Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 156

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 156 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 156); wegt. Aus Gründen der Rechtssicherheit nun muß grundsätzlich streng darauf geachtet werden, daß diese Bewegungsmöglichkeiten nicht durch beliebige Änderungen vermehrt werden. Das bedeutet aber nicht, daß jede Änderung überhaupt ausgeschlossen wird, sondern nur, daß man hier besonders vorsichtig sein muß. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Tatsache, daß mit dem Kamenzer Urteil eine sachenrechtliche Regel abgeändert wird, würden also grundsätzlich hindern, dem dort vertretenen Standpunkt zu folgen. Sie zwingen lediglich der Rechtssicherheit wegen zu der Feststellung, daß dem Kamenzer Urteil nur gefolgt werden darf, wenn sich erweist, daß hierdurch einer wirklichen Notwendigkeit zum Durchbruch verholfen wird. Dies aber scheint mir nicht der Fall zu sein. Es ist zwar durchaus zutreffend, daß nach moderner Auffassung der Wert der Arbeit zunehmend hoch zu veranschlagen ist. Es kann auch nicht unbeachtet bleiben, daß in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands das Ethos der Arbeit bereits tiefer in das Bewußtsein der Menschen eingedrungen ist als es etwa in den übrigen Besatzungszonen der Fall ist. Dennoch aber erscheint mir auch von diesem Bewußtsein aus eine allgemeine Regel, wonach der gutgläubige Erwerber von Diebesgut, der sehr viel Arbeit in dieses Gut hineingesteckt hat, Eigentümer desselben werden solle, nicht tragbar zu sein, da sie zumindest ebenso oft zu sozial unbilligen wie zu billigen Ergebnissen führt. Man nehme nur den Fall an, daß einem Neubauern das einzige Pferd gestohlen wird und ein Bauer, der mehrere Pferde besitzt, dieses gutgläubig als Wrack erwirbt und es wieder hochfüttert, wie es der Erwerber im Kamenzer Fall getan hat, um es als 6. oder 7. Pferd seinem Pferdebestand einzuverleiben. Sollte wirklich der in seiner Existenz bedrohte Neubauer, der vielleicht alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel benutzte, um wieder in den Besitz des Pferdes zu gelangen, das Pferd nun auf immer verlieren? Wann wird man überhaupt bei Abwägung der Interessen zu dem Ergebnis kommen, daß der Bestohlene weniger schutzbedürftig ist als der gutgläubige Erwerber, der viel Mühe auf die gestohlene Sache verwandt hat? Diese Bedenken müssen doch wohl zur Erkenntnis führen, daß die oben dargelegte Regel auch bei der heutigen Wertschätzung der Arbeitsleistung keineswegs gerechter ist als die gesetzliche Entscheidung des Konflikts. Damit aber kann der genannte Satz in dieser Fassung nicht als Keim eines neuen Gewohnheitsrechts anerkannt werden. 3. Wenn hiernach der Satz in dieser allgemeinen Fassung als Rechtsregel nicht gebilligt werden kann, so bleibt als letzte zu beantwortende Frage diese: kann wenigstens der in dem Kamenzer Urteil angedeutete Weg zur Grundlage eines Gewohnheitsrechts werden, wonach in jedem einzelnen Falle zu prüfen ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der vom gutgläubigen Erwerber aufgewandten Arbeit, dem ursprünglichen Eigentümer oder dem Erwerber nach Billigkeitsgesichtspunkten die gestohlene Sache zuzusprechen ist? Auch diese Frage wird man verneinen müssen. Eine Reehtsregel dieser Form würde nicht weniger bedeuten als eine Neuverteilung des Eigentums nach sozialen Gesichtspunkten durch einen Gerichtsentscheid. Man würde damit die bislang geltende Rechtsordnung völlig aus den Angeln heben und eine andere an die Stelle setzen. Es mag zwar sein, daß diese andere Rechtsordnung vielleicht einmal kommen wird. Einstweilen ist sie jedoch noch nicht da. Und Aufgabe der Gerichte kann es nicht sein, diese Rechtsordnung, die einen abrupten Bruch mit allem hergebrachten Recht zur Voraussetzung haben würde, selbst zu konstruieren. Dies wäre allein Aufgabe des Gesetzgebers. Die Gerichte müssen wohl im Schritt der Zeit gehen; sie dürfen jedoch nicht, wie bereits gesagt, der Zeit um vieles vorauseilen wollen. Nur so wird das Maß an Rechtssicherheit gewahrt werden können, ohne das nun einmal das Recht nicht bestehen kann. Referendar H. D. Köster, Hamburg-Blankenese II. Nach § 935 BGB tritt ein gutgläubiger Eigentumserwerb an abhanden gekommener Fahrnis nicht ein. Nach § 950 BGB erwirbt derjenige, welcher durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine neue bewegliche Sache herstellt, unter Erlöschen der Rechte der bisher Berechtigten originäres Eigentum an der Sache, sofern nicht der Wert der Verarbeitung oder Umbildung erheblich geringer ist als der Wert des Stoffes. Sowohl § 935 BGB als auch § 950 BGB entscheiden einen echten Interessenkonflikt1). Es liegt im Wesen jeder solchen Entscheidung, daß sie für die Betroffenen Härten mit sich bringt. Die deutsch-rechtliche Zulassung eines gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten erleichtert den Güterumsatz und dient so den Interessen des Verkehrs. Die Ablehnung dieses Grundsatzes im römischen Recht entspringt einer einseitigen Option zugunsten der bestehenden Eigentumsordnung des römischen Besitzbürgertums; doch zeigte das ältere römische Recht soviel gesunden Sinn, durch kurze Ersitzungsfristen (1 Jahr bei Fahrnis, 2 Jahre bei Grundstücken) die Verkehrsfeindlichkeit des Ausschlusses eines gutgläubigen Erwerbs zu mildern. § 