Neue Justiz 1977, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, Seite 546

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 546 (NJ DDR 1977, S. 546); 546 Neue Justiz deren Grundlage das sozialistische Strafrecht der DDR von BRD-Richtem angewandt werden. In den letzten Jahren sind daher in der BRD verstärkte Bestrebungen zur Aufgabe der interlokalen Konstruktion im Verhältnis zur DDR zu verzeichnen.!0 Heute schätzt selbst H. Woesner, Richter am Bundesgerichtshof, ein: „Die Versuche der Rechtsprechung, der deutsch-deutschen Strafrechtsmisere mit den Regeln des interlokalen Strafrechts beizukommen, müssen als gescheitert angesehen werden.“ 11 Während der BRD-Bundesgerichtshof nach dem Abschluß des Grundlagenvertrages12 bisher einer Entscheidung über das im Verhältnis zur DDR anzuwendende Recht selbst dann ausgewichen ist, wenn es sich um die straf-bzw. ordnungsstrafrechtliche Beurteilung des Verhaltens von Staatsbürgern der BRD auf dem Territorium der DDR handelt13, hat das in erster Instanz mit dem Fall Weinhold befaßte BRD-Gericht zwar die Anwendung der Regeln des interlokalen Strafrechts abgelehnt, seinen Zuständigkeitsanspruch zur strafrechtlichen Beurteilung aber aufrechterhalten. Die Zuständigkeitsanmaßung des Essener Schwurgerichts und das innerstaatliche Strafanwendungsrecht der BRD War nach den ersten Veröffentlichungen in der Tagespresse der BRD davon auszugehen, das Schwurgericht Essen habe sich gemäß § 7 Abs. 2 Ziff. 1 StGB der BRD für zuständig erklärt14, so geht aus dem Urteil hervor, daß sich die Richter vielmehr auf die analoge Anwendung des § 7 Abs. 2 Ziff. 2 StGB beriefen.15 Sie betrachteten Weinhold nicht als Staatsbürger eines anderen souveränen Staates, sondern „wie“ einen Ausländer. Indem die BRD-Justiz Weinhold „wie“ einen Ausländer behandelt, will sie den Anschein erwecken, als trage sie der Realität in den Beziehungen zwischen der DDR und der BRD Rechnung. Tatsächlich wäre gegen die unmittelbare (nicht jedoch analoge!) Anwendung des § 7 Abs. 2 Ziff. 2 StGB der BRD auf vergleichbare Fälle nichts einzuwenden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung wirklich erfüllt sind, d. h., wenn ein Täter wie Weinhold seinem Heimatstaat entweder wegen eines Auslieferungsverbots nicht übergeben werden darf oder wegen mangelnder Übernahmebereitschaft des Heimatstaates nicht ausgeliefert werden kann. Liegen diese Voraussetzungen hier vor? Die vorstehend erwähnte Norm des StGB der BRD geht davon aus, daß die BRD außer den in den §§ 4 bis 6 StGB geregelten für die Sache Weinhold nicht interessierenden Fällen auch dann zur Aburteilung von Straftaten zuständig ist, die Ausländer im Ausland verübten, wenn dem Betroffenen in der BRD Asyl gewährt oder dessen Auslieferung von der BRD erfolglos angeboten wurde. Der in der BRD gebräuchliche Beeksche StGB-Kommentar postuliert als Voraussetzung der Verfolgung derartiger Auslieferungsstraftaten unter ausdrücklicher Berufung auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs: „Wenn Auslieferungsverkehr besteht, muß die Auslieferung erfolglos angeboten sein.“16 Das Schwurgericht Essen hat es aus naheliegenden Gründen unterlassen zu prüfen, ob die Voraussetzungen dieser Norm im Fall Weinhold vorliegen. Schließlich war den Richtern bekannt, daß dem des Doppelmordes Angeklagten Asyl nicht gewährt worden war und der Generalstaatsanwalt in Hamm der DDR die Auslieferung des Weinhold nicht angeboten, sondern diese im Gegenteil abgelehnt hatte.17 Zu untersuchen ist, ob das Fehlen eines Rechtshilfe-bzw. Auslieferungsvertrags zwischen der DDR und der BRD das Essener Gericht von der Prüfung der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Ziff. 2 StGB der BRD entband. Selbst die vom Beckschen Kurzkommentar erwähnte Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs macht diese Prüfung nicht von der Existenz eines generellen Auslieferungsvertrags, sondern von der eines „Auslieferungsverkehrs“ abhängig. Auslieferungsverkehr kann begründet werden durch umfassende multilaterale Rechtshilfe- bzw. Auslieferungsabkommen, wie sie die BRD z. B. mit den Staaten der sog. westeuropäischen Gemeinschaft Unterzeichnete, bilaterale umfassende Rechtshilfe- bzw. Auslieferungsverträge, wie sie die BRD z.lB. mit der SFRJ abschloß, die Existenz einer Auslieferungspraxis auf der Grundlage der Gegenseitigkeit, wie sie zwischen der DDR und der BRD bereits vor Abschluß des Grundlagenvertrags begründet wurde.18 Die Gegenseitigkeit ist bekanntlich die Grundlage jeder zwischenstaatlichen Rechtshilfe. Demzufolge kann ein Staat vom anderen Staat nur erstreben, was selbst zu gewähren er im reziproken Fall bereit ist Dieser Kembereich zwischenstaatlicher Rechtshilfe ist natürlich dort von besonderem Gewicht, wo es sich um die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung handelt. Selbst offizielle Stellen in der BRD bestreiten nicht, daß zwischen der DDR und der BRD seit langem ein Auslieferungsverkehr19 existiert. Die DDR hat diese Verpflichtung stets erfüllt und der BRD mehrfach Personen ausgeliefert, die in der BRD schwere Verbrechen verübt hatten. Die Übernahme ausgelieferter Personen setzt natürlich voraus, daß sich der übernehmende Staat zu einer gleichen Praxis in reziproken Fällen bekennt. Im übrigen steht selbst für das Schwurgericht Essen völlig außer Zweifel, daß es in der BRD kein gesetzliches Hindernis gibt, der DDR diejenigen Personen zur weiteren Strafverfolgung oder -Vollstreckung zu übergeben, die in der DDR als DDR-Bürger, Drittstaatler oder Staatenlose schwerwiegende Straftaten verübten. Vorausgesetzt, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegende Straftat zählt nicht zu den internationalen Verbrechen wie z. B. Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, denen gegenüber der Souveränitätseinwand versagt , existiert für die BRD ein gesetzliches Auslieferungsverbot nur hinsichtlich ihrer eigenen Bürger, also der BRD-Staatsangehörigen, sowie derjenigen Personen, denen dort gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes Asyl gewährt wurde. Da beide Voraussetzungen im Fall Weinhold nicht erfüllt sind, wäre das mit der Angelegenheit befaßte BRD-Gericht verpflichtet gewesen, das dort nach der innerstaatlichen Struktur zuständige Staatsorgan zur Stellungnahme aufzufordern, was zur Auslieferung Weinholds an die DDR veranlaßt wurde. Weil der Nachweis erfolgloser Auslieferungsverhandlungen nicht zu führen ist, bestand und besteht! die Verpflichtung, das Verfahren zur Aufnahme von Auslieferungsverhandlungen an die dafür verantwortlichen BRD-Organe zurückzugeben. Zur strafrechtlichen Be- und Aburteilung des Falles Weinhold wäre die BRD-Justiz selbst nach ihrem eigenen innerstaatlichen Recht nur dann legitimiert, wenn der Nachweis des Scheitems derartiger Verhandlungen geführt werden könnte. Der Fall Weinhold im Spiegel der BRD-Fachpresse * 1 In diesem Zusammenhang erscheint es erforderlich, die Argumentation jener Publikationen auszuloten, die zum Fall Weinhold in der juristischen Fachpresse der BRD erschienen. Diese Stellungnahmen werden durch drei Komponenten charakterisiert: 1. Sie negieren durchweg Art. 6 des Grundlagenvertrags, der ausdrücklich bestimmt: „Die Deutsche Demokratische Republik und die Bundesrepublik Deutschland gehen von dem Grundsatz aus, daß die Hoheitsgewalt jedes der beiden Staaten sich auf sein Staatsgebiet beschränkt. Sie respektieren die Unabhängigkeit und Selbständigkeit jedes der bei-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 546 (NJ DDR 1977, S. 546) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 546 (NJ DDR 1977, S. 546)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 31. Jahrgang 1977, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg. Nr. 1-12), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1977. Die Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1977 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 18 im Dezember 1977 auf Seite 668. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 (NJ DDR 1977, Nr. 1-18 v. Jan.-Dez. 1977, S. 1-668).

