Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 105

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 105 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 105); % Erwägung, daß die Schuhe bereits im Jahre 1943 durch den verstorbenen Ehemann der Angeklagten versteckt und damit dem ordnungsmäßigen Verkehr bereits entzogen, also schon vom Ehemann der Angeklagten beiseitegeschafft bzw. zurückgehalten waren. Die Angeklagte habe zwar den Bestand bei der letzten Bestandsmeldung am 24.11.1945 und später bei der Hausdurchsuchung verschwiegen und verheimlicht, die Beiseiteschaffung jedoch sei bereits im Jahre 1943 durch den Ehemann der Angeklagten erfolgt und nicht durch die Angeklagte selbst. Dies ist rechtsirrig. Die Zurückhaltung kann nämlich nicht nur durch positives Tun, sondern auch durch Unterlassen begangen werden. Es ist davon auszugehen, daß die vorhandenen Waren in angemessener Frist dem Verbrauch zuzuführen sind, also, soweit nicht eine volkswirtschaftlich gerechtfertigte Lagerhaltung entgegensteht, laufend angeboten und veräußert werden müssen. Das Zurückhalten besteht in einer vorübergehenden Herausnahme der Ware aus dem ordnungsmäßigen Verkehr mit der Maßgabe, daß der Täter sich die Bestimmung des Zeitpunktes für die Wiedereinschaltung des Gutes in den Verkehr und Verbrauch vorbehält. Ein solches Zurückhalten hat nicht nur der verstorbene Ehemann der Angeklagten begangen, indem er die Ware versteckte, sondern auch die Angeklagte selbst, indem sie diese in den Verstecken beließ und nicht meldete und damit dem ordnungsmäßigen Warenumlauf weiterhin entzog . Die Strafkammer wird jedoch zu beachten haben, daß wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat die Änderung des § 358 Abs. 2 (und der §§ 331, 373 Abs. 2) StPO durch Art. 1 Ziff. 4 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Strafverfahrens und des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 28. Juni 1935 (RGBl. I S. 845) nicht mehr gilt. Dadurch wurde eine Strafverschärfung auch im Falle einer Anfechtung nur zugunsten des Angeklagten zugelassen. Dies verstößt gegen den Grundgedanken des demokratischen Staatsaufbaus. Hiervon geht auch der Thür. Entwurf einer Strafprozeßordnung aus (mitgeteilt durch Rundschreiben des Oberlandesgerichtspräsidenten von Gera Nr. 102/46 vom 31. 5.1946). Es gilt also wieder bis zu einer anderweiten gesetzlichen Neuregelung des Strafverfahrensrechts die frühere Fassung des § 358 Abs. 2: „War das Urteil nur von dem Angeklagten oder zu seinen Gunsten von der Staatsanwaltschaft oder einer der im § 298 bezeichneten Personen angefoch-ten worden, so darf das neue Urteil eine härtere Strafe als die in dem ersteren erkannte nicht verhängen.“ Dies schließt aber eine Zurückweisung deshalb, weil derselbe Tatbestand unter ein strengeres als das im aufgehobenen Urteil angewendete Gesetz fällt, nicht aus. Nur die Srafe muß sich in dem aus § 358 Abs. 2 a. F. ersichtlichen Rahmen halten. Anmerkung: Der Entscheidung ist insbesondere darin zuzustimmen, daß das Verbot der reformatio in peius, das durch das Gesetz vom 28. 6. 35 aufgehoben wurde, wieder in Geltung ist. Die Fragen, die mit diesem Grundsatz in Zusammenhang stehen, werden demnächst in einem selbständigen Beitrag behandelt werden. (D. Red.) § 267 StPO. Eine Bezugnahme des Berufungsurteils auf die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils ist nur zulässig, wenn genau und zweifelsfrei angegeben wird, in welchem Umfange die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz für zutreffend erachtet werden. -KG, Urteil v. 8.1. 47 1 Ss. 134/46. Das Urteil gibt aber sonst zu Bedenken Anlaß. Es führt aus, daß die Hauptverhandlung vor der Strafkammer die tatsächlichen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils auf Grund der Angaben des Angeklagten bestätigt habe. Nach der feststehenden Rechtsprechung des früheren Reichsgerichts (vgl. RGSt. 59, 78 und 427, ferner 66,8), der sich der Senat ohne Bedenken anschließt, ist eine Bezugnahme des Berufungsurteils auf die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils nur dann zulässig, wenn genau und zweifelsfrei angegeben wird, in welchem Umfange das Berufungsgericht die tatsächlichen und rechtlichen Ausfüh- rungen der Vorinstanz für zutreffend erachtet. Verweisungen auf vorinstanzliche Urteile können also nur dann zugelassen werden, wenn entweder die tatsächlichen und rechtlichen Annahmen der Vorinstanz in vollem Umfange und unverändert übernommen oder wenn nur solche Abänderungen oder Ergänzungen in unwesentlichen Punkten hinzugefügt werden, die die Gesamtfeststellung nicht zu einer unsicheren und zweifelhaften gestalten können. Bezüglich der im Urteilsausspruch des Landgerichts unter Nr. 14 bis 28 aufgeführten Sachen enthielt indessen das amtsgerichtliche Urteil keinerlei Feststellungen. Es ist daher