Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 108

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 108 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 108); Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch, Begründung, Allgemeiner Teil, Berlin 1909, Seite 56). Im Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß sind Urteile erlassen worden, die mit den deutschen Bestimmungen über die Höchstdauer der Strafarten nicht vereinbar sein würden. So ist der ehemalige Minister Speer zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Es wäre nicht zweckentsprechend, wenn deutsche Gerichte, die Verbrechen gegen das Kontrollratsgesetz Nr. 10 abzuurteilen haben, an die genannten Bestimmungen des StGB gebunden wären, während dies für Gerichte der Besatzungsmächte bei der Aburteilung wesentlich gleichgearteter Tatbestände nicht der Fall sein würde. Der Strafsenat gelangt also zu dem Ergebnis, daß für das Kontrollratsgesetz Nr. 10 die Bestimmungen des Deutschen StGB über die Dauer der Strafarten nicht maßgebend sind. An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch, daß die Direktive 38 des Kontrollrats, Artikel VIII, als Sühnemaßnahme für bestimmte Kriegsverbrecher eine zeitliche Zuchthausstrafe für die Dauer von 5 15 Jahren androht. Diese Regelung betrifft lediglich die Direktive 38 und erlaubt keine Folgerung für die Höchstdauer der Strafart im Allgemeinen. Für während der Nazizeit, insbesondere während der letzten Tage des Krieges, begangene Verbrechen gegen die Menschlichkeit kann der damals nach deutschem Recht geltende positive Rechtszustand bei der Beurteilung der Frage, ob die Handlung als unmenschlich anzusehen ist, nicht bedingungslos und nicht ohne Ausnahme schuldverneinend wirken. OLG Dresden, Urteil v. 18. 4. 47 20. 30/47. Aus denFeststellungen des angefochtenen Urteils ist folgendes hervorzuheben: In der Woche vor dem 29. April 1945 kamen Truppen der Roten Armee nach L. Am 26. April fanden in L. wie am folgenden Tage Plünderungen statt. Am 29. April rückten dann wieder deutsche Truppen ein. Von diesen wurde eine größere Anzahl von Plünderern am Kirchplatz erschossen. Der 16jährige L. aus Ostpreußen wurde dabei mit einer Schreibmaschine betroffen, die er angeblich von Russen bekommen hatte. Außerdem wurde bei ihm eine Pistole vorgefunden, die er angeblich von deutschen Soldaten erhalten hatte. Der Angeklagte erhielt als Volkssturmmann von einem Feldwebel im Schützenhaus zu L. den L. übergeben, um ihn nach dem Kirchplatz zu führen. Er hatte den L. schon an Tagen vorher unwiderlegt beobachtet, wie dieser aus der Biskuitfabrik Kisten entwendete. Der Angeklagte fragte den L. nach seinem Alter und erfuhr, daß er erst 16 Jahre alt war; er hielt ihm vor, daß er geplündert hätte, was dieser leugnete. Zu einem jugendlichen Soldaten sagte er weiter, dieser wäre ein tüchtiger Kerl, er verteidige sein Vaterland, während der L. als ostpreußischer Lümmel geplündert habe. Der Angeklagte brachte ihn dann nach dem Kirchplatz und sagte zweimal: „Du hast geplündert, ran an die Wand!“ und forderte auch einen Soldaten auf, den L. zu erschießen. Bei der dann erfolgenden Erschießung will er nicht dabei gewesen sein . Nach Art. II Ziff. 4 a und b des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 bildet es keinen Schuldausschließungsgrund, wenn der Angeklagte auf Grund eines Befehls oder einer amtlichen Stellung gehandelt hat. Unabhängig davon war jedoch die Frage zu prüfen, ob sich sein Gesamtverhalten unter Würdigung der Situation und aller für die Beurteilung in Frage kommenden Umstände als unmenschlich darstellt. Hierfür kann es unter Umständen auch mit von Bedeutung sein, ob die ihm zur Last gelegte Handlung nach dem für die Zeit ihrer Begehung in Deutschland in Geltung gesetzten Rechtszustand erlaubt war. Diese Frage wird im vorliegenden Falle zu bejahen sein. Denn L. konnte als Plünderer angesehen werden. Es kann dahingestellt bleiben, auf Grund welcher Bestimmung die Zulässigkeit der Erschießung von Plünderern an der Front damals hach deutschem Recht positivrechtlich herzuleiten war. Der damals nach deutschem Recht geltende positive Rechtszüstand kann jedoch für Handlungen, die von dem heute zugrunde zu legenden ethischen Standpunkt aus als ausgesprochen unmenschlich anzusehen sind, nicht bedingungslos und nicht ohne Ausnahme schuld- ausschließend wirken. Der verbrecherische Charakter des Naziregimes hatte sich zur Tatzeit schon in einer für jedermann erkennbaren und im Grunde genommen auch schon von jedermann erkannten Weise gezeigt. Die Herrschaft Hitlers wankte schon in ihren Grundlagen und der Zusammenbruch stand offensichtlich bevor. Unter diesen Umständen war es die sittliche Pflicht eines jeden, sich der Unterstützung der Hitler-schen Kriegführung, soweit irgend möglich, entweder völlig zu entziehen oder sich dabei weitestgehende Zurückhaltung aufzuerlegen. Es soll daraus zwar nicht die Konsequenz gezogen werden, daß jeder Soldat, der sich in den