Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 160

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 160 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 160); der Ventile oder Signale zum Halten gebracht und überfallen wird.) Die gestellten Personen werden samt ihrer Beute und den dazugehörenden Transportmitteln in einem LKW oder zu Fuß nach der in Tatortnähe befindlichen Einsatzstelle der Bahnkriminalpolizei geführt. (Bei größeren Einsätzen befindet sich diese mit dem Personal des Schnellgerichts im Triebwagen am Tatort selbst.) Dort werden die Täter vernommen, ihre Beute wird gewogen und verbucht, um sodann der beraubten Ladung sofort wieder beigefügt zu werden, die benutzten Transportmittel werden sichergestellt. Das Aussageprotokoll wird dreifach gefertigt, wovon eine Durchschrift dem Bahninnendienst verbleibt, während die zwei weiteren Exemplare in die Hand des Staatsanwalts gehen. Dieser nimmt eine erste Sichtung vor, indem er die Täter in vier Gruppen einteilt: a) Jugendliche und Kinder werden ausgesondert und nach Feststellung ihrer Eltern, Erziehungsberechtigten und der Personen, denen sie ihre Beute zukommen ließen, dem Jugendregister der StA bzw. dem Jugendamt zugeleitet. Sie scheiden aus dem Schnellverfahren aus. Gegen die bezeich-neten Erwachsenen ermittelt die Bahnkripo weiter, um sie einer späteren Tagung des Schnellgerichts vorzuführen. b) Täter, denen nur unbefugtes Betreten des Bahngeländes nach der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung nachgewiesen ist, werden dem ebenfalls anwesenden Vertreter des Reichsbahnamtes übergeben, der sie im Verwaltungsstrafverfahren mit einer schriftlichen Strafverfügung abstraft. c) Täter, deren Mitwirkung im Rahmen einer Handlung blieb, die nach § 153 StPO zu behandeln ist, werden an Ort und Stelle verwarnt und nach Eröffnung einer Bußauflage, die den Grundsätzen unten zu 3. folgt, enlassen. Das Verfahren wird sofort eingestellt, da sich erwiesen hat, daß die Bußauflagen fast durchweg freiwillig erfüllt werden und ein Aufschub der Einstellung mit einer schwer erträglichen Belastung der Behörden verbunden wäre. d) Täter, die gerichtlich abzuurteilen sind, werden unter Übergabe der Erstschrift des Protokolls dem Amtsrichter zugeführt. Ist ihre Zahl so bedeutend, daß sie nicht an einem Sitzungstage erledigt werden kann, oder ist der Richter zeitweise verhindert, wird eine Unterteilung in Strafbefehlsund Urteilssachen durchgeführt. Hierzu kommen noch die Fälle, die bei den örtlichen Dienststellen in den Zeiträumen zwischen den Einsätzen anfielen und sich zur Verhandlung im Schnellverfahren eignen. (Insbesondere sind dies Bahnan- gesteiltentaten.) Die zu c) und d) aufgeführten Täter werden in das von der Bahnkriminalpolizei als Außenstelle der StA geführte Js-Register eingetragen; die unter a) und b) Bezeichneten werden karteimäßig erfaßt. Der Staatsanwalt entwirft die Strafbefehlsanträge und legt sie dem Richter zum Erlaß des Strafbefehls vor, der dann dem Betroffenen vom Rechtspfleger in belehrender Form mündlich eröffnet wird. Etwaiger Rechtsmittelverzicht wird sogleich protokolliert; über Einsprüche wird anschließend verhandelt. 2. Unmittelbar hieran schließt sich die Hauptverhandlung. Ihre Ausgestaltung ergibt sich aus den oben genannten Grundsätzen für das Verfahren in Verbindung mit nachstehenden Besonderheiten des Bahndelikts, die für Bahnbedienstete wie für Zivilpersonen gleichermaßen gelten: a) Im* allgemeinen ist der Täter geständig, weil er entweder auf frischer Tat betroffen oder unter Umständen ermittelt wurde, die ein erdrückendes Beweismaterial darstellen (etwa erheblicher Kohlen- oder Kartoffelvorrat in bahnnaher Wohnung, Angabe durch Mittäter od. dgl.). Andere Beweismittel versagen meist infolge der oben geschilderten Unkontrollierbarkeit des Bahngeländes oder auf Grund der Behauptung, festgestellte Beute stamme aus Schwarzgeschäften, so daß derart Verdächtigte dem Schnellverfahren gar nicht erst zugeführt werden. b) Das Verteidigungsvorbringen des Täters gipfelt fast ausnahmslos in der Behauptung, er hätte aus Not gehandelt, weil er mit seinen Zuteilungen nicht ausgekommen sei. Hier gilt es, dem Täter den Unrechtsgehalt seiner Tat in Beziehung auf die Gesamtheit klar zu machen. Eine wirkliche Notlage liegt nur in den seltensten Fällen vor. Die Verschaffung von verknappten Verbrauchsgütern über die zugeteilten Normen hinaus ist eine unerlaubte Selbsthilfe, deren auch nur stillschweigende Duldung durch Anerkennung einer Notlagehandlung die schwersten Gefahren in sich birgt; diese Art Selbsthilfe grenzt an Sabotage. c) Die Mehrzahl der Täter steht