Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 168

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 168 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 168); da sei es in der öffentlichen Urkunde selbst, sei es in den geführten öffentlichen Registern Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, als geschehen beurkundet wurden, während sie überhaupt nicht geschehen sind. Zu prüfen bliebe auch, ob nicht bei Annahme einer intellektuellen Urkundenfälschung die Vorschrift des § 272 StGB heranzuziehen wäre, wonach eine schärfere Strafe ein-tritt, wenn die Urkundenfälschung in der Absicht begangen ist, sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Unter dem Vermögensvorteil im Sinne dieser Vorschrift ist nicht nur ein in Geld aus-drückbarer Vorteil-zu verstehen, sondern auch die Möglichkeit, seine Lage zu verbessern, wie es durch den Besitz von Bezugsberechtigungsscheinen geschieht, mittels deren der Besitzer in der Lage ist, erstrebte Güter seinem Vermögen zuzuführen. Mit der Aushändigung eines solchen Scheines gewinnt somit der Empfänger einen Vermögenswert, den der betreffende Ausweis, solange er sich in der Hand der Kartenstelle befand, nicht gehabt hat. Der hierdurch erlangte Vermögensvorteil wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Zuführung dieser erstrebten, besonders wertvollen Güter in das eigene Vermögen nur unter Aufwendung eines Kaufentgeltes möglich ist. ■ Endlich ist der Nichtigkeitsbeschwerde auch darin beizutreten, daß die verhängte Strafe von 150. Mark in keiner Weise der Schwere der Tat gerecht wird. Die Angestellten der Kartenstelle sind dazu berufen, nach Maßgabe der darüber erlassenen Vorschriften die richtige Verteilung der Karten usw. vorzunehmen. Verstoßen sie hiergegen, so machen sie sich nicht nur eines ganz besonders schweren Vertrauensbruches schuldig, sie stören auch den wohlerwogenen Ablauf der planwirtschaftlichen Maßnahmen und schädigen die Allgemeinheit. Wenn die Verurteilte sich damit entschuldigt, daß sie die Lebensmittelkarten nur aus Mitleid an Bekannte aus dem Sudetenlande ausgehändigt und die Aufenthaltsgenehmigung für Flüchtlinge sich habe ausstellen lassen, so kann dies in keiner Weise ausreichen, derartig erhebliche Unregelmäßigkeiten zu decken. Jedenfalls wird dadurch nicht widerlegt, daß die Strafbemessung durch das Amtsgericht gröblich der Gerechtigkeit widerspricht. Hiernach war auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Generalstaatsanwalts das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben. Da nunmehr eine Bestrafung nach den strengeren Vorschriften der Kriegswirtschaftsverordnung' in Betracht kommt, ist die Zuständigkeit der großen Strafkammer begründet, an die daher die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zu verweisen war. § 6 RJGG. Zur weiteren Anwendung des § 6 des Reichsjugendgerichtsgesetzes vom 6.11.1943. LG Merseburg, Urteil v. 12. 8.1947 8 Ns 1/47 jug. Sta. Aus den Gründen: Die Strafkammer mußte die Verurteilung des Angeklagten zu einer Strafe von unbestimmter Dauer aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen. Wenn auch das RJGG in der Fassung vom 6.11.1943 grundsätzlich nicht als nazistisches Gesetz anzusehen ist, so sind doch einzelne Bestimmungen als mit demokratischer Rechtspflege nicht vereinbar anzusehen. Dazu gehört nach Auffassung der Kammer die Anwendung der dem Urteil des Jugend-Schöffengerichts in Bitterfeld vom 30.9.1946 zugrunde gelegten Bestimmung des § 6 RJGG, da es mit demokratischen Grundsätzen kaum vereinbar ist, daß Angeklagte zu einer Strafe von unbestimmter Dauer verurteilt werden, die eigentliche Höhe der Strafe somit in das Ermessen einzelner nichtrichterlicher Kräfte gestellt wird. Anmerkung: Der Entscheidung muß nachdrücklich widersprochen werden. Sie ist nicht nur ideologisch falsch, sondern geht auch von falschen tatsächlichen Voraussetzungen aus. Sie verrät, daß das Gericht weder die Entstehungsgeschichte des § 6 RJGG kennt, noch den ihm zugrunde liegenden Gedanken erfaßt hat. Sie vermengt zudem den Begriff liberalen Rechtsdenkens mit dem Begriff der Demokratie. Daß das Reichsjugendgerichtsgesetz vom 6.11. 1943 eines der wenigen Hitlergesetze ist, das in seinen meisten Bestimmungen wie auch in meinen Grundgedanken gegenüber der Fassung des Gesetzes von 1923 eine fortschrittliche Tendenz aufweist und in seiner Idee und Ausgestaltung, abgesehen von einzelnen Einsprengseln, keinen nazistischen Charakter trägt, wurde in der Neuen Justiz bereits an anderer Stelle überzeugend ausgeführt (vgl. die Anmerkung von Weiß zum Urteil des OLG Gera vom 6.12 1947 NJ 1947 S.255 ). Dort wurde des Näheren erörtert, daß eines dieser als typisch nazistisch zu bezeichnenden Einsprengsel der § 20 des RJGG von 1943 ist. Wie verhält es sich mit dem in dem vorstehend auszugsweise wiedergegebenen Urteil beanstandeten § 6 des Gesetzes, der das unbestimmte Strafurteil in die Jugendstrafrechtspflege eingeführt hat? Die Erörterung über den Wert des unbestimmten Strafurteils durchzieht seit Jahrzehnten schon die Diskussion um die Strafrechtsreform, ist also keine nazistische Erfindung. Das unbestimmte Strafurteil ist seit ebensoviel Jahrzehnten fester Bestandteil der amerikanischen Strafjustiz, in fast sämtlichen Staaten der Union eingeführt: Es ist das Kernstück der englischen Jugendstrafrechtsreform. Die englische Borstal-Haft für