Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 185

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 185 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 185); liebliche Bedenken. Abendroth meint, daß die deutsche Staatsgewalt, die zunächst mit der Kapitulation erlosch, sofort durch die Staatsgewalt der Okkupationsmächte ersetzt worden sei. Als Beweis hierfür führt er an, daß diese schon vorher durch die Beschlüsse der Krimkonferenz untereinander vereinbart hätten, die debellatio Deutschlands herbeizuführen und eine gemeinsame Herrschaft kraft eigener Souveränität, ein Kondominium, in Deutschland aufzurichten. Er meint weiter, daß beL der debellatio und dem tatsächlichen Zerfall der Staatsgewalt des Dritten Reiches diese unmittelbar durch die Kondominial-gewalt abgelöst worden sei, die dann durch die späteren Dokumente vom 5. Juni 1945 und 2. August 1945 im einzelnen geordnet und definiert worden sei. Danach scheint Abendroth auf dem Standpunkt zu stehen, daß die jetzigen Kondominialmächte auf der Krimkonferenz bereits wenn auch aufschiebend bedingt dinglich über die deutsche Staatsgewalt verfügt hätten, und daß mit dem Eintritt der Bedingung nämlich mit dem Eintritt der debellatio des Dritten Reiches immittelbar an die Stelle der deutschen Staatsgewalt die gemeinsame' der Kondominialmächte getreten sei. Die diesbezüglichen Beschlüsse der Krimkonferenz stellten keinen bloßen Vertrag, sondern eine Vereinbarung dar, sie hätten also nicht nur subjektive Verpflichtungen der alliierten Mächte untereinander begründet, sondern objektives Recht wenn auch aufschiebend bedingt geschaffen. Diese Auffassung wird den tatsächlich von den Siegermächten gefaßten Beschlüssen, wie sie in dem Bericht über die Krimkonferenz dargelegt sind (Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, Ergänzungsblatt Nr. 1 S. 4) nicht gerecht. Aus diesem Bericht ergibt sich vielmehr, daß auf dieser Konferenz lediglich ein Plan gefaßt ist, den die Siegermächte beschlossen haben, und den sie durchführen wollten, nachdem der bewaffnete deutsche Widerstand endgültig gebrochen ist. Dieser Plan sah eine koordinierte Verwaltung und Kontrolle durch eine zentrale Kontrollkommission mit Sitz in Berlin vor, die aus den Oberbefehlshabern der drei Mächte bestehen sollte. Daß es sich lediglich um einen Plan gehandelt hat, der erst später durchgeführt werden sollte, ergibt sich auch bei Heranziehung der drei authentischen fremdsprachigen Texte, in denen überall von einem Plan die Rede ist. Danach ist der Beschluß der Krimkonferenz nicht so auszulegen, wie Abendroth es will. Die Siegermächte haben sich vielmehr untereinander nur obligatorisch verpflichtet, nach dem Eintritt der debellatio eine Kondominial-gewalt zu begründen, und dieser Verpflichtung sind sie durch die Erklärungen und Feststellungen vom 5. Juni 1945 und ihre Ergänzung vom 2. August 1945 nachgekommen. Demgemäß haben sie erst in der Erklärung vom 5. Juni 1945 (Amtsblatt des Kontrollrats, Ergänzungsblatt Nr. 1 S. 7) im Abs. 5 gesagt, daß sie „hiermit“ (russisch: nastojaschtschim, englisch: hereby, französisch: par les presentes) die oberste Regierungsgewalt in Deutschland übernehmen. Vor der Feststellung und Erklärung vom 5. Juni 1945 bestand also lediglich eine obligatorische Verpflichtung der Siegermächte untereinander, die Kondominial-gewalt zu begründen. Diese selbst bestand bis dahin noch nicht, sie ist erst durch diese Erklärung ins Leben gerufen worden. Infolgedessen ist das Gutachten von Pollack m. E. durchaus auf dem richtigen Wege, wenn es sich auf den Standpunkt stellt, daß mit der bedingungslosen Kapitulation vom 8. Mai 1945 auf dem Gebiet des vormaligen Deutschen Reiches zunächst lediglich das Siegerrecht galt, und daß die deutsche Staatsgewalt und die durch sie gestützte deutsche Rechtsordnung damit untergegangen sei. Und damit ist nicht nur das Deutsche Reich infolge Wegfalls seiner Staatsgewalt untergegangen, dasselbe gilt auch von allen auf ihm bestehenden Gebietskörperschaften, die ihre staatshoheitlichen Befugnisse ja lediglich aus der deutschen, nunmehr weggefallenen Staatsgewalt abgeleitet haben und sie überhaupt nur und nur insoweit besaßen, als die deutsche Staatsgewalt sie ihnen zugebilligt hatte. Es ist eben nicht sofort und unmittelbar an die Stelle der weggefallenen eine andere Souveränität getreten, wie dies in den Fällen stattgefunden hat, auf die sich Abendroth beruft, und in denen von einem Weiter- leben der Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts gesprochen werden kann. Tatsächlich bestand hier zunächst der rechtsleere Raum, und demgemäß ist angesichts der besonderen deutschen Lage nach der Kapitulation, die wie Abendroth sehr richtig bemerkt in der Rechtsgeschichte keine volle Parallele kennt und als casus sui generis angesehen werden muß, die frühere, die Rechtsverhältnisse bei einem unmittelbaren Souveränitätswechsel behandelnde Literatur in keiner Weise für den gegenwärtigen Fall beweiskräftig. Denn früher war jedesmal ein Souveränitätsträger vorhanden, aus dessen Staatshoheit die Gebietskörperschaften ihre staatshoheitlichen Befugnisse ableiten konnten, während ein solcher für das deutsche Gebiet in der Zeit zwischen der Kapitulation und der Einsetzung des Kondominats, also für die Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 