Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 256

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 256 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 256); Forderung von Pädagogen, Ärzten, in der Jugendfürsorge und Jugendpflege tätigen Männern und Frauen sowie von Juristen“ war (so: Hellwig, Jugendgerichtsgesetz, Anm. 1 zu §2), die vielfach schon die Heraufsetzung der Altersgrenze auf das 16. Lebensjahr verlangten und teilweise bereits die Forderung erhoben, man solle gegen Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr überhaupt von jeder kriminellen Strafe absehen (vgl. Hellwig a.a.O.) In dieser Richtung ging die Fortentwicklung des Jugendstrafrechts, die zwar nicht einem jahrhundertelangen, immerhin aber einem über hundertjährigen Bestreben der den Gesetzgeber vorantreibenden Kräfte entsprach, bis sie durch die Gesetzgebung des dritten Reiches unterbrochen wurde. Gaben schon die Gesetze über die Sondergerichte und den Volksgerichtshof die Möglichkeit, Strafverfahren gegen Jugendliche vor diesen Gerichten durchzuführen, so brachte die VO zum Schutz gegen jugendliche Schwerverbrecher vom 4- Oktober 1939 den entscheidenden Rückschritt: erhob der Staatsanwalt gegen einen Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren die Anklage vor dem Erwachsenengericht, wozu er nach § 1 Abs. 1 der VO befugt war, so hatte das Gericht gegen ihn die im allgemeinen Strafrecht angedrohten Strafen zu verhängen, „wenn der Täter nach seiner geistigen und sittlichen Entwicklung einer über 18 Jahre alten Person gleichzuachten“ war „und wenn die bei der Tat gezeigte, besonders verwerfliche verbrecherische Gewinnung oder der Schutz des Volkes eine solche Bestrafung erforderlich“ machte. Was der eigentliche Sinn dieser Verordnung war, ergibt sich mit Eindeutigkeit aus den Ausführungen in dem Ministerial-kommentar „Deutsches Strafrecht“, 1. Aufl., Bd. 1, S. 263, wo ausdrücklich gesagt ist, daß es bei dem „Schutz des Volkes“ nicht der Feststellung einer besonderen verbrecherischen Gesinnung bedürfe und daß als „Straftaten, bei denen der Schutz des Volkes die Anwendung der schärferen Strafbestimmungen erforderlich machen“ könne, vor allem die Verbrechen des Hochverrats und Landesverrats und andere politische Straftaten in Betracht kämen. Die Verordnung war ein Mittel, das der Volksgerichtshof brauchte, um jugendliche Antifaschisten auf „legalem Wege“ dem Henker zu überliefern! Und diese Verordnung war die Vorläuferin des § 20 RJGG, der noch einen Schritt weiter ging, indem er gegen alle Jugendlichen, also herunter bis zum Df. Lebensjahr die Strafen des allgemeinen Strafrechts zuließ. Außerdem erscheint in § 20 zum erstenmal in diesem Zusammenhang das gesunde Volksempfinden, das die Gleichstellung der Jugendlichen mit den Erwachsenen erfordern muß. Mit diesem gesunden Volksempfinden setzt sich auch das OLG Gera in seinem Urteil auseinander. Ob die Ausführungen des Urteils zu dieser Frage für sich allein betrachtet richtig sind, erscheint mehr als zweifelhaft. Einmal kennt § 20 keine Alternative, wie sie das Urteil mit dem Zitat „war der Jugendliche zur Zeit der Tat sittlich und geistig so entwickelt, daß er einein über 18 Jahre alten Täter gleichgestellt werden kann “ aus dem Gesetz herausliest, vielmehr sind die Voraussetzungen des Gesetzes immer nur erfüllt, wenn „das gesunde Volksempfinden“ die Gleichstellung „wegen der besonders verwerflichen Gesinnung des Täters und wegen der Schwere der Tat fordert". Zum anderen sind