Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 54

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 54 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 54); Besonders wichtig erscheint noch die Feststellung, daß durch die außerordentliche Geringfügigkeit der Gebühren aller Gerichte die Inanspruchnahme der Justiz für jeden Sowjetbürger auch praktisch möglich ist. Aus dem Volk wachsen die Justizorgane der Sowjetunion hervor. Dem Volk gehören sie an. Von der obersten Repräsentation des Volkes empfangen ihre höchsten Vertreter Amt und Aufgaben. Ihr sind sie verantwortlich. Man sieht, wie sich das Bild bei einer vollkommen und tatsächlich durchgeführten Demokratisierung der Justiz klärt und vereinfacht. Sie setzt allerdings wohl eine nicht mehr vom Klassenkampf zerrissene Gesellschaft voraus, obgleich z. B. auch das Justizsystem der nichtsozialistischen Volksrepublik Jugoslawien trotz mancher grundlegenden Abweichung in der sonstigen Verfassungsordnung zu ähnlichen Formen entfalteter Demokratie gelangt ist. Wesen und Wert der Rechtsgeschichte von Dr. Karl Polak I. Der in Nr. 2 dieser Zeitschrift veröffentlichte Aufsatz von Prof. M i 11 e i s „Rechtsgeschichte und Gegenwart“ hat den Anstoß zu den folgenden Zeilen gegeben. Sein starkes Eintreten für die Erneuerung der Rechtsgeschichte darf nicht ohne Widerhall bleiben. M i 11 e i s betont mit Recht, daß die auf dem flachen Dogmatismus beruhende Begrenzung unserer Rechtswissenschaft und unseres Rechtsbewußtseins in der jüngsten Epoche nur durchbrochen werden kann durch eine Vertiefung unseres geschichtlichen Wissens. Nur als geschichtliche Wissenschaft ist die Rechtswissenschaft wahre Wissenschaft. Als dogmatische Wissenschaft ist sie höchstens Technik, die Zubereitung des Handwerkzeugs für den praktischen Bedarf. Der Rechtsdogmatiker nimmt die gegebenen Rechtsformen hin, wie sie sind. Seine Energie erschöpft sich darin, die äußeren Formen, die gewordene, verfestigte Gestalt zu beschreiben, zu analysieren, zu systematisieren. Die Form selbst ist ihm kein Problem, er hält sie schon für die Sache selbst. Er hat nicht den Abstand zu dem Gegenstand seiner Forschung, den der Forscher braucht; er steht nicht über der Materie, sondern mitten in ihr, er beherrscht nicht den Stoff, sondern wird von ihm beherrscht. Damit aber hat er sich den Weg zum Wesen der Sache, zu dem, was in dieser Form seinen Ausdruck gefunden hat, zu der wahren geschichtlichen Substanz versperrt. Der Dogmatismus wurde in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gegenüber der geschichtlichen Forschung herrschend. L a b a n d s Positivismus stellt den Abschluß dieser Entwicklung dar. Sein „Staatsrecht des deutschen Reiches“, das die Reichs- und Staatsformen des Bismarckschen Staates fixierte, sie als die allein richtigen und allein möglichen gleichsam in den Himmel hob, nicht G i e r k e s „Deutsches Genossenschaftsrecht“, das den ganzen Reichtum der deutschen Rechtsentwicklung noch einmal lebendig werden ließ, wurde die Grundlage der deutschen Rechts- und Staatswissenschaft. Es ist eine richtige Erkenntnis von M i 11 e i s , wenn er in dieser Verflachung der Rechtswissenschaft mit ihrer Beschränkung auf die bestehenden preußisch-deutschen Verhältnisse, so wie der La-bandsche „Positivismus“ sie betrieb, die geistige Wurzel der Beschränkung des rechtswissenschaftlichen Wissens und des Mangels an Verständnis für die Rechtsentwicklung anderer Nationen sieht. Der aufsteigende nationale Chauvinismus in Deutschland brauchte solche Beschränkung auf die bestehenden preußisch-deutschen Zustände. Ein wahrhaft geschichtliches Wissen ist von solcher Beschränkung frei.' Geschichtliches Wissen ist notwendig universal; es tendiert auf das Ganze. Die geschichtliche Forschung hat erst dann ihr Ziel erreicht, wenn sie das Einzelne, was es zu erforschen gilt, als Teil des Ganzen, wenn sie dieselben Kräfte tausendfältig wachsen und sich entfalten sieht. Sie macht nicht an nationalen Grenzen halt, sie zieht alles nur erfaßbare gesellschaftliche Leben in ihren Bereich und überall findet sie Sinn, Eigenwert, Verständnis. Geschichte erzieht Weltbürger. Aber noch ein weiteres: wie die Geschichtsforschung im Raum keine Beschränkung kennt, so auch nicht in der Zeit. Die wahre historische Forschung kann nicht bei den gewordenen Resultaten stehenbleiben, das Werden und Vergehen ist für sie die Daseinsform ihres Stoffes. Nichts, was ist, ist endgültig; die Geschichte hört nie auf. Das Werden einer Rechtsformation ist das Vergehen der vorhergehenden; ist sie einmal geworden, so trägt sie auch schon die Keime ihres Zerfalls in sich; dieser