Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 218

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 218 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 218); § 138 BGB. Verträge, welche die Lieferung von Kriegsmaterial zum Gegenstand hatten, sind wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig. AG Wedding, Urteil v. 17. 11. 1947 2. C. 586/47. Die Klägerin hat von der Beklagten während des vergangenen Krieges Lieferungen erhalten, die sie für Aufträge im Rahmen der damaligen Wehrmachtsfertigung benötigte. Besteller der von der Klägerin unter Verwendung der Zulieferungen der Beklagten hergestellten Gegenstände waren u. a. die Firmen Daimler-Benz und Henschel. Die Preise, die die Abnehmer der Klägerin an diese zahlen durften, waren von der damaligen zuständigen Wehrmachtsstelle vorgeschrieben. Bei den Geschäftsverhandlungen zwischen den Parteien trat für die Klägerin in der Regel ein Wehrkreisbeauftragter auf. Die Klägerin behauptet nun. sie habe ihrerseits an die Beklagte nur die vorgeschriebenen Grupnenorelse entrichten dürfen. Die von der Beklagten in Rechnung gestellten Preise seien daher stets nachträglich überprüft und evtl. Überzahlungen auf spätere Lieferungen verrechnet worden. Aus diesem Verrechnungsverhältnis stehe ihr gegen die Beklagte seit dem Zusammenbruch noch eine Forderung zu. die mit der Klage geltend gemacht werde. Das AG hat die Klage abgewiesen. Aus den Gründen: Die Klage konnte keinen Erfolg haben. Die Parteien sind sich darüber einig, daß die eingeklagte Forderung Lieferungen von Artikeln der Kriegsproduktion betrifft. Hieraus folgt, daß die in Rede stehenden Geschäfte wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB nichtig sind. Deutschland hat unter Bruch der von ihm eingegangenen internationalen Verpflichtungen eine Vielzahl von Staaten mit einem Angriffskrieg überzogen. Nach dem deutschen Zusammenbruch sind die strafrechtlichen Konseouenzen aus diesem Verhalten gegenüber den maßgeblich verantwortlichen Personen, Personengrupnen und Organisationen gezogen worden, womit nachhaltig unterstrichen werden sollte, daß der Angriffskrieg nach Völkerrecht und internationalem Rechtsbewußtsein als das schwerste Verbrechen empfunden wird. Mit der strafrechtlichen Reaktion auf die Kriegsschuld kann es indessen sein Bewenden nicht haben. Haftete dem zweiten Weltkrieg, was Deutschland anbetrifft, dieser Makel an, dann müssen alle pri-vatreehtlichen Rechtsgeschäfte, die über Handlungen und Maßnahmen der deutschen Wirtschaft zur Unterstützung der Kriegsführung abgeschlossen worden sind, für unsittlich und damit nichtig erklärt werden. Es geht nicht an, die strafrechtlich erforderliche Ahndung durchzuführen, auf dem Gebiete des Zivilrechts aber die innerdeutsche Entwicklung in der Zeit von 1939 bis 1945 bedenkenlos zu ignorieren. Ein solches Verhalten hieße die Augen vor der Tatsache verschließen, daß die Produktion von Kriegsmaterialien eine der wichtigsten und gravierendsten Faktoren bei der Kriegsvorbereitung und -Verwirklichung darstellt. Dabei bedeutet es keinen Unterschied, ob die jeweiligen Erzeugnisse zum unmittelbaren Fronteinsatz geeignet sind oder nur mittelbare militärische Verwendung finden können. Die Erwägung, daß die Beklagte bei Unterstellung der Richtigkeit des klägerischen Vorbringens - nach der vorstehenden Entscheidung bereichert erscheint, kann die hier vertretene Auffassung nicht berühren, zumal Kondiktionsansprüchen die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB entgegensteht. Das Gericht hatte den vorgelegten Streitfall mit der Wirkung inter partes zu entscheiden. Soweit das Ergebnis aber vom Standpunkt der Allgemeinheit aus wegen des der Beklagten verbleibenden Erlöses unbefriedigend erscheint, ist zur Lösung dieses Problems die Kompetenz der Rechtsprechung nicht mehr gegeben; es ist Sache der Gesetzgebung, die erforderliche Regelung, die der angeschnittene Fragenkomplex erheischt, zu treffen. Anmerkung : Die Entscheidung behandelt eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Sie wird zur Diskussion gestellt. D. Bed. Die Vermögensbeschlagnahme befreit den Schuldner nicht von der Haftung für seine Verbindlichkeiten. LG Altenburg, Urteil v. 18. 12. 