5. Juni 1945, fehlt. In diesem Zusammenhang gewinnt auch der von Abendroth zitierte russische Armeebefehl Nr. 1 vom 16. Mai 1945 eine andere Bedeutung, wenn er von der Wiederinkraftsetzung des deutschen Rechtes und der deutschen Gesetze sprach. Denn die russische Okkupationsmacht war damals mangels eines Vorhandenseins der Kondominialhoheit befugt, auf dem von ihr besetzten Teil des vormaligen deutschen Staatsgebietes anzuordnen, was sie für richtig hielt, ohne damals noch Rücksicht auf die anderen, späteren Kondominialmächte nehmen zu müssen. Und ebenso erscheint auch die Bemängelung Abendroths bezüglich der Verordnung der Provinz Mark Brandenburg vom 26. September 1945 nicht begründet zu sein, wenn diese Verordnung im § 1 zwischen der früheren Provinz Brandenburg und der jetzigen Provinz Mark Brandenburg unterscheidet. Es handelt sich hier nicht um eine verfehlte rechtliche Terminologie, sondern um die klare Erkenntnis, daß mit dem Wegfall der Staatsgewalt des Deutschen Reiches auch die der Gebietskörperschaften erloschen ist, die ihre hoheitlichen Befugnisse nur aus ihr ableiteten, und daß die heute von den Siegermächten neu errichteten Gebietskörperschaften auf dem Gebiete des vormaligen Deutschen Reiches Neuschöpfungen sind, die weder mit den früheren identisch noch ohne weiteres deren Rechtsnachfolger sind. Es hängt vielmehr von dem .Willen und der Bestimmung der Siegermächte allein ab, ob und inwieweit sie das letztere heute darstellen. Dies ist besonders für die Frage von Bedeutung, ob sie für die alten Verbindlichkeiten der früheren Gebietskörperschaften haften, die Abendroth ja in den Mittelpunkt seiner Erörterungen gestellt hat. Soweit keine ausdrückliche diesbezügliche Willenserklärung der Kondominialmächte vorliegt, muß diese Haftung abgelehnt werden, und zwar auch dann, wenn diese Gebietskörperschaften teilweise oder auch ganz das Vermögen der früheren, gleichnamigen übernommen haben. Diese Haftung kann auch nicht aus dem § 419 des BGB abgeleitet werden, den Abendroth auch zitiert. Bei § 419 handelt es sich um eine Bestimmung des bürgerlichen Rechtes, die lediglich für den privaten Rechtsverkehr gilt und auch hier nicht einmal uneingeschränkt. Nur wenn jemand durch Vertrag das Vermögen eines andern übernimmt, haftet er für dessen Verbindlichkeiten, im übrigen schweigt diese Gesetzesbestimmung. Sie läßt es z. B. dahingestellt, wie es ist, wenn jemand auf andere Weise, z. B. durch Ersitzung, das Vermögen eines andern erwerben sollte, und die Frage der Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten ist besonders im 5. Buch des BGB geregelt. Bei unserer Betrachtung handelt es sich aber um rein öffentlich-rechtliche Vorgänge. Die staatshoheitliche Gewalt ist nun einmal etwas ganz anderes als die private Geschäftsfähigkeit und die für die letztere geltenden Vorschriften sind als solche in keiner Weise präjudiziell für die Lösung öffentlicher Rechtsfragen. Somit kann trotz der außerordentlich tiefgründigen und durchdachten Untersuchungen Abendroths der Beweis noch nicht als erbracht angesehen werden, daß die Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechtes, die auf dem Gebiete des ehemaligen Deutschen Reiches heute bestehen, rechtlich für die Verbindlichkeiten haften, die vor der Kapitulation vom 8. Mai 1945 ent- 185;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 185 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 185) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 185 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 185)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen, insbesondere der Staatsanwaltschaft und dem für das Verfahren zuständigen Gericht, In Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen und. der Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortung organisiert er das Zusammenwirken mit den Organen des MdI, vor allem der Verwaltung Strafvollzug sowie mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen, Institutionen und gesellschaftlichen Kräften. Das erfordert - den zielgerichteten und konzentrierten Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Das Zusammenwirken mit anderen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung noch besser als bisher die Bewegung und Aktivitäten der Ausländer festzustellen, aufzuklären und unter Kontrolle zu bringen sowie Informationen zu erarbeiten, wie die Ausländer bei der Lösung der politisch-operativen Aufgaben durch die Linie davon auszuqehen, daß die Sammlung von Informationen im tvollzuq zur Auslieferung an imperialistische Geheimdienste und andere Feindeinrichtunqen, vor allem der im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus in ihrer Gesamtheit darauf gerichtet ist, durch die Schaffung ungünstiger äußerer Realisierungsbedingungen die weitere erfolgreiche Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft entsprechend, ständig vervollkommnet und weiter ausgeprägt werden muß. In diesem Prozeß wächst die Rolle des subjektiven Faktors und die Notwendigkeit seiner Beachtung und Durchsetzung, sowohl im Hinblick auf die Erforschung dominierender und differenzierter Motive für eine inoffizielle Zusammenarbeit, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, politische Ein-stellüngen zu schematisch und oberflächlich erfolgt.

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