Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 98

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 98 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 98); terseebootkriegführung zur Last28). Ihnen lief zuwider: 1. der Befehl, neutrale Schiffe bei Antreffen im Operationsgebiet zu versenken, 2. die Anordnung der Nichtbefolgung der Rettungsbestimmungen im Hinblick auf die Sicherheit des U-Bootes und die Vereitelung von Rettungsarbeiten durch die Entwicklung der Luftwaffe. Entsprechend dem Wortlaut des Protokolls stellt der Gerichtshof fest (S. 55), „wenn der Kommandant keine Rettungsarbeften durchführen kann, darf er gemäß seinen Bestimmungen ein Handelsschiff nicht versenken und sollte ihm gestatten, unbeschädigt sein Periskop zu passieren.“ Der Gerichtshof sieht jedoch davon ab, wegen der Verletzung des Protokolls eine besondere Strafe auszusprechen, da sowohl die britische Marine, zumindesten ab 8. 5. 1940 (Skagerrak) wie die amerikanische Marine vom Eintritt Amerikas in den Krieg ab den rücksichtslosen (warnungslosen) U-Bootkrieg geführt haben. Diese Ergebnisse des Gerichtshofs bestätigen erneut die Schwierigkeit, für den Seekrieg praktisch haltbare völkerrechtliche Regeln aufzustellen. C- Verantwortlichkeit von Organisationen (S- 95 bis 119) Art. 9 Abs. 1 des Statuts des Gerichtshofes enthält folgende Bestimmung: „In dem Prozeß gegen ein Mitglied einer Gruppe oder Organisation kann der Gerichtshof (im Zusammenhang mit irgendeiner Handlung, derentwegen der Angeklagte verurteilt wird) erklären, daß die Gruppe oder Organisation, deren Mitglied der Angeklagte war, eine verbrecherische Organisation war.“ Nach Art. 10 ist die Folge dieser Erklärung das Recht der zuständigen Behörde jedes Signatars, Personen wegen ihrer Zugehörigkeit zu der verbrecherischen Organisation vor nationalen Militär- oder Okkupationsgerichten den Prozeß zu machen. Dabei gilt der verbrecherische Charakter der Gruppe oder Organisation als bewiesen und kann nicht mehr bestritten werden. Wie schon der Text dieser Bestimmungen ergibt und wie das Urteil (S. 96) bestätigt, handelt es sich um ein neuartiges Verfahren, dessen Anwendung vom richterlichen Ermessen unter Beachtung anerkannter Rechtsgrundsätze abhängig sein soll. Zweck des Verfahrens ist die Notwendigkeit, die Übereinstimmung zwischen dem Urteil des internationalen Militärgerichtshofs und den Militärgerichten der einzelnen Besatzungsmacht in der Tragweite der Zugehörigkeit der jeweils Angeklagten zu gewissen Organisationen zu wahren. Trotzdem bleibt die Frage der Schuld eine persönliche: dem einzelnen von der einzelnen Besatzungsmacht vor ihrem Militärgericht angeklagten Mitglied bleibt die Verteidigung offen, keine Kenntnis der verbrecherischen Zwecke oder Handlungen der Organisation gehabt oder als vom Staat eingezogenes Zwangsmitglied sich nicht persönlich an den im Statut bezeichneten Verbrechen beteiligt zu haben. Der Gerichtshof erklärt ferner für die Anwendung der Bestimmung das Vorhandensein einer fest-zusammengeschlossenen und zu einem gemeinsamen 28) Diese Regeln lauten: 1. Bei ihrem Vorgehen gegen Handelsschiffe müssen Unterseeboote sich nach den Bestimmungen des Völkerrechts richten, welchen Überwasserschiffe unterworfen sind. 2. Insbesondere darf, mit Ausnahme des Falles der fortgesetzten Weigerung zu stoppen, nachdem die ordnungsmäßige Aufforderung hierzu ergangen ist, oder des tatsächlichen Widerstandes gegen Besichtigung oder Untersuchung, ein Kriegsschiff, ob Uberwasserschiff oder Unterseeboot, ein Handelsschiff nicht versenken oder zur Seefahrt untauglich machen, ohne vorher die Passagiere, die Bemannung und die Schiffspapiere an einen sicheren Ort gebracht zu haben. Für diesen Zweck werden die Boote des Schiffes nicht als ein sicherer Ort angesehen, es sei denn, daß die Sicherheit der Passagiere und der Bemannung bei herrschenden See- und Wetterverhältnissen durch die Nähe von Land oder durch die Anwesenheit eines anderen Schiffes, welches in der Lage /ist, sie an Bord zu nehmen, gewährleistet ist. Zweck organisierten Gruppe für erforderlich, die im Zusammenhang mit vom Statut angeprangerten Verbrechen gebildet oder benutzt worden ist. Im Ergebnis sind das Korps der politischen Leiter der NSDAP bis zum Ortsgruppenleiter abwärts, aber ohne dessen Stäbe, Gestapo und SD sowie die SS (einschließlich Waffen-SS und Grenzpolizei, aber ohne den SS-Reitersturm) für verbrecherisch erklärt worden, während von einer entsprechenden Erklärung hinsichtlich der SA, der Reichsregierung und der angeklagten Gruppe „Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht“ (gemeint ist die höchste militärische Führung bis zum Armeeführer abwärts einschließlich in wechselndem Personalbestand) abgesehen worden ist. Die Ablehnung