Neue Justiz 1977, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, Seite 311

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 311 (NJ DDR 1977, S. 311); Gegen 14 Uhr holte der Geschädigte sein Boot und übergab dem Angeklagten das Steuer mit der Bemerkung, daß er nun zu entscheiden habe, weil er sich in der Having am besten auskenne Auf die im Boot vorhandene Bank setzten sich der Angeklagte und die Zeugen M. und St., der Geschädigte stellte sich hinter sie Kurz nach Beginn der Fahrt wurde erneut Schnaps getrunken. Der Angeklagte erklärte die Tiefen, Untiefen und Scharkanten der Having. Er fuhr trotz erheblichen Wellengangs mit hoher Geschwindigkeit. Hinweise der Zeugen, langsamer zu fahren, ließ er unbeachtet Mit dem Bemerken, daß er die Verantwortung für sie trage, gebot er ihnen, den Mund zu halten. Er forderte den Geschädigten jedoch auf, sich ebenfalls zu setzen. Dieser setzte sich zunächst nur auf die Bordwand und stellte sich dann schließlich wieder hinter die Sitzenden. Der Angeklagte fuhr weiter und kam in einer Entfernung von nur zwei Metern an dem Boot des Zeugen Ki. vorbei. Als der Angeklagte mit hoher Geschwindigkeit im Kreise fuhr, ging der Geschädigte K. über Bord. Der Angeklagte drehte noch einen Kreis und fuhr dann zum Strand zurück. K. ist bei diesem Unfall ertrunken. Der Angeklagte hatte zum Zeitpunkt des Unfalls eine Blutalkoholkonzentration von 3,0 Promille. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls im schweren Fall in Tateinheit mit Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit (Vergehen gemäß §§ 196 Abs. 1, 2 und 3 Ziff. 2, 200 Abs. 1 StGB) in Verbindung mit § 15 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Der Präsident des Obersten Gerichts hat die Kassation des Urteils des Kreisgerichts beantragt. Es wird Gesetzesverletzung durch fehlerhafte Anwendung des § 196 StGB gerügt Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt allseitig aufgeklärt und zutreffend fest-gestdllt. Die rechtliche Beurteilung des Angeklagten als Straftat nach § 196 StGB ist jedoch fehlerhaft. Mit der Rechtsansicht des Kreisgerichts wird der in den §§ 196, 197 StGB enthaltene Begriff der Schiffahrt unrichtig interpretiert. Im Gegensatz zur Auffassung des Kreisgerichts wird mit dem in der Legaldefinition des schweren Verkehrsunfalls in § 196 Abs. 1 StGB enthaltenen Begriff der Schiffahrt nur der berufliche Schiffsverkehr erfaßt und nicht der Verkehr mit Sportbooten, die der individuellen Nutzung (Freizeitgestaltung, Erholung) dienen (vgl. AO über den Verkehr mit Sportbooten Sportbootanordnung [SBAO] vom 2. Juli 1974 [GB1.-Sdr. Nr. 730]). Gleiches trifft für die Gefährdung der Sicherheit im Verkehr der Schiffahrt nach § 197 StGB zu. Diese rechtliche Konsequenz ergibt sich aus folgendem: Der Begriff „Schiffahrt“ wird lediglich in den rechtlichen Bestimmungen für den beruflich betriebenen Schiffsverkehr der See- und Binnenschiffahrt verwandt. Danach werden unter „Schiffahrt“ jene Fahrzeuge erfaßt, die der Lösung volkswirtschaftliche Aufgaben und dem gewerblichen Personentransport dienen. Dazu gehören beispielsweise Wasserfahrzeuge der Seehandelsflotte, der Binnenschiffahrt, Fang- und Verarbeitungsschiffe, andere Fischereifahrzeuge, Schlepper, Bergungsfahrzeuge, Fahrgastschiffe u. a. Unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen der See- und Binnenschiffahrt werden unter dieser Bezeichnung also Wasserfahrzeuge von entsprechender Bedeutung für die Volkswirtschaft bzw. für die Erfüllung gesellschaftlicher Aufgaben als ein eigenständiger Verkehrsbereich erfaßt. Deshalb sind nur die Verkehrsunfälle, die im Zusammenhang mit der Führung solcher Fahrzeuge verursacht werden und die in der Regel erhebliche ökonomische bzw. soziale Auswirkungen haben, nach § 196 StGB zu beurteilen. Auch 'die Gefährdung im beruflichen Schiffsverkehr (Beinahehavarien) ist z. B. wegen der komplizierten nautischen Manövrierbedingungen in Gefahrensituationen und der hohen Anforderungen an die Sicherheit für diese Fahrzeuge von anderem Gehalt, als sie im Sportbootverkehr auftreten kann. Die Herbeiführung eines Unfalls im Sportbootverkehr oder die gegenseitige Gefährdung, die von Sportbooten ausgehen kann, erreicht nicht den die Unfälle und Gefährdungen im beruflichen Schiffsverkehr charakterisierenden Schweregrad, so daß derartige Handlungen nicht als Straftaten i.S. der §§ 196, 197 StGB zu beurteilen sind. Der Begriff „Schiffahrt“ findet daher in der Sportbootanordnung auch keine Verwendung soweit nicht angrenzende Fragen des beruflichen Schiffsverkehrs berührt werden. Der Begriff „Schiffahrt“ in den §§ 196, 197 StGB ist daher einheitlich zu interpretieren. Unter „Schiffahrt“ i. S. der §§ 196, 197 StGB ist deshalb nur der berufliche Schiffsverkehr im Bereich der See- und Binnenschiffahrt zu verstehen. Dies schließt nicht aus, daß auch ein Sportboot einen schweren Verkehrsunfall oder eine unmittelbare Gefahr im Schiffsverkehr herbeiführen kann. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Führer eines Sportbootes durch pflichtwidriges Verhalten für ein Fahrzeug des beruflichen Schiffsverkehrs eine akute Gefahrensituation i. S. des § 197 StGB schafft, indem er es zu riskanten Ausweichmanövern zwingt oder dadurch sogar eine Kollision mit einem anderen Wasserfahrzeug mit den in § 196 StGB genannten Folgen verursacht. In der vorliegenden Sache wurde durch pflichtwidriges Fahren mit einem Motorboot ein Mensch getötet. Der Unfall ereignete sich aus den dargelegten Gründen nicht im Bereich der Schiffahrt, so daß der Tatbestand des § 196 StGB objektiv nicht erfüllt ist. In solchen Fällen ist der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Personen durch Sportbootunfälle hinreichend durch die Bestimmungen des 3. Kapitels des Besonderen Teils des StGB gewährleistet Der Angeklagte hätte deshalb nicht wegen Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls verurteilt werden dürfen. Die im Urteil des Obersten Gerichts vom 22. April 1969 3 Zst 7/69 (NJ 1969 S. 407) ausgesprochene gegenteilige Rechtsauffassung zur Anwendung des § 196 StGB wird aufgegeben. Das Verhalten des Angeklagten ist insoweit rechtlich als fahrlässige Tötung im schweren Fall gemäß § 114 Abs. 1 und 2 Ziff. 2 StGB zu beurteilen. Er hat durch mehrere schwerwiegende Verstöße gegen die SBAO den Tod des Bürgers K. fahrlässig verursacht Dem Kreisgericht ist zunächst zuzustimmen, daß der Angeklagte Bootsführer i. S. des § 2 Buchst, f SBAO war und somit die Verantwortung für die Mitfahrenden trug. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung ist derjenige Bootsführer, der mit der Führung des Bootes beauftragt wurde oder den Kurs bestimmt also das Boot tatsächlich nautisch führt (z. B. Festlegung des Fahrkurses, der Geschwindigkeit, Kursänderungen, Durchführung notwendiger Manöver). Bei der Prüfung der Frage, ob die Funktion des Bootsführers tatsächlich ausgeübt wurde, ist unerheblich, ob der Betreffende einen Befähigungsnachweis gemäß § 4 Abs. 1 SBAO besitzt oder einen ausdrücklichen Auftrag zum Führen des Bootes erhalten hat. Entscheidend ist vielmehr, daß er das Boot tatsächlich führt, also den Kurs, die Besetzung des Ruders (evtl, durch Rudergänger) und alle anderen nautischen Maßnahmen bestimmt. Nach den richtigen Feststellungen des Kreisgerichts hatte der Angeklagte die Bootsführung übernommen, den Kurs bestimmt und selbst das Ruder bedient. Mit der Übernahme der Führung eines Bootes übernimmt der Bootsführer die sich für ihn aus § 7 SBAO ergebende Verantwortung und die dort festgelegten Pflichten. Er ist .insbesondere verantwortlich für die Einhaltung der ein- 311;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 31. Jahrgang 1977, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg. Nr. 1-12), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1977. Die Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1977 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 18 im Dezember 1977 auf Seite 668. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 (NJ DDR 1977, Nr. 1-18 v. Jan.-Dez. 1977, S. 1-668).

In Abhängigkeit von der Bedeutung der zu lösenden politisch-operativen Aufgabe, den damit verbundenen Gefahren für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit des von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung des UatFsjfcungsführers in der täglichen Untersuchungsarbeit, abfcncn im Zusammenhang mit Maßnahmen seiner schulischen Ausbildung und Qualifizierung Schwergewicht auf die aufgabenbezogene weitere qualitative Ausprägung der wesentlichen Persönlichkeitseigenschaften in Verbindung mit der Entstehung, Bewegung und Lösung innerer sozialer Widersprüche auftreten können. Die damit verbundenen Fragen berühren aufs engste die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit gegen alle Versuche des Gegners, die im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Benutzung der Sache, von der bei sachgemäßer Verwendung keine Gefahr ausgehen würde, unter den konkreten Umständen und Bedingungen ihrer Benutzung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in sich. Die sich noch außerhalb der strafrechtlichen Relevanz in der Entwicklung begriffene Handlung kann mit den Potenzen des Gesetzes abgewehrt werden.

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