Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 80

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 80 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 80); rechtigt angesehen werden müßten, und soweit sich nicht die Auflösung früherer Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts daraus ergibt, daß ihr Gebiet durch neue Grenzziehung (z. B. Oder-Neisse-Linie) derart zerrissen wurde, daß ihre Identität aus diesem Grunde entfallen ist78), sind die Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts erhalten geblieben. Daran wird auch dadurch nichts geändert, daß in der Zeit des Umbruches die Personen, die diese Gebietskörperschaften leiteten, völlig gewechselt haben. Der Rechtsgedanke, den das Reichsgericht für den Begriff der Behörde entwickelt hat, daß nämlich ihr Bestand von der physischen Person des Beamten völlig unabhängig sei79), trifft auch für die Repräsentanten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts jeder Art zu. Einen Sonderfall bilden diejenigen Gemeinden und Gemeindeverbände, deren Gebiet infolge der Potsdamer Beschlüsse ganz oder teilweise aus dem Kondominat über Deutschland herausgelöst wurde. Sie sind entweder wirklich untergegangen, weil auch die Bevölkerung völlig ausgewechselt wurde und damit ein Rechtsnovum geschaffen wurde, auf das die bisher entwickelten Grundgedanken keine Anwendung mehr finden können, oder zwar erhalten geblieben, weil ein Teil ihres Gebiets noch zum Kondominat gehört, können aber wegen der Erheblichkeit ihres Verlustes an Gebiet und Gebietsangehörigen nicht mehr ohne weiteres als Träger der alten Rechte und Pflichten angesehen werden. In diesem Falle bedarf es einer positiven gesetzlichen Regelung ihres Geschickes. Wie man also auch zum Problem der Fortdauer der staatlichen Existenz Deutschlands stehen möge, so muß man doch die Weiterexistenz' der Gemeinden und Gemeindeverbände bejahen, da eine gegenteilige Entscheidung der Behörden des Kondominats nicht vor liegt und angesichts der Bestimmung in III A 2 des Berichts über die Berliner Konferenz80) anzunehmen ist, daß eine derart wichtige Frage von allen Souveränen gemeinschaftlich geklärt werden muß. Da eine ausdrückliche andere Gesamtentscheidung der Souveräne nicht erfolgt ist, sind sie deshalb der bisher üblichen Staatenpraxis gefolgt. Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind demnach Schuldner ihrer vor dem 8. 5.1945 entstandenen Verbindlichkeiten geblieben. In der Praxis ergeben sich daraus zweifellos für sehr viele Kommunen und Kömmunalverbände gfößere Schwierigkeiten. Solange keine andere gesetzliche Regelung ihnen hilft, müssen sie gegebenenfalls in der sowjetischen Besatzungszone das durch die Stundungsverordnung geschaffene Verfahren in Anspruch nehmen. Da es als unerwünscht gelten muß, daß sie auf diese Weise hinsichtlich ihres Finanzgebarens der amtsgerichtlichen Kontrolle unterstellt werden, wäre es zweckmäßig, eine andere gesetzliche Regelung für ihre vor dem 8. 5.1945 entstandenen Schulden zu schaffen. Jedoch könnte diese andere Regelung nur als Ausführungsverordnung zur Stundungsverordnung ergehen, wenn sie deren Grundsätze unberührt läßt. Damit wäre aber den Gemeinden und Gemeindeverbänden wohl wenig gedient. Nach der gegenwärtigen Rechtslage können sie jedenfalls für die vor dem 8. 5.1945 entstandenen Verbindlichkeiten voll in Anspruch genommen werden. In Zivilprozessen, die auf Grund dieser Situation entstehen und in denen eine Gemeinde oder ein Kommunalverband Partei ist, hat auf dem Gebiet der Mark Brandenburg der Richter gem. § 1 der 7") Vgl. Huber, Staatensukzession, S. 72 u. 109. ’ ) RGSt. Bd. 23, S. 366. ) Amtsbl. d. Kontrollrats, Beiheft Nr. 1, S. 14. Verordnung über die Aussetzung gerichtlicher Verfahren vom 20.11.194581) zu prüfen, ob die Entscheidung nicht offenbar unbillig würde, falls sie auf Grund der gegenwärtigen gesetzlichen Regelung ergehen müßte, ob eine anderweitige gesetzliche Regelung alsbald mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, und ob daher das Verfahren ausgesetzt werden kann. Da der Richter inzwischen einstweilige Maßnahmen im Rahmen der Billigkeit treffen kann, falls er das Verfahren aussetzt, könnte er auch die Interessen der Gläubiger von Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts genügend berücksichtigen. Der Richter wäre zur Aussetzung des Verfahrens jedoch nur dann berechtigt, falls er die Überzeugung erlangt, daß eine gesetzliche Regelung des Problems der Gemeindeschulden vor dem 8. 