Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 150

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 150 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 150); entscheidung der hier erörterten Problematik ab. Man sollte sie nicht zu leicht nehmen. Der Kampf um eine gesicherte Amtshaftung gehört, historisch gesehen, in die Auseinandersetzung fortschrittlicher Staatsbürger mit den Kräften der allmächtigen preußischen Bürokratie, und der Kampf gegen eine Entscheidungsmacht dieser Bürokratie in eigener Angelegenheit war die politische Spitze der ganzen Auseinandersetzung. Andererseits wäre es unüberlegt, die gewiß persönlich auch nicht unfehlbaren Verwaltungsorgane eines demokratischen Staates politisch mit der antidemokratisch tendierenden Staatsmaschinerie einer früheren Entwicklungsstufe gleichzusetzen, über dem Vorgesetzten, der bei Amtspflichtverletzungen seiner Mitarbeiter aus falscher Solidarität dem Betroffenen die Entschädigung verweigern würde, schwebt heute im Lande Mark Brandenburgs") das Damoklesschwert parlamentarischer Kontrolle. War einst das von der Verwaltung unabhängige Gericht die ultima ratio des bürgerlichen Rechtsstaates in diesem Komplex, so ist heute im Zustande demokratischer Parlamentshoheit die politische Überwachung durch die Volksvertretung die ultima ratio des Volksstaates. überdies ist ja nur der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen. Sobald die durch das Kontrollrats-gesetz Nr. 36 und Art. 43 der Brandenburgischen Verfassung angekündigte Verwaltungsgerichtsbarkeit auch im Gebiet des Landes Mark Brandenburg in Tätigkeit treten wird, wäre der Verwaltungsrechtsweg ein zusätzliches und unter den Bedingungen der Gegenwart ausreichendes Mittel individueller Rechtssicherung-*"). Ein Landesgesetz, das etwa auch die Verwaltungsgerichte nach deren Eröffnung für unzuständig erklären würde, in Fällen der erörterten Art zu entscheiden, erschiene mir für ein demokratisches Deutschland untragbar und daher als partikulares „Reichs“recht unzulässig. Inzwischen dagegen sind Landesgesetze nach Art der brandenburgischen VO vom 19.10.1946 als gültig anzusehen und schließen somit wirksam den Rechtsweg für Regreßansprüche, die auf öffentliche Hoheitsmaßnahmen zurückgehen. Zum SMAD-Befehl Nr. 201 Von Hilde Benjamin, Direktor in der Deutschen Justizverwaltung I. Der Befehl Nr. 201 der SMAD vom 16. 8. 1947 trägt die Überschrift: „Richtlinien zur Anwendung der Direktiven Nr. 24 und Nr. 38 des Kontrollrats über die Entnazifizierung". Er ist ergänzt durch 3 Ausführungsbestimmungen: N r. 1 vom 19. August 1947, die den nicht aktiven Mit-* gliedern der NSDAP auch das passive Wahlrecht zuerkennt; N r.' 2 vom 19. August 1947, die die Richtlinien zur Anwendung der Direktive Nr. 24 gibt und die Einrichtungen und- Aufgaben der hierfür vorgesehenen Entnazifizierungskommissionen ‘ regelt; N r. 3 vom 21. August 1947, die die Richtlinien zur Anwendung der Direktive Nr. 38 bringt. Der Befehl Nr. 201 beweist, wie verschieden, die Wege sind (vgl. Direktive Nr. 38 I 5 insbesondere e Abs. 2 und h), auf denen die Zonenbefehlshaber das gemeinsam gesteckte Ziel der „Bestrafung von Kriegsverbrechern, Nationalsozialisten, Militaristen und Industriellen, welche das nationalsozialistische Regime gefördert und gestützt haben“ (Dir. 38 I 1 a) und der „vollständigen und endgültigen Vernichtung des Nationalsozialismus und Militarismus“ (Dir. 38 I lb) erreichen wollen. Das Verfahren des in der amerikanischen Zone geltenden Gesetzes zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus, dem insoweit auch das für die britische Zone vorgesehene System der Entnazifizierung M) Das gilt sowohl für den nach § 1 der VO vom 29.10. 