Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 159

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 159 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 159); 1 des eben beendeten zweiten Volksrichter-Lehrgangs ausgegeben worden sind: Die zivilrechtliche Aufgabe lautet: Der Jagdhund des A läuft dessen entlassenem Angestellten B zu. B verkauft den Hund als eigenen für 500 RM an C und übergibt ihn. Kurz nach der Übergabe beißt der Hund den C heftig. Welche Rechtsansprüche können von A, B und C erhoben werden ? Aus dem Gebiete des Strafrechts hatten die Schüler folgenden Fall zu bearbeiten: A heiratet eine schwerkranke reiche Frau in der Hoffnung, daß sie bald sterben und er sie beerben werde. Wider Erwarten gesundet die Frau vollständig. A bestimmt seine Geliebte B, die Frau auf folgende Weise zu beseitigen: Die B solle mit der Frau eine Ruderfahrt unternehmen und dabei das Ruderboot zum Kentern bringen, und so die des Schwimmens unkundige Frau ertränken. Der Plan wird ausgeführt. Als die Frau in ihrer Todesangst um Hilfe schreit, bekommt die B Gewissensbisse und rettet die Frau. Diese holt sich dabei eine schwere Lungenentzündung, wird aber wieder gesund. Wie ist das Verhalten des A und der B strafrechtlich zu beurteilen? Man wird zugeben müssen, daß die Beantwortung solcher Fälle, für die lediglich die Gesetzestexte zur Verfügung stehen, immerhin nicht unbeträchtliches juristisches Verständnis erfordern und eingelerntes Wissen nicht ausreioht. Auch in der mündlichen Prüfung wird entscheidendes Gewicht auf die Fähigkeit zum juristi-* sehen Denken gelegt. Praktisch Fälle stehen im Vordergrund, aber die Theorie wird darüber nicht vernachlässigt. Die Abschlußprüfungen der jetzt beendigten zweiten Volksrichter-Lehrgänge haben in einem Lande hat die mündliche Prüfung noch nicht stattgefunden bisher folgendes Ergebnis gehabt: Es sind im ganzen 127 Teilnehmer geprüft worden, darunter 96 Männer und 31 Frauen. Es haben die Prüfung bestanden Männer Frauen gut 17 7 befriedigend 23 5 ausreichend ■ 3815 78 27 nicht bestanden haben 18 4 Von 66 früheren Volksschülern haben 51 die Prüfung bestanden (darunter 23 mit einem überdurchschnittlichen Ergebnis) und 15 nicht bestanden. Von 61 Lehrgangsteilnehmern mit gehobener Schulbildung haben 54 die Prüfung bestanden (darunter 29 mit überdurchschnittlichem Ergebnis) und 7 nicht bestanden. Hervorzuheben ist, daß unter den Prüflingen, die besonders gut abgeschnitten haben, sich nicht wenige befinden, die nur Volksschulbildung haben und dem Arbeiterstand angehören. Mit der Ablegung der Prüfung ist aber die Ausbildung der Volksrichter und -Staatsanwälte die übrigens nicht mit den Laienrichtern (Schöffen, Geschworenen usw.) verwechselt werden dürfen, wie dies in einem von beachtlicher Seite verfaßten Aufsatz im Juniheft des Europa-Archivs (S. 642) geschehen ist noch nicht abgeschlossen. Die erfolgreich Geprüften werden einem Gericht, meistens einem Landgericht, überwiesen, bei dem die Gewähr besteht, daß sie die wünschenswerte Anleitung und Unterstützung durch erfahrene Volljuristen erhalten. Nach den bisherigen Beobachtungen ist, nach Überwindung anfänglicher, vielleicht begreiflicher Mißverständnisse, das Verhältnis zwischen Volksrichtern und Volljuristen durchweg gut und harmonisch. Den Leitern der Volksrichterlehrgänge liegt die weitere Betreuung der neuen Volksrichter und -Staatsanwälte ob. IJicht nur die Landgerichtspräsidenten, sondern auch die neuen Richter und Staatsanwälte haben regelmäßig über ihre Beobachtungen und Erfahrungen zu berichten. Die letzteren können sich dabei Aufklärung über alle Zweifelsfragen erbitten. Sie nehmen sowohl an allen Tagungen der Volljuristen, die überall eingeführt sind, regelmäßig teil, wie sie auch häufig zu besonderen sogenannten Freizeitgestaltungen zusammengezogen werden, bei denen ihnen Vorträge über Themen, die für die Praxis von Bedeutung sind, gehalten werden und Gelegenheit zu eingehender Diskussion gegeben ist. Außerdem werden von der Deutschen Justizverwaltung Unterrichtsbriefe über die verschiedensten Rechtsgebiete herausgegeben und allen Volksrichtern und -Staatsanwälten zugänglich gemacht. Jeder Unterrichtsbrief enthält auch einen praktischen Fall, dessen Lösung der Deutschen Justizverwaltung zur Durchsicht und Besprechung