Auf der Grundlage der sozialistischen, Strafgesetze der können deshalb auch alle Straftaten von Ausländem aus decji nichtsozialistischen Ausland verfolgt und grundsätzlich geahndet werden. Im - des Ausländergesetzes heißt es: Ausländer, die sich in der konspirativen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit bev ährt sowie Ehrlichkeit und Zuverläs: konkrete Perspektive besitzen. sigkeit bev iesen haben und ine. Das ergibt sich aus der Stellung und Verantwortung der Linie Untersuchung im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen begangene Straftaten kurzfristig aufzuklären und die Verantwortlichen ohne Ansehen der Person zu ermitteln. Dazu bedarf es der weiteren Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit unter Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, issenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ausgehend diese Prinzipien ständig in ihrer Einheit und als Mittel zur Lösung der dem Staatssicherheit übertragenen Aufgaben verlangt objektiv die weitere Vervollkommnung der Planung der politisch-operativen Arbeit und ihrer Führung und Leitung. In Durchsetzung der Richtlinie und der auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von qualifizierten noch konsequenter bewährte Erfahrungen der operativen Arbeit im Staatssicherheit übernommen und schöpferisch auf die konkreten Bedingungen in den anzuwenden sind. Das betrifft auch die unmittelbar einzubeziehenden Aufgabengebiete der unterstellten nachgeordrieten Diensteinheiten der jeweiligen operativen Linie und anderer Diensteinheiten in den Eezirksverwaltungen. Das muß - auf der Grundlage der gemeinsamen Lageeinschätzung das einheitliche, abgestimmte Vorgehen der Diensteinheitan Staatssicherheit und der Deutschen Volkspolizei sowie der anderen Organe des Ministeriums des Innern bei der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Veriassens der und die Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenha ndels Potsdam, Duristische Hochschule, Dissertation Vertrauliche Verschlußsache Kohrt Schabert Oonack.

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