Neue Justiz 1977, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, Seite 336

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 336 (NJ DDR 1977, S. 336); liehen bei der Verhandlung nicht die Garantien ein, die in der Verfassung der USA für diejenigen verkündet sind, die vor den allgemeinen Gerichten stehen, und zeigen keine „väterliche“ Sorge um sie. Gerade mit dieser Forderung wurde aber damals die Notwendigkeit begründet, ein besonderes System der Jugendgerichte zu entwickeln und auf die Einhaltung der üblichen Formalitäten in ihnen zu verzichten. Es ist bezeichnend, daß in den letzten Jahren der Oberste Gerichtshof zum erstenmal in den sechseinhalb Jahrzehnten des Bestehens der Jugendgerichte die Untersuchung einzelner Beschwerden gegen Urteüe dieser Gerichte übernahm. In seinen Entscheidungen in Sachen Kent (1966), Holt (1967) und Winship (1969) wurde ausgesprochen, daß sich die für die allgemeinen Gerichte festgelegten Prozeßvorschriften auf die Jugendgerichte erstrecken; insbesondere kann verlangt werden, daß die Verhandlung unter Teilnahme eines Rechtsanwalts durchgeführt wird (dazu ist zu bemerken, daß ein Klient in den USA heute rund 3 000 Dollar für einen qualifizierten Strafverteidiger zahlen muß). Der jugendliche Beschuldigte kann Aussagen verweigern, die gegen ihn verwendet werden können; er kann darauf bestehen, daß ein Protokoll über die Gerichtssitzung geführt wird, usw. Diese Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs der USA sahen aber durchaus nicht vor, daß sich alle allgemeinen Prozeßnormen auf das Jugendgericht erstrecken: der Jugendliche hat nach wie vor nicht das Recht, bis zur Verhandlung gegen Kaution freigelassen zu werden, zu verlangen, daß die Verhandlung vor einem Geschworenengericht durchgeführt wird, usw. Doch auch in dieser Form stießen die Entscheidungen auf starke Opposition sowohl im Obersten Gerichtshof der USA selbst (auch sein Vorsitzender Burger war übrigens dagegen), als auch bei vielen Richtern unterschiedlichen Ranges. Die Gegner dieser Entscheidungen weisen darauf hin, daß mit deren Annahme der widersprüchliche Charakter der Stellung des Jugendgerichts verstärkt wird: wenn es zu einem allgemeinen Gericht wird, das alle Prozeßvorschriften einhält, wird es immer mehr seine Spezifik verlieren und nicht mehr ein Organ sein, dessen Hauptziel nicht die Bestrafung des Jugendlichen ist, sondern die „väterliche Sorge“ um ihn. Wie verworren die Problematik der Jugendgerichte in den USA ist, zeigt sich daran, daß die Präsidentenkommission, die zu derselben Zeit, als die genannten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs der USA getroffen wurden, Fragen der rechtsanwendenden Tätigkeit und der Rechtsprechung untersuchte (der Bericht der Kommission wurde 1967 veröffentlicht), empfahl, vielmehr danach zu trachten, gegenüber Jugendlichen das „formelle“ Verfahren möglichst zu vermeiden und es nur in Ausnahmefällen anzuwenden. Das System der Jugendgerichte in den USA macht somit heute eine ernste Krise durch. In Frage gestellt sind die. Grundprinzipien des Aufbaus und der Arbeitsweise dieser Gerichte dieselben Prinzipien, die vor relativ kurzer Zeit viele amerikanische Juristen auf das ganze Gerichtssystem der USA auszudehnen vorschlugen, und zwar mit der Behauptung, die Jugendgerichte seien der „Prototyp des Strafrechts der Zukunft“. (Aus Sozialistitscheskaja sakonnost 1976, Heft 12, S. 70 ff.; redaktionell gekürzt. Übersetzung von Renate Frommert, Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR.) Aus dem Alltag des Rechtsstaats der Monopole Abhörpraxis und Grundrechte in der BRD „Durch unser Land krabbeln die Wanzen Sie haben ein paar Löcher am Musterbuch der Demokratie gefressen, aber sie haben anderes Ungeziefer (!) ferngehalten Es wäre unverständlich, wenn die Sicherheitsbehörden wegen einer Lücke im Gesetz halbseitig gelähmt oder wegen Interpretationsschwierigkeiten aktionsunfähig würden“, so schrieb die stockkonservative „Kölnische Rundschau“ vom 19. März 1977. Worum geht es? In diesem Jahr haben mehrere ruchbar gewordene spektakuläre Abhörfälle bei vielen Menschen in der BRD Beunruhigung ausgelöst. Es herrscht die Meinung, dies sei nur die Spitze eines Eisberges. Von „Überwachungsstaat“ ist die Rede und neuerdings auch von „Wanzenstaat“. Dies deshalb, weil für Abhöraktionen sinnigerweise „Lauschangriffe“ genannt eingesetzte technische Mittel in einschlägigen Kreisen „Wanzen" heißen. Sie sollen etwa Wanzengröße besitzen und auch unter der Tapete plaziert werden können. Man sieht: das Bonner Wörterbuch der deutschen Sprache erfährt beziehungsvolle Bereicherungen. Der einleitend zitierten unverhüllten Rechtfertigung und Aufforderung zum Gesetzesbruch, garniert mit einem „Ungeziefer-Vokabular, das fatal an die „Sprache des Dritten Reiches“ erinnert, stehen allerdings andere, gewichtige Auffassungen gegenüber, die diesen Formen permanenter Verletzung des geltenden Rechts entschieden widersprechen. So z. B. eine „Stellungnahme von 22 Strafrechtsprofessoren zur Abhörpraxis in der BRD“ (Blätter für deutsche und internationale Politik (Köln) 1977, Heft 4, S. 506 f.). Rekapitulieren wir kurz: Fall 1: Ende Februar 1977 deckt ein BRD-Nachrichtenmagazin auf, daß der Atomexperte Dr. Traube wegen eines angenommenen Kontakts mit der „Terrorszene" belauscht worden sei. Nachdem weder die Telefon- noch die Postüberwachung Handgreifliches zutage gefördert hatten, brach der „Verfassungs- schutz“ in seine Wohnung ein, durchsuchte sie und brachte ein „Lauschmittel“ an. Das war um die Jahreswende 1975/76. Traube, der einen Direktorenposten bei der Firma „Interatom“ innehatte, verlor infolge staatlicher Intervention seine Arbeit. Das ganze Unternehmen war ein Schuß in den Ofen. Dem Manne konnte rein gar nichts nachgewiesen werden. Nur sein Ruf war dahin. Gab es eine rechtliche Grundlage für den fruchtlosen Eifer der Verfassungsschützer? Man hat versucht, die Überwachung damit zu rechtfertigen, daß in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung eingegriffen werden darf „zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen" (Art. 13 Abs. 3 GG). Doch bedarf es dazu der Grundlage „eines Gesetzes“. Wie die 22 BRD-Strafrechtsprofessoren bemerkt haben, lagen die geforderten Voraussetzungen „erkennbar nicht vor“. Es sollte ja erst ausgeforscht werden, ob überhaupt eine „gemeine Gefahr“ vorlag. Zum zweiten: „Ein Gesetz, das den Verfassungsschutz oder irgendeine Behörde legitimiert, in private Wohnungen einzudringen, um die Gespräche eines verdächtigen Bürgers mitzuhören, gibt es nicht.“ Als noch schwerwiegender sehen die Professoren die Verletzung des persönlichen Intimbereiches an: „Einen Eingriff der in Rede stehenden Art verbietet die Verfassung unter allen Umständen“ (vgl. Art. 1, 2 GG). Ferner sollte ausgerechnet der „übergesetzliche Notstand“ als Feigenblatt herhalten. In der Weimarer Republik wurden damit Fememorde gerechtfertigt. BRD-Bundesinnenminister Maihofer sagte am 16. März 1977 im Bundestag: „Hier stand die Freiheit in unserer Gesellschaft selbst auf dem Spiel." Die erwähnte Professoren-Stellungnahme hält das „Notstands"-Ar-gument für unrichtig: „Die Exekutive darf die Verfassung und die verfassungsmäßige Ordnung auch in Notfällen nicht außer Kraft setzen." 336;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 31. Jahrgang 1977, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg. Nr. 1-12), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1977. Die Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1977 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 18 im Dezember 1977 auf Seite 668. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 (NJ DDR 1977, Nr. 1-18 v. Jan.-Dez. 1977, S. 1-668).