eingereicht werden kann. Zum Teil handelt es sich hierbei um umfangreiche Ausführungen, z. B. über das Wirtschaftsstrafrecht oder den Aufbau und Inhalt von Zivilurteilen. Diese besondere Betreuung der jungen Richter, die sie ihren Kollegen ebenbürtig an die Seite stellen soll, erstreckt sich auf mehrere Jahre. Abschließend läßt sich sagen, daß sich die Volksrichter und -Staatsanwälte allen anfänglichen kritischen Stimmen zum Trotz bewährt haben und daß ohne sie die Rechtspflege in der Ostzone angesichts des katastrophalen Richtermangels zum Erliegen gekommen wäre. Über die Notwendigkeit rechtskundlichen Unterrichts in Schule und Volkshochschule Von Dr. Wolfgang Abendro th, Oberjustizrat in der Deutschen Justizverwaltung Voraussetzung einer lebensfähigen Demokratie ist die richtige Lösung des Problems der Stellung des Volkes zur Rechtsordnung. Demokratie ist Herrschaft des Volkes über die Rechtsetzung: Nur wenn das Volk das System seiner Rechtsordnung zu überblicken vermag, kann es die Tragweite gesetzgeberischer Maßnahmen seiner parlamentarischen Vertreter beurteilen, kann es durch Volksbegehren und Volksentscheid sinnvoll unmittelbar in die Gesetzgebung eingreifen. Fehlt ihm diese Fähigkeit, so wird es notwendig zum unkritischen Instrument der Spezialisten seiner Parteimaschinen und in Zeiten krisenhaften jähen Umbruchs unberechenbarer (doch nur zu genau berechnender) Demagogen. Demokratie ist aber auch Kontrolle des Volkes über die Rechtsanwendung, die es nur durch Teilnahme seiner Vertreter an Verwaltung und Rechtsprechung erlangen kann. Entziehen sich Gericht und Verwaltung dieser Kontrolle, entfremdet sich die Justiz dem Volke als ihrem Souverän, so wird sie Herr des Gesetzes und hört auf, Diener des im Gesetz normierten Volkswillens zu sein. Wie rasch sich in solcher Lage auch die äußeren Formen demokratischer Ordnung auflösen können, nachdem ihr Inhalt verflüchtigt ist, haben die Jahre 1932 und 1933 dem deutschen Volke deutlich genug gezeigt. Das Gesetz allein vermag hier nicht zu helfen. Die Volksrichter der Ostzone sind zwar durch ihre Herkunft und politische Vergangenheit davor bewahrt, sich von vornherein als Glieder einer bevorrechtigten Klasse zu fühlen. Wer aber vermag zu garantieren, daß sie im ewigen Gleichmaß des Dienstes sich nicht doch auf die Dauer dem volksfremden Standesdünkel anpassen, den der alte Juristenstand nicht selten entwickelt hatte? Die Mitwirkung der Laienrichter wird allzu leicht zur bloßen Statistenrolle, wenn ihnen rechtliche Schulung und sicheres Rechtsgefühl mangeln. Das deutsche Recht ist in einem langen Zeitraum seiner Entwicklung volksfremd geworden: Die Rezeption des römischen Rechts war zwar ein notwendiger Entwicklungsschritt, weil das zersplitterte deutsche Recht nicht imstande war, die für den be- 159;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der per Note die Besuchsgenehmigung und der erste Besuchstermin mitgeteilt. Die weiteren Besuche werden auf die gleiche Veise festgelegt. Die Besuchstermine sind dem Leiter der Abteilung abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften sind grundsätzlich von den zuständigen Untersuchungsführern, nach vorheriger Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie gemäß den Festlegungen in dieser Dienstanweisung zu entscheiden. Werden vom Staatsanwalt oder Gericht Weisungen erteilt, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel entsprechend der operativen Situation einzuteilen und einzusetzen. Der Transportoffizier ist verantwortlich für die - ordnungsgemäße Durchsetzung der Anweisungen zur Gefangenentransportdurchführung und Absicherung sowie zur Vorführung, Durchsetzung und Einhaltung der Sicherheit im Dienstobjekt, Absicherung der organisatorischen. Maßnahmen des Uniersuchungshaft vozugeVorbereitung, Absicherung und Durchführung von Transporten und liehen Haupt Verhandlungen. Der Stellvertreter des Leiters der Abteilung. Der Stellvertreter des Leiters der Abteilung der untersteht dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die rationelle und wirksame Organisation der gesamten Tätigkeit aller Mitarbeiter. So wird der Arbeitsgruppenleiter seiner Rolle als unerläßliches Bindeglied zwischen dem Leiter und jedem einzelnen Mitarbeiter gerecht.

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