nicht nachzuprüfen, welche strafbare Handlung, die Strafkammer hinsichtlich dieser Sachen als tatsächlich festgestellt erachtet hat. §§ 60 StGB, 267, 337 StPO. Das Unterlassen einer Prüfung der Anrechnung der Untersuchungshaft im Urteil als Revisionsgrund. OLG Gera, Urteil v. 23.4.47 1 Ss 49/47. Das Urteil weist auch in sachlicher Beziehung Mängel auf, die von der Revision zu Recht gerügt werden. Es enthält weder in der Formel, noch in den Gründen eine Erwähnung der von dem Angeklagten erlittenen Untersuchungshaft. Daraus muß gefolgert werden, daß das Landgericht es unterlassen hat, überhaupt eine Anrechnung der Untersuchungshaft gemäß § 60 StGB zu erwägen. Die Prüfung, ob die Untersuchungshaft auf die erkannte Strafe anzurechnen ist, ist aber von Bedeutung im Rahmen der Strafzumessung. Nach § 267 Abs. 3 StPO in der Fassung des thüringischen Entwurfs eines Anwendungsgesetzes zur StPO müssen die Gründe eines Urteils im einzelnen die besonderen Umstände des Falles anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Diese Vorschrift entspricht der erhöhten Bedeutung, die die Frage der richtigen Strafzumessung im Rechtsleben des heutigen demokratischen Staates einnimmt.- Aber selbst wenn man die Bestimmung noch nicht für geltendes Recht erachten sollte (der Senat hat zu dieser Frage noch nicht abschließend Stellung genommen, vgl. auch Urteil vom 16. April 1947 in Sachen 1 Ss 43/47), so ist doch in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Reichsgerichts ein Unterlassen der Prüfung der Anrechnung der Untersuchungshaft zugleich als sachlich rechtlicher Verstoß gegen § 60 StGB zu werten. (Vgl. RG in HRR 19391 Nr. 1317 und DJ (das Recht) 1939 Nr. 6512.) Dies trifft nicht nur auf Fälle zu, wo seitens des Angeklagten ein Antrag auf Anrechnung der Untersuchungshaft gestellt wurde, sondern auch, wenn, wie im vorliegenden Falle, ein ausdrücklicher diesbezüglicher Antrag des Angeklagten nicht vorliegt; es war Freispruch beantragt worden. Die Anrechnung der Untersuchungshaft ist gemäß § 60 StGB nicht abhängig von einem Antrag; es kann also auch die dem Tatrichter obliegende Pflicht zur Prüfung dieser Frage nicht von einem Antrag abhängig gemacht werden. In diesem Sinne sprechen sich auch die Erläuterungen im Leipziger Kommentar zum StGB § 60 Anm. VI aus, wo zunächst ausgeführt wird, daß das Urteil stets zu einem Antrag auf Anrechnung der Untersuchungshaft Stellung nehmen muß und im Anschluß daran gesagt wird: „Auch sonst muß das Urteil wenigstens erkennen lassen, daß § 60 StGB geprüft ist“. Das Urteil der Strafkammer enthält insoweit eine Lücke und bedarf einer Ergänzung. Anmerkung : Der Entscheidung ist im Ergebnis, nicht aber in der Begründung zuzustimmen. In der Rechtsprechung wurde bis zum Jahre 1938 meist der Standpunkt vertreten, die Ablehnung des Antrages auf Anrechnung der Untersuchungshaft bedürfe keiner ausdrücklichen Erwähnung in den Gründen des Strafurteils, weil § 267 Abs. 3 StPO nur besage, daß die Umstände, die für die Zumessutng der Strafe bestimmend waren, in den Gründen angeführt werden sollten. Eine Verletzung dieser Sollvorschrift wurde als Revisionsgrund nicht anerkannt, so daß die Revision nicht damit begründet werden konnte, daß ein. Urteil über die Anrechenbarkeit der Untersuchungshaft nichts sage (vergl. RGSt 35 S. 223). 105;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und unmittelbare Angriffe feindlich-negativer Kräfte direkt abzuwehren,stehen den Untersuchungsorganen neben der Strafprozeßordnung auch die Befugnisse des Gesetzes zu Verfügung. Bei der Bestimmung der Potenzen des Gesetzes für die Gestaltung der politisch-operativen Arbeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Grundsätze und allgemeine Voraussetzungen der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse weiterbestehen muß. Sollen zur Realisierung der politisch-operativen Zielstellung Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Befugnisregelungen durchgeführt werden, ist zu sichern, daß über den gesamten Zeitraum der Durchführung der Maßnahmen ständig geprüft wird, ob tatsächlich eine konkrete Gefahr besteht. Der Grundsatz, daß die Befugnisse des Gesetzes wahrgenommen werden können. Bei den von den Diensteinheiten der Linie zu erfüllenden Aufgaben können somit auch Eltern zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, Gegenstände in Verwahrung genommen eingezogen werden. Sollte es aus politisch-operativen Gründen unzweckmäßig sein, die entsprechenden einzuziehenden Gegenstände in der vorbezeichneten Weise zu charakterisieren, sind die Möglichkeiten der Volkspolizei in Verbindung mit der Fahndungsführungsgruppe Staatssicherheit zur operativen Fahndung nach Personen und Sachen in bezug auf Delikte nach Strafgesetzbuch umfassend zu erschließen und zu nutzen.

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