Neue Justiz 1948 Jahrgang 2, Ausgabe Nummer 1 - 12, Seite 1 - 280, Januar - Dezember 1948.Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 115 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 115); ?gegnet werden. Das Gesetz ist aus der Not der Zeit heraus geschaffen, es traegt insofern ausserordentlichen Charakter, wie sich schon aus der Beschraenkung der Geltungsdauer des Gesetzes auf drei Jahre ergibt, und es darf daher nur mit Mass angewendet werden. Deshalb spricht es ja auch bei der Formulierung des zweiten Kassationsgrundes ausdruecklich aus, dass nur ein groeblicher Verstoss die Anwendung des Gesetzes begruende. Iln vorliegenden Falle liegen die Voraussetzungen des ? 3 lit. a und b des Kassationsgesetzes vor (wird naeher ausgefuehrt). Zu diesen formellen Kassationsgruenden, die ohne weiteres eine Revision rechtfertigen wuerden, kommt hinzu, dass die ausgeworfenen Strafen dem Unrechtsgehalt der Tat in keiner Weise gerecht werden. Die Emaehrungslage des deutschen Volkes ist auf das staerkste angespannt und erfordert von jedem, der in der Ernaehrungswirtschaft taetig ist, ein Hoechstmass von Verantwortungsbewusstsein und Zuverlaessigkeit. Jeder Verstoss dagegen bedeutet eine Gefaehrdung der Allgemeinheit. Darum muss, um dies nicht nur den Beteiligten, sondern auch allen Aussenstehenden klar und unmissverstaendlich vor Augen zu fuehren, jede Nachlaessigkeit in dieser Richtung, die ein Verbrechen am deutschen Volke ist, hart bestraft werden. Die Handlungsweise der Angeklagten, die schon seit Jahren keinen ueberblick ueber ihren Muehlenbetrieb hatten und auch nach * dem Zusammenbruch, wo ihnen die Moeglichkeit dazu gegeben war, nichts taten, um den tatsaechlichen und den Buchbestand in Uebereinstimmung zu bringen, sondern immer weiter daraufzu wirtschafteten und auch in mehr oder weniger grossen Mengen Mehl ohne Bezugsberechtigung abgaben, ist aus den oben angefuehrten Gesichtspunkten als im hoechsten Masse verwerflich und verantwortungslos zu beurteilen. Sie erfordert daher eine strenge Bestrafung. Diesem Erfordernis kann jedoch nur mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe, nicht jedoch mit einer Geldstrafe Rechnung getragen werden. Die Begruendung des Schoeffengerichts, eine Freiheitsstrafe sei nicht angemessen, da Boeswilligkeit nicht vorliege, geht fehl. Denn sowohl die Verbrauchsregelungsstrafverordnung wie auch das Gesetz zum Schutze der Volksernaehrung sehen Gefaengnisstrafen vor, ohne ein boeswilliges Handeln zu erfordern. Selbst wenn die Angeklagten nur fuer eine Fehlmenge von 20 bis 30 dz verantwortlich sein sollten, reicht diese Menge aus, um ihr Verhalten in dem oben genannten Sinne zu brandmarken. Das Urteil war daher aus beiden im Kassationsantrag geruegten Gruenden aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurueckzuverweisen. Zum Gesetz Nr. 10 und zur Direktive Nr. 38 des Kontrollrats Begriff der Unmenschlichkeit im Sinne des Kontroll-ratsgesetzes Nr. 10. OLG Dresden, Urteil v. 11. 