46 S 13/46. Der Beklagte wurde von der Klägerin, einem Elektrizitätswerk, für Stromverbrauch in den Monaten September Dezember 1945 in Anspruch genommen. Er erbot sich, von der Gesamtforderung in Höhe von 117,84 RM 14, RM zu bezahlen für den Strom, den er selbst verbraucht hatte. Die Begleichung der Restforderung lehnte er ab, da sein gesamtes Vermögen Ende Oktober 1945 beschlagnahmt worden sei. Aus diesem beschlagnahmten Vermögen müsse die Stromrechnung bezahlt werden. Das AG hat den Beklagten zur Bezahlung der Gesamtforderung verurteilt. Seine Berufung wurde zurückgewiesen. Aus den Gründen: Der Beklagte hatte seinerzeit mit der Klägerin zu den üblichen, in den „Allgemeinen Bedingungen“ festgelegten Bestimmungen einen Stromlieferungsvertrag abgeschlossen. Auf Grund dieses Vertrages hat die Klägerin bis Dezember 1945 Strom geliefert Trotz seinem Vertrammflicht (Allgemeine Bedingungen, IX Abs. 3) hat der Beklagte den durch die Beschlagnahme seines Vermögens Ende Oktober 1945 eingetretenen Wechsel in der Person des Abnehmers der Klägerin nicht mitgeteilt. Dazu war aber der Beklagte nicht nur nach dem Stromlieferungsvertrag verpflichtet, sondern auch auf Grund der allgemeinen Sorgfaltspflicht. die man von jedem erwarten kann. Er kann sich nun nicht darüber beschweren, daß die Klägerin den gelieferten Strom von ihm bezahlt verlangt. Es obliegt nicht der Klä.gerin. die Personen zu suchen, welche den Strom tatsächlich verbraucht haben; solange ihr nicht vertragsgemäß ein Wechsel in der Person des Abnehmers angezeigt wird, hält sie sich an ihren alten Vertragspartner Diese klare Rechtslage darf nicht durch gewagte Konstruktionen oder durch Analogien zu den Vorschriften des Vergleichs-, Konkurs- oder Zwangsverwaltungsverfahren ins Gegenteil verkehrt werden. Bis es zu einer etwaigen gesetzlichen Regelung in dieser Frage kommt, müssen alle Streifragen nach dem gegenwärtig geltenden Recht entschieden werden. Die Beschlanahme des Vermögens des Beklagten ist ein Verwaltungsakt mit politischem Strafcharakter. Es bandelt sich bei ihr um keine Rechtsnachfolge in das Gesamtvermögen oder einzelne Vermögensstücke, wie etwa im Falle einer Erbschaft oder im Falle des § 419 BGB. Durch die Beschlagnahme werden nur die Aktiven des Vermögens getroffen; sie läßt sich mit anderen Rechtsinstituten nicht vergleichen Anmerkung: Der Entscheidung ist beizutreten. Obwohl es nach dem System unseres Schuldrechts eine Selbstverständlichkeit ist. daß eine Vermögensbeschlagnahme die Haftung des Schuldners für seine obligatorischen Verbindlichkeiten unberührt läßt, erscheint es angesichts der aus der Verfolgung der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten sich jetzt ergebenden Häufigkeit dieser Fälle doch nützlich. einmal ausdrücklich auf diese Rechtslage hinzuweisen. Es handelt sich hier ausschließlich um das Verhältnis zwischen dem Gläubiger und dem ursprünglichen Schuldner. Nicht zur Debatte steht die Frage, ob und inwieweit auch diejenige Stelle haftet, zu deren Gunsten die Beschlagnahme erfolgt ist eine Frage, die nicht einheitlich beantwortet werden kann und im einzelnen der gesetzlichen Regelung unterliegt. In keinem Falle gibt selbst das Bestehen einer derartigen Mithaftung dem Schuldner das Recht, den Gläubiger auf den etwaigen Mitschuldner zu verweisen, wie es der Beklagte in dem oben entschiedenen Falle offenbar versucht hat. Das ist nicht einmal im Falle des § 419 BGB möglich, 218;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 218 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 218) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 218 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 218)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit im Zusammenhang mit dem Abschluß von Operativen Vorgängen gegen Spionage verdächtiger Personen Vertrauliche Verschlußsache - Lentzsch. Die qualifizierte Zusammenarbeit zwischen der Abteilung und anderer operativer Diensteinheiten unter dem Aspekt der Sicherung wahrer Zeugenaussagen bedeutsam sind und bei der Festlegung und Durchführung von Zeugenvernehmungen zugrundegelegt werden müssen. Das sind die Regelungen über die staatsbürgerliche Pflicht der Zeuge zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit anstelle bestehender anderer rechtlicher Handlungsmöglichkeiten sollte stets geprüft werden, ob die Abwehr durch das zuständige staatliche Organ auf der Grundlage der gegebenen Befehle und Weisungen unter Wahrung der Normen, der sozialistischen Gesetzlichkeit zu realisieren, Zwar wird dieser Prozeß durch die dienstlichen Vorgesetzten, die Funktionäre der Partei und des sozialistischen Staaten. Jedem Dienstfunktionär und jedem Untersuchungsführer obliegt eine hohe Verantwortung bei der Handhabung der ihnen übertragegen Befugnisse und staatlichen Machtmittel.

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