Neue Justiz 1977, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, Seite 206

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 206 (NJ DDR 1977, S. 206); Ordnungswidrigkeiten, z. B. für das sog. kleine Rowdytum nach § 4 OWVO. Deshalb ist ergänzend darauf hinzuweisen, daß auch gegen Ordnungswidrigkeiten (zumindest gegen die, die einen strafrechtlichen Bezug haben) Notwehr geübt werden kann. Zur Rechtswidrigkeit des Angriffs heißt es, daß ein Angriff immer dann rechtlich nicht erlaubt ist, wenn der Angreifer kein Recht hat, so zu handeln, und der Verteidiger keine Pflicht, den Angriff zu dulden. So ist beispielsweise Mitarbeitern der Verkehrsbetriebe bei der Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten (z. B. Fahrscheinkontrolle) das Recht zuzubilligen, Personen, die sich nicht ordnungsgemäß mit einem gültigen Fahrschein ausweisen und sich nach Aufforderung weigern, das Verkehrsmittel zu verlassen, von der Beförderung ggf. mit Zwang auszuschließen. Auch Leiter von Gaststätten dürfen Personen, die die Ruhe, Ordnung und Sicherheit stören, zwangsweise aus der Gaststätte entfernen (§20 der AO über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Leiter von Verkaufseinrichtungen des sozialistischen Einzelhandels und des Gaststätten- und Hotel Wesens vom 3. Juli 1973 [GBl. I S. 354] i. d. F. der AO Nr. 2 vom 30. Juni 1976 [GBl. I S. 352]). Es kommt nicht darauf an, daß der Angreifer auch schuldhaft gehandelt hat. Deshalb ist Notwehr auch gegenüber objektiv rechtswidrigen Handlungen Zurechnungsunfähiger und Strafunwürdiger zulässig. Der Angriff muß schließlich gegenwärtig sein. Das ist der Fall, wenn er unmittelbar bevorsteht oder gerade stattfindet und noch nicht beendet ist./2/ Zu der in der Praxis häufigen Problematik der Verhältnismäßigkeit von Angriff und Verteidigung werden die Ergebnisse der Rechtsprechung verallgemeinert. Es werden solche Verteidigungsmittel und -methoden als angemessen angesehen, die zur Abwehr des konkreten Angriffs, seines Ausmaßes und seiner Gefährlichkeit für den Angegriffenen erforderlich waren. Die Verteidigungshandlung muß der Gefährlichkeit des Angriffs entsprechen. Deshalb werden Kriterien für die Gefährlichkeit des Angriffs genannt (S. 403). Die Verteidigung darf für den Angreifer dieselbe Gefahr (folglich auch entsprechende Verletzungen) hervorrufen, wie sie dem Angegriffenen drohen (z. B. dürfen Faustschläge mit Faustschlägen abgewehrt werden). Der durch die Verteidigungshandlung drohende Schaden kann aber unter bestimmten Umständen schwerwiegender sein als der durch den Angriff drohende; jedoch darf kein krasses Mißverhältnis zwischen beiden bestehen. Es bleibt anzufügen, daß die richtige Beurteilung aller Fragen der Notwehr eine exakte Feststellung des Tatgeschehens voraussetzt, auch in subjektiver Hinsicht, weil die Verteidigung Motiv und Ziel des Handelnden gewesen sein muß./3/ Anhand von Beispielen wird der Notwehrexzeß charakterisiert als eine Fortsetzung der Abwehrhandlung, obwohl der Angriff längst abgeschlossen ist oder der Abwehrschaden im krassen Mißverhältnis zu dem durch den Angriff drohenden Schaden steht oder der Verteidiger zu einem nicht erforderlichen Abwehrmittel greift. Außer dem nicht strafbaren Sonderfall des Notwehrexzesses nach § 17 Abs. 2 StGB werden Fragen des Irrtums (§ 13 StGB) erörtert. Werden die Grenzen der Notwehr vorsätzlich überschritten, ist das Handeln als vorsätzliche Straftat zu beurteilen. Notstand Notstandshandlungen nach § 18 Abs. 1 StGB sind gesellschaftlich nützlich und stellen keine Straftat dar. Im Unterschied zur Notwehr, bei der der Angriff eines Menschen auf gesellschaftliche Verhältnisse abgewehrt und dem An- /2/ Zur Notwehrlage vgl. über die im Lehrbuch angegebene Literatur hinaus u. a. OG, Urteil vom 13. Februar 1973 5 Zst 1/73 (NJ 1973 S. 579); OG, Urteil vom 4. September 1973 2 Zz 17/73 (NJ 1973 S. 711); OG, Urteil vom 7. Februar 1974 - 5 Ust 83/73 - (NJ 1974 S. 242). /3/ Zur Feststellung des Tatgeschehens bei der Beurteilung der Notwehr vgl. über die im Lehrbuch angegebene Literatur hinaus OG, Urteil vom 29. November 1968 - 5 Zst 16/68 - (NJ 1969 S. 88); OG, Urteil vom 7. Mai 1971 - 5 Ust 27/71 - (NJ 1971 S. 491). greifer Schaden zugefügt wird, geht es beim Notstand um die Abwendung beliebiger drohender Gefahren, durch die Rechte und Interessen Dritter beeinträchtigt werden. Voraussetzungen, Inhalt und Umfang des Notstands werden anschaulich erläutert. Für den Verteidigungsnotstand ist charakteristisch, daß der Handelnde auf Gegenstände einwirkt, von denen unmittelbar eine Gefahr ausgeht. Diese Fälle haben Ähnlichkeit mit der Notwehr. Der Unterschied zur Notwehr besteht darin, daß die Gefahr nicht von einem Menschen, sondern von einer Sache ausgeht. Richtet sich die Notstandshandlung gegen eine Sache, von der die Gefahr nicht ausgeht, handelt es sich um den Angriffsnotstand. Zu ihm zählen auch die Fälle, in denen andere Rechte und Interessen Dritter, z. B. die körperliche Unversehrtheit oder das Recht auf Unverletzbarkeit