5.48 21 ERKs 112/48. Die Ausfuehrungen in der Revisionsbegruendung ueber den Begriff der Unmenschlichkeit sind nicht stichhaltig. Als unmenschlich kann nicht nur eine Handlungsweise angesehen werden, die, wie dort ausgefuehrt wird, ?das Menschenmass ueberschreitet und sich dem allgemeinen menschlichen Verstaendnis und Begreifen entzieht?, sondern es genuegt schon, dass die Handlung sich ueber die Grundbegriffe des derzeitigen Standes der menschlichen Gesittung hinwegsetzt. Dass Letzteres bei den Judenverfolgungen des Nazismus der Fall gewesen ist, bedarf keiner Ausfuehrung. Auch ist es nicht erforderlich, dass der Taeter seiner Charakterveranlagung nach sich als Unmensch darstellt. Es genuegt, dass er sich im konkreten Falle unmenschlich (im vorgenannten Sinne) betaetigt hat, und dass dies aus seinem Gesamtverhalten hervorgeht. Die Handlungen der einzelnen Personen, die sich an den Judenverfolgungen beteiligten, koennen auch, wie dies fuer den vorliegenden Fall zu bejahen ist, durch den Charakter der Gesamtaktion der Judenverfolgungen das Merkmal der Unmenschlichkeit erhalten. Die Bestrafung hat alsdann auf Grund der Kontroll-ratsgesetzgebung, nicht aber, wie in der Revisionsbegruendung ausgefuehrt, auf Grund der Bestimmungen des deutschen Strafgesetzbuches ueber Hausfriedens- bruch, Landfriedensbruch usw. zu erfolgen. Die beiden Revisionen waren daher als unbegruendet zurueckzuweisen. Verhaeltnis zwischen Hauptschuldigem (Dir. 38) und Beihelfer (KRG Nr. 10). OLG Dresden, Urteil v. 25.5.48 21 ERKs 121/48. Die Revision macht geltend, dass es als ein Widerspruch angesehen werden muesse, wenn der Angeklagte einerseits nach Kontrollratsgesetz Nr. 10 wegen Beihelferschaft zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit, zugleich aber nach Direktive 38 als Hauptschuldiger verurteilt wird. Dieser Auffassung der Revisionsbegruendung kann nicht beigepflichtet werden. Ein Taeter, der im Sinne von Kontrollratsgesetz Nr. 10 nur als Beihelfer taetig wird, kann durch dieses Verhalten sehr wohl nach Direktive 38 als Hauptschuldiger zu gelten haben. Es ist zu beruecksichtigen, dass es sich bei Kontrollratsgesetz Nr. 10 in weitgehendem Ausmasse um grosse Kollektivverbrechen handelt, bei denen mitunter eine grosse Anzahl von Personen zusammengewirkt haben. Die Grenze zwischen der Beihelferschaft und Taeterschaft ist bei den Tatbestaenden nach Kontrollratsgesetz Nr. 10 ueberhaupt fluessig, jedenfalls keineswegs so scharf, wie bei der Abgrenzung zwischen Beihilfe und Taeterschaft im Sinne des deutschen Strafgesetzes, so dass bei der in der Geschichte einzig dastehenden Scheusslichkeit vieler dieser Kollektivverbrechen auch die Beihelferschaft eine ausserordentlich schwerwiegende strafbare Handlung darstellen kann. Das Wort ?Hauptschuldiger? in der Direktive 38 soll nichts anderes bedeuten, als dass es sich um Straftaten handelt, deren Grad von Verwerflichkeit ueber die Schwere der fuer die Aburteilung ?Belasteter? in Frage kommenden Handlungen noch hinausgeht. Solche schwere Straftaten koennen aber aus den angefuehrten Gruenden sowohl in Form der Taeterschaft wie auch in Form der Beihelferschaft im Sinne von Kontrollratsgesetz Nr. 10 begangen werden. Die in Abschnitt II Art. IX der Direktive Nr. 38 vorgesehene Suehnemassnahme der Vermoegenseinziehung soll zugleich der politischen und wirtschaftlichen Entmachtung aller derer dienen, von denen eine Gefaehrdung der demokratischen und friedlichen Entwicklung zu besorgen steht. OLG Gera, Urteil vom 3.3.1948 1 ERKs 34/48. Der Angeklagte ist seit 1927 Vorsitzender des Luftfahrtvereins und nach Uebernahme desselben zum NSFK dessen Mitglied gewesen, hat seit 1933 der DAF und seit 1937 der NSDAP angehoert. Durch Urteil des LG Gera ist er auf Grund der Kontrollratsdirek-tive 38 zu einem Jahr Gefaengnis unter Anrechnung von 2 Monaten Untersuchungshaft verurteilt worden. Ausserdem ist die Einziehung von 100 000 RM seines Vermoegens als Beitrag zur Wiedergutmachung ausgesprochen und sind die weiteren in Art. H Nr. 3 9 vorgesehenen Suehnemassnahmen gegen ihn angeordnet. Die Staatsanwaltschaft wie der Angeklagte haben gegen dieses Urteil Revision eingelegt. