Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 162

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 162 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 162); Der Oberlandesgerichtspräsident Gera, den 6. Juli 1948 und . Der Generalstaatsanwalt 1270 An die Gerichte und Staatsanwaltschaften Betrifft: Popularisierung der Justiz. Die Weimarer Juristentagung hat mit Recht erneut gefordert, daß die Justiz aus ihrer Isolierung gelöst wird. Zu diesem Zweck ordnen wir an: 1. Häufiger als bisher ist von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Strafverhandlungen am Tatort abzuhalten. Das kann auch in solchen Fällen geschehen, die nicht im Schnellverfahren abgeurteilt werden. Über jode Verhandlung am Tatort hat der Richter einen für die Veröffentlichung in der Presse geeigneten kurzen Bericht auf dem Dienstwege mir, dem Oberlandesgerichtspräsidenten, einzureichen. 2. Justizaussprachen sind von jetzt ab auch mit Betriebsbelegschaften durchzuführen. In jedem Landgerichtsbezirk haben der Bandgerichtspräsident und der Oberstaatsanwalt in Anwesenheit der am Ort wohnenden Richter und Staatsanwälte gemeinsam vierteljährlich einmal eine solche Justizaussprache in einem Betrieb, der sich am Sitz des Landgerichts befindet, abzuhalten. Das Nähere ist mit der örtlichen FDGB-Leitung zu vereinbaren. 3. Ebenso haben der Landgerichtspräsident und der Oberstaatsanwalt vierteljährlich einmal eine Bauernversammlung in einem Dorf oder einer Kleinstadt abzuhalten, zu der die am Ort oder in der Umgebung wohnenden Richter und Staatsanwälte zuzuziehen sind. 4 5. Bei allen diesen Veranstaltungen ist über die Justizarbeit Rechenschaft abzulegen. Gleichzeitig sind aber auch die Ziele unseres neuen Gesellschaftsausbaues, insbesondere Sicherung der Boden- und Industriereform, Durchführung des Wirtschaftsplans, insbesondere Erfüllung des Ablieferungssolls und der Produktionsziffern, Schutz des Volkseigentums, Kampf gegen Wirtschaftsverbrechen, Kampf gegen alle faschistischen und reaktionären Anschläge auf unsere demokratische Ordnung, richtungweisend zu erörtern. Die Justiz soll sich dabei nicht so verhalten, daß sie erst eines Anstoßes bedarf, sondern muß selbst im Einsatz für diese politischen Ziele vorangehen. 6 gez. Dr. Barth gez. Dr. Kuschnitzky Oberlandesgerichtspräsident Generalstaatsanwalt Rechtsp Zivilrecht §§ 242, 552 BGB. Demontage eines Betriebes und die dadurch bedingte Umstellung des Fabrikationsprozesses begründen für den Mieter nicht ohne weiteres das Recht zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages unter dem Gesichtspunkt des Fortfalls der Geschäftsgrundlage. KG, Urteil vom 4.11.1947 4 U 1229/47. Die Bekl. hatte von der Kl. eine Anzahl von Räumen zum Betriebe einer Signalapparate- und Metallwarenfabrik gemietet. Der Vertrag lief zunächst bis zum 31. Dezember 1940 und verlängerte sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn er nicht von einer Partei unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten schriftlich gekündigt wurde. Im Juni 1945 wurden die Maschinen der Bekl. demontiert, und weggeschafft. Am 15. Juni 1945 stellte die Bekl. die Mietzahlungen ein und kündigte danach den Mietvertrag ordnungsgemäß zum 31. Dezember 1945. Die Bekl. ist dann ausgezogen und hat Räume ihres eigenen Grundstücks in M. bezogen. Mit der Klage verlangte die Kl. zunächst einen Teilbetrag des Mietzinses für die Zeit vom 15. Juni bis 31. Dezember 1945. Die Bekl. bat um Klageabweisung, indem sie im wesentlichen folgendes einwandte: Es handle sich um eine 100°/oige Demontage, durch der sie ihre gesamte Existenzgrundlage verloren habe. Ihr Betrieb sei nur in ganz geringem Umfange auf ihrem eigenen Grundstück in M. aufrechterhalten; während jedoch von ihr früher hochwertige Signalapparate her- Der Oberlandesgerichtspräsident Gera, den 6. Juli 1948 3000 A 665 An die Gerichte Betrifft: Rechtsprechung. II. Wirtschaftsstrafsachen 4. Die Gesellschaft, ihr Eigentum und ihre Wirtschaftsordnung sind das oberste Rechtsgut, das von der Justiz geschützt werden muß. Der Schutz des Volkseigentums und der Schutz des Wirtschaftsplans rangieren weit vor dem Schutz der privaten Sphäre, also des privaten Eigentums und Vermögens. Werden Verbrecher gegen das Volkseigentum oder gegen den Wirtschaftsplan angeklagt, so dürfen keine Bagatellstrafen verhängt werden. 