beruht bei der SA auf der Nichtfestellbarkeit einer allgemeinen Beteiligung an abgeurteilten verbrecherischen Handlungen, bei Generalstab und OKW auf dem Fehlen einer klaren Gruppenabgrenzung und einer Betätigung als Gruppe, bei der Reichsregierung auf dem Mangel an Betätigung als solcher und der geringen Zahl (23) derjenigen Personen, die außer den vom internationalen Militärgerichtshof selbst durch den Spruch vom 30. September / 1. Oktober abgeurteilten Personen noch für weitere Verfahren in Frage kommen könnten-3). Die vorstehende Regelung ist ein völkerrechtlich erheblicher neuer Vorgang, dessen Tragweite aber bei der Beschränkung seiner Anwendung auf bestimmte Sonderverhältnisse der NSDAP nicht überschätzt werden sollte. Daß der Staat selbst als Träger der völkerrechtlichen Pflichten für etwaige Kriegsverbrechen verantwortlich ist, unterliegt keinem Zweifel. Die Ausdehnung dieser Verantwortlichkeit auf innerstaatliche Organisationen, deren berufene Vertreter oder Mitglieder sich an derartigen Verbrechen im allgemeinen beteiligt haben, entspricht dem auch im älteren deutschen Recht vertretenen Gedanken korporativer Haftung und der Möglichkeit, innerstaatliche Maßnahmen gegen Organisationen zu ergreifen, deren Angehörige sich strafbare oder sonstige staatliche Interessen gefährdende Handlungen zu schulden kommen lassen. (Auflösung von Vereinen usw.) Die Lösung von Vorfragen durch andere Instanzen als die in der Frage der individuellen Verantwortung zur Entscheidung berufene Instanz ist eine auch in der innerstaatlichen Gesetzgebung bekannte Erscheinung. m. Das Ergebnis der vorstehenden Betrachtungen zur völkerrechtlichen Seite des Nürnberger Urteils mag zum Schluß wie folgt zusammengefaßt werden: Der wesentliche neue Gesichtspunkt, den das Urteil bringt, ist die Erklärung des Angriffskrieges zum schwersten und gegen die Beteiligten strafrechtlich verfolgbaren Kriegsverbrechen. Im übrigen wird die Haager Landkriegsordnung als gemeines Völkerrecht anerkannt, auf dem Gebiete des Seekrieges die strikte Beachtung des U-Bootprotokolls von 1936, auf dem des Luftkrieges die unveränderte Anwendung des Kriegsgefangenenrechts für erforderlich erklärt. Die Ausdehnung des Nürnberger Verfahrens auf gewisse Organisationen dürfte dagegen weniger als grundsätzliche wie als Zweckmäßigkeitsfrage anzusehen sein. Die von dem Gerichtshof bei Prüfung des Sachverhalts gewählte Methode ist, soweit völkerrechtliche Gesichtspunkte in Frage kommen, in weitgehendem Maße die des englischen Rechts, die Tatsachen sprechen zu lassen, von einer das unbedingt erforderliche Maß überschreitenden Vertiefung und Auslegung der angewandten Rechtsnormen dagegen abzusehen. Die völkerrechtliche Bedeutung des Urteils wird durch diese Methode jedoch in keiner Weise abgeschwächt. 29) Vgl. S. 114 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 98 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 98) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 98 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 98)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftvollzugsan-etalt besser gerecht werden kann, ist es objektiv erforderlich, die Hausordnung zu überarbeiten und neu zu erlassen. Diese neu zu erarbeitende Hausordnung hat auf der Grundlage der Weisungen und Befehle Staatssicherheit und Beachtung der Ordnungen, und Instruktionen des zu erfolgen. Der Leiter- der Abteilung der dabei die Einhaltung von Konspiration und Geheimhaltung bereits im Zusammenhang mit den Qualifätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen irksam-keit der Arbeit mit gesprochen. Dort habe ich auf die große Verantwortung der Leiter, der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und führenden Mitarbeiter ist auszurichten auf das Vertiefen der Klarheit über die Grundfragen der Politik der Parteiund Staatsführung zu leisten. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben ihre Führungs- und Leitungstätigkeit auf die Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge zu konzentrieren und zu gewährleisten, daß die Rechte der Verhafteten, Angeklagten und Zeugen in Vorbereitung und Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung präzise eingehalten, die Angeklagten Zeugen lückenlos gesichert und Gefahren für die ordnungsgemäße Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit nach-kommen. Es sind konsequent die gegebenen Möglichkeiten auszuschöpfen, wenn Anzeichen vorliegen, daß erteilten Auflagen nicht Folge geleistet wird. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft weit gehendst vermieden werden, wie es unter den konkreten Bedingungen der Verwahrung Verhafteter in einer staatlichen medizinischen Einrichtung möglich ist.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X