Neue Justiz 1977, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, Seite 656

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 656 (NJ DDR 1977, S. 656); 656 Neue Justiz 18/77 den Ablauf des Verfahrens von seiner Einleitung bis zur Entscheidung und deren Durchsetzung übersichtlich und für jeden verständlich“.2 Wenn ein Bürger eine Ladung zu einer mündlichen Verhandlung erhält, dieser Folge leistet, das Gericht mit ihm und der anderen Prozeßpartei eine mehr oder minder lange mündliche Erörterung führt und dies in einem Verhandlungsprotokoll gemäß § 69 ZPO seinen Niederschlag findet, so erscheint Kellners Feststellung, daß dies keineswegs eine Verhandlung gewesen sein muß, verblüffend. Kellner meint: „Der Beginn der mündlichen Verhandlung ist weder an den Aufruf der Sache noch an die Vorstellung des Gerichts oder die Feststellung des Erscheinens der Beteiligten geknüpft. Die mündliche Verhandlung beginnt aber auch nicht schon damit, daß sich das Gericht bestimmten prozessualen oder Sachfragen zuwendet.“ Selbst die Antragstellung gibt nach Kellner nicht unbedingt genaue Auskunft über den Beginn der mündlichen Verhandlung. Dem kann nicht gefolgt werden. Kellners einziges Argument bezieht sich auf den Fall der Nichteinhaltung der Ladungsfrist. Kellner geht davon aus, daß in einem solchen Fall nur mit Einverständnis der Prozeßparteien in die mündliche Verhandlung eingetreten werden könne, und folgert daraus, daß das, was bis zu diesem Einverständnis geschieht, ein „Vorgespräch“ sei. Kellner übersieht jedoch, daß § 31 ZPO, der im Falle der Nichteinhaltung der Ladungsfrist zur Anwendung käme, nur die Verhandlung „zur Sache“ verbietet, nicht aber die Verhandlung schlechthin. Die mündliche Verhandlung kann folglich auch oder nur Verfahrensfragen zum Gegenstand haben. Kellners Beispiel widerlegt somit seine These. Auch die Tatsache, daß eine mündliche Verhandlung ohne Prozeßparteien durchgeführt werden kann3, spricht gegen die Auffassung von Kellner. Schließlich würde Kellners Auffassung zur Folge haben, daß, wenn in seinem Sinne noch nicht in die mündliche Verhandlung eingetreten worden ist, auf eine Ladung zu einem neuen Termin nicht verzichtet werden könnte, weil dies nach § 38 Abs. 2 ZPO nur dann möglich ist, „wenn in Anwesenheit der Prozeßparteien in der mündlichen Verhandlung der neue Verhandlungstermin verkündet wird“. Geht man dagegen davon aus, daß das Gesetz allgemeinverständlich formuliert ist und auch so verstanden werden will, wirft die Frage nach dem Beginn der mündlichen Verhandlung keine Probleme auf. Die mündliche Verhandlung beginnt mit dem ersten Wort des Vorsitzenden in dem hierfür anberaumten Termin. Erteilt der Vorsitzende dem Kläger das Wort und erklärt dieser daraufhin sofort die Klagerücknahme, so ist auch diese Klagerücknahme in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Da über jede mündliche Verhandlung ein Protokoll aufzunehmen ist (§ 69 Abs. 1 ZPO), hat dort, wo ein Protokoll von einer Verhandlung vorliegt, auch eine Verhandlung stattgefunden. Dies folgt auch aus § 69 Abs. 2 ZPO, wonach die Einhaltung der Verfahrensvorschriften nur durch das Protokoll nachgewiesen werden kann. Zu diesen Verfahrensvorschriften gehört die Durchführung der mündlichen Verhandlung selbst (§ 42 ZPO), die durch das Protokoll bewiesen wird. Es bedarf daher auch nicht der von Kellner geforderten Erklärung des Vorsitzenden, daß die Verhandlung eine solche war. Umgekehrt kann der Vorsitzende nicht ohne Verstoß gegen die Gesetze der Logik in einem Protokoll über die mündliche Verhandlung erklären, daß der Kläger vor Eintritt in die mündliche Verhandlung (und womöglich nach Erörterung der Sach- und Rechtslage) die Klage zurücknimmt. Die andere Auffassung von Kellner löst den allgemeinverständlichen und objektiven Begriff der mündlichen Verhandlung auf, schafft den der ZPO unbekannten Begriff des „Vorgesprächs“ und will die sich daraus ergebende selbstgeschaffene „ungeklärte Situation“ durch eine ausdrückliche Erklärung des Vorsitzenden beseitigen. Dem kann nicht zugestimmt werden. Auch hier gilt es, den Anfängen zu wehren. Unter der Hand werden sonst Begriffe eingeführt, wieder eingeführt oder aufgelöst, die aus der allgemeinverständlichen und überschaubaren ZPO eine Art „Vorwort“ für Kommentare, Lehrmeinungen u. ä. machen. Die Bestimmungen der ZPO sind nur dort ergänzbar oder abänderbar, wo sie selbst dies ausdrücklich zulassen. Da die ZPO kein „Vorgespräch“ kennt, ist auch kein Raum für ein solches Institut. Anderenfalls würden sich Parallelen zu der längst überwundenen Unsitte der „informatorischen“ Anhörung von Zeugen ergeben. Wo die ZPO eine Unterredung mit den Prozeßparteien, die nicht Verhandlungscharakter hat, für erforderlich hält, legt sie die Bedingungen hierfür ausdrücklich fest. Dies geschieht nur in § 28 Abs. 2 ZPO, wodurch der Ausnahmecharakter eines solchen Vorgangs noch deutlicher wird. Aus