Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 214

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 214 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 214); kräftig geworden sind, die aber als offensichtliche Fehlsprüche für die Justiz nicht tragbar sind, aufrechterhalten bleiben. Man war sich dabei bewußt, daß es, wenn man dem begegnen wollte, erforderlich sein würde, das Prinzip der Rechtskraft, das eine der wesentlichsten Garantien der allgemeinen Rechtssicherheit ist, zugunsten einer gerechten Entscheidung im Einzelfall zu durchbrechen. Aus dieser Problematik ergab sich von selbst die Notwendigkeit, den Rahmen für die Beseitigung derartiger rechtskräftiger Urteile möglichst eng zu begrenzen, um eine zu weitgehende und deshalb der allgemeinen Rechtssicherheit abträgliche Durchbrechung der Rechtskraft zu verhindern. Bevor der Entschluß gefaßt wurde, eine neue gesetzliche Regelung dieser Materie zu treffen, wurde überprüft, ob und inwieweit die vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen ausreichten, um das erstrebte Ziel zu erreichen. Die Strafprozeßordnuhg selbst kennt als Mittel zur Beseitigung rechtskräftiger Urteile in Strafsachen nur das Wiederaufnahmeverfahren. Dessen Wesen besteht darin, daß es sich nur um Angriffe gegen die tatsächlichen Feststellungen des früheren Urteils handelt, daß mit ihm eine Anfechtung der Rechtsauffassung oder der Strafzumessung des früheren Urteils nicht möglich ist (vgl. Hippel, Der deutsche Strafprozeß 1941, S. 610) und daß es stets darauf ankommt, Tatsachen vorzubringen, die bei der Findung des früheren Urteils unbekannt geblieben sind. Es ist nicht zu verkennen, daß in den meisten Fällen, in denen nach den bestehenden Gesetzen die Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig ist, auch im Interesse der Herbeiführung einer gerechten Entscheidung ein Bedürfnis dafür besteht, das erste Urteil zu beseitigen. Es lassen sich aber durchaus Fälle denken, in denen zwar einem Wiederaufnahmeantrag stattgegeben werden muß, bei denen aber das im Wiederaufnahmeverfahren gefällte Urteil im Ergebnis so unerheblich von dem früheren Urteil abweicht, daß die Abänderung dieses Urteils zur Erzielung einer sachlich gerechtfertigten Entscheidung nicht erforderlich gewesen wäre. Hierauf gerade kommt es aber bei dem an. was mit dem neuen Gesetz erreicht werden soll. Nicht ist hierfür maßgeblich, wie schwer ein formeller Gesetzesverstoß für sich allein wiegt, entscheidend ist vielmehr, wie sich dieser Gesetzesverstoß auf den sachlichen Inhalt des Urteils ausgewirkt hat. Für einen solchen Zweck ist aber das Wiederaufnahmeverfahren weder geschaffen noch geeignet. In Wissenschaft und Rechtsprechung ist es anerkannt, daß es Urteile geben kann, die an einem derartig wesentlichen Mangel leiden, daß sie als nichtige Urteile oder gar als Nicht-Urteile zu bezeichnen sind. Allerdings besteht auch Einigkeit darüber, daß es derartige Urteile fast nur in den Beispielen wissenschaftlicher Lehrbücher, kaum aber in der Praxis gibt. So hat das Reichsgericht in seiner Rechtsprechung zwar mehrfach die Möglichkeit solcher nichtiger oder Nicht-Urteile anerkannt, in den ihm zur Entscheidung vorliegenden Einzelfällen das Vorliegen der von ihm aufgestellten Voraussetzungen aber stets verneint (vgl. Hippel aaO. S. 376 und die dort zitierten Entscheidungen). Weiterhin war es nicht zuletzt deshalb, weil solche Fälle praktisch kaum vorkamen durchaus zweifelhaft, oh es erforderlich sei. derartig unvollkommene Urteile formell zu beseitigen, und welcher Weg dazu beschritten werden müßte. Bei den Fällen, um die es hier geht, wird es sich aber kaum jemals um ein nichtiges oder ein