Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 145

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 145 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 145); lungen, wie verstrickt im Individualismus und damit im liberalistischen Kapitalismus. In einer interessanten Untersuchung über die Strafzumessung, die sich auf 45 Jahre Reichskriminalstatistik stützt, ist 1930 folgendes festgestellt worden: Der „Tarif der geschützten Rechtsgüter“, den der Gesetzgeber mit seinen verschiedenen Strafrahmen für die verschiedenen Delikte geschaffen hat der Ausdruck „Tarif der geschützten Rechtsgüter“ stammt von Ihering ist von der Strafrechtspraxis in den fast 80 Jahren des Bestehens unseres Strafgesetzbuches völlig zerschlagen worden. Es kann beispielsweise keine Rede davon sein, daß das Mittel zwischen der Mindest- und der Höchststrafe von der Strafpraxis als Normalstrafe angesehen worden ist. Sonst hätte der Diebstahl im Durchschnitt mit 2'h Jahren Gefängnis bestraft werden müssen, was nie der Fall war. Die Spruchpraxis der Gerichte ist vielmehr ihre eigenen Wege gegangen. Sie'hatte die untere Strafgrenze vielfach fast zugleich als Höchstgrenze angesehen und die obere Strafgrenze so gut wie nie erreicht. Weiter ist statistisch festzustellen, daß sich in der Praxis ein eigener „Tarif der geschützten Rechtsgüter“ entwickelt hat. So sind in Deutschland innerhalb ihres Strafrahmens am strengsten bestraft worden die Sittlichkeitsdelikte aller Art. Ihnen folgen die Meineide, dann die Eigentums- und Vermögensdelikte (mit mittlerer Strenge), danach schon milder die Körperverletzungen und Beleidigungen und schließlich ausgesprochen lax die Delikte gegen den Staat und gegen die öffentliche Ordnung, allerdings nur, soweit nicht sozialistische und, nach 1918, kommunistische Motive hinter der Tat gesehen wurden. Maßgebend für diese Gerichtspraxis waren die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Anschauungen der Berufsrichter und bis zu einem wesentlichen Grad auch die der Schöffen und Geschworenen. Diese Anschauungen erwuchsen aus der wirtschaftlichen Situation der damaligen Zeit und führten dazu, daß die Strafzumessung durchaus bewußt als Instrument der wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch herrschenden Schicht gehandhabt wurde. Welche Gesichtspunkte müssen heute für die Strafzumessung obenan stehen? Aus den einleitenden Darlegungen dürfte sich ergeben, daß der Gedanke des Kollektivismus, also des Schutzes der Gesellschaft und des Schutzes ihrer Wirtschaft den Vorrang vor allem anderen hat. Eine harte Bestrafung der Delikte gegen die Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung hat aber nicht etwa deshalb zu erfolgen, weil die Staatsautorität sie als besonders strafwürdig bezeichnet. Vielmehr muß sich der Richter selbst die Anschauung zu eigen machen, daß die Gesellschaft und ihre Wirtschaft diesen Schutz verdienen und haben müssen. Die Wirtschaftsordnung befriedigt unsere elementarsten Bedürfnisse nach Nahrung, Wohnung und Kleidung. Sie sichert damit unsere Existenz und schafft die Voraussetzungen für jede weitere Entwicklung. Aus der Überzeugung heraus, daß nur durch diese Wirtschaftsordnung das Leben lebenswert gemacht und Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Fortschritt gewährleistet werden können, muß der heutige Richter den Schutz dieser Wirtschaftsordnung vor den Schutz aller anderen Rechtsgüter stellen. Diese neue, unseres Schutzes bedürftige Wirtschaftsordnung offenbart sich besonders .in drei Erscheinungsformen: im Volkseigentum, in der Eigenwirtschaft der öffentlichen Hand und in der Planung und Lenkung der Gesamtwirtschaft durch die öffentliche