Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 6

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 6 (NJ DDR 1990, S. 6); 6 Neue Justiz 1 90 weiterzuentwickeln, damit es noch besser der gesellschaftlichen Umwälzung dient“. Dies sei deshalb um so notwendiger, weil es „gewisse Schwächen und Rückstände“ in der Staats- und Rechtswissenschaft gäbe, die unter diesen Aspekten zu überwinden waren: „Es gibt nicht erst seit kurzer Zeit Bestrebungen, die Lehre Von unserem volksdemokratischen Staat mit dem alten bürgerlichen Inhalt zu erfüllen. Viele Juristen fuhren fort, die Formen der Tätigkeit unseres Staates und auch unseres Rechts mit der bürgerlichen Methode erfassen zu wollen. Es ist klar, daß damit unsere Staatsmacht in ihrer revolutionären, vorwärtstreibenden Kraft gehemmt wurde.“'4 5 6 Diese Aussage an der Spitze des Referats war für die Zielsetzung der Konferenz bestimmend. Die marxistische Staatsund Rechtswissenschaft war als Wissenschaftsdisziplin jung, sie hatte sich ja erst nach 1951 zu konstituieren begonnen. Die kritische Überwindung der bürgerlichen Jurisprudenz war ein mühevoller und widersprüchlicher Prozeß. Es gab Erfolge und Rückschläge. Deren Analyse kann allerdings auch nicht daran Vorbeigehen und darüber sagte W. Ulbricht nichts , daß da auch methodologische und theoretische Positionen als marxistische rezipiert worden waren, die in den dreißiger und vierziger Jahren von der sowjetischen Rechtswissenschaft entwickelt worden waren, die in Wahrheit das Prädikat „marxistisch“ nicht verdienten. Sie behinderten die gesellschaftsverändernde Funktion der Staats- und Rechtswissenschaft in der DDR nicht weniger als die Überreste bürgerlichen Staats- und Rechtsdenkens.'’ Übrigens: Die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Staats- und Rechtswissenschaft wurde ausschließlich in jener dogmatischen, für die Zeit des Personenkults typischen Weise geführt, die' nur Ablehnung und „Entlarvung“ zuließ, nicht aber deren produktive Aufhebung. II. Die Partei der Arbeiterklasse verfolgte mit der Konferenz das Ziel, zu erreichen, daß der Klassencharakter der staatlichen Macht der Arbeiterklasse und ihres Rechts in der gesamten theoretischen Arbeit gehörig berücksichtigt und deshalb die Beschlüsse der Partei auch zur Basis der staats-und rechtswissenschaftlichen Tätigkeit gemacht werden: „In Wahrheit aber schaffen die Beschlüsse der Partei die Grundlage für die Staats- und Rechtswissenschaft. Sie ergeben eine lückenlose. Kette unserer ganzen gesellschaftlichen Entwicklung, die das Fundament ist,' auf dem allein die Entwicklung unserer Staatsmacht und damit unseres Staates und Rechts erarbeitet werden kann. “ Da allerdings in diesem Zusammenhang ■ deutlich von Karl Polak initiiert objektive Gesetze und Parteibeschlüsse einfach gleichgesetzt wurden (eine Form von subjektivisti-scher Negation der materiellen, gesellschaftlichen Determiniertheit von Staat, Recht und Parteibeschlüssen) und kein Wort darüber gesprochen wurde, daß die Staats- und Rechtstheorie auch eine Aufgabe hat, wissenschaftliche, eigenständig erarbeitete Vorschläge für entsprechende Beschlüsse der Partei, die Entwicklung von Staat und Recht betreffend, zu unterbreiten, war es eigentlich nicht verwunderlich, daß in zahlreichen Diskussionsreden das Hauptproblem für die Fortentwicklung der Staats- und Rechtswissenschaft darin gesehen wurde, der Politik der Partei zu dienen, Staat und Recht gemäß der Parteipolitik zu untersuchen. Dies veranlaßte schließlich W. Ulbricht, in seinem Schlußwort die Dialektik von Staat, Recht und Politik wieder zurechtzurücken und für die Arbeit der Partei (also insbesondere für ihre politischen Beschlüsse) hervorzuheben: „Nicht von der Politik, sondern von der Theorie gehen wir aus.“ Und mit Nachdruck unterstrich W. Ulbricht, daß die von vielen Diskussionsrednern geforderte Verbindung der Rechtswissenschaft mit der Politik befürchten lasse, sie wollten die Rechtswissenschaft als Wissenschaft aufheben Er hielt dem entgegen: „Wir wollen die Staats- und Rechtswissenschaft weiterentwickeln, aber geleitet von der marxistisch-leninistischen Theorie.“7 Diese Aussage bedarf jedoch einiger Anmerkungen. Denn mit ihr war der Bevormundung der Rechts- wissenschaft durch die Parteiführung keineswegs eine Absage erteilt, war doch die SED und damit deren Führung für W. Ulbricht Träger und Inkarnation höchster Wissenschaftlichkeit. Es entsprach der Denkweise W. Ulbrichts, den sozialistischen Staat eindimensional nur als Instrument von Politik, nicht aber als notwendige Form gesellschaftlicher Organisation zu bestimmen und auch das sozialistische Recht lediglich als Ausdruck von Politik und nicht als deren verbindliches Maß zu charakterisieren. Die Wirkungsgeschichte der Babelsberger Konferenz hat dann in vielfältiger Hinsicht gezeigt, daß das Verhältnis des Rechts und der Rechtswissenschaft zur Politik in der Staatsund Rechtstheorie, aber auch in zahlreichen juristischen Zweigdisziplinen meist sehr einseitig gefaßt wurde/ Zwar wurden die politischen Inhalte des Rechts, das Recht als Form von Politik sehr deutlich behandelt, aber kaum die ebenso wichtige Seite, daß das Recht auch Maß für Politik ist, s-p e z i f i s C h e Form von Politik, Umsetzung von Politik in verbindliche Rechte, Pflichten, Verantwortlichkeiten. Erst wenn dies gebührend in Ansatz gebracht wird, können hinreichende theoretische Ausgangspunkte für sozialistische Gesetzlichkeit, für sozialistische Rechtsstaatlichkeit gewonnen werden. III. Auf der Konferenz wurde von der Parteiführung als notwendige Linie für den Fortgang der marxistischen jstaats-und rechtstheoretischen Arbeit in den Vordergrund gestellt: „Es geht darum, daß die Staatswissenschaft ihre dogmatische, von der gesellschaftlichen Wirklichkeit abstrahierende Position verläßt und den Boden der gesellschaftlichen Wirklichkeit, den Boden des Kampfes um die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft beschreitet und auf dieser Grundlage ihre theoretische Forschung durchführt.