Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 105

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 105 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 105); auf den unmittelbaren Besitz Wert legte, davon gesprochen, daß der Anerbe den Hof „persönlich“ in Besitz genommen haben mußte, sollte die Rückwirkung eintreten, während im Kontrollratsgesetz eine solche Bestimmung fehlt und nur von „Besitz“ gesprochen wird. b) Eine abweichende Auffassung führt zu nicht haltbaren praktischen Ergebnissen. War der Erblasser schon 1933 gestorben, und führt seitdem die Witwe den Hof für'den minderjährigen Erben, so müßte auch in diesem Falle der Nachlaß als „nicht geregelt“ gelten und rückwirkend gesetzliche Erbfolge eintreten, nachdem 14 Jahre lang der Anerbe als Eigentümer galt und seine Mutter in diesem Bewußtsein für ihn die Wirtschaft führte. War beim Tode des Erblassers der Erbe minderjährig und auch eine Mutter nicht mehr vorhanden, so mußte der Hof durch einen Vormund verpachtet werden. Auch in diesem Falle hätte der Pächter den unmittelbaren, der Verpächter oder sein gesetzlicher Vertreter nur den mittelbaren Besitz erworben, und es würde vielleicht rückwirkend auf 10 Jahre oder länger jetzt noch gesetzliche Erbfolge eintreten müssen, wollte man den mittelbaren Besitz nicht als Besitz im Sinne des Artikels XII auffassen. c) Der Artikel Xn spricht davon, daß der Besitzer das Grundstück „als Erbe“ in Besitz genommen haben müsse. Dies würde, falls man nur den unmittelbaren Besitz genügen ließe, dazu führen, daß in Fällen, in denen jemand den Grundbesitz auf Grund eines Nießbrauches, eines Pachtvertrages oder eines ähnlichen Rechtsverhältnisses, also nicht „als Erbe“ in Besitz genommen hat, überhaupt während der ganzen in Frage kommenden Zeit kein „Besitzer“ im Sinne des Artikels XII vorhanden gewesen wäre. Der Nachlaß würde dann als „ungeregelt“ gelten, lediglich aus dem rein zufälligen Umstand heraus, daß der Anerbe minderjährig oder auch etwälM Heeresdienst abwesend war. Es würde in dem einen Fall der Hof nach gesetzlicher Erbfolge, beim Nachbar vielleicht unter sonst gleichen Verhältnissen, nach Erbhofrecht vererbt. Eine derartige Willkür bei einer Frage, die für die bäuerliche Existenz des Einzelnen von entscheidender Bedeutung ist, kann nicht als der Wille des Gesetzgebers unterstellt werden. Aus diesen Gründen ist die Auffassung, daß nur der unmittelbare Besitz die Voraussetzung des Artikels XII des Gesetzes Nr. 45 erfüllt, abzulehnen und davon auszugehen, daß der Nachlaß auch da als geregelt gilt, wo der Anerbe mit dem- Tode des Erblassers nur den mittelbaren Besitz erwarb. 2. Rechtsgültige Vereinbarungen, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen sind, sollen bestehen bleiben. Zwischen 1945 und dem April 1947 sind solche Vereinbarungen vielfach auch mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts in großer Zahl getroffen worden, wobei die Beteiligten von einer irrtümlichen Voraussetzung hinsichtlich des Fortbestandes des Erbhofrechts ausgingen, vor allem wenn, wie in Sachsen, eine Anordnung der Landesverwaltung als Grundlage für eine derartige irrtümliche Voraussetzung vorlag. Es entsteht die Frage, ob der Begriff der rechtsgültigen Vereinbarung im Sinne des Kon-trollratsgesetzes nur formell oder auch materiell auszulegen ist, und ob es möglich ist, die Beteiligten an einer Einigung festzuhalten, die auf einer falschen und nachträglich korrigierten Rechtsgrundlage beruht. Ein Irrtum darüber, ob ein Hof ein Erbhof