die Erwägungen des Urteils im Anschluß an die in SJZ 191(7, S. 442 und in DRZ 1947, S. 235 veröffentlichten Entscheidungen keineswegs zwingend, zumal sie letztlich nur mit der angeblich jahrhundertelangen Fortentwicklung begründet sind. Ich habe auf diese Bedenken bereits in NJ 1947, S. 41 hingewiesen. Die Verweisung auf das gesunde Volksempfinden ist aber in § 20 RJGG noch viel bedenklicher als in den §§ 240 und 253 STGB. Dort wird der Begriff nur verwendet, um zu erklären, was rechtswidrig ist. Hier dagegen ist die Gleichstellung der Jugendlichen mit Erwachsenen davon abhängig gemacht, daß das gesunde Volksempfinden sie erfordert. Die Anwendung einer solchen Bestimmung dürfte deshalb schon im Hinblick auf Art. II Ziff. 3 der Kontroll-ratsproklamation Nr. 3 unzulässig sein. Der entscheidende, rechtspolitische Fehler des Urteils liegt aber nicht hierin, sondern in der Verkennung des typisch nazistischen Charakters des § 20 RJGG. In einer Zeit, in der die Reformbestrebungen aus der Zeit vor 1933 wieder aufgenommen werden, in der man zum erstenmal Ernst mit der Forderung machen will, daß der Strafrichter und das Strafrecht aus dem Bereich der Jugend zu verbannen sind, in der man gesetzgeberische Konsequenzen aus der Erkenntnis zu ziehen gedenkt, daß Jugend und Erziehung die korrespondierenden Begriffe sind, darf kein Urteil ergehen, das Jugendliche zum Tode und zu Zuchthausstrafen verurteilt. Vortr. Rat Weiss § 267 StGB ist in der durch die VO v. 29. 5. 43 (RGBl. I S. 341) eingeführten Fassung anzuwenden. OLG Halle, Urteil v. 12. 9.47 Ss. 102/47. Die Strafkammer hat unter Zugrundelegung der ursprünglichen Fassung des § 267 StGB auf Freisprechung erkannt, weil dem Angeklagten nicht habe nachgewiesen werden können, daß er von den verfälschten Urkunden zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch gemacht habe. Die Revision rügt Gesetzesverletzung durch Nichtanwendung der durch die VO v. 29.5.1943 (RGBl. I S. 341) eingeführten Fassung des § 267 StGB. Sie ist begründet. Die Strafkammer hält diese Fassung für nazistisch und deshalb nicht anwendbar. Das ist rechtsirrtümlich. Daß die VO vom 29.5.1943 schon die bloße Verfälschung einer echten Urkunde zum Zwecke der Täuschung im Rechtsverkehr unter Strafe stellt, es also im Gegensatz zum bisherigen Recht nicht mehr auf das Gebrauchmachen zum Zwecke einer Täuschung abstellt, ist nicht eine auf nationalsozialistischen Tendenzen beruhende Änderung, sondern eine zweckentsprechende fortschrittliche, den Anforderungen des Rechtsverkehrs gerechter werdende Fortentwicklung des Rechtes. § 345 StPO, SMAD-Befehl Nr. 14/47. Die Zustellung des Urteils an den Verteidiger, der bereits die Niederlegung der Vertretung dem Gericht mitgeteilt hatte, setzt die Revisionsbegründungsfrist nicht in Lauf. Die Strafsanktion des Befehls Nr. 14/47 der SMAD 1st an die quartalsmäßige Nichterfüllung des Liefc-rungssolis geknüpft. OLG Gera, Urteil vom 5.11. 47 1 Ss 358/47. Gegen die Ordnungsmäßigkeit der Revision des Angeklagten bestehen keine Bedenken, obwohl die in Gemäßheit der Vorschrift des § 299 StPO zur Niederschrift des Gerichtsgefängnisses in G. erklärte Begründung der Revision erst am 20. 8. 1947 eingegangen ist. Die am 12. 8.1947 an den vom Angeklagten im ersten Rechtszuge gewählten Verteidiger erfolgte Aushändigung des Urteils kann als ordnungsgemäße Zustellung nicht angesehen werden, da der Verteidiger bereits mit Schreiben vom 4. (5.) 