Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 33

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 33 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 33); Sehr eingehend wurde dann die Frage über eine Ausbildung der Juristen in den Hilfswissenschaften des Strafrechts auf dem von der I. K. V. 1913 in Kopenhagen veranstalteten XU. Internationalen Kongreß1) erörtert. Der Berichterstatter, Prof. Heimberger1 2 1 2 3 * 5) behandelte folgende Einzelfragen: „I. Was geschieht bisher für die Ausbildung in den Hilfswissenschaften des Strafrechts? 1. Werden Vorlesungen und Übungen an den Universitäten gehalten? 2. Finden Prüfungen an den Universitäten statt und werden Zeugnisse auf Grund derselben ausgestellt? 3. Erfolgt eine Ausbildung erst nach Beendigung des Universitätsstudiums während der praktischen Tätigkeit der jungen Juristen? 4. Findet eine Ausbildung der höheren Gefängnisbeamten in den für sie notwendigen Hilfswissenschaften des Strafrechts statt? II. Welche Ausgestaltung des Unterrichts in den strafrechtlichen Hilfswissenschaften empfiehlt sich für die Zukunft? 1. In welchen Hilfswissenschaften ist eine Ausbildung erforderlich? 2. Welche Beamten bedürfen der Ausbildung in den Hilfswissenschaften ? 3. In welches Stadium der juristischen Ausbildung soll der Unterricht in den Hilfswissenschaften gelegt werden? 4. Wo soll die Gelegenheit zur Ausbildung in den Hilfswissenschaften geboten werden? 6. Von wem ist der Unterricht in den Hilfswissenschaften zu erteilen?“ Heimberger schließt seinen Bericht mit folgenden Thesen: I. Trotz vorhandener guter Ansätze läßt die Ausbildung der an der Strafrechtspflege beteiligten Personen in Hilfswissenschaften des Strafrechts allgemein noch viel zu wünschen übrig, und es muß eine Besserung dieses Zustandes im Interesse einer guten Strafrechtspflege mit allen Kräften erstrebt werden. II. Als Hilfswissenschaften des Strafrechts, in welchen künftig eine Ausbildung gewährt werden muß, kommen in Betracht: Kriminalanthropologie, Kriminalpsychologie, Kriminalpsychiatrie, Kriminalistik, Kriminalstatistik, gerichtliche Medizin, Gefängniskunde. III. Mit diesen Hilfswissenschaften des Strafrechts müssen vertraut sein alle bei der Ausübung der Strafrechtspflege beteiligten Personen: die Polizeibeamten, die Staatsanwälte, die Untersuchungsrichter, die erkennenden Richter, die Strafvollzugsbeamten. Doch ist nicht eine gleichmäßige Ausbildung aller dieser Beamten in allen Hilfswissenschaften zu verlangen. Die Ausbildung ist nach den Aufgaben und der Vorbildung der einzelnen Beamtenklassen abzustufen. IV. Abzulehnen ist der Gedanke, daß die Ausbildung der Kriminaljuristen von vornherein von jener der Ziviljuristen zu trennen sei. Beide bedürfen derselben allgemeinen juristischen Bildung. V. Die Spezialausbildung der Juristen in den Hilfswissenschaften des Strafrechts soll in der Regel erst nach Abschluß der Üniversitätsstudien stattflnden. VI. Kurse zur Ausbildung in den Hilfswissenschaften sind aber regelmäßig an den Universitäten einzurichten und zwar an solchen, an deren Sitz oder in deren Nähe sich größere Gerichte, Polizeiverwaltungen und auch Strafanstalten befinden. VII. Solange noch keine genügende Zahl von Spezialisten in den Hilfswissenschaften des Strafrechts im engeren Sinne, Kriminalanthropologie, Kriminalpsychologie, Kriminalistik vorhanden ist. müssen bei Einrichtung von Lehrgängen in den Hilfswissenschaften an jedem Ort die geeignetsten Lehrer für jene Fächer ohne Rücksicht auf die Fakultätszugehörigkeit und, soweit Kriminalistik in Frage steht, ohne Beschränkung auf den Kreis der Universitätslehrer ausgewählt werden. Bezüglich dieser Thesen berichtet Heimberger: „In den Debatten zeigte sich im großen und ganzen eine Übereinstimmung der Versammlung mit den Anschauungen des Referenten. Nur entstanden, wie seiner Zeit in Linz, Meinungsverschiedenheiten in bezug auf die Bedeutung und Abgrenzung der Kriminalistik im eigentlichen Sinne. Ferner vertraten die Praktiker des Polizeiwesens die Ansicht, daß die Ausbildung in den Hilfswissenschaften auf der Universität erfolgen müsse, die Fortbildung der Praxis zu überlassen sei, während die Professoren eine Verpflichtung der Studenten zum Betrieb der Hilfswissenschaften vermieden wissen wollten.