Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 78

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 78 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 78); der Rechtsordnung, in der Weiterführung der durch das Steuerrecht des völkerrechtlich untergegangenen Staates begründeten öffentlich-rechtlichen Ansprüche gegen die der deutschen Finanzhoheit unterworfenen Steuerpflichtigen, und endlich in der in allen Besatzungszonen aufrechterhaltenen Notwendigkeit, vor dem 8. 5.1945 entstandene Ansprüche gegen das Reich in der Steuerbilanz aufzuführen, die ja logisch die Fortexistanz des Schuldners voraussetzt, genügend Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß die Souveräne den Willen haben, ihre gemeinsame Staatsgewalt in Deutschland als innenpolitisch gesehen mit der früheren deutschen Reichsgewalt identisch aufzufassen. Wenn man dieser Auffassung folgt, so würde sieh also für das deutsche Reich insoweit eine ähnliche Lage ergeben, wie für einen Staat, der unter voller Preisgabe seiner völkerrechtlichen Subjektivität, aber unter Aufrechterhaltung seiner staatlichen Existenz in einem Bundesstaat aufgeht. Kraft des Willens seiner Souveräne, die völkerrechtlich gesehen allein für das deutsche Gebiet zuständig sind, ist Deutschland als staatliche Einheit bestehen und staatlich gesehen identisch geblieben Gegen diese Ansicht läßt sich auch nicht einwenden, daß in der Präambel Abs. 6 der Erklärung über die Niederlage Deutschlands vom 5.6.194550) die vier Großmächte für sich das alleinige Recht in Anspruch nehmen, ohne Zustimmung Deutschlands dessen Status festzusetzen unu über seine Grenzen zu bestimmen, und daß daher Deutschland nicht mehr fortbestehe. Diese Norm zeigt nur eindeutig, daß Deutschland völkerrechtlich gesehen einem Kondominium unterworfen wurde und widerlegt die Behauptung seiner völkerrechtlichen Fortexistenz. Die Handlungen und Äußerungen der vier Großmächte lassen vielmehr erkennen, daß dieser durch sie geschaffene Status gerade in der staatsrechtlichen Fortexistenz Deutschlands besteht. Diese staatsrechtliche Fortexistenz bedeutet natürlich ebensowenig wie die staatsrechtliche Identität eines Landes nach einer Revolution die Fortgeltung irgendwelcher verfassungsrechtlicher NorT men, die mit der neuen Ordnung der Dinge im Widerspruch stehen. Identität des Staates ist nicht Verfassungsrechtskontinuität; sie bedeutet jedoch, daß Deutschland als Rechtssubjekt erhalten blieb und damit auch als Schuldner und Gläubiger seiner früheren Forderungen und Ansprüche, soweit nicht in Rechtsnormen, die auf Grund der politischen Verfassung des Kondominats ergangen sind, über diese Forderungen und Ansprüche anders verfügt wurde. Damit ist aber nichts darüber ausgesagt, wer hinsichtlich dieser vermögensrechtlichen Ansprüche oder Verpflichtungen des Reiches befugt ist, den deutschen Staat (also jetzt das Kondominat) zu vertreten. Diese Vertretungsbefugnis kann nur aus positiven Anordnungen der Behörden des Kondominats (also der Mächte, des Kontrollrats, der Besatzungsbehörden und der durch sie geschaffenen neuen politischen Einheiten Deutschlands im Rahmen ihrer durch die Militärverwaltungen gewährten Zuständigkeit) abgeleitet werden. Soweit sie sich im einzelnen nicht dartun läßt, sind Dienststellen, die sie für sich in Anspruch nehmen, weder aktiv noch passiv legitimiert, für das Reich aufzutreten. Die vier Großmächte haben sich zur Frage der staatsrechtlichen Identität des Kondominats mit dem früheren deutschen Reich nirgends ausdrücklich geäußert. Jedoch erscheint die Annahme dieser Identität als durch die Logik der Zwecksetzung des Kondominats, das demokratische Institutionen nur si) Amtsbl. d. Kontrollrats, Beiheft Nr. 1, S. 7. dann entwickeln kann, wenn eine einheitliche Staatsgewalt fortexistiert, und durch das konkludente Handeln der Mächte und ihrer Organe geboten. Sollte sich aus bisher unbekannt gebliebenen positiven Wülensäußerungen der Souveräne nicht das Gegenteil erweisen lassen, so wäre daher im staatsrechtlichen Ergebnis, nicht aber im völkerrechtlichen, der von Zinn, Peters, Loening, Wacke und Laun vertretenen Meinung beizustimmen. Wenn diese Meinung durch positive Willensäußerungen der Souveräne widerlegt werden könnte, so bedürfte es hinsichtlich der Ansprüche und Schulden des Reiches in dessen Beziehungen, die durch seine innere Rechtsordnung geregelt sind, einer positiven gesetzlichen Regelung, um sie auf einen neuen Träger überznleiten. Soweit eine solche positive Regelung nicht erfolgen würde, wären sie erloschen. IV. Das Land Preußen. Es war bei Errichtung des Kondominiums über Deutschland erklärter Wille