Nicht-Urteil in diesem Sinne handeln. Und wenn ein rechtskräftiges Urteil, dessen Aufhebung erstrebt wird, weil es zu einem nicht tragbaren Ergebnis gekommen ist. zugleich ein nichtiges oder ein Nicht-Urteil sein sollte, so wird dieser Umstand nicht entscheidend dafür sein, ob aus den hier erörterten Gründen seine Aufhebung erstrebt wird. Unter dem Hitler-Regime wurden zwei Institute geschaffen. die der Beseitigung rechtskräftiger Urteile in Strafsachen dienen sollten. Einmal handelt es sich hierbei um den sog. außerordentlichen Einspruch, der durch Art. 2 § 3 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des allgemeinen Strafverfahrens usw. vom 16. 9. 1939 RGBl. I, S. 1841 geschaffen wurde. Diesen außerordentlichen Einspruch konnte der Oberreichsanwalt dann einlegen, wenn er wegen schwerer Bedenken gegen die Richtigkeit des Urteils eine neue Verhandlung und Entscheidung in der Sache für erforderlich hielt“. Daß dieser außerordentliche Ein- spruch, der „eine Anordnung des Führers in seiner Eigenschaft als oberster Gerichtsherr des Deutschen Volkes“ war (vgl. den Ministerialkommentar „Deutsches Strafrecht“ Band 1 von Grau-Krug-Rietzsch, 2. Aufl., S. 419), für die neue demokratische Justiz nicht übernommen werden konnte, bedarf keiner weiteren Begründung. Weiterhin wurde durch die ZuständigkeitsVO vom 21. 2. 1940 RGBl I, S. 405 die sog. Nichtigkeitsbeschwerde eingeführt. Auch sie stand dem Oberreichsanwalt zu, der sie gegen rechtskräftige Urteile des Amtsrichters, der Strafkammer und des Sondergerichts erheben konnte, wenn das Urteil wegen eines Fehlers bei der Anwendung des Rechts auf die festgestellten Tatsachen ungerecht war (§ 34). Die Vorschrift wurde durch Art. 7 § 2 der VO zur weiteren Vereinfachung der Strafrechtspflege vom 13. 8. 1942 RGBl. I, S. 508 dahin abgeändert, daß die Nichtigkeitsbeschwerde zulässig war, „wenn die Entscheidung wegen eines Fehlers bei der Anwendung des Rechts ungerecht“ war „oder wenn erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der in der Entscheidung festgestellten Tatsachen oder gegen den Strafausspruch“ bestanden. Während also nach der ursprünglichen Fassung nur Rechtsverletzungen, die das Urteil ungerecht gemacht hatten, berücksichtigt werden konnten, gab die spätere Fassung auch die Möglichkeit zur Nachprüfung der Tatsachenfeststellung und des Strafausspruches. Die Frage, ob diese Nichtigkeitsbeschwerde weiter angewendet werden könne, ist auch in der sowjetischen Besatzungszone streitig gewesen. In einigen Fällen ist nach 1945 von ihr mit der Maßgabe Gebrauch gemacht worden, daß an die Stelle des Oberreichsanwalts der Generalstaatsanwalt und an die Stelle des Reichsgerichts das Oberlandesgericht getreten ist. Die überwiegende Meinung ging aber dahin, man solle eine weitere Anwendung der Nichtigkeitsbeschwerde ablehnen und eine neue gesetzliche Regelung treffen. Für diese Ansicht war in erster Linie der Gedanke maßgebend, daß man es ablehnen müsse, zur Erneuerung und zur Festigung der demokratischen Justiz ein Institut zu verwenden, das erst durch den nazistischen Gesetzgeber in Deutschland eingeführt und von der nazistischen Rechtsprechung einseitig zur Durchsetzung ihrer Ziele mißbraucht worden war. Weiterhin war maßgebend, daß sich namentlich nach der neuen Fassung des § 34 der ZuständigkeitsVO kaum eine feste Abgrenzung für die Fälle, in denen die Nichtigkeitsbeschwerde zulässig sein sollte, finden ließ. Wenn der Gesetzgeber sich aber schon dazu entschließt, im Interesse einer gerechten Entscheidung bestimmter Einzelfälle das für die allgemeine Rechtssicherheit so bedeutsame Prinzip der Rechtskraft zu durchbrechen, so ist es seine Aufgabe, die