“ Bezüglich einer kriminalistischen Ausbildung der Juristen in den verschiedenen Staaten berichtet 1) Mitteil, der I. K. V. 1913, Bd. 20, S. 522 579. 2) J. Heimberger, Die Ausbildung in den Hilfswissenschaften des Strafrechts. Bericht für die Generalversammlung der I. K. V. zu Kopenhagen. Mitteil, der I. K. V. 1913, Bd. 20, S. 338 364. Heimberger1), daß nach der Versammlung der I. K. V. 1895 zu Linz die Verhältnisse sich gebessert hätten „ denn in verschiedenen Staaten hatte man teils regelmäßig, teils hie und da Vorlesungen, Kurse und Übungen über die eine oder andere oder auch über mehrere Hilfswissenschaften eingerichtet. Das meiste war an den Universitäten Lausanne, Graz (durch Hans Gross) und Agram geschehen; auch in Frankreich und Italien hatte man einen guten Anlauf genommen. Anderwärts aber lag und liegt die Sorge für den Unterricht in den Hilfswissenschaften noch im argen. Daß in Deutschland die kriminalistische Ausbildung der Juristen auch nach einem Jahrzehnt nach den Verhandlungen in Kopenhagen immer noch nicht befriedigend geregelt war, ergab die 1925 erfolgte 20. Tagung der Deutschen Landesgruppe der I. K. V. Zum Gegenstand der Tagesordnung „Beratung der Strafrechtslehrer Uber die Ausgestaltung des strafrechtlichen Universitätsunterrichts“ äußerte sich der Referent, Prof. M i t -termaierZ), Gießen, zu Beginn seines Berichts „ ich muß uns Strafrechtler an der Universität und ich muß unsere Regierungen anklagen, daß wir und sie es nicht verstanden haben, den Unterricht im Strafrecht den neuzeitlichen Verhältnissen, der Entwicklung unserer Wissenschaft anzupassen. Wenn wir die Vorlesungsverzeichnisse unserer Universitäten in Deutschland und Österreich und der deutschsprechenden Schweiz ansehen und vergleichen die heutigen mit denen vor etwa hundert Jahren, dann finden wir keine große Entwicklung“. Die eingehenden Debatten3) führten zur einstimmigen Annahme des Leitsatzes „Der Unterricht in den strafrechtlichen Hilfswissenschaften ist vorläufig an möglichst vielen Universitäten er ist also nicht an jeder notwendig sicherzustellen". Daß aber diese Frage auch in der Folge immer noch nicht befriedigend geregelt worden war, ergibt sich aus dem Bericht von Prof. Heimberger „Die Ausbildung der Juristen in gerichtlicher Medizin und Kriminalistik“ auf der 1931 in Leipzig stattgefundenen 20. Tagung der Deutschen Gesellschaft für gerichtliche und soziale Medizin. Heimberger*) schreibt unter anderem: „Was geschieht bisher in Deutschland für die Ausbildung der Juristen in den sogenannten Hilfswissenschaften des Strafrechts? Die Antwort auf diese Frage kann im großen und ganzen keine andere sein, wie ich sie auf dieselbe Frage schon einmal vor nahezu zwei Jahrzehnten auf einem Kongreß der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung zu Kopenhagen 1913 gegeben habe. Eine wesentliche Änderung ist seither kaum eingetreten Was die Kriminalistik im besonderen anbelangt, so hängt die Ausbildungsmöglichkeit für die Studierenden der Rechtswissenschaft davon ab, ob an ihrer Universität sich jemand befindet, der sich mit dieser Hilfswissenschaft des Strafrechts beschäftigt Eigene Universitätsinstitute für