Zerfall aber ist nichts anderes als das Werden der neuen Formätion. So erringt der Forscher eine Stellung über dem Ganzen, sein Blick wird nicht durch das Einzelne, bloß Vorhandene, beschränkt. Er kann Sinn und Inhalt des Wandels der Geschichte deuten, er sieht das Werden voraus; er sieht, was am Alten tot ist. Die Wissenschaft selbst kann erst von dieser souveränen Höhe das leisten, was sie zu leisten hat: deutend und formend in die dem vulgären Verstand chaotisch erscheinende Entwicklung einzugreifen. Erst wenn so die Menschen ihre Geschichte selbst machen, hören sie auf, blinde Objekte eines ihnen gleich einer unabwendbaren Schicksalsmacht gegenüberstehenden Geschichtsprozesses zu sein. Ohne tiefe Kenntnis der in der Geschichte wirkenden und die geschichtliche Wirklichkeit gestaltenden Kräfte kann es auch keine richtige Praxis geben. n. Es kann nicht geleugnet werden, daß die deutsche Rechtswissenschaft in der Epoche der Weimarer Republik versagt und dadurch dazu beigetragen hat, der faschistischen Ideologie den Weg zu erleichtern. Es galt nach 1918, die Demokratie in Deutschland durchzusetzen. Die Rechtstheorie dieser Epoche aber hat Freund und Feind der Demokratie nicht zu scheiden gewußt. Sie vermochte nicht zu den realen gesellschaftlich-politischen Kräften vorzudringen, die in dieser Zeit wirksam waren; ihr fehlte der geschichtliche Blick; sie blieb in flacher Dogmatik stecken. Sie sah nur die Oberflächenerscheinungen dieser Zeit, die psychischen Reflexe, und reagierte nur auf diese;' sie schwamm im trüben Wasser der faktischen Entwicklung und wurde von dem allgemeinen Strom mitgerissen, ohne die Kräfte aufzubringen, sich über ihn zu erheben, die Wirklichkeit zu erkennen und zu gestalten. Gewiß wäre nach 1918 eine tiefgreifende Umgestaltung der deutschen Staats- und Rechtslehre vonnöten gewesen. Die in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts von der Positivistenschule Laband s und Jellineks so sauber ausgearbeiteten Rechtsformen und Staatsinstitutionen hatten nach 1918, mit dem Zusammenbruch des Bismarck-Wilhelminischen Reiches, dem sie auf den Leib geschrieben waren, ihren Sinn verloren. Neue, der offiziellen deutschen Staats- und Rechtslehre imbekannte Kräfte wurden emporgetrieben, das gesellschaftliche Leben lief nicht mehr so glatt in den alten Rechtsformen ab. Das allgemeine Bewußt-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 54 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 54) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 54 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 54)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben der Linie Untersuchung sind folgende rechtspolitische Erfordernisse der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Feindangriffe und anderer politisch-operativ bedeutsamer Straftaten stehen. Die Änderungen und Ergänzungen des Strafrechts erfolgten nach gründlicher Analyse der erzielten Ergebnisse im Kampf gegen die Feinde auch außerhalb der Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik ein. Die vorliegende Richtlinie enthält eine Zusammenfassung der wesentlichsten Grundprinzipien der Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern und Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit - Richtlinie über die Operative Personenkontrolle Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung über das pol itisch-operative Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit mit der Deutschen Volkspolizei sowie den anderen staatlichen Institv tionen und gesellschaftlichen Organisationen. Die Linie hat unter Berücksichtigung der Interessen der übrigen Linien eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage positiver gesellschaftlicher Überzeugungen ist auf den bei den Kandidaten bereits vorhandenen weltanschaulichen, moralischen und politischen Überzeugungen aufzubauen und daraus die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit resultieren. Diese objektiv gegebenen Besonderheiten, deren Nutzung die vemehmungstaktischen Möglichkeiten des Untersuchungsführers erweitern, gilt es verstärkt zu nutzen. Im Prozeß der Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit erwarten lassen. Der Feststellung und .Überprüfung des Charakters eventueller Westverbindungen ist besondere Bedeutung beizumessen und zu prüfen, ob diese Verbindungen für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit von Interesse sind. Inoffizielle Mitarbeiter, die unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung im Verdacht der Feindtätigkeit stehender Personen mitarbeiten.

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