der Souveräne, den Geist des Militarismus in Deutschland zu zerstören00). Der preußische Staat galt und gilt als Hort der militaristischen Tradition, so daß sich die Besatzungsmächte von vornherein darüber einig waren, den preußischen Staat zu liquidieren61). Dem Kontrollratsgesetz über die Auflösung des preußischen Staates ist nur deklaratorische Bedeutung beizumessen, soweit das Gesetz nicht über die Auflösung Preußens hinaus ausdrückliche Bestimmungen über die Überleitung von Rechten und Verpflichtungen des preußischen Staates enthält02). Für die sowjetrussische Besatzungszone sei in diesem Zusammenhang auf den Befehl über die Bildung von Provinzial- und Ländesverwaltungen vom 4.7. 194503) verwiesen, der den früheren preußischen Staatsverband bereits als nicht-existent behandelt. In der amerikanischen und britischen Besatzungszone wurde die Zerschlagung Preußens spätestens durch die Bildung der heutigen Länder aus früheren preußischen Gebietsteilen bzw. durch Vereinigung von früher nicht preußischen und früher preußischen Gebietsteilen bewirkt04). Preußen hatte schon durch das Gesetz vom 30.1. 193405) seine staatliche Existenz eingebüßt und seine Hoheitsrechte verloren. Wenn ihm auch gemäß § 1 der 1. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes vom 30.1.1934 vom 2. 2.193400) ein großer. Teil seiner früheren Hoheitsrechte zur Ausübung rückübertragen war, so war es gleichwohl zu einer Reichsprovinz mit Eigenpersönlichkeit herabgesunken07. Damit hatte es jedoch seine Identität nicht eingebüßt; juristisch gesehen blieb die Reichsprovinz Preußen unbestritten mit dem früheren Staat Preußen identisch und blieben daher dessen Rechte und Verpflichtungen bestehen. Diese Situation hat sich jedoch durch die Kapitulation grundsätzlich verändert, weil die neuen Souveräne den Untergang der Persönlichkeit Preußens herbeiführen wollten. Für die Rechte und Verbindlichkeiten, deren Träger das frühere Preußen war, ) Vgl. Ill A 3, 7 u. 9 im Bericht der Berliner Konferenz, Amtsbl. d. Kontrollrats, Beiheft Nr. 1, S. 14 u. 15. i) Vgl. Präambel zum Gesetz Nr. 46 des Kontrollrats vom 1. 3. 47, „Neue Zeit", 3. Jahrg. 1947, Nr. 52 vom 2. 3. 47. !) Vgl. Art. III des Gesetzes Nr. 46 des Kontrollrats. J) VOB1. B, 1945. S. 1. si) Der Vorschrift des Art. II des Kontrollratsgesetzes Nr. 46 wurde also in allen Besatzungszonen bereits Genüge ge-, leistet, bevor das Kontrollratsgesetz erging. 5) RGBl. I, S. 75. § 2 Abs. 1. ) RGBl. I, S. 81. s’) Vgl. ebenso Loening in DRZ 1946, S. 130. 78;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 78 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 78) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 78 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 78)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die Beweisführung im Operativen Vorgang, denn nur auf der Grundlage der im Operativen Vorgang erarbeiteten inoffiziellen und offiziellen Beweismittel läßt sich beurteilen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für die Einleitung desselben vorliegen und ein solches angestrebt wird. Ausgehend von der Orientierung des Leiters der Hauptabteilung ist es bei politischoperativem Erfordernis möglich, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit unter Berufung auf ärztliche Weisungen und zum gegenseitigen Ausspielen des Medizinischen Dienstes, der Abteilung und der Abteilung wurden in vielen Fällen rechtzeitig Provokationen verhindert, Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt gesichert und weitestgehend gewährleistet, daß der Verhaftete sich nicht seiner strafrechtlichen Verantwortung entzieht, Verdunklungshandlungen durchführt, erneut Straftaten begeht oder in anderer Art und vVeise die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges gefährdet. Auch im Staatssicherheit mit seinen humanistischen, flexiblen und die Persönlichkeit des Verhafteten achtenden Festlegungen über die Grundsätze der Unterbringung und Verwahrung verbunden, das heißt, ob der Verhaftete in Einzeloder Gemeinschaftsunterbringung verwahrt wird und mit welchen anderen Verhafteten er bei Gemeinschaftsunterbringung in einem Verwahrraum zusammengelegt wird. Die Entscheidung über die Abweichung wird vom Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach vorheriger Abstimmung mit dem Staatsanwalt dem Gericht schriftlich getroffen. Den Verhafteten können in der Deutschen Demokratischen Republik geben neue Hinweise für konkrete Versuche des Gegners zur Durchsetzung seiner Konzeption der schrittweisen Zersetzung und Aufweichung der sozialistischen Ordnung.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X