer von den Landtagen aus ihrer Mitte gewählt werden. Das entspricht den Vorschlägen, die Hugo P r e u ß seiner Zeit für das „Staatenhaus“ gemacht hat. Durch die Länderkammer sind die Länder vornehmlich an der Gesetzgebung der Republik und an der Wahl des Präsidenten der Republik 'beteiligt. Die Beteiligung der Länder an der Gesetzgebung erscheint zweckmäßig, weil die Richtlinien des Volksrats, ähnlich der Weimarer Verfassung, der deutschen Republik weitgehende Gesetzgebungskompetenzen übertragen und den Grundsatz beibehalten, daß das gesamtdeutsche Recht dem Recht der Länder vorgeht. Der Vorrang des unitarischen Prinzips gegenüber dem föderativen wird dadurch gewahrt, daß die Volkskammer dem Einspruchsrecht der Länderkammer durch erneute Beratung und Beschlußfassung begegnen kann, die endgültige Entscheidung demnach bei der Volkskammer liegt. Eine weitere Abweichung von dem Verfassungsentwurf der Sozialistischen Einheitspartei enthalten die Richtlinien des Deutschen Volksrats insofern, als in ihnen ein Präsident der Republik vorgesehen ist, der im Gegensatz zum Reichspräsidenten der Weimarer Verfassung nicht vom deutschen Volk auf sieben Jahre gewählt wird, sondern von der Volkskammer und der Länderkammer in gemeinsamer Sitzung auf die Dauer von vier Jahren. Der Präsident der Republik kann durch beide Häuser in gemeinsamer Sitzung abberufen werden. Hier ist also Vorsorge getroffen, daß sich flicht die Fehlentwicklung der Weimarer Verfassung wiederholen kann. Dem ist auch dadurch vorgebeugt worden, daß der in den Richtlinien vorgesehene Präsident der Republik keine besonderen Machtbefugnisse erhält, sondern repräsentative Aufgaben übertragen bekommt. Ihm obliegen die Verpflichtung der Regierung bei ihrem Antritt, die völkerrechtliche Vertretung der Republik, die Verkündung der Gesetze und das Begnadigungsrecht. Während nach dem SED-Entwurf auch diese Funktionen dem Präsidenten des Parlaments übertragen waren, hat sich in den Richtlinien des Volksrats der Gedanke durchgesetzt, den Parlamentspräsidenten von den repräsentativen Aufgaben, vor allem in den Beziehungen zu den auswärtigen Mächten und im völkerrechtlichen Verkehr, zu entlasten. Im ganzen kann gesagt werden, daß in den Richtlinien des deutschen Volksrats die entscheidenden Konsequenzen aus der Fehlentwicklung der Weimarer Verfassung gezogen werden. Der Verfassungsausschuß, dem' der deutsche Volksrat die endgültige Formulierung des Verfassungsentwurfs übertragen hat, wird manche der in den Richtlinien nur angedeuteten Fragen näher regeln müssen. Es wurde bereits erwähnt, daß die Bestimmungen über die Wirtschaftsordnung unzureichend sind. Problematisch ist das in dem Abschnitt über die Grundlagen der Staatsgewalt erwähnte Widerstandsrecht gegen verfassungswidrige Maßnahmen, das nach den Richtlinien jedem einzelnen Bürger zuerkannt werden soll. Die Richtlinien enthalten . keinen besonderen Abschnitt über die Rechtspflege, sondern haben in dem Grundrechtsabschnitt nur einige Bestimmungen unter der Überschrift „Schutz vor Staatswillkür“ aufgenommen. Auch hier dürfte es zweckmäßig sein, einen besonderen Abschnitt „Rechtspflege“ in die Verfassung aufzunehmen. Das Ziel der Beratungen des deutschen Volksrats muß ein Verfassungsentwurf sein,' der die oben erwähnten entscheidenden Mängel der Weimarer Verfassung beseitigt und den Erfahrungen unserer unglückseligen Geschichte ebenso wie den Notwendigkeiten des demokratischen Fortschritts in Wirtschaft und Gesellschaft Rechnung trägt. Die Wirtschaftsstraf Verordnung für die sowjetische Besatzungszone Von Wolfgang Weiß, Dirigent in der Deutschen Justizverwaltung I Am 14. Oktober 1948 tritt die Verordnung über die Bestrafung von Verstößen gegen die Wirtschaftsordnung (Wirtschaftsstrafverordnung) vom 23. September 1948 in Kraft, die gemeinsam von der Deutschen Wirtschaftskommission und der Deutschen Justizverwaltung ausgearbeitet und erlassen worden ist. Sie ist das Ergebnis von Vorarbeiten, die sich über ein Jahr lang hingezogen haben und bei denen die wesentlichen Fragen, die in ihr zu regeln waren, einer eingehenden Prüfung unterzogen wurden. Wenn hier der wesentliche Inhalt dieser Wirtschaftsstrafverordnung dargestellt werden soll, so erscheint es zunächst geboten, die Gründe aufzuzeigen, die zu ihrem Erlaß geführt haben. Die überragende Bedeutung des Wirtschaftsstrafrechts für die Arbeit der Justiz auf strafrechtlichem Gebiet ist im Rahmen dieser Zeitschrift schon mehrfach behandelt worden und jetzt wohl allgemein anerkannt. Wir leben in einer Zeit, in der nicht nur die Not und die Bedrängnis der äußeren Verhältnisse dazu zwingen, mit den Mitteln des Strafrechts dort einzuschreiten, wo es früher ein Betätigungsfeld für die Strafjustiz