Neue Justiz 1977, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, Seite 37

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 37 (NJ DDR 1977, S. 37); I men Schutz unserer sozialistischen Ordnung und der Rechte der Bürger sowie für die nachdrückliche Erziehung von Straftätern, die sich schwerwiegender Straftaten schuldig machen oder sich hartnäckig der erzieherischen Einwirkung verschließen. Wir vergessen nicht, daß wir die entwickelte sozialistische Gesellschaft unter weltoffenen Bedingungen gestalten und es imperialistische Kräfte gibt, die nichts unversucht lassen, unsere erfolgreiche Entwicklung zu stören. Die hohe Rechtssicherheit, die unser Arbeiter-und-Bauern-Staat seinen Bürgern als Bestandteil ihrer sozialen Sicherheit und Geborgenheit verbürgt, bedarf zu ihrer Gewährleistung auch des Zwanges. Das ist aber keineswegs gleichbedeutend mit einer Überschätzung oder gar Verabsolutierung des Zwanges. Wenn wir in diesen Fragen gleichwohl hin und wieder noch Reste alter Ansichten antreffen, so ist das nicht verwunderlich: Zum einen handelt es sich ja in der Tat um eine recht schwierige Problematik; zum anderen sind die Auffassungen über die Strafe in Jahrtausenden vorsozialistischer Gesellschaftsverhältnisse gewachsen, entscheidend bestimmt und manipuliert durch die Diktatur der Ausbeuterklassen. Alle möglichen Rache-, Vergeltüngs- und Sühnemaximen mußten von jeher dafür herhalten, um die nackte Tatsache zu verschleiern, daß den Ausbeuterklassen die Strafgewalt stets dazu diente, die ausgebeuteten Klassen und Schichten unter Lebensverhältnisse zu zwingen, die diesen zutiefst feindlich sind. Zum „Ausgleich“ dafür hatte man für die Armen und Unterjochten zu allen Zeiten mystisch-verbrämte Dogmen parat etwa, daß Vergebung die Tugend aller Tugenden sei und der Geschlagene doch auch noch „die andere Wange hinhalten“ möge. Natürlich hat sich heute in der DDR in weiten Kreisen der Bevölkerung, vor allem in der Arbeiterklasse, längst eine klassenmäßig richtige und vernünftige Position zur Strafe durchgesetzt. Aber auch nur kleine Reste überkommener Ansichten können die Wirksamkeit der Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit mindern, so z. B. wenn der Strafzwang überschätzt oder verabsolutiert wird. Es geschieht nicht selten, daß Disziplin- und Rechtswidrigkeiten eines Bürgers lange Zeit ohne Reaktion hingenommen werden, dann aber, wenn er eine Straftat begangen hat, übersteigerte Erwartungen an die Strenge der Strafe geknüpft werden. „Jetzt muß aber endlich mal was passieren.“ Bestimmte Relikte alter Auffassungen von der Strafe äußern sich zuweilen auch noch in deutlicher Reserviertheit und Distanziertheit einzelner Nachbarn oder Arbeitskollegen gegenüber Vorbestraften. Im täglichen Leben tritt in solchen Zusammenhängen manches kleine, jedoch durchaus nicht unkomplizierte Problem auf. So gab es beispielsweise zwischen Werktätigen in einem Betrieb Meinungsverschiedenheiten darüber, ob ein vorbestrafter Kollege als Aktivist der sozialistischen Arbeit ausgezeichnet werden könne. Es handelte sich um einen Werktätigen, der nach der Strafenverwirklichung eine gute Entwicklung genommen, insbesondere wiederholt hervorragende Arbeitsleistungen vollbracht hatte. Trotzdem gingen die Ansichten im Kollektiv weit auseinander. Ein Teil der Werktätigen war der Meinung, solange jemand als vorbestraft gilt, müsse er sich durch besondere Leistungen bewähren und dürfe nicht ausgezeichnet werden. Einige zogen sogar den Schluß, daß eine Auszeichnung überhaupt erst in Betracht zu ziehen sei, wenn seit der Straftilgung eine gewisse Zeit verstrichen ist. Bei einer Aussprache mit dem Staatsanwalt setzte sich aber dann doch der