Fälle, in denen dies zulässig sein soll, möglichst scharf zu umgrenzen, um einem Mißbrauch des neu geschaffenen Instituts von vornherein entgegenzuwirken. Aus diesen Gründen ist von der Deutschen Justizverwaltung ein neuer Gesetzesentwurf ausgearbeitet worden, der die Zulässigkeit einer Kassation rechtskräftiger Urteile in Strafsachen vorsah und der in der Zwischenzeit in den Ländern der sowjetischen Besatzungszone in einer im wesentlichen unveränderten Form zum Gesetz geworden ist (vgl. „Neue Justiz“ 1947, S. 200). Der Entwurf der Deutschen Justizverwaltung hat für den neuen Rechtsbehelf bewußt einen neuen Namen gewählt, nämlich den der Kassation. Die Bezeichnung „Nichtigkeitsbeschwerde“ ist nicht nur durch ihre Verwendung durch den nazistischen Gesetzgeber verbraucht. Gegen ihre Weiterverwendung spricht auch die Erwägung, daß die Nichtigkeitsbeschwerde die Vorläuferin der heutigen Revision in Strafsachen, also ursprünglich ein ordentliches Rechtsmittel innerhalb des gewöhnlichen Strafverfahrens war (vgl. Hahn. Materialien zur Strafprozeßordnung. 1. Abteilung, S. 303 ff). Mit dem neuen Rechtsbehelf sollte aber gerade ein Weg gefunden werden, um in den Fällen zu dem erstrebten Ziel einer richtigen Entscheidung zu gelangen, in denen die Mittel des gewöhnlichen Strafverfahrens hierzu nicht ausreichten. Um das zu bezeichnen, schien der Begriff der Kassation besonders geeignet zu sein, der zwar der deutschen Gesetzesterminologie bisher fremd war, der aber im internationalen Rechtsleben bekannt und anerkannt ißt- Vier von den fünf Ländern der 214;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 214 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 214) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 214 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 214)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Wissenschaft, Technik und Kultur, der Industrie und Landwirtschaft sowie in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens vollzieht sich sehr stürmisch. Die mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter müssen besser dazu befähigt werden, die sich aus der Gesamtaufgabenstellung ergebenden politisch-operativen Aufgaben für den eigenen Verantwortungsbereich konkret zu erkennen und zu bestimmen. Die Leiter haben zu gewährleisten, daß bei politisch-operativer Notwendigkeit Zersetzungsmaßnahmen als unmittelbarer Bestandteil der offensiven Bearbeitung Operativer Vorgänge angewandt werden. Zersetzungsmaßnahmen sind insbesondere anzuwenden: wenn in der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß die Konspiration von gewährleistet ist, durch ständige Überbetonung anderer Faktoren vom abzulenken, beim weiteren Einsatz von sorgfältig Veränderungen der politisch-operativen Vorgangslage zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der Lösung abgeschlossener bedeutender operativer Aufgaben zu Geheimnisträgern wurden. Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz sind Personen, die auf Grund ihres Alters oder gesetzlicher Bestimmungen die Möglichkeit haben, Reisen in das zu unternehmen. Personen, die aus anderen operativen Gründen für einen Einsatz in einer Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit Dienst verrichtenden Mitarbeiter zu entsprechen. Die Zielstellungen der sicheren Verwahrung Verhafteter in allen Etappen des Strafverfahrens zu sichern, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der Beweisführungspflicht besteht darin, die Arbeit so durchzuführen, daß im Verlaufe der Untersuchung tatsächlich alle Pakten in beund entlastender Hinsicht festgestellt und bewiesen werden.

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