5. Der Wirtschaftsplan umfaßt sowohl die landwirtschaftliche Ablieferungspflicht wie die gewerbliche Produktion. Es ist Pflicht jeden Richters, sich mit -den Vorschriften Uber beide Gebiete eingehend und fortlaufend vertraut zu machen. Das gründliche Studium jeder neuen Nummer des Zentralverordnungsblattes und sonstiger Quellen, aus denen sich der Richter über -diese Gebiete orientieren kann, gehört zur dienstlichen Pflicht des Richters. 6. Ich mache ausdrücklich auf -die Ausführungsverordnung zur Sicherung der Pflichtablieferung von landwirtschaftlichen Produkten vom 24. Mai 1948 (GesS 1948 Nr. 10 S. 74j aufmerksam. Durch diese Verordnung ist gewährleistet, daß nur solche Ablieferungssünder vor Gericht gestellt werden, -die vorher schriftlich verwarnt worden sind, trotz der Verwarnung schuldhaft auch weiterhin ihr Ablieferungssoll nicht erfüllt haben, darauf mit einer Ordnungsstrafe durch das Amt für Handel und Versorgung belegt worden sind und auch dann noch das Ablieferungssoll weiterhin nicht fristgemäß erfüllt haben und ihre Säumigkeit nicht rechtfertigen können. IV. Allgemeines 9. Die Weimarer Juristentagung hat das Tor weit aufgestoßen für eine neue fortschrittliche Arbeit in der Justiz. Die maßgebenden Kräfte der Politik und der Verwaltung haben sich zu der Notwendigkeit bekannt, den Richter sozial sicherzustellen und zu fördern und ihn in Verbindung mit einer neuen fortschrittlichen Besoldungsordnung besser zu stellen. Diese bisher in Deutschland nie gekannte Großzügigkeit, die von der Erkenntnis der Wichtigkeit der gesellschaftlichen Funktionen des Richters und des Staatsanwalts geleitet ist, hat auf der Seite der Richter zur Voraussetzung: -die Erkenntnis, daß jeder Richterspruch auch eine politische Tat ist, das Bekenntnis zu den Grundlagen der neuen demokratischen Ordnung, die innere Bejahung des neuen Gesellschaftsausbaues. gez. Dr. Barth rechüng gestellt worden seien, würden heute in erheblich verringertem Umfange nur noch Tauchsieder, Feuerzeuge und dergl. fabriziert. Sie sei außerstande, irgendwelche Beträge zu zahlen; für derartige Fälle müsse eine gesetzliche Regelung abgewartet werden. Das LG hat der Klage stattgegeben. Die von der Bekl. eingelegte Berufung wurde vom KG zurückgewiesen. Aus den Gründen: Mit ihrer Berufungsbegründung wendet sich die Beklagte vornehmlich gegen die Auffassung des Landgerichts, daß die Geschäftsgrundlage nicht fortgefallen sei, indem sie unter Vorlage ihrer Bilanzen für den 31. Dezember 1944 und den 31. Dezember 1945 darzulegen versucht, daß dies bei ihrem Geschäftsbetrieb doch der Fall sei. Diesem Vorbringen der Beklagten muß der Erfolg versagt bleiben. Selbst wenn es zu einer „100°/oigen“ Demontage bei der Beklagten gekommen sein sollte, was nach ihrer Darstellung zu einer Änderung ihres Fabrikationsprozesses geführt hat, so würde darin nach den zutreffenden Ausführungen des ersten Richters und der hiermit übereinstimmenden Erwiderung der Klägerin noch immer kein Wegfall der „Geschäftsgrundlage“ liegen. Diese ist die bei Geschäftsabschluß vorhandene, gemeinsame, oder bei einem Beteiligten erkennbar zu Tag getretene und von der anderen Seite nicht beanstandete Vorstellung vom Vorhandensein oder künftigen Nichteintritt gewisser Umstände, auf denen sich der Geschäftswille aufbaut (vgl. u. a. RG 168, 121 ff. [127] DRW 42, 519 Nr. 4). Die Frage, was Geschäftsgrund- 162;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der äußeren Sicherheit ergeben Möglichkeiten der Informationsgevvinnung über die Untersuchungshaftanstalt durch imperialistische Geheimdienste Gefahren, die sich aus den Besonderheiten der Aufgabenstellung beim Vollzug der Untersuchungshaft sowie in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verantwortlich. Dazu haben sie insbesondere zu gewährleisten: die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Aufnahme von Personen in die Untersuchungshaftanstalt zun Zwecke der Besuchsdurchführung mit Verhafteten. der gesamte Personen- und Fahrzeugverkehr am Objekt der Unter-suchungsiiaftanstalt auf Grund der Infrastruktur des Territoriums sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, der mit Befugnisregelungen des Gesetzes erforderlichenfalls zu begegnen ist, oder kann im Einzalfall auch eine selbständige Straftat sein. Allein das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit während gerichtlicher Hauptverhandlungen gehört nicht zuletzt, auf Vorkommnisse politisch-ideologisch und politischoperativ eingestellt zu sein. Auf diese Probleme soll im folgenden eingegangen werden.

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