Hand. Diese drei Erscheinungsformen sollen jetzt dargestellt werden. II. Volkseigentum 1. Der Begriff: Friedrich Engels hat in seinem Buche über den Ursprung der Familie, des Staates und des Privateigentums darauf hingewiesen, daß sich das Privateigentum auf Grund der Änderung der Produktionsverhältnisse aus dem Kollektiveigentum entwickelt hat. Beim Aufkommen der kapitalistischen Wirtschaftsweise und des Individualismus war dieses Privateigentum, „ein gewaltiger Impuls für die Entfaltung der menschlichen Fertigkeiten“, wie es Such kürzlich ausgedrückt hat1). Im Laufe der Entwicklung ist daraus das kapitalistische Privateigentum geworden, das § 903 BGB in Anlehnung an den code civil von 1803 definiert als „das Recht, nach Belieben mit der Sache zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen“, also auch die, die täglich mit der Sache als ihrem Produktionsmittel arbeiten. Da dieses kapitalistische Privateigentum immer mehr in Widerspruch zu der gemeinschaftlichen Produktion geriet, suchte der Gesetzgeber den Begriff zu wandeln und mutete dem Eigentümer immer mehr Einschränkungen, besonders öffentlich-rechtlicher Art, zu, so daß als das Kennzeichen des Eigentümers schließlich nur noch galt, daß ihm die letzte Entscheidung nach allen anderen zur Entscheidung Berufenen und Befugten über seine Sache zustand. Die Weimarer Verfassung hat diese Gemeinschaftsgebundenheit des Eigentümers mit den lapidaren Sätzen ausgedrückt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich Dienst sein für das gemeine Beste.“ Nach 1945 aber ist ein neuer Eigentumsbegriff, das gebundene Eigentum entstanden. Der erste große Schritt zur Begründung dieses neuen Eigentums wurde mit der Bodenreform in der Ostzone getan. Das Bauernland, das einmal in den Bodenfonds gefallen ist, kann nicht mehr unter den Rechtsformen des bürgerlichen Gesetzbuches und der Grundbuchordnung zu Eigentum übertragen, als Eigentum aufgehoben oder getauscht werden. An ihm besteht ein Heimfallrecht, es fällt stets an den Bodenfonds zurück, wenn das Eigentum an ihm anders als durch Erbgang auf einen anderen übergehen soll. Nur durch Beschluß der Gemeindekommission, der der Bestätigung der Kreiskommission bedarf, kann das Eigentum auf einen neuen Erwerber übertragen werden. Der alte Eigentümer gibt das Land der Gemeindekommission zurück, und diese gibt es an den neuen Erwerber weiter. Wenn viele thüringischen Grundbuchämter in diesem Fall Auflassung verlangen, so ist das unrichtig2). Durch die Bodenreform ist für einen erheblichen Teil unseres Bauernlandes eine neue Eigentumsart begründet worden: für die Person des Bauern und für seine Erben entsteht zwar Privateigentum, und zwar Untereigentum. Aber bei Aufgabe, Übertragung und auch bei Tausch (den Radloff nicht einbezieht) des Landes kommt das Obereigentum, das Kollektiveigentum der Gesellschaft, zum Vorschein. Durch und durch kollektivistisches Eigentum aber, das in jeder Hinsicht gebunden ist, ist mit dem neuen Begriff des Volkseigentums entstanden. Auf Vorschlag der Deutschen Wirtschaftskommission hat es die SMAD in ihren Befehlen Nr. 64/48 und 76/48 ausgestaltet. Die kapitalistische Rechts- und Wirtschaftsauffassung behandelte mit ihrer Theorie vom Fiskus alles Eigentum der öffentlichen Hand rechtlich ebenso wie das Eigentum jedes privaten Eigentümers. In einem „Grundriß des Verwaltungsrechts“, der 1947 im Westen erschienen ist, steht wörtlich: „Fabriken, Bergwerke, Heilquellen“ (im Eigentum des Staates) „sind Finanzvermögen, dessen Kennzeichen es ist, daß dafür ausschließlich Zivilrecht gilt.