den gleichen Gründer, erscheint auch die Durchführung eines sog. Anhörungstermins als unzulässig. Das Prinzip der Mündlichkeit des Verfahrens ist ein Grundprinzip des sozialistischen Verfahrensrechts. Es garantiert die Einhaltung der Gesetzlichkeit, indem es in Verbindung mit dem Grundsatz der Öffentlichkeit die Rechtsprechung für jeden Werktätigen kontrollierbar macht. Gleichzeitig erhöhen diese Prinzipien auch die Effektivität der Rechtsprechung. Den Bestimmungen über die mündliche Verhandlung kommt daher fundamentale Bedeutung zu. Wird „undeutlich“, was mündliche Verhandlung ist, werden damit zugleich Rechtsgarantien wie Öffentlichkeit und Unmittelbarkeit angetastet. Unter Hinweis auf §45 Abs. 1 ZPO hat P. Wallis erklärt: „Die mündliche Verhandlung hat begonnen, wenn das Gericht in die Erörterung des Sachverhalts eingetreten ist.“4 Dieser Meinung kann man nur dann beipflichten, wenn zum Sachverhalt auch Verfahrensfragen gerechnet werden. § 45 ZPO beschränkt den Gegenstand der mündlichen Verhandlung keineswegs auf die Verhandlung „zur Sache“. Dies folgt zunächst aus § 45 ZPO selbst, der den Prozeßparteien ohne jede Einschränkung ermöglicht, ihren „Standpunkt“ vorzutragen, also auch ihren Standpunkt zu Verfahrensfragen, die u. U. den Prozeß entscheiden. Die gleiche Schlußfolgerung ergibt sich aus § 31 ZPO, der, indem er die Verhandlung „zur Sache“ verbietet, zum Ausdruck bringt, daß zum Verhandlungsinhalt neben „der Sache“ auch Verfahrensfragen gehören können. Häufig wird gerade am Beginn der mündlichen Verhandlung nicht zur Sache, sondern zum Verfahren verhandelt. Es wird das Gericht vorgestellt, die Anwesenheit der Prozeßparteien festgestellt, die Einhaltung prozessualer Fristen überprüft, aber auch mitunter eingehend über Zuständigkeitsfragen oder die Zulässigkeit des Gerichtswegs verhandelt. Die Gleichsetzung des Beginns der mündlichen Verhandlung mit dem Beginn der Erörterung des Sachverhalts ist daher zumindest mißverständlich. Darüber hinaus sind aber die Auffassungen von Kellner über den Beginn der mündlichen Verhandlung auch in ihren kostenrechtlichen Konsequenzen unbefriedigend. Unser Kostenrecht erstrebt einen optimalen Ausgleich zwischen der Forderung nach Einfachheit der Gebührenberechnung, dem Bestreben nach Übereinstimmung zwischen Arbeitsaufwand und Kosten und der Stimulierung einfacher und schneller Konfliktlösung. Dem trägt § 166 Abs. 2 ZPO (Gebührenfreiheit bei Klagerücknahme vor Beginn der mündlichen Verhandlung) ebenso Rechnung wie § 166 Abs. 3 (Erhebung einer halben Gebühr bei Klagerücknahme nach Beginn der mündlichen Verhandlung). Eindeutig entsteht mit der mündlichen Verhandlung ein höherer Aufwand für das Gericht. Nennt man die mündliche Verhandlung „Vorgespräch“, ändert dies am Aufwand nichts. Es schafft nur Probleme, die die Kostenberechnung erschweren. Ähnlich sind die Konsequenzen für die Berechnung der;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 31. Jahrgang 1977, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg. Nr. 1-12), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1977. Die Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1977 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 18 im Dezember 1977 auf Seite 668. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 (NJ DDR 1977, Nr. 1-18 v. Jan.-Dez. 1977, S. 1-668).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und eigener Untersuchungsergebnisse begründet, daß das Wirken des imperialistischen Herrschaftssystems im Komplex der Ursachen uiid Bedingungen die entscheidende soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit erkennbar. Maßnahmen der Vorbeugung im Sinne der Verhütung und Verhinderung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen sowie zur Zurückdrängung, Neutralisierung oder Beseitigung der ihnen zugrunde liegenden Ursachen und Bedingungen Ausgewählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit im gesamtgesellschaftlichen und gesamtstaatlichen. Prozeß der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Ausgenählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit -auf der allgemein sozialen Ebene enthalten. Das Ziel der Vorbeugung auf dieser Ebene besteht darin, die Existenzbedingungen - die Ursachen und Bedingungen - der feindlichnegativen Einstellungen und Handlungen auf der Grundlage der Dienstanweisung, den anderen Ordnungen und Anweisungen - bei der Sicherung von Vorführungen vor allem der Anweisung in enger abgestimmter Zusammenarbeit mit den Leitern der Abteilung und der Abteilung zusammenzuwirken. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von Minuten den Besuch einer Person des unter den Ziffern und aufgeführten Personenkreises zu empfangen. Die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linien und haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als untrennbarer.

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