Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 108

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 108 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 108); 171) ist der Ansicht, daß Souveränität teilbar ist und deshalb auch die Protektoratsstaaten echte Staaten sind. Protektorate hören nicht deshalb auf, Staaten im technischen Sinne zu sein, weil der Protektorstaat international- betrachtet sein Vorgesetzter ist und seine wichtigsten internationalen und nationalen Angelegenheiten, soweit sie den Protektor interessieren, in Händen hat. Ich glaube, daß man den Rechtszustand, in welchem Deutschland sich z. Zt. befindet, am besten vergleichen kann mit demjenigen eines solchen Staates unter Protektorat, welche Situation von Oppenheim (Par. 92) als eine Art von internationaler Vormundschaft (guardianship) bezeichnet wird. Daß ein noch so radikaler Wechsel im Regierungssystem und eine prinzipielle Umwandlung des gesamten sozialen und wirtschaftlichen Aufbaus einen Staat weder als Rechtssubjekt noch auch nur in der Kontinuität seiner Rechtspersönlichkeit beeinträchtigt, beweist klar die Beurteilung, die der Übergang Rußlands vom Zarismus zum Sowjetstaat gefunden hat. Daß in diesem Fall eine Reihe von Staaten längere Zeit die Anerkennung des neuen Regimes de jure verweigert haben, war nicht darauf zurückzuführen, daß sie an dem Bestehen oder Fortbestehen eines Staates Rußland Zweifel hatten, sondern daß das neue Rußland es ablehnte, die unter der zaristischen Herrschaft eingegangenen Schuldverbindlichkeiten anzuerkennen, und daß die genannten Staaten hofften, eine solche Übernahme der alten Schulden durch Vorenthaltung der Anerkennung erzwingen zu können. Schließlich wird noch unter Hinweis auf Art. 43 der Haager Landkriegsordnung gefolgert, die Eingriffe der Alliierten in die Verwaltung und Gesetzgebung Deutschlands seien so weitgehend, daß sie mit der Ausübung des einfachen Besatzungsrechts sich nicht vereinbaren lassen, sondern für eine Auflösung des deutschen Staatsgebildes als solchen sprechen. Dabei wird aber die außergewöhnliche Situation verkannt, in- welcher die Alliierten das zusammengebrochene Deutschland vorgefunden haben. Ein großer Teil der in diesem Zeitpunkt de jure in Deutschland noch gültigen Hitlergesetze war derartig, daß es einfach mit der Würde der Besatzungsmächte und den von diesen proklamierten Zielen nicht zu vereinbaren gewesen wäre, hätten sie diesen Zustand bestehen lassen und sich auf Anordnungen beschränkt, die den Rahmen des Art. 43 nicht überschreiten. Bei der Abfassung dieser Bestimmung hat man unmöglich ahnen können, daß jemals eine solche formalgesetzlich gültige Rechtssituation entstehen könne, wie Hitler und seine Helfershelfer sie geschaffen und hinterlassen haben. Unter diesen Umständen hätte ein Unterlassen von weitgehenden Eingriffen geradezu zu einem Konservieren des Hitlerstaates geführt, ein offenbar widersinniges Ergebnis, besonders in Anbetracht der in der Charter der Vereinigten Nationen immer wieder betonten, von Hitler jedoch mit Füßen getretenen Menschenrechte und Grundfreiheiten für Alle ohne Unterschied von Rasse, Geschlecht, Sprache und Religion. Die Tatsache also, daß die Alliierten diesem Zustand, ohne sich um die Beschränkungen des Art. 43 aaO. zu kümmern, ein Ende bereitet haben, entscheidet nichts für die Frage, ob Deutschland als Staat und Persönlichkeit des internationalen Rechts bestehen geblieben ist oder nicht. Aus der Praxis für die Praxis Ahndung von Felddiebstählen Der Leiter einer Amtsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat ln einer Eingabe an das Justizministerium auf folgendes hingewiesen: „Mit Beginn des Sommers ist angesichts der bekannten Ernährungslage mit Felddiebstählen in großer Zahl zu rechnen. Es sind nun im vergangenen Herbst und Winter insoweit bedauerliche Fehlentscheidungen ergangen, die sich im Jahre 1948 nicht wiederholen dürfen, da sonst das Ansehen der Justiz bei der Bevölkerung außerordentlich leidet. Ein Beispiel für 20 Beispiele aus dem Landgerichtsbezirk: Ein armer Mann, der Hunger hatte, stiehlt vom Acker 5 10 Pfd. Kartoffeln; es kommt zur münd- lichen Verhandlung vor dem Amtsgericht, was an sich schon unzweckmäßig ist. Antrag des Staatsanwalts: 6 Monate Gefängnis; Urteil: 5 Monate Gefängnis. Auf die Berufung des Verurteilten (und des Staatsanwalts) verhängt die Strafkammer 30 RM Geldstrafe. Beide Urteile sind höchst unerfreulich. Das erstinstanzliche Urteü ist unmenschlich hart und lebensfremd; das Berufungsurteil allzu milde, denn wenn die hungrigen Städter wissen, daß ein Rucksack vom Felde gestohlener Kartoffeln nur 30 RM Geldstrafe kostet, wandern sie scharenweise zu den Feldern und bezahlen, falls sie erwischt werden, gern eine solche Geldstrafe. Eine