der Wohnung, verletzt werden. In diesem Abschnitt wird die Verhältnismäßigkeit zwischen drohender Gefahr und dem durch die Notstandshandlung bewirkten Schaden für die einzelnen Fallgruppen erörtert. Notstandsexzeß kann wie bei der Notwehr sowohl gegeben sein, wenn die zeitlichen Grenzen überschritten werden, als auch dann, wenn die Handlung trotz noch vorhandener Notstandssituation nicht erforderlich war bzw. der bewirkte Schaden in keinem Verhältnis zur Gefahr stand. Erläutert wird der besondere Fall des Notstandsexzesses nach § 18 Abs. 2 StGB in polemischer Auseinandersetzung mit solchen bürgerlichen Rechtspraktiken, wonach „jeder sich selbst der Nächste ist“ und es als zulässig angesehen wird, das eigene Leben oder das naher Angehöriger durch Vernichtung anderer Menschen zu retten (S. 413). Nötigungsstand Entgegen der im Lehrbuch gewählten Systematik ist der Nötigungsstand (§ 19 StGB) nicht ein Rechtfertigungsgrund, sondern ein Schuldausschließungsgrund./4/ Während bei der Notwehr und beim Notstand der Handelnde aktiv einer Gefahr entgegentritt, wird er beim Nötigungsstand dazu gezwungen, strafrechtlich geschützte gesellschaftliche Verhältnisse anzugreifen. Zutreffend wird darauf hingewiesen, daß Fälle der Nötigung zu Straftaten wie sie für die vom Gangstertum durchdrungene kapitalistische Gesellschaft typisch sind im Leben der sozialistischen Gesellschaft so gut wie keine Rolle mehr spielen./5/ Im Lehrbuch werden zwei Gruppen von Fällen unterschieden: 1. Fälle, in denen der Genötigte mit seiner Handlung einen unverhältnismäßig größeren Schaden abwendet als den, den er entsprechend dem Willen des Nötigers anrichtet. 2. Fälle, in denen der Genötigte einen gleich schweren oder schwereren Schaden als den herbeiführt, der ihm oder anderen drohte, oder in denen er die Interessen der sozialistischen Gesellschaft in besonderem Maße schwerwiegend schädigt. Widerstreit von Pflichten Zum Wesen des Widerstreits von Pflichten (§ 20 StGB) wird im Lehrbuch ausgeführt, daß Menschen in den verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens vor die Situation gestellt sein können, durch die Erfüllung einer ihnen obliegenden Pflicht andere Pflichten zu verletzen. Der Mensch steht einer Situation gegenüber, in der er mehrere Pflichten hat, die Entgegengesetztes von ihm verlangen und zwischen denen er sich entscheiden muß. Das Gesetz verlangt von ihm, die bedeutsamere Pflicht zu erfüllen. Das ist stets die Pflicht, die in der gegebenen Situation die für die sozialistische Gesellschaft günstigste Lösungsvariante enthält. Hl Zu den Becäitfertigungsgründen Im Strafrecht vgl. die Diskussionsbeiträge von W. Neuhof in NJ 1971 S. 741 f. sowie H. Hinderer und H. Bein in NJ 1972 S. 161 f. /5/ Vgl. auch H. Harrland, „Zu einigen Aspekten der Kriminalität und ihrer Ursachen“, NJ 1977 S. 159 ff. (162). 206;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 206 (NJ DDR 1977, S. 206) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft-Zeitschrift, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit, 31. Jahrgang 1977, Seite 206 (NJ DDR 1977, S. 206)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft, sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 31. Jahrgang 1977, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg. Nr. 1-12), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1977. Die Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1977 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 18 im Dezember 1977 auf Seite 668. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 31. Jahrgang 1977 (NJ DDR 1977, Nr. 1-18 v. Jan.-Dez. 1977, S. 1-668).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges gefährdet. Auch im Staatssicherheit mit seinen humanistischen, flexiblen und die Persönlichkeit des Verhafteten achtenden Festlegungen über die Grundsätze der Unterbringung und Verwahrung Verhafteter ist somit stets von der konkreten Situation in der Untersuchungshaftanstalt, dem Stand der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens, den vom Verhafteten ausgehenden Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt und von den politisch-operativen Interessen und Maßnahmen abhängig. Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat besteht oder nicht und ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege ermöglichen. In der Untersuchungspraxis Staatssicherheit hat diese Entscheidungsbefugnis der Untersuchungsorgane allerdings bisher keine nennenswerte Bedeutung. Die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten der Dienst-einheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit . Ihre Spezifik wird dadurch bestimmt, daß sie offizielle staatliche Tätigkeit zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist. Die Diensteinheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit . Ihre Spezifik wird dadurch bestimmt, daß sie offizielle staatliche Tätigkeit zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist.

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