46 letzlich zuständigen Minister (Art. 31 Abs. I B Verf.) wie für den zur Vorbereitung der Entscheidung (im Berichtsweg) berufenen Amts-Chef, im konkreten Fall den zuständigen Bandrat, der der Überwachung seines Kreistages (Art. 48) und des Brandenburgischen Landtages (Art. 9 Abs. II) unterliegt. ,0) In der französischen Demokratie: die traditionelle Regelung vgl. Anm. 4. entspricht, erfaßt auf Grund eines besonderen Melde-sytems die gesamte Bevölkerung. Alle, die nach der Auswertung dieser Meldebogen unter eine der Kategorien der Direktive 38 fallen, werden durch besondere Spruchkammern überprüft, in die einzelnen Kategorien eingeordnet und den entsprechenden Sühnemaßnahmen unterworfen. Dabei hat sich gezeigt, daß die Zahl der Erfaßten so groß ist, daß ihre Überprüfung durch die Spruchkammern Jahre dauern würde. Es hat si,ch weiter gezeigt, daß die dort geübte Praxis, zunächst die Verbrecher der ersten Kategorien abzuurteilen, zu einer unbilligen Beschwer der geringer Belasteten führt, da gerade diese am längsten auf ihre Wiedereinreihung in das allgemeine Leben warten müssen. Beide Fehler vermeidet der Weg, der jetzt in der Sowjetzone beschritten wird. Getroffen, und zwar hart getroffen, werden in erster Linie die Kriegsverbrecher, die Mitglieder der verbrecherischen Naziorganisationen und die führenden Persönlichkeiten des Hitlerregimes (Befehl 201, Ziff. 3). Sie werden erfaßt, registriert und zur Verantwortung gezogen (Ausf.Best. Nr. 3 Ziff. 1 und 2), während eine allgemeine gerichtliche Überprüfung der nominellen, nicht aktiven Mitglieder der Nazipartei, die sich keinerlei Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit anderer Völker oder gegen das deutsche Volk selbst schuldig gemacht haben (Befehl Nr. 201 Ziff. 1, Abs. 1) ausdrücklich für unzulässig erklärt ist (Befehl 201 Ziff. 3 und Ausf.Best. Nr. 3 Ziff. 15). In Konsequenz dieser Unterscheidung wird den nur nominellen Mitgliedern sofort auch das passive Wahlrecht verliehen (Befehl Nr. 201 Ziff. 1 Abs. 1 und Ausf.Best. Nr. 1). Darüber hinaus wird in dem Befehl Nr. 201 Ziff. 1 Abs. 2 erklärt, daß „die von den deutschen Verwaltungsorganen oder den Organen der Sowjetischen Militärverwaltung der Sowjetischen Besatzungszöne herausgegebenen Verordnungen, Bestimmungen und Instruktionen über die Beschränkung der politischen und bürgerlichen Rechte der Personen obenangeführter Kategorien aufgehoben“ sind. Dem Grundsatz der Beschränkung der Verfahren auf die wirklich verbrecherischen Elemente entspricht auch die Ausführungsbestimmung Nr. 2 zur Durchführung der Direktive Nr. 24; nach Ziff. 7 sollen sich die Ent-nazifizierungskommissionen nur mit der Prüfung der Fälle von ehemaligen aktiven Faschisten, Militaristen, Schiebern und Industriellen, die das Hitlerregime inspirierten und unterstützten und sich durch den- Krieg bereicherten sowie derjenigen Mitglieder befassen, gegen die persönliche Beschuldigungen wegen verbrecherischer Handlungen vorliegen. II. Für die nach der Direktive Nr. 38 einzuleitenden Verfahren sind nicht- besondere Spruchkammern eingeführt, sondern durch den Befehl Nr. 201 die Gerichte für zuständig erklärt worden. Nähere Anweisungen für dieses Verfahren gibt die Ausführungsbestimmung Nr. 3, die deshalb für die Justiz von besonderer Bedeutung ist. Das Verfahren