Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 139

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 139 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 139); völkerungsgruppen. Die Verfolgung eines Einzelnen kann nicht als eine „an der Zivilbevölkerung“ begangene Handlung im Sinne des Gesetzes verstanden werden. Daß das Gesetz nicht auf Verfolgung aus unpolitischen Gründen ausgedehnt werden kann, ergibt sich aber auch aus seiner Entstehungsgeschichte und dem politischen Zusammenhang, in dem es erlassen ist. Wie schon ausgeführt, knüpft es an das Statut des Nürnberger Gerichtshofes an, der sich nur mit Straftaten von politischem Charakter beschäftigt. Nach seiner Einleitung soll es die Strafverfolgung „von Kriegsverbrechern und anderen Missetätern dieser Art“ ermöglichen, und in Art. I wird auf die Moskauer Deklaration vom 30. Oktober 1943 „betreffend die Verantwortlichkeit der Hitler-Anhänger für begangene Greueltaten“ Bezug genommen. Die Ausdehnung des Gesetzes auf unpolitische Handlungen würde auch zu untragbaren Konsequenzen führen. In der Öffentlichkeit ist z. B. darauf hingewiesen worden, daß dann ein Vermieter, der seinen totkranken Mieter exmittiert in dem Bewußtsein, daß dies den Tod des Mieters zur Folge haben würde, wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit bestraft werden müßte. Bei einer so weiten Ausdehnung würde sich auch die Rückwirkung des Gesetzes kaum rechtfertigen lassen und die Bedenken, daß der Satz „nullum crimen sine lege“ verletzt sei, würden dann nicht unbeachtlich sein. Da das Schwurgericht sich mit der Frage, ob der Angeklagte aus politischen Gründen gehandelt hat, nicht befaßt hat, mußte das Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden. Der Begriff des politischen Grundes, mit dem sich das Schwurgericht nunmehr zu befassen haben wird, muß aus den politischen Verhältnissen, unter denen der Täter gehandelt hat, entwickelt werden. Durch die ihm verschworenen Organisationen, insbesondere auch das Korps der politischen Leiter, versuchte das Naziregime jeden Bürger auf die sogenannte nationalsozialistische Weltanschauung, die nicht nur diejenige der Partei, sondern auch die des Staates war, festzulegen. Eine abweichende politische Überzeugung wurde nicht geduldet und rücksichtslos unterdrückt. Die Ortsgruppenleiter führten eine Kartei über alle Personen innerhalb der Ortsgruppe, in der alles aufgeführt war, was zur Bildung des Urteils über die politische Zuverlässigkeit dienen sollte (vgl. Das Urteil von Nürnberg, S. 95). Diese Überwachungstätigkeit und diese Unterdrückungsmethoden waren allgemein bekannt. Wer sie kannte und einen anderen wegen einer gegen das Regime gerichteten oder dessen Anordnungen zuwiderlaufenden Handlung oder Äußerung den Behörden oder anderen Organen des Regimes in die Hände lieferte, bekannte sich damit zu dem Regime und seinen Methoden und handelte aus politischen Gründen. Die Annahme eines politischen Grundes setzt daher nicht voraus, daß der Täter Parteigenosse war oder sich politisch betätigt hat, nicht einmal notwendig, daß er einen anderen gerade wegen seiner abweichenden politischen Gesinnung verfolgt hat. Es genügt vielmehr, daß der Täter den Verfolgten bewußt der willkürlichen und unmenschlichen Gewalt des Naziregimes überliefert hat. Es können unter den Begriff der Verfolgung aus politischen Gründen daher auch solche Handlungen insbesondere Denunziationen fallen, die der Täter aus rein persönlichen Gründen, etwa aus persönlichem Rachegefühl oder auf Grund irgendeines Zerwürfnisses mit dem Verfolgten begeht. Es kommt also insoweit wie auch bei der Feststellung des unmenschlichen Handelns des Täters entscheidend auf dessen Willensrichtung und die Vorstellung an, die er sich von dem Erfolg seiner Handlung macht. Dabei ist zwischen dem Bewußtsein des unmenschlichen Handelns und dem Bewußtsein der Rechtswidrigkeit zu unterscheiden. Derjenige, der die unmenschlichen Methoden des Naziregimes, insbesondere die Methoden der Gestapo kennt, und in dieser Kenntnis den von ihm Verfolgten diesen Methoden ausliefert, kann sich nicht darauf berufen, daß er sein Vorgehen für gesetzlich und die staatlichen oder Parteiorgane für verpflichtet zum Einschreiten gehalten habe. Der Senat hat schon in seiner Entscheidung vom 24. August 1946 (1 Ss 45/46) die Auffassung vertreten, niemand könne sich zur Begründung dafür, daß ihm das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gefehlt habe, auf eine Einstellung berufen, die im Gegensatz zum allgemein anerkannten Sittengesetz steht. Bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist ein Notstand im Sinne des § 52 StGB nur unter besonderen Voraussetzungen zu berücksichtigen. OLG Dresden, Urteil v. 23. 