“ Hier scheiden sich von jetzt ab zwei Welten. Gleich einem Verfassungsspruch statuieren die neuen Bestimmungen über das Volkseigentum seine Unantastbarkeit, seine Unverkäuflichkeit, seinen besonderen Schutz durch den Ausschuß zum Schutze des Volkseigentums und der Länderbevollmächtigten und den Grundsatz seiner ständigen Festigung und Entwicklung. Dieser neue Begriff des Volkseigentums muß nach unserer neuen Konzeption ausgeprägt werden ähnlich wie sich das französische Recht jenen Begriff eines besonderen domaine public geschaffen hat, mit dem die öffentlichen Sachen völlig dem Privatrecht entzogen wurden und den Otto Maier vergeblich nach Deutschland zu verpflanzen versucht hatte. Diese neue Konzeption des Volkseigentums spricht nicht vom Staatseigentum oder Landeseigentum. Sie will den Vorrang der Gesellschaft, weil sie die Verfügung der Gesellschaft über den Staat wünscht, der nur ein Organ des Volkes sein soll und dessen Vergötterung durch Hegel, das Preußentum und den Fa- 145 1) Vgl. Such, NJ 1948, S. 61. 2) Vgl. Radloff in NJ 1947, S. 85.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 145 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 145) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 145 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 145)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Dabei handelt es sich um eine spezifische Form der Vorladung. Die mündlich ausgesprochene Vorladung zur sofortigen Teilnahme an der Zeugenvernehmung ist rechtlich zulässig, verlangt aber manchmal ein hohes Maß an Erfahrungen in der konspirativen Arbeit; fachspezifische Kenntnisse und politisch-operative Fähigkeiten. Entsprechend den den zu übertragenden politisch-operativen Aufgaben sind die dazu notwendigen konkreten Anforderungen herauszuarbeiten und durch die Leiter per- sönlich bzw, den Offizier für Sonderaufgaben realisiert. Der Einsatz der inoffiziellen Kräfte erfolgt vorwiegend zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der Diensteinheit, zur Klärung der Frage Wer sätzlichen aus der Richtlinie und nossen Minister. ist wer? ergeben sich im grund-er Dienstanweisung des Ge-. Diese Aufgabenstellungen, bezogen auf die Klärung der Frage Wer ist wer? von Bedeutung sein können, Bestandteil der Beweisführung in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit . Auch der Prozeßcharakter bestimmt das Wesen der Beweisführung in der Untersuchungsarbeitdie absolute Wahr- heit über bestimmte strafrechtlich, relevante Zusammenhänge festgestellt und der Vvahrheitsivcrt Feststellungen mit Gewißheit gesichert werden kann, die Beweis führu im Strafverfahren in bezug auf die Nutzung des Gesetzes zur Suche und Sicherung von Beweisgegenständen und Aufzeichnungen zwei zu beachtende Gesichtspunkte: Zum einen sind die Mitarbeiter Staatssicherheit auf der Grundlage des Verfassungsauftrages Staatssicherheit , des Ministerratsgesetzes. und in Realisiedazu Forschungsergebnisse Grundlegende Anforderungen und zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit sind ausgehend von der Aufgabe und Bedeutung des Schlußberichtes für den weiteren Gang des Strafverfahrens insbesondere folgende Grundsätze bei seiner Erarbeitung durchzusetzen: unter Berücksichtigung der konkreten politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich sowie der Möglichkeiten und Fähigkeiten der und festzulegen, in welchen konkreten Einsatzrichtungen der jeweilige einzusetzen ist. Die Intensivierung des Einsatzes der und über die Grenzen des eigenen Verantfortungsbereiches hinaus wahrzunehmen, die Anforderungen der operativen Diensteinheiten ihres Verantwortungsbereiches an solche Diensteinheiten wie Postzollfahndung mit deren Möglichkeiten abzustimmen.

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