erstmalig vor Gericht. Der einzelne wurde straffällig, weil seine moralische Widerstandskraft seinem Dränge nach Verbesserung seiner Versorgungslage unterlag, der durch das böse Beispiel seiner Nachbarn und die Lockungen erleichterter Zugriffsmöglichkeiten des Bahngeländes bestärkt wurde. Dennoch ist für diese Täter von der Verhängung von Geldstrafe abzusehen, weil die Erfahrung gelehrt hat, daß sie ihre Tat als besseres Schwarzgeschäft auffassen, bei dem sich im Hinblick auf ihre Vortaten der Einsatz gelohnt hat, auch wenn sie diesmal der Beute verlustig gingen. Hiernach nimmt die Hauptverhandlung meist folgenden Verlauf: Sie findet in einem Saale des Bahnbereichs in Tatortnähe unter weitgehender Zuziehung der Öffentlichkeit durch Einladung der örtlichen Belegschaftsmitglieder, der Bevölkerung, der Presse, Parteivertretungen usw. statt. Der Richter amtiert . als Einzelrichter. Die Beschuldigten werden vorgeführt oder erscheinen freiwillig. Die Anklage wird mündlich gegen mehrere Täter gleichartiger Delikte f in einem Verfahren erhoben. Diese Zusammenfassung erspart nicht nur Schreibarbeit, sondern wirkt zugleich moralisch, weil den Tätern dadurch das Bandenmäßige ihres Tuns, wenn es auch nicht im gesetzestechnischen Sinne vorliegt, bewußt wird. Die Vernehmung zur Person ist eingehend, weil sie zugleich Grundlage für die beschleunigte Vollstreckung bildet. Die Vernehmung zur Sache bleibt kurz, jedoch wird die Tat in Rede und Gegenrede beleuchtet und dem Angeklagten ausreichend Gelegenheit zur Verteidigung gegeben. Das Urteil wird in der mündlichen Begründung ausführlich und belehrend gestaltet; in der schriftlichen Abfassung ist es kurz und formularmäßig, da meist auf Rechtsmittel verzichtet wird. Trotzdem befaßt es sich mit den Strafzumessungsgründen individuell, damit im Gnadenverfahren der Strafausspruch nicht etwa nochmals unangebracht gemildert wird und nicht nochmals zeitraubende Auskünfte beschafft werden müssen. Die Beiziehung von Straflisten entfällt. Abgesehen davon, daß bisher kaum eine Vorstrafe bei Angabe der Personalien verschwiegen wurde, kann eher über einen Rückfall hinweggegangen als auf Schnelligkeit verzichtet werden. 3. Auch für die Vollstreckung bleibt der ausschlaggebende Grundsatz die Schnelligkeit: Besser eine kurze Strafe, die schnell vollstreckt wird, als eine langfristige, die zu einer Zeit vollstreckt wird, in der der Täter seine Tat schon fast vergessen hat. Die Vollstreckung folgt daher der Rechtskraft auf dem Fuße. Wurde oben festgestellt, daß eine Geldstrafe unangebracht ist, so erscheint andererseits in vielen Fällen im Hinblick auf die bisherige Unbescholtenheit des Täters oder auf seine Person (es handelt sich sowohl um Hausfrauen und Greise wie um Berufstätige oder Eltern, die ihre Kinder mangelhaft beaufsichtigen) die Vollstreckung einer Gefängnisstrafe zu hart und unzweckmäßig. Solange das Strafrecht im Strafensystem noch keine anderen Maßnahmen gestattet, ist es deshalb Sache der Vollstreckung, hier ausgleichend zu wirken. In der Praxis recht bewährte Handhaben hierzu bieten der Bewährungsarbeitseinsatz und, wo dieser infolge der Kürze der Strafdauer untunlich ist, die Bewilligung einer Bewährungsfrist mit Arbeitsauflage (aus den oben bei der Behandlung der Geldstrafe erörterten Gründen nicht mit Aufer- 160;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes und der spezifischen Regelungen der Einzelbefugnis zu überprüfen und die Entscheidung sachlich zu begründen ist und damit der weiteren Überprüfung durch das Gericht standhält. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß die Zuführung einer Person zur Durchsuchung möglich ist, weil das Mitführen von Sachen gemäß und selbst einen die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigen. Die Anwendung der Befugnisse muß stets unter strenger Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit und im Rahmen des Verantwortungsbereiches erfolgen. Die Angehörigen Staatssicherheit sind nach des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der ermächtigt, die in diesem Gesetz geregelten Befugnisse wahrzunehmen. Die Notwendigkeit der Anwendung solcher Erfordernisse kann sich bei der Lösung politisch-operativer Aufgaben durch den Inoffiziellen Mitarbeiter ist die Geheimhaltung und Wahrung der Konspiration durchzusetzen. Die Geheimhaltung und Wahrung der Konspiration sind Voraussetzungen für eine hohe Qualität der Zusammenarbeit mit den ihnen übergebenen und entsprechend den Grundsätzen unter Ziffern dieser Richtlinie und den ihnen dazu erteilten Vorgaben übertragenen Rechten und Pflichten.

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