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die Verletzung materiellen Rechts ruegt, ist begruendet. Bereits die vom LG vorgenommene Einstufung des Angeklagten unterliegt rechtlichen Bedenken. Das Landgericht nimmt Bezug auf Artikel n Ziff. 1 Abschnitt HI der Direktive 38, meint aber anscheinend im Einklaenge mit dem Eroeffnungsbeschluss ein Verbrechen nach Abschnitt n Art. IH Ziff. II1 a. a. O., will den Angeklagten also in die Gruppe der sog. Belasteten (und zwar in die Untergruppe der ?Aktivisten?) einreihen. Dabei hat das LG in tatsaechlicher Hinsicht festgestellt, dass der Angeklagte nicht nur in der Zeit seit etwa 1935 der NSDAP oder ihren Gliederungen (ausser dem Zwangsbeitrage fuer die sog. ?Hitlerspende?) etwa 12 000 RM zugewendet und dadurch wesentlich zur Staerkung und Entfaltung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft beigetragen hat, sondern dass er sich ausserdem in seiner Zeitschrift ?Der Kellergang?, die ins Feld hinaus gesandt worden ist, in nazistischen und militaristischen Erguessen ergangen hat. So hatte er in einem Artikel ?Blut und Blumen im August? die ?Papiermacher an der Front? aufgefordert, weiterhin mit guten Waffen ein blutiges Rot ?mit dem Blut unserer Feinde? zu faerben ?bis ans siegreiche Ende? und hat in einem jweiteren Artikel aus der Endzeit des 115;
Dokument Seite 115 Dokument Seite 115

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen zu gewährleisten: die konsequente Durchsetzung der von dem zuständigen Staats-anwalt Gericht efteilten Weisungen sowie anderen not- ffl wendigen Festlegungen zum Vollzug der Untersuchungshaft wird demnach durch einen Komplex von Maßnahmen charakterisiert, der sichert, daß - die Ziele der Untersuchungshaft, die Verhinderung der Flucht-, Verdunklungs- und Wiederholungsgefahr gewährleistet, die Ordnung und Sicherheit in der tersuchungshaftanstalt sowie insbesondere für die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter der Linie verbundene. Durch eine konsequent Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Unter uchungshaf ans alten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung wird auf die versivitäten von Untersuchungs- und traf gef angaan hingerissen, die durch feindlich-negative, diskriminierter oder aufwiegelnde Handlungen die Ordnung und Sicherheit in den Einrichtungen der Untersuciiungshaftanstalt durch Verhaftete und von außen ist in vielfältiger Form möglich. Deshalb ist grundsätzlich jede zu treffende Entscheidung beziehungsweise durchzuführende Maßnahme vom Standpunkt der Ordnung und Sicherheit sowie das Bestiegen entsprechender wirksamer vorbeugender Maßnahmen zu ihrer Verhinderung. Vor der Konzipierung der Maßnahmen zur Sicherung der gerichtlichen Hauptverhandlung sind vor allem folgende Informationen zu analysieren: Charakter desjeweiligen Strafverfahrens, Täter-TatBeziehungen und politisch-operative Informationen über geplante vorbereitete feindlich-negative Aktivitäten, wie geplante oder angedrohte Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte, demonst rat Handlungen von Sympathiesanten und anderen negativen Kräften vor dem oder im rieht sgebä ude im Verhandlungssaal, unzulässige Verbindungsaufnahmen zu Angeklagten, Zeugen, insbesondere unmittelbar vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu lösen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X