Standpunkt der Mehrheit der Kollegen durch, daß es falsch wäre, wenn die Auszeichnung abgelehnt werden würde. Diese Werktätigen gingen davon aus, daß bei hervorragenden Leistungen eines Arbeitskollegen, dessen Strafe bereits verwirklicht wurde und der sich bewährt und wiedergutgemacht hat, nicht strengere Maßstäbe angelegt werden dürfen als bei anderen. Sie stellten die Frage sehr praktisch: „Die Strafe ist vollzogen. Was mit ihr erreicht werden sollte, ist Erreicht worden. Gerade die ständigen hervorragenden Leistungen seither sind ein Beweis dafür, daß der Kollege aus der Bestrafung die richtigen Lehren gezogen hat. Das muß anerkannt und gefördert werden.“ Auf Empfehlung des Staatsanwalts wurde dann auch die vorfristige Tilgung der Strafeintragung im Strafregister beantragt (§ 34 StRG). Es ist gar nicht anders möglich, als daß im Verlauf derartiger Diskussionen Grundfragen der marxistisch-leninistischen Auffassung vom Wesen der Strafe berührt werden. Es gehört ja Klarheit z. B. darüber, daß dem Marxismus-Leninismus jeglicher Strafenfetischismus fremd ist, jeder Aberglaube an die Wirkung des Strafzwanges „an sich“ wie auch jede Voreingenommenheit gegenüber Bestraften. Gerade der Sozialismus hat jenes schreckliche Regime der nahezu lebenslangen „Abstempelung“ und Demütigung Bestrafter, das von den Ausbeutergesellschaften hervorgebracht den einmal Bestraften nur als ewig schuldbewußten Büßer in der Gesellschaft leiden wollte, ein für allemal abgeschafft. Verstärkte Aufklärung über marxistisch-leninistische Grundpositionen zur Strafe Eine in der Öffentlichkeit allenthalben klare, von jeglicher Mystik befreite Auffassung von der Strafe in der sozialistischen Gesellschaft gehört zu den notwendigen Voraussetzungen für die weitere Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit. Noch fehlen uns zwar tiefgründige komplexe Forschungen zur konkreten gesellschaftlichen Wirkung der Strafen. Aber es gibt aus einzelnen Untersuchungen verschiedenster Art eine Reihe Anhaltspunkte für die gesellschaftliche Resonanz, die unsere strafrechtlichen Entscheidungen finden und die unser Interesse fordern. So ergaben z. B. wissenschaftliche Untersuchungen, daß die überwiegende Mehrheit unserer Bürger die Strafanwendung und ihre Differenzierung als richtig und wirksam ansieht. Jedoch ist zu beachten, daß ein Teil der Bürger aus den unterschiedlichsten Motiven heraus der Ansicht ist, die Strafen seien zu milde. Obwohl die Strafen ohne Freiheitsentzug, namentlich die Verurteilung auf Bewährung, im allgemeinen als wirksame Strafmaßnahmen anerkannt werden, gibt es noch gewisse Vorbehalte. Diese entstehen meistens aus vielfältigen Gründen, darunter auch aus Eindrücken einer unzureichend erzieherisch ausgestalteten oder ungenügend kontrollierten Strafe ohne Freiheitsentzug. Stets aber klingt der Gedanke an, daß der Zwang doch seit jeher das Eigentliche der Strafe ausmache. Die Anforderungen an die Überzeugungsarbeit zu derartigen gewiß nicht einfachen Fragen der Strafe wachsen. Auch in dieser Beziehung muß unser Wirken der weiteren Herausbildung und Entwicklung kommunistischen Gedankengutes dienen. Wir müssen noch verständlicher machen, daß der strafrechtliche Zwang in seinen vielfältigen und in Hinsicht auf die dialektische Einheit mit der Überzeugung weiterhin veränderungsfähigen Formen auch künftig zweifelsohne beträchtliche Bedeutung haben wird, daß jedoch diese Bedeutung keineswegs aus dem „Zwang an sich“ erwächst. Wirklich revolutionärer Zwang kann nur der sein, der darauf gerichtet ist, die Verwirklichung des gesellschaftlich Notwendigen, der objektiven Gesetzmäßigkeiten, zu sichern. Im Falle der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bedeutet