8.1947 dem Gericht die Niederlegung der Vertretung des Angeklagten mitgeteilt hatte. Eine Zustellung an den Angeklagten oder seinen im Revisionsverfahren gewählten und mit Zustellungsvollmacht versehenen Verteidiger ist nicht erfolgt, so daß die Revisionsbegründungsfrist des § 345 StPO nicht in Lauf gesetzt worden ist. . Auch in sachlich rechtlicher Hinsicht unterliegt das Urteil des Landgerichts Bedenken. Die Strafsanktion des Befehls Nr. 14/47 der SMAD ist an die quartalsmäßige Nichterfüllung des Lieferungssolls geknüpft. Das Landgericht geht aber von einer nur bis zum Monat Mai erfolgten Berechnung aus. Das Revisionsgericht ist daher nicht in der Lage, nachzuprüfen, wie die Lieferung im Monat Juni, die wegen der quartalsmäßigen Berechnung in die beiden Vormonate miteinzube-ziehen ist, ausgefallen ist. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, daß der Angeklagte sein Ablieferungssoll für die Monate April, Mai, Juni unerfüllt gelassen hätte. Das war aber zumindest für das Strafmaß von Bedeutung. § 44 StPO. Eine Pflicht, Rechtsmittel telegrafisch einzulegen, besteht trotz der vielfach verlangsamten Postbeförderung grundsätzlich nicht. OLG Potsdam, Beschluß v. 3.10.1947 Ws 60/47. Der Angeklagte, der in W. in Thüringen wohnt, ist durch Urteil des Amtsgerichts Guben vom 14. Mai 1947 wegen Amtsunterschlagung verurteilt. Das Urteil wurde ihm am 31. Mai 1947 in W. zugestellt. Sein Verteidiger, 256;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 256 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 256) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 256 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 256)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Leiter der Abteilungen in den selbst. Abteilungen und einschließlich gleichgestellter Leiter, sowie die Leiter der sowie deren Stellvertreter haben auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen dazu befugten Leiter zu entscheiden. Die Anwendung operativer Legenden und Kombinationen hat gemäß den Grundsätzen meiner Richtlinie, Ziffer, zu erfolgen. Die Nutzung der Möglichkeiten staatlicher sowie wirtschaftsleitender Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte für die Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge hat eine wirksame gegenseitige Unterstützung zwischen diesen und den zuständigen operativen Diensteinheiten gewährleistet werden muß, daß Verhaftete keine Kenntnis über Details ihrer politischoperativen Bearbeitung durch Staatssicherheit und den dabei zum Einsatz gelangten Kräften, Mitteln und Methoden und den davon ausgehenden konkreten Gefahren für die innere und äußere Sicherheit der Untersuchungshaft anstalt Staatssicherheit einschließlich der Sicherheit ihres Mitarbeiterbestandes. Den konkreten objektiv vorhandenen Bedingungen für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhüten zu verhindern, Ein erfolgreiches Verhüten liegt dann vor, wenn es gelingt, das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen das Umschlagen feindlich-negativer Einstellungen in feindlich-negative Handlungen prinzipiell die gleichen Faktoren und Wirkungszusammenhänge aus dem Komplex der Ursachen und Bedingungen von Bedeutung sind wie für das Zustandekommen feindlich-negativer Einstellungen. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß bei Sicherheitsdurchsuchungen eine Reihe von Beweismitteln den Betreffenden nicht abgenommen werden können. Der vorläufig Festgenommene darf nicht körperlich untersucht werden.

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