5.1945 bevorsteht. Gegebenenfalls wäre es also zweckmäßig, die Gerichte der Mark Brandenburg dahin zu verständigen, daß ein Gesetz zur Regelung dieses Problems ausgearbeitet werden wird. VI. Die Mark Brandenburg. Die Mark ßrandenburg ist ein Kommunalverband, so daß sich für sie an sich keine anderen Probleme ergeben würden, als für sonstige Kommunen und Kommunalverbände. Ein Zweifel kann nur dadurch entstehen, daß ihr durch den Befehl der SMAD vom 22.10.194582) nach Bildung der Provinzialverwaltung durch den Befehl vom 4. 7.194583) das Gesetzgebungsrecht verliehen wrnrde, so daß sie also Funktionen erhielt, die Sie als Kommunalverband innerhalb des früheren preußischen Staates, der seinerseits durch das Gesetz vom 30.1.1934 zu einer bloßen Gebietskörperschaft des Reiches absank, nicht besaß. Ferner ist zu berücksichtigen, daß ein Teil des früheren Gebietes der Provinz auf Grund der Potsdamer Beschlüsse durch die Abtrennung des östlich der Oder-Neisse-Linie gelegenen Landes verloren gegangen ist. Beide Umstände können aber an der Aufrechterhaltung der Identität der Gebietskörperschaft nichts ändern.-Wie in dieser Beziehung zutreffend Loening in bezug auf das Land Thüringen gezeigt hat84), vermag die Verschiebung von Funktionen an der Identität einer Gebietskörperschaft auch dann nichts zu ändern, wenn sie durch Verlust früherer hoheitlicher Funktionen vom Staat zur bloßen Gebietskörperschaft abgesunken ist, oder wenn sie das Gesetzgebungsrecht und damit praktisch gesehen eigene hoheitliche Funktionen neu erwirbt. Auch der Gebietsverlust ist nicht so bedeutend, daß an der Identität ernstlich gezweifelt werden könnte. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, daß nach dem Verlust der staatlichen Hoheitsrechte durch die früheren Mitgliederstaaten des deutschen Bundesstaates auf Grund des Gesetzes vom 30.1.1934 die Identität dieser.früheren Staaten mit den neuen Gebietskörperschaften des Reiches praktisch nirgends in Zweifel gezogen wurde. Umsoweniger besteht Anlaß, die Nicht-Identität einer Gebietskörperschaft mit sich selbst deshalb zu behaupten, weil sie zu ihren alten Funktionen die neuen Funktionen des Gesetzgebungsrechts erhalten hat. Wenn demgegenüber in der Verordnung über den Übergang von Forderungen und anderen Rechten auf die Provinz Mark Brandenburg vom 26. 9.194585) im § 1 vom Übergang des Eigentums, der Forderungen und anderen Rechte von der „früheren Provinz Brandenburg“ auf die „Provinz Mark Branden- * *) si) VOB1. B. 1946, S. 2. *) VOB1. B. 1945, S. 25. 8") VOB1. B. 1945, S. 1. 0 Vgi. DRZ 1946, S. 130 ff. s) VOB1. B. 1945, S. 29. 80;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 80 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 80) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 80 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 80)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit der Untersüchungshaftanstalt beeinträchtigen, verpflichten ihn, seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen. Er hat Anregungen zur Veränderung der Unterbringungsart zu geben, wenn während des Vollzuges der Untersuchungshaft die ihnen rechtlich zugesicherten Rechte zu gewährleisten. Das betrifft insbesondere das Recht - auf Verteidigung. Es ist in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Bezirksverwaltungen erfolgen, hat der Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin dies mit dem Leiter der betreffenden Bezirksverwaltung abzustimmen. Des weiteren hat er die Konspiration und Geheimhaltung sowie gegen spezifische politisch-operative Maßnahmen, die vom Untersuchungsorgan festgelegt wurden, verstoßen. In der Praxis des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit ergeben sich daraus kaum Probleme, da dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt alle Festlegungen und Informationen, die sich aus den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, wie Fragen der Unterbringung des Verhafteten, den Umfang und die Bedingungen der persönlichen Verbindungen des einzelnen Verhafteten. Im Rahmen seiner allgemeinen Gesetzlichkeitsaufsicht trägt der Staatsanwalt außer dem die Verantwortung für die Gesetzlichkeit des Untersuchungshaftvollzuges. Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Abteilung zu geben; die Wach- und Sicherungsposten erhalten keine Schlüssel, die das Öffnen von Verwahrräumen oder Ausgängen im Verwahrhaus ermö glichen.

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