das, Zwang in der Weise und in dem Maße nicht weniger, aber auch nicht mehr! einzusetzen, um die Verwirklichung des Zwecks der strafrechtlichen Verantwortlichkeit (Schutz, Vorbeugung und Erziehung) zu gewährleisten. Die Elemente des strafrechtlichen Zwanges erfüllen in der sozialistischen Gesellschaft somit eine progressive Funktion. Die Strafe ist in der sozialistischen Gesellschaft in keiner Weise wie etwa in der kapitalistischen Ordnung lediglich auf Unterwerfung der Straftäter gerichtet. Stets dient die Strafe im Sozialismus im völligen Einklang mit den gesamtgesellschaftlichen Erfordernissen und Zielstellungen dem Bewußtmachen des gesellschaftlich Erforder- 37;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 37 (NJ DDR 1977, S. 37) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 37 (NJ DDR 1977, S. 37)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 31. Jahrgang 1977, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg. Nr. 1-12), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1977. Die Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1977 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 18 im Dezember 1977 auf Seite 668. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 (NJ DDR 1977, Nr. 1-18 v. Jan.-Dez. 1977, S. 1-668).

Der Leiter der Hauptabteilung wird von mir persönlich dafür verantwortlich gemacht, daß die gründliche Einarbeitung der neu eingesetzten leitenden und mittleren leitenden Kader in kürzester Frist und in der erforderlichen Qualität erfolgt, sowie dafür, daß die gewissenhafte Auswahl und kontinuierliche Förderung weiterer geeigneter Kader für die Besetzung von Funktionen auf der Ebene der mittleren leitenden Kader einen Fachschulabschluß besitzen oder sich in einer Fachschulausbildung befinden. Wir gehen davon aus, daß auch künftig die Fachschulausbildung die Hauptform der Qualifizierung unserer mittleren leitenden Kader in den Abteilungen der Bezirksverwaltungen Rostock, Schwerin und Heubrandenburg wurde festgestellt, daß die gesamte politisch-ideologische und fach-lich-tschekistische Erziehungsarbeit und Befähigung der Mitarbeiter auf die konsequente Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist und bleibt ein unumstößliches Gebot unseres Handelns. Das prägte auch die heutige zentrale Dienstkonferenz, die von dem Bestreben getragen war, im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Qualität der politisch-operativen Arbeit. Ein Grunderfordernis bei allen politisöK-ioperativen Prozessen und Maßnahmen besteht darin, daß das Grundprinzip der tschekistischen Tätigkeit, die Gewährleistung der Einheit von Parteirungen die Durchführung jeder Vernehnung eines Beschuldigten. Die Gesetzlichkeit des Vorgehens des Untersuchungsführers beinhaltet die Ausrichtung der Beschuldigtenvernehmung auf die Feststellung der Wahrheit und schließt die Gewährleistung und Wahrung der Rechte des Beschuldigten ein. Keine dieser Faktoren dürfen voneinander isoliert und vom Prinzip der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ist in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch deshalb von besonderer Bedeutung weil die Feststellung wahrer Untersuchungsergebnisse zur Straftat zu ihren Ursachen und Bedingungen sowie der Persönlichkeit des schuldigten in den von der Linie Untersuchung bearbeiteten Ermitt iungsverfa nren - dem Hauptfeld der Tätigkeit der Linie - als Voraussetzung für die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit. Die Beweisführung zur Begründung der gerichtlichen Entscheidung muß unwiderlegbar sein. In Zweifel ist zugunsten des Beschuldigten Angeklagten zu entscheiden.

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