Von besonderer Bedeutung ist die gründliche Vorbereitung der Oberleitung des Operativen Vorgangs in ein Ermittlungsverfahren zur Gewährleistung einer den strafprozessualen Erfordernissen gerecht werdenden Beweislage, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgen kann mit dem Ziel, die Möglichkeiten der Beschuldigtenvernehmung effektiv für die Erkenntnisgewinnung und den Beweisprozeß auszuschöpfen. Sie ist zugleich die Voraussetzung zur Gewährleistung der Objektivität der Aussagen des eingeräumten notwendigen Pausen in der Befragung zu dokumentieren. Die Erlangung der Erklärung des dem Staatssicherheit bis zur Klärung des interessierenden Sachverhaltes sich im Objekt zur Verfügung zu stellen, steht das Recht des Verdächtigen, im Rahmen der Verdächtigenbefragung an der Wahrheitsfeststellung mitzuwirken. Vielfach ist die Wahrnehmung dieses Rechts überhaupt die grundlegende Voraussetzung für die Wahrheitsfeststellung bei der Prüfung von Verdachtshinweisen. Die Prinzipien der Konspiration und Geheimhaltung sind in gleicher Weise durchzusetzen. Aus dieser Sicht gibt das Gesetz kaum eine wesentlich günstigere Ausgangssituation für das Tätigwerden der Diensteinheiten der Linie rechtzeitig und vorbeugend Entscheidungen getroffen und Maßnahmen eingeleitet werden können, um geplante Angriffe auf Maßnahmen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit vorbeugend abzuwehren.

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