5.1941 20.58/47. Der Angeklagte hatte als Polizeibeamter seinem Vorgesetzten bei der Mißhandlung von Gefangenen und anderen Personen während der Nazizeit geholfen und berief sich darauf, daß er zu diesem Verhalten gezwungen worden sei. Der Revisionsbegründung ist dahin beizupflichten, daß der Angeklagte bei Begehung der Handlungen unter einem starken Druck gestanden hat, und daß für ihn eine Gefahrenlage im Sinne von § 52 StGB gegeben war. Dies pflegt bei einem großen Teil der zur Aburteilung gelangenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Fall zu sein. Das verbrecherische Hitler-regirne suchte in sehr weitem Maße die Ihm unterstehenden Menschen durch ausgesprochene oder unausgesprochene, aber den Verhältnissen zu entnehmende Drohungen mit terroristischen Maßnahmen nicht nur gefügig zu machen, sondern auch zu aktivem Eingreifen im Sinne der von ihm verfolgten Zwecke zu veranlassen. Diese Sachlage, von der fast jeder irgendwie betroffen wurde, kann es aber strafrechtlich nicht ohne weiteres entschuldigen, wenn sich jemand zum willenlosen Werkzeug der damals herrschenden Richtung machte. In der Rechtsprechung ist von jeher gegenüber der im § 52 StGB vorgesehenen Lage iu gewissen Fällen eine Verpflichtung zum Mut erfordert worden, so z. B. auf Grund von Bestimmungen des ehemaligen Militärstrafgesetzbuches von Soldaten, auf Grund der Seemannsordnung von Seeleuten bei der Verrichtung von Dienstpflichten, und auch von anderen Personen, deren Amt und Beruf eine besondere Beherztheit erfordert, wie z. B. von Polizeibeamten und B'euerwehrmännern oder solchen Personen, die sich vertragsmäßig zum Aushalten von Gefahren verpflichtet hatten. Bei der Aburteilung von Verbrechen nach dem Kon-trollratsgesetz Nr. 10 wird man allgemein im Dienste der Wahrung der Menschlichkeit eine gewisse Beherztheit und die Bereitschaft zur Übernahme gewisser Gefahren zu fordern haben. Jedenfalls kann es in der Regel die Anwendung des § 52 StGB nicht rechtfertigen, wenn sich jemand, ohne auch nur den Versuch zu machen, sich dem auf ihn ausgeübten Druck zu entziehen, oder ihm in gewissen Grenzen Widerstand zu leisten, zum willenlosen Werkzeug der nazistischen Machthaber hergegeben hat. Ob aber dieser Gesichtspunkt unter Zugrundelegung der Feststellungen des angefochtenen Urteils Im vorliegenden Falle einschlägt, kann dahin gestellt bleiben, denn nach Art. HI Ziff. 4a und b des Kontrollrats-gesetzes Nr. 10 befreien die Tatsachen, daß jemand eine amtliche Stellung eingenommen oder unter dem Befehl seiner Regierung oder seines Vorgesetzten gehandelt hat, ihn nicht von der Verantwortlichkeit für ein unter das Kontrollratsgesetz fallendes Verbrechen. Der hier zum Ausdruck gebrachte Rechtsgedanke aber muß zu der Folgerung führen, daß auch eine Gefahrenlage gemäß § 52 Abs. 1 StGB, wenn sie, wie im vorliegenden Falle, überhaupt erst dadurch geschaffen worden ist, daß der Täter eine amtliche Stellung (im vorliegenden Falle die eines Polizeibeamten) bekleidete, nicht als Schuldauschließungs grund wirken kann. Die Revisionsrüge ist daher unbegründet. § 3 des Jugendgerichtsgesetzes vom 6- 11.1948 findet auch auf Strafsachen nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 Anwendung. OLG Dresden, Urteil vom 16. 5.47 20.18/47. Bei K., der zur Zeit der Tat etwa 16 Jahre alt war, hat das Jugendgerichtsgesetz vom 6. 11. 1943 Anwendung zu finden, das nicht aufgehoben ist, dessen Fortgeltung nach der Rundverfügung Nr. 132 der Landesverwaltung Sachsen Justiz ausdrücklich klargestellt ist und das nach § 1 Abs. 2 der Jugendstrafrechtsverordnung vom 6.11.1943 (RGBl. Tell I S. 635) auch auf Taten angewendet wird, die vor seinem Inkrafttreten begangen sind. Es gilt, wie auch das übrige deutsche Strafrecht, neben dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 subsidiär, soweit nicht im Kontrollratsgesetz selbst Sonderbetimmungen enthalten sind oder 139;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit Vorbeugende Verhinderung von Aktivitäten Übersiedlungsersuchender Bürger zur Einbeziehung von Auslandsvertretungen nichtsozialistischer Staaten in der und in anderen sozialistischen Staaten Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Schlußwort auf der Delegiertenkonferenz der am Schlußwort des Ministers auf der Delegiertenkonferenz der Kreisparteiorganisation im Staatssicherheit am Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Andere dienstliche Bestimmungen, Orientierungen und Analysen Anweisung des Leiters der Hauptabteilung zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Dienstobjekt Berlin-Hohenschönhausen, Ereienwalder Straße des Wachregimentes Peliks Dziersynski Lehrmaterial der Juristischen Hochschule Vertrauliche Verschlußsache Vertrauliche Verschlußsache - oOÖlr Staatssicherheit : Ausf; bis Grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit zur Beweisführung genutzt werden. Die Verfasser konzentrieren sich dabei bewußt auf solche Problemstellungen, die unter den Bedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der unter den Bedingungen der er Bahre, insbesondere zu den sich aus den Lagebedingungen ergebenden höheren qualitativen Anforderungen an den Schutz der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung ausprägen zu helfen, Einen wichtigen und sehr konkreten Beitrag zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene enthalten. Das Ziel der Vorbeugung auf dieser Ebene besteht darin, die Existenzbedingungen - die Ursachen und Bedingungen - der feindlichnegativen Einstellungen und Handlungen auf der Grundlage der erarbeiteten politisch-operativ bedeutsamen Informationen noch stärker und differenzierter zur Einleitung und Realisierung von Maßnahmen zur Veränderung der Situation herangezogen werden.

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