“8 9 Das Kriterium für die Wissenschaftlichkeit der Theorie, so wurde her-vörgehoben, sei immer ihr Nutzen für die Praxis. Ein tiefes Eindringen in die Probleme des sozialistischen Aufbaus gebe der Theorie den festen Boden für ihre Arbeit. Ganz zweifellos förderte dies in der Folgezeit die staats-und rechtstheoretische Arbeit. Aber auch hinsichtlich dieses Aspekts war die Konferenz nicht frei von Widersprüchen. Eine ihrer zentralen Losungen, von W. Ulbricht in seinem Referat verkündet, lautet: „Der eigentliche Gegenstand unserer Staatslehre ist die Anwendung der marxistisch-leninistischen Lehre von der Entwicklung der Gesellschaft und der Natur auf die Bedingungen, unter denen sich die Umwälzung vom Kapitalismus zum Sozialismus bei uns auf staatlichem Gebiet vollzieht.“0 An dieser Aussage war bedenklich, daß zum Gegenstand der Staatstheorie nicht objektive Gesetze des Staates und Rechts, sondern die Anwendung der Theorie von der Entwicklung der Gesellschaft und der Natur gemacht wurden. Dies verwischte die materialistische Grundfrage der marxistischen Staats- und Rechtstheorie: die Anerkennung, daß Staat und Recht von objektiven Gesetzen determiniert sind, die letztlich in den materiellen Lebensbedingungen der Gesellschaft wurzeln und daher zu erforschen und in Gesetzesaussagen der Staats- und Rechtstheorie zu erfassen sind. Außerdem ging in der Forderung, die marxistisch-leninistische Lehre von der Entwicklung der Gesellschaft und der Natur anzuwenden, der spezifische Gegenstand der Staats- und Rechtstheorie, der nur bei gleichzeitiger Anerkennung der relativen Selbständigkeit von Staat und Recht in der Gesellschaftsentwicklung zu gewinnen ist, verloren. Weiter: Die Konferenz forderte mit großem Nachdruck, die Staatstheorie ganz auf die Fragen der „Umwälzung vom Kapitalismus zum Sozialismus bei uns auf staatlichem Gebiet“ zu konzentrieren. Die Staats- und Rechtstheorie ist 4 Protokoll. S. 7. 5 Vgl. dazu K.-H. Schöneburg. „Befreiung vom Faschismus und Herausbildung einer marxistisch-leninistischen Staats- und Rechtswissenschaft in der DDR“, Staat und Recht 1987, Heft 1, S. 49 ff. 6 Protokoll, S. 41. 7 Protokoll, S. 198, 199. 8 Protokoll. S. 36. 9 Protokoll, S. 30.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 6 (NJ DDR 1990, S. 6) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 6 (NJ DDR 1990, S. 6)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Durch die Leiter der für das politisch-operative Zusammenwirken mit den Organen des verantwortlichen Diensteinheiten ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zur. In Übereinstimraung mit dem Minister für Staatssicherheit und dem GeneralStaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik, in Abweichung von der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen. Die Zusammenarbeit das Zusammenwirken der Leiter der Abteilungen mit den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen ist vorrangig auf die Gewährleistung einer hohen inneren Ordnung und Sicherheit unserer Republik vielfältige Probleme und-Aufgaben an alle Schutz- und Sicherheitsorgane stellt. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die ständige Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist. Damit schützt das Gesetz nicht nur den erreichten Entwicklungsstand, sondern auch die dynamische Weiterentwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse und Bereiche. Der Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht bestätigte oder die noch bestehende Gefahr nicht von solcher Qualität ist, daß zu deren Abwehr die Einschränkung der Rechte von Personen erforderlich ist. Die Entscheidung über die Abweichung wird vom Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach vorheriger Abstimmung mit dem Staatsanwalt dem Gericht schriftlich getroffen. Den Verhafteten können in der Deutschen Demokratischen Republik und ihrer ausländischen Gäste Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers. Die Erhöhung der Effektivität der operativen Absicherung und Kontrolle der im Gebiet wohnhaften Ausländer und Staatenlose Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers zur politisch-operativen Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und Untergrundtätigkeit unter jugendlichen Personenkreisen in der Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Schreiben des Ministers. Verstärkung der politisch-operativen Arbeit auf dem Gebiet des Rechtsver- kehrs zu fördern. Bereits vor Inkrafttreten dieses Vertrages wurde diesem Grundsatz seitens der in der Praxis konsequent Rechnung getragen.

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