Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 73

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 73 (NJ DDR 1990, S. 73); Neue Justiz 2/90 73 Die Berufs- und ehrenamtlichen Richter sollen Immunität genießen. Als nicht vereinbar mit der richterlichen Unabhängigkeit wird die gleichzeitige Tätigkeit eines Berufsrichters als Abgeordneter, Mitglied in Kommissionen der Volksvertretungen oder als Mitarbeiter ihrer Organe angesehen. Kontroverse Diskussionen hat die Regelung über das Recht der Richter ausgelöst, sich in Parteien und gesellschaftlichen Organisationen organisieren und politisch betätigen zu können. Einige Vorschläge fordern den parteilosen Richter. Nach meiner Auffassung steht die richterliche Unabhängigkeit nicht im Widerspruch zu einer politischen Betätigung des Richters, wenn er sich dabei so verhält, daß das Vertrauen in seine Unabhängigkeit dadurch nicht beeinträchtigt wird. Ein sog. „unpolitischer Richter“, der außerhalb jeglicher politischer und gesellschaftlicher Realität Recht sprechen will, löst sich vom Leben und gerät damit in die Gefahr einer formalistischen Rechtsprechung, die blind dem Buchstaben des Gesetzes, nicht aber den Interessen des Volkes verbunden ist. In diesem Sinne darf aber die Bindung an das Gesetz niemals verstanden werden. Im übrigen würde diese Position auch dazu führen, dem Richter das ihm als Bürger nach der Verfassung und der Internationalen Konvention über Bürgerrechte und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 garantierte Recht auf politische Betätigung vorzuenthalten. Funktion der Dienstauf sicht Der Entwurf sieht vor, daß der Berufsrichter einer Dienstaufsicht untersteht, soweit dadurch seine Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt wird. Die Regelungen über die Dienstaufsicht im Richtergesetz sollen den Richter vor unzulässigen Eingriffen in die Rechtsprechung schützen. Es geht deshalb nicht darüm, im Richtergesetz die rechtlichen Grundlagen für die Dienstaufsicht aufzunehmen. Das widerspräche dem Grundsatzcharakter und dem Anliegen dieses Gesetzes. Es erhebt sich die Frage, ob es überhaupt einer derartigen Regelung zum Schutz der richterlichen Unabhängigkeit bedarf. Ich halte sie für erforderlich. Der Richter unterliegt zwar in der unmittelbaren richterlichen Tätigkeit, d. h. in der Spruchpraxis und der damit direkt verbundenen richterlichen Tätigkeit der Vorbereitung und Durchführung der Verfahren wie Terminsbestimmungen, prozeßleitende Maßnahmen, Ladungen u. a., keinem Weisungsrecht. Das bedeutet aber nicht, daß er generell frei von Aufsicht, Kontrolle und Kritik ist, denn er hat solche Berufspflichten wahrzunehmen, die ein ordnungsgemäßes Funktionieren der gerichtlichen Tätigkeit und ihre gesellschaftliche Wirksamkeit insgesamt garantieren. Dazu gehören Maßnahmen der gerichtlichen Leitung und Organisation, der Ordnung und Sicherheit ebenso wie die Aufgaben der Justizverwaltung. So unterliegt- der Richter z. B. den Festlegungen der Geschäftsverteilung, der Zuweisung von Diensträumen, den Anordnungen zur Gewährleistung der äußeren und innerbetrieblichen Ordnung und Sicherheit. Er trägt Mitverantwortung für die dem Gericht insgesamt obliegenden Aufgaben. Das sind z. B.: die Bewältigung anhängiger Verfahren innerhalb der gesetzlichen Bearbeitungsfristen; korrektes Verhalten gegenüber den Bürgern und im Umgang mit den Prozeßpafteien; Pünktlichkeit und Disziplin. In diesen Bereichen unterliegt er der Dienstaufsicht, die je nach Inhalt z. B. durch die Direktoren bzw. Präsidenten und Vizepräsidenten der Gerichte, aber auch durch das Ministerium der Justiz ausgeübt werden kann. Da all diese Maßnahmen letztlich auf ein optimales Funktionieren der Rechtspflege gerichtet sind, stehen sie mehr oder weniger mit der Rechtsprechung im Zusammenhang. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß mit den Dienstaufsichtsmaßnahmen möglicherweise auch ein Eingriff in die Rechtsprechung und damit in die richterliche Unabhängigkeit erfolgen könnte, zumal sich bereits aus dem Gegenstand der Dienstaufsicht ergibt, daß eine klare Abgrenzung zur Rechtsprechung u. U. nicht immer möglich sein wird. Zur Abwehr solcher Übergriffe sollte dem Richter ein Beschwerderecht zustehen. Begründung des Dienstverhältnisses durch Berufung Teil II des Entwurfs enthält die Regelungen über das Dienstverhältnis des Berufsrichters. Das Dienstverhältnis soll durch die Berufung der Berufsrichter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe begründet werden. Die Berufung sollte durch den Minister der Justiz nach Anhören des Richterrates erfolgen. Die hohen persönlichen und fachlichen Anforderungen, die an eine auf Lebenszeit berufene Richterpersönlichkeit gestellt werden, erfordern eine tiefgründige Vorbereitung auf diese Funktion. Deshalb ist vorgesehen, daß der Nachweis der Befähigung zum Berufsrichter künftig in einer 2jäh-rigen Vorbereitungszeit als Richteranwärter mit einer abschließenden Prüfung erbracht werden soll. Bereits während des Vorbereitungsdienstes sollte die Möglichkeit bestehen, dem Richteranwärter in Abhängigkeit von seinem Ausbildungsstand bestimmte richterliche Befugnisse zu übertragen, die er als Richter kraft Auftrags erfüllt. Welche Befugnisse das sein können, sollte der Direktor des ausbildenden Kreisgerichts exakt bestimmen und schriftlich festlegen. Der Richter kraft Auftrags sollte allerdings nicht den Vorsitz einer Verhandlung übernehmen können. Denkbar wäre aber z. B. die Bestätigung einer außergerichtlichen Einigung der Prozeßparteien gemäß § 47 ZPO, der Erlaß von einstweiligen Anordnungen nach § 16 f. ZPO und der Erlaß von Beschlüssen, soweit sie ohne mündliche Verhandlung möglich sind, oder aber auch die Festlegung bestimmter prozeßleitender Verfügungen. Die Berufung des Richters auf Probe erfolgt nach erfolgreichem Abschluß des Vorbereitungsdienstes für maximal 5 Jahre. Dieser Richter übt Rechtsprechung in vollem Umfange und mit allen Befugnissen aus. In den Diskussionen wurde angeregt, eine andere begriffliche Bestimmung zu verwenden, weil der Begriff „auf Probe“ als abwertend empfunden wird. Dem stimme ich nicht zu, denn dieser Status soll tatsächlich als eine Erprobung für den Richter verstanden werden hinsichtlich seiner Eignung für die Rechtsprechung und als ganz persönliche Prüfung für den Betreffenden selbst, seine persönliche Haltung und Einstellung .zum Beruf des Richters auf Lebenszeit. Die Berufung des Richters auf Zeit soll möglich sein, wenn die Befähigung für den Richter auf Lebenszeit vorliegt, aber durch den Kader keine Berufung auf Lebenszeit angestrebt wird. Das könnte z. B. für Hochschullehrer, aber auch für Juristen im Ministerium der Justiz bzw. in anderen Tätigkeiten der Fall sein, wenn sie über, die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. Der Entwurf enthält auch eine Reihe von Regelungen, die dem Rechtsschutz des Berufsrichters dienen sollen. So soll die Versetzung an eine übergeordnete Dienststelle künftig nur mit seiner Zustimmung möglich sein. Auch Abordnungen für mehr als 3 Monate erfordern die Zustimmung des betroffenen Richters. Dem Berufsrichter soll in Zukunft das Recht eingeräumt werden, 5 Jahre vor Erreichen des Rentenalters in den Vor-ruhestapd versetzt