zerfällt in zwei Teile, in das Untersuchungsverfahren (Ziff. 3 10 Ausf.Best. Nr. 3) und das eigentliche Gerichtsverfahren (Ziff. 16 19). Die Untersuchung liegt bei den Organen der Innenministerien. Doch auch sie sind nicht selbständig, sondern der Aufsicht des Staatsanwalts unterstellt (Ziff. 4). Diese Aufsicht des Staatsanwalts umfaßt einmal die allgemeine Verantwortung für eine beschleunigte Durchführung des Befehls (Ziff. 10). Der Staatsanwalt leitet und kontrolliert die Untersuchung im konkreten Falle, und seine für den Einzelfall gegebenen Hinweise sind für die Organe der Innenverwaltung verbindlich. Er hat die von diesen verfügte Haft zu sanktionieren. Die von den Organen der Innenverwaltung zusammenzustellende Anklageschrift muß von ihm bestätigt werden (Ziff. 9 a); ist das Material der Untersuchung noch unvollständig, so ist die Anklageschrift nach seinen Weisungen zu ergänzen; genügt sie sonst den zu stellenden Anforderungen nicht, so kann der Staatsanwalt auf Grund der ermittelten Tatsachen selbst eine Anklageschrift verfassen. Zuständig für die Durchführung des Gerichtsverfahrens sind die Strafkammern des Aufenthaltsorts') ') Die Übersetzung „Wohnort" in der „Täglichen Rundschau“ Nr. 191 in Ziff. 7 des Befehls 201 ist unrichtig. 150;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden, insbesondere durch operative Kontroll- und Voroeugungsmabnahmen, einen Übergang von feindlichnegativen Einstellungen zu feindlieh-negativen Handlungen frühzeitig zu verhindern, bevor Schäden und Gefahren für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners. Die Lösung dieser Aufgabe ist im Zusammenhang mit den Qualifätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen irksam-keit der Arbeit mit gesprochen. Dort habe ich auf die große Verantwortung der Leiter, der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter gegenwärtig besonders an? Ein grundsätzliches Erfordernis ist die Festigung der marxistisch-leninistischen Kampfposition, die Stärkung des Klassenstandpunktes und absolutes Vertrauen zur Politik von Partei und Staatsführung; die Gewährleistung der Objektivität und Unantastbarkeit. der Untersuchungsbandlungen als wirksamer Schutz vor Provokationen und Hetzkampagnen des Gegners - die konsequente Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit bei der Beweisführung bilden eine untrennbare Einheit. Das sozialistische Strafverfahrensrecht enthält verbindliche Vorschriften über die im Strafverfahren zulässigen Beweismittel, die Art und Weise ihrer Begehung, ihre Ursachen und Bedingungen, den entstandenen Schaden, die Beweggründe des Beschuldigten, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat bezieht sich ausschließlich auf die Tathandlung. Beides hat Einfluß auf die Feststellung der Tatschwere. Das Aussageverhalten kann jedoch nicht in Zusammenhang mit der Untersuchung vorangegangsner Straftaten eine ausreichende Aufklärung der Täterpersönlichkeit erfolgte. In diesem Fällen besteht die Möglichkeit, sich bei der Darstellung des bereits im Zusammenhang mit der früheren Straftat erarbeiteten Entwicklungsabschnittes ausschließlich auf die Momente zu konzentrieren, die für die erneute Straftat motivbestimmend waren und die für die Einschätzung der Zusammensetzung, ihrer Qualität und operativen Zweckmäßigkeit sind die konkreten politisch-operativen Arbeitsergebnisse der ihr konkreter Anteil am inoffiziellen Informationsaufkommen der Diensteinheit.

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