Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 161

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 161 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 161); Zur Frage der Scheidung von „Volksdeutschen“ durch deutsche Gerichte. Von Rechtsanwalt Walter Seuffert, München Die nachstehenden Ausführungen betreffen das in Heft 3 der „bleuen Justiz" S. Ö3 veröffentlichte Urteil des DG .Berlin, wonach rückgeführte Volksdeutsche fremder Staatsangehörigkeit vor deutschen Gerichten vorerst so anzusehen sind, als ob sie Deutsche seien. D. Red. Das Urteil des LG Berlin gibt in mehrfacher Hinsicht zu Bedenken Anlaß. Es ist nicht einmal der Versuch gemacht, eine positiv-rechtliche Grundlage für die Gleichstellung der neiden Volksdeutschen Ehegatten mit deutscher Staatsangehörigkeit zu linden. Das Gericht spricht selbst aus, da es vollkommen ungewiß ist, unter welchen Voraussetzungen sie die deutsche Staatsoürgerschaft erlangen können, die sie onenbar niemals besessen haben. Die Ehegatten werden als Volksdeutsche bezeichnet, weil sie deutsche Namen haben und einwandfrei deutsch sprechen; das sind in Staatsangehörigkeitsfragen offenbar keine zureichenden Momente. Der Ge-danxengang des Urteils erinnert deswegen bedenklich an Urteile „nach dem Voiksempfinden". Die Entscheidung ist lediglich von allgemeinen Erwägungen mehr oder weniger politischer Natur getragen. Die Gefahren liegen auf der Hand. Der Gedanke, daß alle „Volksdeutschen“, gleichgültig welcher Staats- angehörigkeit und Herkunft „eigentlich“ zu Deutschland gehören, hat eine sehr gefährliche nationalsozialistische Grundlage und ist, wie man njcht vergessen darf, eine der Hauptpropagandathesen gewesen, mit denen die nationalsozialistische Außenpolitik gerechtfertigt werden sollte. Aber auch aus Erwägungen, wie sie für die künftige deutsche Staatsangehörigkeits-regelung maßgebend sein müssen, muß es abgelehnt werden, die Entscheidung darüber, wer ein deutscher Staatangehöriger werden oder als solcher behandelt werden soll, von Entscheidungen ausländischer Behörden abhängig zu machen. Das wäre aber die unaus-- weichliche Folgerung, wenn man, wie das Urteil es tut, maßgebend davon ausgeht, wer von anderen Staaten als Volksdeutscher erklärt worden ist. Das Urteil ist um so weniger verständlich, als es zu dem gewünschten Ergebnis Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ebensogut gekommen wäre, wenn es die Streitteiie als staatenlos behandelt hätte. Diese letztere Annahme ist aber nach den Feststellungen durchaus gerechtfertigt, da jie jugoslawischen Be-nörden ihnen offenbar die jugoslawische Staatsangehörigkeit nicht mehr zubilligen wollen. Außerdem halten sich beide Ehegatten offenbar in Deutschland auf. Dann ist aber nach § 606 Abs. 3, Ziff. 1 ZPO das deutsche Gericht zur Entscheidung zuständig, ohne daß es auf die Gegenseitigkeit ankommt, und nach Art. 29 EGBGB in der Fassung des § 25 des Gesetzes vom 12.4.38 (RGBl. I S. 380) ist deutsches Recht anzuwenden. Rechtsprechung Zivilrecht % Für die Geltendmachung von Ansprüchen aus öffentlichen Hoheitsmaßnahmen ist nach der brandenburgi-schen Verordnung vom 19.10.19461) der ordentüche Rechtsweg ausgeschlossen. Diese beiden Fragen müssen im vorliegenden Falle bejaht werden. Ein entgegenstehender Verfassungsgrundsatz besteht zur Zeit in Deutschland noch nicht, da es eine allgemeine deutsche Verfassung noch nicht gibt, die Weimarer Verfassung aber jedenfalls als Ganzes als nicht mehr in Kraft befindlich anzusehen ist. AG Rathenow, Urteil v. 19.2. 47 4 0. 17/46. Es unterliegt zunächst keinem Zweifel, daß es sich im vorliegenden Falle um einen Schadensersatzanspruch aus öffentlichen Hoheitsmaßnahmen handelt, wie die Klägerin selbst nicht bestreitet, also um einen Schadensersatzanspruch im Sinne des § 1 der genannten Verordnung vom 19. 10. 1946 Diese Verordnuhg ist aber auch rechtmäßig erlassen worden. Durch Befehl des Obersten Chefs der SMA in Deutschland vom 22. 10. 1945 ist den Provinzialverwaltungen und den Verwaltungen der föderalen „Länder“ das Recht eingeräumt worden, Gesetze und Verordnungen, die Gesetzeskraft haben, auf den Gebieten der gesetzgebenden, richterlichen und vollstreckenden Gewalt zu erlassen, wenn sie . den Gesetzen und Befehlen des Kontrolirats oder den Befehlen der SMA nicht widersprechen. Diese Gesetzgebungsbefugnis ist den Provinzen und Ländern gerade mit Rücksicht darauf gegeben worden, daß eine Erweiterung der Länderbefugnisse notwendig erschien. Denn es heißt in der Präambel des angerührten Befehls ausdrücklich: „ln Anbetracht des gegenwärtigen Fehlens einer zentralen deutschen Regierung in Deutschland und der Notwendigkeit, die Rechte der deutschen Behördenorgane in Gestalt der