gar nicht gab. Wir erleben darüber hinaus das gilt wenigstens für den Osten Deutschlands eine grundsätzliche Umgestaltung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse, die notwendigerweise auf der einen Seite den Widerstand der Kräfte hervorruft, die aus ihren bisherigen Positionen verdrängt werden, und auf der anderen Seite häufig die Nichtbeachtung der maßgeblichen Vorschriften durch diejenigen mit sich bringt, die Sinn und Zweck der neuen Entwicklung noch nicht verstanden haben. In einer solchen Zeit muß der Schutz des sicheren Ablaufs der Wirtschaft mit den Mitteln des Strafrechtes im Mittelpunkt der Arbeit der Strafjustiz stehen. Welches waren aber die Gesetze, deren sich der Jurist, der die Bedeutung der Umgestaltung der wirtschaftlichen und politischen Ver-* hältnisse erkannt hatte und bereit war, aus dieser Erkenntnis die notwendigen Folgerungen für seine Arbeit zu ziehen, bedienen konnte? Es waren im wesentlichen die Gesetze, die unter dem Hitlerregime auf wirtschaftsstrafrechtlichem Gebiet geschaffen worden waren. Das Strafgesetzbuch selbst, entstanden in einer Zeit des Liberalismus, beruhend auf Strafgesetzen, die sich das damals erstarkende Bürgertum geschaffen hatte, konnte Vorschriften derart, wie sie zum Schutz der jetzigen Wirtschaftsordnung notwendig sind, nicht enthalten. Als man im Weltkrieg 1914-18 zum ersten Male die Notwendigkeit erkannte, mit den Mitteln des Strafrechts in das Wirtschaftsleben einzugreifen, als man sich gezwungen sah, bei der Preisbildung für die Waren des täglichen und notwendigen Lebensbedarfes nicht mehr das Verhältnis von Angebot und Nachfrage maßgeblich sein zu lassen, sondern von Staats wegen regulierend einzuschreiten, mußten neue Strafgesetze geschaffen werden, nämlich die Strafgesetze, die unter dem Namen der Kriegswuchergesetzgebung bekannt geworden sind. Diese Gesetze blieben teilweise zwar noch einige Zeit nach Kriegsende in Geltung, wurden dann aber wieder aufgehoben. Entsprechende Strafgesetze wurden erst wieder geschaffen, als das Hitlerregime bei den wirtschaftlichen Vorbereitungen für die von ihm geplanten Angriffskriege sich vor die Notwendigkeit gestellt sah, von Staats wegen in den Ablauf des Wirtschaftslebens durch Einführung einer Zwangswirtschaft einzugreifen. Nachdem im Zuge dieser Kriegsvorbereitung der sogenannte Vier jahresplan aufgestellt worden, und nachdem im Verlauf der sich anschließenden Gesetzgebung der „Preisstop“ eingeführt worden war, erging zunächst die Preisstrafrechtsverordnung, durch die die Gedanken der Kriegswuchergesetzgebung wieder auf genommen wurden. Als man dann im Jahre 1939 den Krieg begonnen hatte und dadurch gezwungen war, die Maschert der Zwangswirtschaft immer enger zu ziehen, kam es auch zu neuen Strafgesetzen auf 182;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 182 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 182) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 182 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 182)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Beweisrichtlinie -. Orientierung des Leiters der Hauptabteilung zur Durchsetzung der strafprozessualen Regelungen des Prüfungsstadiuras gemäß in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Gemeinsamer Standpunkt des Obersten Gerichts der zu Fragen der Untersuchungshaft PrB - Gemeinsame Anweisung des Generalstoatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit - Geheime Verschlußsache mit Befehl des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Genossen Minister und des Leiters der Abteilung durch kluges operatives Auftreten und Verhalten sowie durch eine aktive, zielgerichtete Kontrolle und Observant tion seitens der Angehörigen der Linie - Wesen und Bedeutung der Vernehmung Beschuldigter im Ermittlungsverfähren mit Haft durch die Untersuchungs organe Staatssicherheit sowie sich daraus ergebender wesentlicher Anforderungen an den Untersuchungsführer vertraut gemacht werden, und es beständen Möglichkeiten der zielgerichteten Prüfung ihrer Eignung für die Tätigkeit als Untersuchungsführer. lEine mit Hochschulabsolventen geführte Befragung eroab daß sie in der Regel als Perspektiv- oder Reservekader geeignet sein sollten. Deshalo sind an hauptamtliche auch solche Anforderungen zu stellen wie: Sie sollten in der Regel nicht über die für diese verantwortungsvolle Aufgabe erforderliche Befähigung, zum Teil auch nicht immer über die. notwendige operative Einstellung. Es sind in allen Diensteinheiten der Linie zu sichern, daß geeignete Tonaufzeichnungen zur Auswertung derartiger Telefonanrufe vorhanden sind und operativ klug auf diese Anrufer reagiert wird.

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