Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 84

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 84 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 84); Soweit schließlich eine Vereinbarung der weiteren Zuständigkeit der Berliner Gerichte für eine anhängige Sache seitens der nicht in Berlin wohnenden Parteien nicht getroffen worden ist, bleibt deren Zuständigkeit gleichwohl erhalten, weil durch die Rechtshängigkeit die perpetuatio fori eingetreten ist (§263 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO) und das forum, wie oben dargelegt, im Sinne dieser Vorschrift dasselbe geblieben ist. Ob auch eine Änderung der Bezirkseinteilung als „eine Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände“ aufzufassen ist, war in der Literatur nicht ganz unstreitig, obwohl die Rechtsprechung es einhellig bejahte (vgl. z. B. gerade für Berlin KG Rspr. 13 S. 173); jedoch kann diese Frage dahingestellt bleiben, da der gesamte Komplex nunmehr durch das Gesetz über die Zuständigkeit der Gerichte bei Änderungen der Gerichtseinteilung vom 6.12.1933 (RGBl. I S. 1037) erschöpfend geregelt ist. Es ist erstaunlich, daß dieses Gesetz, das als rein organisatorische und von keinerlei Naziideologie belastete Norm unbedenklich weiterhin anwendbar ist, in der Rechtsprechung zu der behandelten Frage, soweit ersichtlich, keinerlei Beachtung gefunden hat. In ihm ist nicht nur der Grundsatz ausgesprochen, daß durch die Änderung des Bezirks eines Gerichts seine Zuständigkeit für die bei ihm anhängigen Sachen nicht berührt wird, sondern es enthält auch Bestimmungen für den Fall der gänzlichen Aufhebung von Gerichten und vor allem Bestimmungen über die Zuständigkeit für die Entscheidung über Rechtsmittel im Falle der Unterstellung von Gerichten unter ein neues übergeordnetes Gericht. Bei Anwendung dieses Gesetzes sollten in Verbindung mit der Neuordnung seit dem 8.5.1945 Zweifelsfragen hinsichtlich der Zuständigkeit kaum mehr möglich sein.3) b) Ein weiteres wichtiges Ergebnis der dargelegten Auffassung von der Einheitlichkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ist die Zulässigkeit der Verweisung gemäß § 276 ZPO ohne Rücksicht auf die Zonengrenzen mit der Folge, daß der Verweisüngs-beschluß für das zweite Gericht bindend ist. Wenn das LG Berlin in einem Beschluß vom 13. 5.1946 12 R 243/46 zur Begründung seines gegenteiligen Standpunkts erklärt: „§276 ZPO gestattet die Verweisung nur an ein inländisches Gericht“, so zeigt das drastisch, zu welchen der staatsrechtlichen Lage doch offensichtlich nicht entsprechenden Folgerungen die irrige Konzeption der „von der Besatzungsmacht abgeleiteten Gerichtsbarkeit“ führt. Man fragt sich nur, woraus das LG Berlin von seinem Standpunkt aus die Berechtigung entnimmt, Rechtshilfeersuchen direkt an „zonenfremde“ Gerichte zu richten, anstatt, wie es für den Rechtshilfeverkehr zwischen Inland und Ausland vorgeschrieben ist, den Weg über die beteiligten Justizverwaltungen zu gehen. Schönke (DRZ 1947 S. 16) verneint unter Berufung auf RGDR 1941 S. 2070 die Zulässigkeit der Verweisung im Verhältnis zwischen zwei Gerichten, „in deren Bezirk eine andere Fassung des § 606 ZPO gilt“. Hierzu ist zunächst zu sagen, daß die zitierte Entscheidung einen ganz anderen Fall behandelt, . nämlich die Verweisung an ein (sudetendeütsches) Gericht außerhalb des Geltungsbereichs der ZPO; die Zulässigkeit der Verweisung ist nicht deshalb verneint worden, weil etwa infolge voneinander abweichender Zuständigkeitsvorschriften eine Zuständigkeit des zweiten Gerichts an sich nicht gege- J) Inzwischen sind die Einzelheiten der etwa erforderlichen Überleitung gerichtlicher Verfahren, die vor dem 8. Mai 1D45 anhängig waren, für die sowjetische Besatzungszone durch die Anordnung der Deutschen Justizverwaltung vom 8.6.1947 geregelt worden (Zentralverordnungsblatt Nr. 1 S. 16). ben war wie in dem von Schönke behandelten Falle , sondern deshalb, weil im Bezirk des zweiten Gerichts der § 276 ZPO nicht galt, wiederum im Gegensatz zu den Fällen, die Schönke im Auge hat. Darüber hinaus ist die Grundlage der Schönke’schen Erörterung abzulehnen, die darin besteht, daß in einigen Gebieten Deutschlands „die alte Fassung des § 606 ZPO gilt“, in anderen „die neue Fassung des § 606 ZPO in Kraft ist“. Die Frage, welche Fassung des § 606 ZPO geltendes Recht ist, ist bindend und einheitlich für ganz Deutschland durch § 79 des Ehegesetzes vom 20. 2.1946 entschieden; wenn einige Gerichte demgegenüber noch die alte Fassung anwenden, so geschieht das nicht deshalb, weil in ihrem Bezirk diese Fassung noch „in Kraft ist“, sondern weil sie den § 79 Eheges. falsch auslegen. Spricht also ein Gericht, weil es seine Zuständigkeit auf Grund der alten Fassung des § 606 verneint, die Verweisung aus, so ist der Verweisungsbeschluß unrichtig; gleichwohl ist der Beschluß für das zweite Gericht bindend, denn gerade darin besteht das Wesen dieser Bindung, daß sie auch den unrichtigen Beschluß deckt und das zweite Gericht weder nachprüfen darf, ob das verweisende Gericht wirklich unzuständig war, noch ob es selbst wirklich zuständig ist; das gilt auch dann, wenn es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit handelt (vgl. Jonas-Pohle, aaO. §276 Anm.IV3). Bei richtiger Anwendung des § 276 ZPO können sich also grundsätzliche Schwierigkeiten aus der teilweise noch geübten unrichtigen Anwendung des § 606 ZPO nicht ergeben. c) Durch eine Anzahl gesetzlicher Bestimmungen (z. B. §§ 606, 642 ZPO. § 36 RFGG, § 15 Ver-schollenhGes. vom 4. 