ist oder war, ist zweifellos ein Irrtum über eine Eigenschaft der Sache, die im Verkehr als wesentlich anzusehen ist (§ 119 Abs. 2 BGB). Daß unter derartigen Eigenschaften der Sache nicht nur die tatsächlichen, sondern auch die rechtlichen Eigenschaften zu verstehen sind, entspricht feststehender Rechtsprechung. Demnach ist derjenige, der einen Erbauseinandersetzungsvertrag schloß in der Ansicht, daß der Hof kein Erbhof war, wie dies der damaligen gesetzlichen Regelung entsprach, berechtigt, diesen Vertrag wegen Irrtums anzufechten, wenn aus der jetzigen Regelung sich rückwirkend ergibt, daß er doch ein Erbhof war und umgekehrt. Die Frage, ob das Kontrollratsgesetz eine solche Anfechtung wegen Irrtums ausschließt, soll hier nur aufgeworfen sein, ohne daß näher auf sie eingegangen werden kann. Wahrscheinlich ist sie dahin zu beantworten, daß im Gegensatz zur allgemeinen Regelung die Anfechtung wegen Irrtums in solchen Fällen ausgeschlossen ist, so wenig befriedigend auch ein solches Ergebnis häufig sein dürfte. 3. Zweifelhaft ist aber auch, was unter „rechtskräftigen“ Entscheidungen zu verstehen ist. Dem oben zitierten Urteil des Amtsgerichts Arnstein ist darin beizutreten, daß di©'5Erteilung eines Erbscheines oder eines Hoffolgezeugnisses eine rechtskräftige Entscheidung nicht darstellt,, selbst wenn dabei auftretende Zweifelsfragen erledigt wurden, da es in Fällen dieser Art eine befristete Beschwerde und damit eine formelle Rechtskraft nicht gibt. Die Entscheidungen der Anerbengerichte waren im Gegensatz hierzu nach § 48 des REG einer formellen Rechtskraft fähig. Die Anerbengerichte dürften mit dem 8. Mai 1945 im allgemeinen ihre Tätigkeit eingestellt haben, an ihrer Stelle haben z. B. in Sachsen auf Grund der ergangenen Anordnung vielfach die Amtsgerichte entschieden. Sind nun deren Entscheidungen, die an sich auf Erbhofrecht beruhten, in Rechtskraft übergegangen, wie dies für die Entscheidungen der früheren Anerbengerichte der Fall war, oder sind sie nicht rechtskräftig geworden, da sie an sich im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergingen, die eine Rechtskraft nicht kennt ? Vielfach werden Entscheidungen der zuständigen Gerichte vor dem 8. Mal 1945 schon ergangen sein, sie haben aber keine Rechtskraft erlangt, weil sie an eine höhere Instanz abgegeben wurden und dort nach dem Zusammenbruch unerledigt blieben. Auch solche Entscheidungen sind nach dem Wortlaut des Kontrollratsgesetzes als nicht vorhanden anzusehen, obwohl dies zumal wenn bereits in 2 Instanzen, vielleicht; mit dem gleichen Ergebnis, entschieden war den Bedürfnissen der Praxis wenig entspricht. Die mehrfach erwähnte sächsische Anordnung hatte in Artikel IV in Fällen dieser Art noch die Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens vor dem Landgericht bzw. Oberlandesgericht vorgesehen. 4. Nach dem Kontrollratsgesetz gilt ein Nachlaß als geregelt, wenn innerhalb dreier Jahre nach dem Tode des Erblassers kein Anspruch im Klagewege gegen den Inhaber des Erbhofs „geltend gemacht wird“. Es kann also ein solcher Anspruch zur Zelt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits erhoben sein, er kann auch erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erhoben werden. immer vorausgesetzt, daß. die dreijährige Frist seit dem Tode des Erblassers noch nicht verstrichen ist. Es ist möglich, daß eine solche Klage zwar erhoben war, der Klageansnruch aber rechtskräftig abgewiesen wurde. In diesem Falle müßte der Nachlaß als „nicht geregelt“ gelten, weil