Jugendliche kennt nur die unbestimmte Strafe. Von dort ist sie in das österreichische Jugendgerichtsgesetz von 1928 übergegangen und bei Neufassung des deutschen Jugendgerichtogesetzes von 1923 im Jahre 1943 in dieses übernommen worden. In der Einführung der unbestimmten Strafe in das Jugendstrafrecht kommt der Erziehungsgedanke, der das gesamte neuere Jugendrecht und Jugendstrafrecht maßgeblich determiniert, zum reinsten Ausdruck, Mit ihm wurde eine alte Forderung der Erzieher gefährdeter und verwahrloster Jugend erfüllt. Mit ihm siegte der pädagogische Gedanke über den liberalen Rechtsgedanken, der die unbestimmte Strafe um der vermeintlichen Gefahr der Willkür gegenüber der Freiheit der Persönlichkeit willen glaubt verwerfen zu müssen. Heute ist der Gedanke Gemeingut, daß § 1 des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes: „Jedes deutsche Kind hat ein Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit“ den Vorrang hat vor dem Sühneanspruch des Strafrechts. Die Frage, mit welchem Ziele wir einen jungen Menschen strafen, ist uns wichtiger geworden als die Frage, für welche Tat wir strafen und für welche Schuld. Die Rechtsentwicklung geht eindeutig diesen Weg. Das Land Brandenburg hat in kühner Überwindung aller formalen Bedenken den bahnbrechenden ersten Schritt getan und den Jugendstrafvollzug in vollem Umfang den Er-ziehungsbehörden, d. h. den Organen 'der Volksbildungsverwaltung, übertragen. Im Lande Sachsen ist ein Beschluß des Landtages ergangen, der dieselbe Forderung erhebt. Ein gleicher Antrag liegt dem Rechtsausschuß des thüringischen Landtages vor. Beratungen mit dem Ziele, das gesamte Jugendstrafrecht und Jugenderziehungsrecht in einem Gesetz einheitlichen Gusses zu verschmelzen, beschäftigen die maßgebenden Instanzen. Erziehung ist eine Aufgabe, die man nicht im vorhinein zeitlich abmessen kann. Wann das Ziel der Erziehung eines gefährdeten Jugendlichen erreicht ist, hängt davon ab, wie dieser Jugendliche kraft seiner geistigen und seelischen Konstitution und nach Maßgabe der bereits in ihm aktiv gewordenen destruktiven Kräfte auf die Umgebung reagiert, in die man ihn zum Zwecke seiner Resozialisierung hinein versetzt hat. Genau so wenig, wie man bei einem Lungenkranken im vorhinein bestimmen kann, wann er wieder gesund zu sein hat, genau so wenig kann man einem abgeglittenen oder gefährdeten Jugendlichen auf Monate oder Wochen die Prognose seiner Resozialisierung stellen. Die für ihn nötige Erziehungsdauer ist abhängig von seiner Reaktionsbereitschaft und seiner Reaktionsweise auf das ihm gesetzte neue räumliche und soziale Milieu. All dem trägt das Institut des unbestimmten Strafurteils im § 6 RJGG Rechnung. Neben ihm besteht freilich auch das Urteil mit bestimmtem Strafmaß. Es kennzeichnet die Herkunft des Jugendstrafrechts aus dem allgemeinen Strafrecht, das auf dem liberalen Rechtsdenken des 19. Jahrhunderts fußt. Ihm ist der straffällige Jugendliche noch immer eine Miniaturausgabe des straffälligen Erwachsenen. Es hängt in den Angeln der Vergangenheit. 168;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 168 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 168) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 168 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 168)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Der Leiter der Abteilung ist gegenüber dem medizinischen Personal zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Umgang mit den Inhaftierten weisungsberechtigt. Nährend der medizinischen Betreuung sind die Inhaftierten zusätzlich durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen aufgenommener Ausländer durch Diplomaten obliegt dem Leiter der Abteilung der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen, dem Leiter der Abteilung der Abteilung Staatssicherheit Berlin und den Leitern der Abteilungen sind die Objektverteidigungs- und Evakuierungsmaßnahmen abzusprechen. Die Instrukteure überprüfen die politisch-operative Dienstdurchführung, den effektiven Einsatz der Krfäte und Mittel, die Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung zu verallgemeinern. Er hat die notwendigen VorausSetzungen dafür zu schaffen, daß bestimmte in der Arbeitskartei enthaltene Werte ab Halbjahr zentral abgefragt werden können. Der Leiter der Abteilung ist für die konsequente Verwirklichung der unter Punkt genannten Grundsätze verantwortlich. hat durch eigene Befehle und Weisungen., die politisch-operative Dienstdurchführung, die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die öffentliohe Ordnung und Sicherheit hervorruf. Die kann mündlich, telefonisch, schriftlich, durch Symbole sowie offen oder anonym pseudonym erfolgen. liegt häufig im Zusammenhang mit der Aufklärung politisch-operativ und ggf, strafrechtlich relevanter Handlungen bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen mit anderen politisch-operativen Zielstellungen zu befragen. Die Durchführung einer ist auf der Grundlage der gemeinsamen Lageeinschätzung das einheitliche, abgestimmte Vorgehen der Diensteinheitan Staatssicherheit und der Deutschen Volkspolizei sowie der anderen Organe des Ministeriums des Innern bei der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein hohes Niveau kameradschaftlicher Zusammenarbeit der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten.

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