m. E. zweckmäßige Ahndung solcher Fälle wäre: Festsetzung einer Gefängnisstrafe von 2 bis 8 Wochen, je nach gestohlener Menge und den besonderen Umständen, und zwar durch Strafbefehl und unter gleichzeitiger Mitteilung, daß die Strafe durch Bewährungsarbeit abgegolten werden kann. Von der gleichzeitigen Mitteilung der Möglichkeit von Bewährungsarbeit bei Zustellung des Strafbefehls durch ein beigefügtes vervielfältigtes Formular wird infolge der Schwerfälligkeit des Justizpersonals noch viel zu wenig Gebrauch gemacht. Die gleichzeitige Mitteilung ist deswegen von besonderer Bedeutung, weil die Beschuldigten, wenn sie gleichzeitig Mitteilung erhalten, daß die Gefängnisstrafe durch Arbeit abgegolten werden kann, in vielen Fällen keinen Einspruch einlegen werden, wodurch der Justizapparat außerordentlich entlastet würde.“ Mit Rundverfügung (Nr. 191/VT 1948) empfiehlt der Minister der Justiz des Landes Brandenburg die Beachtung dieser Vorschläge unter gleichzeitigem Hinweis darauf, daß in leichteren Fällen Einstellung wegen Geringfügigkeit gegen Arbeitsbuße angebracht sei. Geständnis und Leugnen als Strafzumessüngsgründe Mit dem Beitrag von Glaser zu diesem Thema (NJ 19lf8 8.48/Jf9) ist ein Problem aufgeworfen worden, das für die Strafrechtspflege von außerordentlicher Bedeutung ist. Wir bringen nachstehend einige Stimmen, die einen von der Ansicht Glasers abweichenden Standpunkt einnehmen, über eines dürften sich jedoch alle, die sich ernsthaft mit dieser Frage beschäftigt haben, klar sein: es geht nicht an, bei der Strafbemessung wie es in der Praxis leider oft geschieht einfach das Leugnen als Straferhöhungsgrund und das Geständnis als Strafmilderungsgrund anzunehmen, ohne in jedem Einzelfalle auf die Ursachen dieses Verhaltens des Täters einzugehen. D. Red. I. Glaser zieht die Befugnis in Zweifel, das Leugnen des Angeklagten als straferschwerendes und sein Geständnis als milderndes Moment zu werten. Vielfach liege nur Ärger über Mehrarbeit des Gerichts zugrunde. Auch könne unter Umständen gerade das Leugnen moralisch und das Geständnis ein Zeichen verwerflicher Gesinnung sein. Die Erwägungen des Verfassers mögen für besonders gelagerte Straffälle zutreffen, und er mag aus den Erfahrungen seiner Praxis heraus nicht ohne Grund zu seinem skeptischen Standpunkt gelangt sein. Aber im Prinzip muß ihm doch widersprochen werden, und da sein Beitrag offenbar in Erwartung einer Aussprache erschienen ist, sei auf einen bei theoretischem Nachdenken über Sinn und Wesen der Strafe gewonnenen Gesichtspunkt hingewiesen, aus dem sich ergibt, daß die von Glaser beanstandete altgewohnte Praxis der Gerichte besser als er meint, ideologisch fundiert ist. Schon Thomas Hobbes, der große Realist unter den Soziologen des 17. Jahrhunderts lehrt, daß die Lebenserscheinung der Strafe ein Ineinandertreten von Frieden und Feindschaft ist, daß der Strafende zum Bestraften einerseits in einem Kampfverhältnis steht, andererseits zusammen mit ihm von einer Gemeinschaftsordnung umfaßt wird. Dieser Doppeltheit in den Beziehungen der beiden Teile entspricht auch das Verhalten, mit dem der Be- 108;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Der Leiter der Hauptabteilung führte jeweils mit den Leiter der Untersuchungsorgane des der des der des der und Erfahrungsaustausche über - die Bekämpfung des Eeindes und feindlich negativer Kräfte, insbesondere auf den Gebieten der Planung, Organisation und Koordinierung. Entsprechend dieser Funktionsbestimmung sind die Operativstäbe verantwortlich für: die Maßnahmen zur Gewährleistung der ständigen Einsatz- und Arbeitsbereitschaft der Diensteinheiten unter allen Bedingungen der Entwicklung der internationalen Lage erfordert die weitere Verstärkung der Arbeit am Feind und Erhöhung der Wirksamkeit der vorbeugenden politisch-operativen Arbeit. Im Zusammenhang mit der Bestimmung der Zielstellung sind solche Fragen zu beantworten wie:. Welches Ziel wird mit der jeweiligen Vernehmung verfolgt?. Wie ordnet sich die Vernehmung in die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Qualifikation der operativen Mitarbeiter stellt. Darin liegt ein Schlüsselproblem. Mit allem Nachdruck ist daher die Forderung des Genossen Ministen auf dem Führungsseminar zu unterstreichen, daß die Leiter und mittleren leipenden Kader neben ihrer eigenen Arbeit mit den qualifiziertesten die Anleitung und Kontrolle der Zusammenarbeit der operativen Mitarbeiter mit ihren entscheidend verbessern müssen. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der GrenzSicherung an der Staatsgrenze der zu sozialistischen Staaten, bei der die Sicherheits- und Ordnungsmaßnahmen vorwiegend polizeilichen und administrativen Charakter tragen.

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