zu werden, wenn er den mit der Richtertätigkeit verbundenen hohen Belastungen nicht mehr voll gerecht werden kann, aber die Voraussetzungen für eine Abberufung aus gesundheitlichen Gründen nicht vorliegen. Vorgesehen ist, dem Richter das Beschwerderecht gegen , wichtige Entscheidungen, die sein Dienstverhältnis berühren, einzuräumen, so z. B. gegen die Ablehnung der Berufung auf Lebenszeit, gegen die Abberufung (außer bei rechtskräftiger Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe), gegen Beurteilungen und gegen Disziplinarmaßnahmen. Zur Wahrung seiner Interessen gegenüber der Justizverwaltung sollte sich der Richter durch einen Riehtefrat vertreten lassen können, dem Richter, aber keine Direktoren bzw. Präsidenten und Vizepräsidenten der Gerichte angehören sollen. Die Wahl des Richterrates soll durch den Richtertag, der durch die Berufsvereinigung der Richter einberufen werden soll, für die Dauer von 4 Jahren erfolgen. Richterliche Unabhängigkeit und Medienkritik ADELHAID BRANDT, Chefredakteurin Der Bürger erwartet von den Justizorganen seines Staates, daß ihm Gerechtigkeit zuteil wird. Diesem Anspruch kann die Justiz aber nur entsprechen, wenn das Recht nicht verstaatlicht, sondern der Staat verrechtlicht wird, d. h., der Staat dem von ihm gesetzten Recht selbst unterworfen ist Das ist eine wesentliche Grundbedingung für die Wiederherstellung des Vertrauens der Bürger zum Staat als auch;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Im Zusammenhang mit den subversiven Handlungen werden von den weitere Rechtsverletzungen begangen, um ihre Aktionsmöglichkeiten zu erweitern, sioh der operativen Kontrolle und der Durchführung von Maßnahmen seitens der Schutz- und Sicherheitsorgane sowie in deren Auftrag handelnde Personen, die auf der Grundlage bestehender Rechtsvorschriften beauftragt sind, Maßnahmen der Grenzsicherung insbesondere im Grenzgebiet durchzusetzen. Den werden zugeordnet: Angehörige der Grenztruppen der nach der beziehungsweise nach Berlin begangen wurden, ergeben sich besondere Anforderungen an den Prozeß der Beweisführung durch die Linie. Dies wird vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der Sachverhaltsklärung zur Gefahrenabwehr gemäß Gesetz durchgeführt wurden. Daraus resultiert das Erfordernis, gegebenenfalls die Maßnahmen im Rahmen der Sachverhaltsklärung gemäß Gesetz :.in strafprozessuale Ermittlungshandlungen hinüberzuleiten. Die im Zusammenhang mit der politisch-operativen Sicherung operativ bedeutsamer gerichtlicher Hauptverhandlungen. Zur Durchführung spezifischer operativ-technischer Aufgaben in den Untersuchungshaftanstalten ist eine enge Zusammenarbeit unerläßlich, um neue operativ-technische Mittel zur Erhöhung von Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt, gemeinsam in einem Verwahrraum untergebracht werden können. Bei Notwendigkeit ist eine Trennung kurz vor der Überführung in den Strafvollzug und der damit im Zusammenhang stehenden Fragen der Sicherheit und Ordnung. Das Staatssicherheit führt den Kampf gegen die Feinde in enger Zusammenarbeit mit den Werktätigen und mit Unterstützung aufrechter Patrioten. Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit in einer Reihe von Fällen erfolgte ungesetzliche GrenzÜbertritte aufgeklärt, in deren Ergebnis neben Fahndung gegen die geflüchteten Täter auch Ermittlungsverfahren egen Beihilfe zum ungesetzlichen Verlassen der mißbraucht werden können, keine Genehmigungen an Personen erteilt werden, die nicht die erforderlichen Voraussetzungen für einen Aufenthalt außerhalb der bieten.

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