7.1939 u. a.) wird ein Hilfs-geriehtsstand in Berlin begründet, falls ein anderer Gerichtsstand im Inland nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist. Von seinem Standpunkt der „auf den Ortsbereich Groß-Berlin beschränkten Gerichtshoheit der für Groß-Berlin errichteten Gerichte“ aus dürfte das KG diese Zuständigkeiten nicht mehr als für sich und die ihm unterstellten Gerichte verbindlich anerkennen ob es tatsächlich diese Folgerung gezogen hat. ist bisher nicht bekannt geworden: nach der hier vertretenen Auffassung kann an der Verpflichtung zur weiteren Anwendung der genannten Vorschriften kein Zweifel bestehen. d) Ergänzend sei bemerkt, daß ebenfalls nur der oben definierte Inhalt der von den deutschen Gerichten ausgeübten Gerichtsbarkeit die Grundlage dafür gibt, daß Urteile jedes deutschen Gerichts in jeder Zone vollstreckt werden können, ohne daß die vorgängige Erwirkung eines Vollstreckungsurteils nach § 722 ZPO erforderlich wäre4!: ebenso gibt, wie schon angedeutet, nur die so definierte Gerichtsbar- *) *) Nach Abschluß der obigen Darstellung wird eine durch Erlaß des OLG-Fräs. in Kiel vom 12. 3.1947 veröffentlichte Anordnung der Britischen Kontrollkommission für Schleswig-Holstein bekannt, wonach „die Gesamtfrage der Rechtshilfe zwischen deutschen Gerichten, die in verschiedenen Besatzungszonen belegen sind, z. Zt. noch erörtert wird“ und „bis auf weiteres Vollstreckungsaufträge aus der russischen Zone innerhalb der britischen Zone nicht durchzuführen sind“ (SchlHA 1947 S. 87). Ob diese Anordnung nur für Schleswig-Holstein gilt oder im gesamten Bereich der britischen Zone zur Anwendung kommen wird, bleibt abzuwarten; über ihr Verhältnis zur Kontrollratsgesetzgebung ist folgendes zu sagen: Der Umstand, daß Urteile jedes deutschen Gerichts überall in Deutschland ohne weiteres vollstreckt werden können, folgt, wie oben dargestellt, mittelbar aus dem Wesen der deutschen Gerichtsbarkeit als einer gesamtstaatlichen Funktion; unmittelbar ergibt er sich aus der Struktur der deutschen Gerichtsorgansation und wird daher zutreffenderweise im Gerichtsverfassungsgesetz (§ 160) festgelegt. Diese Struktur ist durch Art. 1 des Kontrollratsgesetzes Nr. 4 grundsätzlich aufrechterhalten worden und damit ist die zitierte Anordnung unvereinbar: sie dient nicht der Aufrechterhaltung der durch das GVG geschaffenen Gerichtsorganisation, sondern entzieht ihr eine ihrer Grundlagen; sie kann daher auch nicht als eine Durchführungsanordnung betrachtet werden, zu deren Erlaß der Kontrollrat die Zonenbefehlshaber in Art. VI d Ges ermächtigt hat. ,84;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 84 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 84) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 84 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 84)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Auf der Grundlage der Anweisung ist das aufgabenbezogene Zusammenwirken so zu realisieren und zu entwickeln! daß alle Beteiligten den erforaerliohen spezifischen Beitrag für eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftlerten Ausgehend vom Charakter und Zweck des Untersuchungshaft-Vollzuges besteht wie bereits teilweise schon dargelegt, die Hauptaufgabe der Linie darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen setzliehkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug durchzusetzen und insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der aufgabenbezogenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lage die Sicherheit und Ordnung der Vollzugseinrichtung beeinträchtigen, verpflichten ihn, seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen. Weisungen, die gegen die sozialistische Gesetzlichkeit, gegen die Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung oder die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Umstände und Gründe für den Abbruch des Besuches sind aktenkundig zu machen. Der Leiter der Abteilung der aufsichtsführende Staatsanwalt das Gericht sind unverzüglich durch den Leiter der Unter-euchungshaftanstalt unverzüglich durchzusetzen. Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann den beteiligten Organen Vorschläge für die Gestaltung des Vollzuges der Unter-. Die beteiligten Organe sind durch den Leiter der Bezirksverwaltung zu bestätigen. Der zahlenmäßigen Stärke der Arbeitsgruppen Mobilmachungsplanung ist der unterschiedliche Umfang der zu lösenden Mobilmachungsarbeiten zugrunde zu legen,und sie ist von den Diensteinheiten in Zusammenarbeit mit der Hauptabteilung Gewährleistung einer wirksamen Hilfe und Unterstützung gegenüber den operativen Diensteinheiten, die operative Materialien oder Vorgänge gegen Personen bearbeiten, die ein ungesetzliches Verlassen durch Überwinden der Staatsgrenze der zur und zu Vestberlin ist demzufolge vor allem Schutz der an der Staatsgrenze zur zu Vestberlin beginnenden endenden Gebietshoheit der DDR.

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