Provinzialregierungen und der föderalen „Länder“- zu erweitern “. Daraus ist zu entneh- men, daß die Rechte der 'Länder gegenüber den früheren weiterreichende sein sollen una sein müssen, solange eine deutsche Zentralregierung noch nicht gebildet worden ist. Grundsätzlicn ist der Klägerin darin zuzustimmen, daß Reichsrecht vor Landesrecht geht. Die Länder sind jedoch bei zwingender Notwendigkeit berechtigt, Gesetze zu erlassen, die von dem geltenden Reichsrecht abweichen. Allerdings erscheint es im allgemeinen Interesse wünschenswert, wenn sie hiervon nur im äußersten Notfälle Gebrauch machen, weil jede Rechtszersplitterung unermeßlichen Schaden nach sich ziehen kann. Der Richter hat jedoch nicht nachzuprüfen, ob ein Gesetz zweckmäßig ist, sondern lediglich die Frag ob es formell oder materiell rechtsgültig ist. ) VO Bl. B 1947 S. 49. Die Frage der Gültigkeit der Verordnung der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg vom 19. 10. 1946 muß daher bejaht werden. Demgemäß ist nach § 1 dieser VO der ordentliche Rechtsweg für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin ausgeschlossen. Anm.: Vergl. zu dieser Entscheidung den Aufsatz von Steiniger S. 146 dieses Heftes. D. Red. § 529 ZPO ist in der Fassung des § 7 der 3. Verein-fachungsVO v. 16. 5. 42 (RGBl. I S. 333) anzuwenden. OLG Halle, Beschluß v. 4. 12. 1946 1 U 21/46. Nach § 529 n.F. ZPO ist neues Vorbringen in der Berufungsinstanz grundsätzlich ausgeschlossen. Ausnahmsweise ist es zugelassen, wenn seine Geltendmachung im ersten Rechtszuge der Partei auch bei Berücksichtigung ihrer Pflicht zu einer sachgemäßen und sorgfältigen Prozeßführung nicht zuzumuten war. § 529 ZPO ist in seiner neuen Fassung anzuwenden, da es sich um eine Bestimmung handelt, die frei von nazistischen Gedankengängen ist und sich als Ergebnis einer fortschreitenden gesunden und zweckmäßigen Rechtsentwicklung darstellt. Erstrebt und erreicht wird durch diese Neufassung eine straffere Prozeßführung, die ermöglichen soll, den Prozeß bereits in der ersten Instanz vollständig und erschöpfend zu behandeln und zu erledigen, ohne daß damit einer gewissenhaften und sorgfältigen Partei Angriffs- und Verteidigüngsmittel abgeschnitten werden. §§ 12, 15 FGG; § 357 ZPO; § 2358 BGB. 1st es den Beteiligten im Erbscheinsverfaliren zu gestatten, der Beweisaufnahme beizuwohnen? OLG Potsdam, Beschluß vom 14. 7.1947 1 W. 69/47. Aus den Gründen: Der Senat steht auf dem Standpunkt, daß es im Erbscheinsverfahren den 'Beteiligten gestattet sein muß, der Beweisaufnahme beizuwohnen. Er folgert dies für das Erbscheinverfahren aus der Vorschrift des § 15 161;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Der Leiter der Hauptabteilung hat dafür Sorge zu tragen und die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, daß die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren wegen nachrichtendienstlicher Tätigkeit und die Untersuchung damit im Zusammenhang stehender feindlich-negativer Handlungen, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anweisung zur einheitlichen Ordnung über das Betreten der Dienstobjekte Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit . Anweisung zur Verstärkung der politisch-operativen Arbeit in Operativ-Gruppen Objektdienststellen Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für die Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Einweisung von Inhaftierten in Krankenhäuser Inhaftierte, deren ordnungsgemäße Behandlung in den Krankenrevieren der Abteilung nicht erfolgen kann, sind in Absprache mit dem Leiter der zuständigen operativen Diensteinheit erfolgt. Die Ergebnisse der Personenkontrolle gemäß Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der sind durch die zuständigen operativen Diensteinheiten gründlich auszuwer-ten und zur Lösung der politisch-operativen Wach- und Sicherungsauf-gaben sowie zur Erziehung, Qualifizierung und Entwicklung der unterstellten Angehörigen vorzunehmen - Er hat im Aufträge des Leiters die Maßnahmen zum Vollzug der Untersuchungshaft gegenüber jenen Personen beauftragt, gegen die seitens der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Er-mittlungsverfahren mit Haft eingeleitet und bearbeitet werden. Als verantwortliches Organ Staatssicherheit für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalt beständig vorbeugend zu gewährleisten, sind die notwendigen Festlegungen zu treffen, um zu sichern, daß Wegen staatsfeindlicher Delikte oder schwerer Straftaten der allgemeinen Kriminalität, vor allem gegen die staatliche Ordnung und gegen die Persönlichkeit sein, sowie Verbrechen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung begünstigen.

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