letzten Tagen vor dem Zusammenbruch noch an der Kriegführung beteiligte, zu bestrafen wäre. Jedoch müssen Akte besonderer Scheußlichkeit unabhängig von dem damals geltenden Rechtszustand geahndet werden. Diese Charakterisierung trifft aber auf den vorliegenden Fall zu. Denn L. war erst 16 Jahre alt. Auch stellt sich, wie der Angeklagte, dem ja die allgemeinen Verhältnisse bekannt waren, unter Zugrundelegung der Feststellungen des Urteils wußte, die Ansichnahme von Gegenständen durch L. als bei den damals herrschenden chaotischen Zuständen immerhin entschuldbar dar. Oeffentliches Recht Die Zulässigkeit einer Enteignung kann nicht mehr mit der Anfechtungsklage gegen eine Beschwerdeentscheidung angefochten werden, die den nach § 42 des Thür. Enteignungsgesetzes erlassenen „Enteignungsbeschluß“ bestätigt. OVG Jena, Vorbescheid v. 23.1. 47 A 28/46. Das Enteignungsve'rfahren nach dem Thüringischen Enteignungsgesetz vom' 18. April 1921 vollzieht sich, wie auch nach den Gesetzen anderer Länder, grundsätzlich in 3 Abschnitten, die hinsichtlich der Rechtsmittel besonderer Regelung unterworfen sind. Der erste Abschnitt wird durch die vom Ministerium zu erlassende Enteignungsverordnung abgeschlossen. In ihr wird die Entscheidung darüber getroffen, daß die Enteignung aus Gründen des öffentlichen Wohles zulässig ist und welches oder welche Grundstücke für die Enteignung in Frage kommen. Diese Verordnung, bei der es sich um einen Regierungsakt besonderer Art handelt, ist nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 3 Abs. 2 des Gesetzes unanfechtbar. Im zweiten Abschnitt, dem Planfeststellungs- und Entschädigungsverfahren, entscheidet, ermächtigt durch die Enteignungsverordnung, die zuständige Enteignungsbehörde nach entsprechenden Ermittlungen, in welchem Umfange das oder die Grundstücke zu enteignen und welche Entschädigungen dafür zu leisten sind. Gegen die in diesem Abschnitt ergehende Entscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde und Anfechtungsklage, hinsichtlich der Entschädigung auch der ordentliche Rechtsweg gegeben. Sind diese Entscheidungen rechtskräftig erfolgt, so wird im 3. Abschnitt nach Zahlung oder Hinterlegung der Entschädigung durch den Enteignungsbeschluß die Übertragung des enteig-neten Grundstücks an das Unternehmen, zu dessen Gunsten sie erfolgt ist, ausgesprochen. Gegen diesen Beschluß ist wiederum die Beschwerde zugelassen und gegen die Beschwerdeentscheidung nach dem Gesetz vom 14. Februar 1931 (Thür. Ges.S. S. 125 § 18) die Anfechtungsklage. Mit dieser Anfechtungsklage kann aber nur der Enteignungsbeschluß nach § 42 als solcher bemängelt, dagegen nicht gefordert werden, daß die ganze Enteignung rückgängig gemacht und als unzulässig erklärt wird. Eine Zulassung der Anfechtung in diesem Sinne würde bedeuten, daß entgegen dem Sinn und Wortlaut des § 3 des Thür. Enteignungsgesetzes die Enteignungsverordnung der Regierung doch angefochten und gegebenenfalls aufgehoben werden könnte. Sie würde auch bedeuten, daß die rechtskräftigen Entscheidungen im Planfeststellungs- und Entschädigtmgsverfahren nochmals angefochten werden könnten. Dabei war im gegebenen Falle zu beachten, daß der Anfechtungskläger seine ursprünglich in diesem Planfeststellungsverfahren erhobene Beschwerde ausdrücklich zurückgenommen hatte. Aus der Dreiteilung des Verfahrens und den besonderen Rechtsmittelzügen ergibt sich, daß, was in einem Abschnitt rechtskräftig festgestellt ist, 108;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung vom chungsa t: Die aus den politisch-operativen LageBedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierenden höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Untersuch.ungsh.aftvollzuges und deren Verwirklichung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Dis imperialistischen Geheimdienste der Gegenwart. Vertrauliche Verschlußsache . Die Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung, der gegen die Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichteten politischen Untergrundtätigkeit Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und offensiven Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Prozeß der Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrund-tätigkeit in der Vertrauliche Verschlußsache - Grimmer, Liebewirth, Meyer, Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Staatssicherheit . Ihre Spezifik wird dadurch bestimmt, daß sie offizielle staatliche Tätigkeit zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist. Die Diensteinheiten der Linie Untersuchung anspruchsvolle Aufgaben zu lösen sowie Verantwortungen wahrzunchnen. Die in Bearbeitung genommenen Ermittlungsverfahren sowie die Klärung von Vorkommnissen ind in enger Zusammenarbeit mit den anderen operativen Diensteinheiten zum Zwecke der weiteren Beweisführung und Überprüfung im Stadium des Ermittlungsverfahrens, entsprechend den Bestimmungen der Richtlinie, zu qualifizieren.

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