Kriminalistik, wie sie in Graz und Wien geschaffen sind, besitzen wir in Preußen bedauerlicherweise noch nicht; auch Bayern, Württemberg, Baden', Hessen, Thüringen usw. besitzen keine solchen Wir können nur unseren Hörern und dies tun wir immer dringend ans Herz legen, die Gelegenheit, sich mit gerichtlicher Medizin und Kriminalistik vertraut zu machen, soweit es ihnen an der Universität gegeben ist, unbedingt zu benützen, da ihnen nach Abschluß des Universitätsstudiums selten mehr solche Gelegenheit sich bietet. Da aber kein Zwang besteht und da die Studierenden der Rechtswissenschaft mit Vorlesungen und Übungen ohnehin mehr als reichlich belastet sind, machen bei weitem nicht alle von diesen Ausbildungsmöglichkeiten Gebrauch, und es läßt sich daher keineswegs behaupten, daß die künftigen Staatsanwälte, Strafrichter, Verteidiger, Strafanstaltsdirektoren eine abgeschlossene Ausbildung in gerichtlicher Medizin und Kriminalistik von der Universität mitbringen.“ Von besonderer Bedeutung ist der Umstand, daß auch in der Praxis stehende Richter auf die dringende Notwendigkeit einer kriminalistischen Ausbildung der Juristen, besonders aber der Richter und Staatsanwälte hingewiesen haben. So, z. B., schreibt Hellwig®) 1914, damals Amtsrichter: „In weitaus den meisten Fällen, die wir als Justizirrtümer bezeichnen, handelt es sich nicht um Fehler in rechtlicher Beurteilung des einwandfrei festgestellten Sachverhalts, sondern vielmehr gerade um Fehler bei der Feststellung des Sachverhalts Diese große Bedeutung der kriminaltechnischen Ausbildung der Strafrichter für die Verminderung der Justizirrtümer zu Ungunsten des Beschuldigten, vor allem aber auch zur beträchtlichen Vermin- 1) J. Heimberger, Die Internationale Kriminalistische Vereinigung und die kriminalistische Ausbildung. Mitteil, der I. K. V. 1914, Bd. 21 S. 363, 364. 2) Mitteil, der I. K. V. 1926, Neue Folge Bd. 1 S. 28, 29. 3) Mitteil, der I. K. V. 1926 Neue Folge Bd. 1 S. 40 67. *) Deutsche Zeitschrift für die gesamte gerichtliche Medizin, 1932, Bd. 18, S. 149 159. 5) Albert H e 11 w i g , Amtsrichter in Frankfurt (Oder). Justizirrtümer. München 1914, Verlag J. C. C. Bruns, S. 33 und 66, 67. 33;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 33 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 33) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 33 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 33)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich seinFormelle, gleichgültige, politisch unkluge, undifferenzierte, letztlich ungesetzliche Entscheidungen darf es nicht geben. Immer wieder muß gerade die hohe politische Bedeutung der strikten Einhaltung der Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren Vertrauliche Verschlußsache . Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Zu : Trotz Begründung des Verdachts einer Straftat kann es unter Berücksichtigung aller politisch, politisch-operativ und strafrechtlich relevanten Umständen zweckmäßig und angebracht sein, auf die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Verdächtigen für das Kollektiv in positiver und negativer Hinsicht ergeben? In welcher Weise und durch wen müßte gegenüber dem Kollektiv im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in dieser Alternative an den Staatsanwalt entspricht der Regelung der über die ausschließlich dem Staatsanwalt vorbehaltene Einstellung des Ermittlungsverfahrens, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuch von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß abgeschlossen, auch wenn im Ergebnis des Prüfungsverfahrens die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erarbeitet wurden.

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