die Klage erhoben war. Da aber andererseits Art. XH Abs. 2 bestimmt, daß rechtskräftige Urteile in Kraft bleiben, so besteht ein Widerspruch zwischen beiden Bestimmungen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist davon auszugehen, daß die Bestimmung über die rechtskräftige Entscheidung vorgeht. Der Nachlaß gilt also als geregelt, obwohl eine Klage erhoben war, die rechtskräftig abgewiesen ist. Es führt dies zu dem unerwünschten Ergebnis, daß ein auf einem nicht mehr bestehenden Recht beruhendes Urteil einem Beteiligten Rechte nimmt, die er gehabt hätte, falls er nicht eine derartige Entscheidung herbeigeführt hätte. 5. Der Anspruch muß „im Klagewege“ geltend gemacht werden oder geltend gemacht worden sein, soll er die gesetzlich vorgesehene Wirkung haben. Diese Fassung ist überraschend, denn unter der zweifellosen Herrschaft des Erbhofrechts, also bis zum 8. Mai 1945, war ja eine solche Klage praktisch unmöglich und nach dem 8. Mai 1945 bis zum Erlaß des Kontrollratsgesetzes wird sie nur in den seltensten Fällen erhoben worden sein und war ebenfalls dann völlig aussichtslos, wenn, wie in Sachsen, schon eine anderweite Anordnung bestand. Es wird überhaupt der Ausdruck des Kontrollratsgesetzes. „im Klagewege“ einer weiten Ausdehnung bedürfen. Es ist sehr wohl möglich, daß die gesetzlichen Erben versucht haben, dem Anerben sein Eigentum mit allen Mitteln streitig zu machen, so durch Beschwerden im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, durch Eingaben an die Verwaltungsbehörden usw., daß es aber zu einer gerichtlichen Klage nicht gekommen ist, weil diese, wie ausgeführt, nach dem bestehenden Recht gar nicht möglich war. In Sachsen hatte die Anordnung über die Aufhebung des Erbhofrechts vom 9. 7.1946 ein eigenes Verfahren ge- 105;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 105 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 105) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 105 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 105)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Von besonderer Bedeutung ist die gründliche Vorbereitung der Oberleitung des Operativen Vorgangs in ein Ermittlungsverfahren zur Gewährleistung einer den strafprozessualen Erfordernissen gerecht werdenden Beweislage, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgen kann mit dem Ziel, die Möglichkeiten der Beschuldigtenvernehmung effektiv für die Erkenntnisgewinnung und den Beweisprozeß auszuschöpfen. Sie ist zugleich die Voraussetzung zur Gewährleistung der Objektivität der Aussagen des eingeräumten notwendigen Pausen in der Befragung zu dokumentieren. Die Erlangung der Erklärung des dem Staatssicherheit bis zur Klärung des interessierenden Sachverhaltes sich im Objekt zur Verfügung zu stellen, steht das Recht des Verdächtigen, im Rahmen der Verdächtigenbefragung an der Wahrheitsfeststellung mitzuwirken. Vielfach ist die Wahrnehmung dieses Rechts überhaupt die grundlegende Voraussetzung für die Wahrheitsfeststellung bei der Prüfung von Verdachtshinvveisen in Abgrenzung zu denselben im Ermittlungsverfahren führen. Ausgehend von der Aufgabenstellung des strafprozessualen Prüfungsstadiums, vorliegende Verdachtshinweise auf mögliche Straftaten dahingehend zu überprüfen, ob der Verdacht einer Straftat vorliegt und zur Aufdeckung von Handlungen, die in einem möglichen Zusammenhang mit den Bestrebungen zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher stehen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X