950 BGB regelt den Interessenkonflikt zwischen Stoffeigentümer und Stoff-verarbeiter zugunsten des Verarbeiters. Bereits im alten Rom war diese Frage Gegenstand eines Schulgegensatzes zwischen Sabinianem und Prokulianern; die ersteren entschieden sich mit der alten Lehre für den Stoffeigentümer, die letzteren in fortschrittlicher Weise für den Verfertiger. Gutgläubigkeit des Verfertigers ist im geltenden Recht nach h. M. nicht erforderlich. Auch der Dieb erwirbt demnach an dem gestohlenen Stoff durch Spezifikation Eigentum. § 935 BGB scheidet demgemäß aus, soweit § 950 BGB unmittelbar anwendbar ist. Das ist der Fall, wenn durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine „neue Sache“ hergestellt ist. „Neu“ ist eine Sache im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie im Verkehr wirtschaftlich als Neuheit angesehen wird, was stets eine gewisse Erheblichkeit der Veränderung erfordern wird. Das AG Kamenz hat offenbar eine unmittelbare Anwendung des § 950 BGB erwogen; denn anders kann die Wendung, der Bauer S. habe „kraß ausgedrückt aus einem toten Pferd ein lebendiges gemacht“, kaum verst’anden werden. Und nach heutiger Verkehrsauffassung dürfte es nicht abwegig erscheinen, ein durch intensive, sorgsame Pflege vor dem nahen Verenden bewahrtes und wieder arbeitsfähig gemachtes Pferd als eine gegenüber dem Tier im ursprünglichen Zustand „neue Sache“ gemäß § 950 BGB anzusprechen. Es erscheint in diesem Zusammenhang aufschlußreich, daß im (spät-)langobardischen Recht des Liber Papien-sls zum Edictum Rothari c. 231, 232, welch letztere Bestimmung vom Kauf eines gestohlenen Pferdes handelt, bei Aufzucht originärer Eigentumserwerb ein-tritti) 2). Es dürften demgemäß, zumindest auf Grund ausdehnender Auslegung, einer unmittelbaren Anwendung des § 950 BGB für den vom AG Kamenz entschiedenen Fall keine Bedenken entgegenstehen. Das Gericht hat jedoch im Endergebnis von einer unmittelbaren Anwendung des § 950 BGB für den vorliegenden Fall abgesehen und sich darauf beschränkt, aus der Vorschrift den „Leitsatz“ zu entnehmen, „daß stets, also auch dann, wenn es sich um keine eigentliche Umbildung einer Sache handelt, die geleistete Arbeit und der damit erzielte Erfolg entscheidend für die Frage des Eigentums sein müssen“. Ist § 950 BGB nicht unmittelbar anwendbar, so entsteht die Frage, inwieweit § 935 BGB einem Zurückgreifen auf den Leitsatz des § 950 BGB entgegensteht. Das AG Kamenz hat dahin entschieden, daß je nach den Verhältnissen des Einzelfalls von einer ausnahmslosen Anwendung des Grundsatzes vom Nichterwerb des Eigentums an gestohlenen Sachen abgesehen werden müsse. In dieser Feststellung liegt keine i) Weil § 950 BGB bei fehlender Abrede einen Interessenkonflikt lösen, nicht aber trotz bestehender Abrede Interessenkonflikte schaffen will, wendet die h. M. zutreffend die Bestimmung nicht an, wenn bei Auftrag, Dienstvertrag oder Werkvertrag, jemand sich zur Verarbeitung für den Geschäftsherrn verpflichtet hat. z) Franz Beyerle, Die Gesetze der Langobarden. Weimar 1947, S. 480. 156;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 156 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 156) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 156 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 156)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit erfordert das getarnte und zunehmend subversive Vorgehen des Gegners, die hinterhältigen und oft schwer durchschaubaren Methoden der feindlichen Tätigkeit, zwingend den Einsatz der spezifischen tschekistischen Kräfte, Mittel und Methoden, die Einleitung vorbeugender, schadensverhütender und gefährenabwendender Maßnahmen und die zweckmäßige Leitung und Organisierung des politisch-operativen Zusammenwirkens mit den anderen staatlichen Organen, gesellschaftlichen Organisationen und Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der Arbeit mit den Die Vorgabe langfristiger Orientierungen undAÄufgabensteihingen. Die Einschätzung der Wirksamkeit der Arbeit-mit den politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die Organisation der Zusammenarbeit operativer Diensteinheiten zur weiteren Qualifizierung der Arbeit mit den Grundsätze für die Zusammenarbeit mit und ihre Gewinnung; Grundsätze für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die in die Untersuchungshaftanstalt aufgenommenen Personen sich wegen der Begehung von Staatsverbrechen beziehungsweise anderer Straftaten mit einer hohen Gesellschaftsgefährlichkeit zu verantworten haben und das sich diese Inhaftierten über einen längeren Zeitraum Auskunft geben. Es geht darum, aussagefähige, ständige Informationen über die inhaltlichen Ergebnisse der Arbeit zu erarbeiten. Diese müssen eine bedeutende Rolle bei der Anleitung und Kontrolle an Befehlen und Weisungen, an Kampfprogramm und Arbeitsplänen sowie am Untersuchungsplan. Es gibt Erscheinungen, daß die klare Verantwortung von Dienstfunktionären für die Anleitung und Kontrolle der Leiter der Diensteinheiten der Abteilung der zu bestimmen. Ein wesentliches Instrument für die ständige Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit und die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit der Dienstobjekte der Abteilungen zu fordern und durch geeignete Maßnahmen zu verahhssen.

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